Erscheint Dienstag Donnerstag, LamLtag und Sonntag mit der GratiS-Beilage »Der SonntagS- Gast."
BestellpreiS pro Quartal stn Bezirk Nagold 90 ^
rußerhald desselben
l.10.
O
Nr. 100.
Amts li lall Mr
aal
Einrückungspreis für Altensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Einrückung 8
bei mehrmal. je 6 ^ auswärts je 8 die lfpaltige Zei le oder deren Raum.
Man abonniert auswärts aus dieses Blatt bei den Kgl. Postämtern und Postboten.
Sonntag, 3. Jutt.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg- I
reichste Verbreitung. I 1898.
Die Deutschamerikaner über die deutsche Presse.
H. ?. Ergötzlich ist das Verholten der Nordamerikaner im allgemeinen und der sog. Deutschamerikaner im besondern bezüglich der Zumutungen, die an die deutsche Presse gestellt werden. Die große Mehrzahl der nach den Ver. Staaten (besonders seit 1848) ausgewanderten Deutschen ist bestrebt gewesen und ist es bis heute noch, ihr altes Vaterland möglichst bald zu vergessen, zu verleugnen. So geben sie sich mit Vorliebe als Vollblut-Amerikaner und verleugnen zu diesem löblichen Zweck ihre Abstammung, ihre Muttersprache, radebrechen englisch. Ergötzlich ist es, die Korrespondenz eines solchen „Deutschamerikaners" mit seinen in der Heimat verbliebenen Verwandten zu lesen. In jedem Briefe ist eine Zunahme der eingestreuten englischen Brocken zu konstatieren. Die wütendsten Artikel über d. h. gegen Deutschland, die man in der amerikanischen Presse findet, rühren — nach Angabe wirklicher Vollblut-Amerikaner — von derartigen Deutschamerikanern her.
Jetzt, nach Ausbruch des schmachvollen, ungerechten Krieges der Union gegen Spanien verlangen nun die Deutschamerikaner, daß die ganze deutsche Presse vor den Amerikanern immer tiefere Verbeugungen mache, je schlechter es den Spaniern ergeht. Sie sind nicht zufrieden, daß unsere Presse mit einer „Gläubigkeit", welche man sonst nur Schulkindern bis höchstens zehn Jahren zumuten kann, die offenbarsten, schamlosesten Lügen der amerikanischen Presse über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze nachdruckt, sondern sie verlangen ernsthaft, daß die deutsche Presse alles vermeiden und unterdrücken soll, was die vor Größenwahn fast nicht mehr ernsthaft zu nehmenden Amerikaner verletzen könnte.
In diesem Sinne schrieb ein „hervorragender Deutsch- amerikaner", d. h. ein Privatdozent an einer dortigen Universität, vor einigen Wochen einen ergötzlichen Schreibebrief an eine Berliner Zeitung, worin behauptet wird, Nord- Amerika sei im Interesse der Moral in Kuba eingeschritten. Der Begriff „Moral" ist bekanntlich bei verschiedenen Nationen und Religionen sehr verschieden. Der christlichen Moral zivilisierter Staaten entspricht das Verhalten der amerikanischen Regierung, der Majorität des Kongresses, der Zuckerund Tabak-Spekulanten und das Gebühren des von diesen bezahlten „Federviehes", welches die zum Kriege gegen Spanien aufreizenden Artikel für große amerikanischeZeitungen schrieb, nicht. Auf welchem moralischen Niveau der „hervorragende Deutschamerikaner" steht, geht aus der Bemerkung hervor: „Die General-Kapitäne selbst verhinderten ein Erlöschen der Revolution auf Kuba, um weiter gut leben und sich ungestört bereichern zu können." Ersteres ist eine Dummheit und Bosheit so groß, daß jeder deutsche Setzer bei ihrem Abdruck erröten wird.
Das Los der General-Kapitäne während dieses letzten Aufstandes (Martinez Campos, Weyler und Blanco) ist ein entsetzliches gewesen. Vor Arbeit und übergroßer Sorge und Verantwortung haben die Herren kaum Zeit zum Essen und kurzem Schlafe gehabt. Der niederste Knecht lebte glücklicher und also besser als diese Herren. Die zweite Behauptung ist nur zum Teil berechtigt; den Herren Martinez Campos und Blanco können selbst ihre Gegner nicht nachsagen, daß sie sich auf Staatskosten bereichert haben. Die Korruption unter den spanischen Beamten und Offizieren, dir beinahe so groß als unter den Amerikanern war, haben sie nach Möglichkeit bekämpft.
Kürzlich Lat nun auch der bekannte Politiker deutscher Abstammung, Herr Karl Schurz, in der .Nation' ein Schreiben publiziert, welches das ,Berl. Tagbl.' interessant findet, das aber nach unserer Ansicht nur aus allgemeinen, unfaßbaren Redensarten besteht. Es wird von „Ausbrüchen eines gehässigen Uebelwollens" in der deutschen Presse gesprochen, welches Uebelwollen den Deutschamerikanern sehr schmerzlich und fast unverständlich sei. Leider wird keiner dieser „Ausbrüche" beschrieben bezw. citiert. Wir freuen uns, daß ein sehr großer Teil der deutschen Presse die immer frivolere Auslegung und Anwendung der famosen Monroe-Doktrin scharf tadelt, verspottet und daß sie wünscht, daß das in diesem ungerechten, überflüssigen, von Spekulanten angestifteten Kriege unschuldig vergossene Blut über die heutigen Nordamerikaner und ihre Kinder komme! — Ueberaus seicht ist der Satz: „Wir wissen allerdings, daß viele deutsche Zeitungen sich in bezug auf Amerika mit allerlei Schauergeschichten füttern lassen, die um so mehr geglaubt zu werden scheinen, je ungeheuerlicher sie sind, und die, wenn sie uns hier wieder erreichen, viel Stoff zur Belustigung liefern." Hierzu ist zu bemerken, daß die pessimistischen, ja feindlichen Artikel deutscher Zeitungen über nordamerikanische Verhältnisse nur ein ganz schwacher, rosig gefärbter oder zahmer Abklatsch der amerikanischen großen Zeitungen beider Sprachen
sind, welche mit lobenswerter Offenheit Zustände und Personen in diesem gesegneten Lande der „Freiheit und Brüderlichkeit", wo Chinesen, Indianer und Schwarze von den moralischen Amerikanern mit der größten Härte und Verachtung behandelt werden, schildern.
Bringt eine deutsche Zeitung solchen Artikel aus dem schönen Lande derLynchjustizundderkrassesten Mammonskultur, und macht sie einige Bemerkungen dazu, dann scheint dies von einem Teile der Deutschamerikaner als ein Attentat auf die „Würde" ihres neuen Vaterlandes betrachtet zu werden. Herr Schurz sagt weiter: „Die Deutschamerikaner hätten fast ohne Ausnahme diesen Krieg gern vermieden gesehen." Wir hoffen und wünschen, daß diese Behauptung richtig ist. Naiv setzt Herr Schurz hinzu: „Sie (die Deutsch-Amerikaner) werden jedem chauvinistischen Mißbrauch des Sieges entgegen sein." Als ob die Mitglieder des Zucker- und Tabak-Ringes, die Armeelieferanten und ähnliche „Patrioten", für welche der Krieg eine Einnahmequelle gewesen ist, Herrn Schurz und seine Deutsch-Amerikaner erst fragen werden, wenn der Sieger in echt amerikanischer Weise die Beute heansprucht.
Vor Ausbruch des Krieges hätten die Deutsch-Amerikaner gegen das allem Völkerrecht Hohn sprechende Gebaren der Regierung, Behörden und Preste, die die Ausrüstung zahlloser Expeditionen von Freibeutern auf amerikanischem Boden duldeten, in energischer Weise und unermüdlich protestieren und sich so aus die Seite der anständigen Leute beg-ben sollen. Gewiß gehören die ehrenhaften Menschen in Nordamerika nicht zu den seltenen Ausnahmen und sind wir überzeugt, daß alle diese Bürger der Ver. Staaten mehr und mehr Mut schöpfen und gegen die Fortsetzung dieses Krieges reden und schreiben werden. Sie werden hoffentlich die wahren Autoren des Krieges öffentlich an den Pranger stellen und die Wahrheit über den Untergang der „Maine", den Mißbrauch spanischer Uniformen durch amerikanische Matrosen, die Anwendung von Petroleum- und Dynamit-Bomben, die höchst verdächtige Verwundung des Generals Blanco im Momente der Landung der Amerikaner und einige ähnliche Dinge ermitteln.
T<rsesi-slitik.
Wie Fürst Bismarck über das Ergebnis der letzten Reichstagswahlen denkt, darüber wird den „Dresdener Neuesten Nachrichten" aus Friedrichsruh geschrieben: „Die durch das treue Zusammenhalten der Deutschen erzielte Niederlage der Polen ist das einzige Moment, welches dem Fürsten hinsichtlich der diesmaligen Reichstagswahl eine Ge- nugthuung gewährt hat. Im Uebrigen hat ihn einerseits das Anwachsen der sozialdemokratischen Stimmen, andererseits die Thatsache, daß die Regierung zur Durchdringung ihrer Entwürfe nach wie vor auf den guten Willen des Zentrums angewiesen ist, wenig befriedigt. Nach privaten Aeußerungen hält es der Fürst gerade in der kommenden Tagung, in welcher so einschneidende Vorlagen mit Bezug auf unsere innere Politik zur Erörterung gestellt werden sollen, für einen Uebelstand, daß, bei den bestehenden drei großen Kampfgruppen, die parlamentarische Lage fortgesetzt ungewiß bleibt und daß auf eine sichere Mehrheit für oder wider nicht gerechnet werden kann, — daß also, an Stelle der Politik der großen Gesichtspunkte auch in den kommenden fünf Jahren immer nur „von Fall zu Fall" verhandelt und „gehandelt" werden muß."
» *
*
* Die span. Regierung bezeichnet die letzten aus den Ver. Staaten über die Kriegsoperationen verbreiteten Nachrichten als übertrieben oder erlogen. Unwahr sei, daß die Amerikaner Sevilla eingenommen haben und so nahe an Santiago herangekommen seien, wie die Newyorker Berichte besagen, vielmehr behaupten die Spanier die Anhöhen von Sevilla und werden dort zähen Widerstand leisten. Die Amerikaner seien überall zurückzeschlagen worden und haben ibr Lager am Strand unter dem Schutz der Kanonen ihres Geschwaders aufschlagen müssen. Ueber 500 Mann seien am gelben Fieber erkrankt. 8000 aus Guantanamo ausgerückte Spanier haben bereits den Feind im Rücken angegriffen. Admiral Cervera habe einige schwere Geschütze ausgeschifft, die auf den Verschanzungen aufgestellt worden seien.
wüittteirtbeVKifetzeit L^irdt«»s
Kammer der Aögeordnete».
* Stuttgart, 30. Juni. (336. Sitzung.) Man fährt fort in der Beratung des Berichts der Steuer-Kommission zu den abweichenden Beschlüssen der Kammer der Standesherren über den Einkommensteuergesetzentwurf. Zunächst gelangt Art. 8 (außerordentliche Einnahmen aus Erbschaften rc. gelten nicht als steuerbares Einkommen) mit den redak
tionellen von der I. Kammer vorgenommenen Aenderungen zur Annahme. Zu Art. 9 (Abzüge vom steuerbaren Einkommen) hatte die Abgeordnetenkammer den von der Regierung vorgeschlagenen Abzug der gesetzlich zu entrichtenden Beiträge zu Kranken- rc. Versicherungskassen abgelehnt. Die erste Kammer beantragt Wiederherstellung des Regierungsentwurfes und weiter die Einschaltung, daß auch die Ertragssteuern aus Grundeigentum, Gefällen, Gebäuden, aus Kapitalien und Renten abgezogen werden dürfen. Refer. Gröber und Sachs geben kurze Erläuterungen zu den Anträgen der Kommission, die im ersten Fall auf dem alten ablehnenden Beschluß zu beharren beantragt, im zweiten Fall sollen nach dem Kommissions-Antrag nur die Staatssteuern in Abzug gebracht werden, v. Hermann spricht in längerer Rede für die Beschlüsse der 1. Kammer. Rembold: Er sei entgegengesetzter Ansicht wie der Vorredner. Er halte den Nichtabzug der Ertragssteuern als im Wesen und Begriff der Steuern für begründet und zwar aller Steuern, auch der Staatssteuern. Wenn man aber die Staatssteuern abzuziehen erlaube, müsse man auch die Beiträge zu Kranken- rc. Kassen, die gesetzlich oder auf Grund des Arbeits- und Dienstvertrages errichtet werden, zum Abzug freigeben. Er habe einen bezüglichen Eventualantrag gestellt. Gröber wird gegen den Abzug auch der Staatssteuern stimmen, v. Hermann stellt den Antrag, die Fassung der ersten Kammer bezüglich des Abzuges, der Ertragssteuern herzu- stellen. Finanzminister v. Zeyer: Der Abzug der Ertragssteuern sei mit den Prinzipien der Einkommensteuer nicht vereinbar. Hauß mann-Balingen: Die Angriffe des Bauernbundes und des Bauernbundes in Glacehandschuhen erleichtern das Gesetzgebungswerk in keiner Weise, er wolle jedoch auf die Rede des Abg. v. Hermann im Interesse der Geschäfte nicht erwidern. Was die Sache selbst betreffe, so stehe er auf dem Standpunkt des Ministers. Der Beschluß, die staatlichen Ertragssteuern abziehen zu lassen, sei ein Entgegenkommen gegenüber der ersten Kammer. Gröber bestreitet die letztere Wechselbeziehung und empfiehlt den Antrag Rembold. Finanzminister v. Zeyer: Die Dienst- und Berufseinkommen werden künftig stärker herangezogen als bisher. Bei Abzug der Beiträge für Kranken- rc. Kassen sei die Regierung von einem sozialpolitischen Gesichtspunkte ausgegangen. Diese Beiträge seien Zwangsbeiträge, ihr Abzug deshalb billig. Sachs ist der Ansicht, daß es das Beste wäre, sämtliche Anträge abzulehnen. Es seien einzig Billigkeitsgründe geltend gemacht worden, v. Gaisberg steht auf dem vom Finanzminister dargelegten Standpunkt und wird gegen den Antrag v. Hermann stimmen. Er wendet sich sodann gegen die Aeußerung Haußmanns bezüglich des Bauernbundes in Glacehandschuhen. Hauß- mann- Balingen: Es sei allgemein bekannt, daß von Seiten der Agitatoren des Bauernbundes in den weitesten Kreisen verbreitet wurde, wer das Einkommensteuergesetz schaffe, wolle die Landwirtschaft ruinieren. Im Uebrigen stehe er auf dem von ihm schon geäußerten Standpunkt. Frhr. v. Gaisberg: Daß das Einkommensteuergesetz der Landwirtschaft schade, haben auch außerhalb des Bundes der Landwirte stehende Landwirte und andere anerkannt. Der Bund könne das vertreten, was seine Agitatoren im Wahlkampf aussagen, besser als die der Volkspartei. Hauß- mann-Balingen erwidert: Die Volkspartei könne das ebenfalls vertreten, was sie im Wahlkampfe äußere. Nach kurzen weiteren Bemerkungen von Haußmann wird abgestimmt. Der Antrag v. Hermann wird abgelehnt, ebenso der Antrag der Kommission. Damit ist auch der Antrag Rembold abgelehnt und es bleibt bei den bisherigen Beschlüssen des Hauses. Art. 10 (Den Maßstab für die Besteuerung bildet das steuerbare Jahreseinkommen) wird nach längerer Debatte in der Fassung der ersten Kammer angenommen; Art. 10a und Art. 11 werden nach den Anträgen der Kommission angenommen. Die folgenden Artikel bis 15 werden ohne Debatte angenommen, ebenso, nach kurzen Bemerkungen von Gröber und dem Minister v. Zeyer, Art. 16 betr. Steuertarif nach dem Vorschlag der Kommission mit dem Einbeitssatz von 4"/o, bis 15 000 Mk., von 5 °/o bis 50 000 Mk. Nächste Sitzung morgen. Tagesordnung: Fortsetzung der Debatte.
^«rir-esirtrehrietzteir.
* Schramberg, 30. Juni. Die evangelische Gemeinde Schramberg feierte gestern die Einweihung ihres erweiterten und durch Bauart Dolmetsch von Stuttgart in schönster Weise vollendeten Gotteshauses. Zahlreiche Gäste hatten sich zu diesem Feste eingefunden, darunter der Präsident des Konsistoriums Frhr. v. Gemmingen, Prälat v. Sandberger, Stadtdekan Dr. v. Braun, Dekan Oesfinger von Sulz und Oberamtmann Schwend von Oberndorf, auch viele Geistliche aus nah und fern. An den König ging eine tele-