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Dienstag, 7. Juni.
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1898.
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außerhalb desselben
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Nr. 85.
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Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 3. Juni. (227. Sitzung.) Beratung des Wasserrechts. Es steht der Abschnitt 6 zur Beratung, nach dessen Bestimmungen die Kreisregierungen mit der Ausübung der Flußpolizei betraut werden sollen. Henning bezeichnet es als erstrebenswertes Ziel, eine Zentralbehörde sür das ganze Land zu schaffen, das Zentralwasieramt; dieses könnte die von ihm zu erledigenden Angelegenheiten rasch und gleichmäßig für das ganze Land besorgen. Minister des Innern v. Pischek spricht mit Wärme für den Regierungsentwurf, gegen das Zentralwasieramt sprächen gewichtige Bedenken, der Gedanke sei mehr in der Theorie schön, als in der Praxis. Es werden hierauf die bezüglichen Artikel 98 a, 98 b und 98 o in der von der Kommission vorgcschlagenen Fassung angenommen. Zu Art. 102 Wasserregalzinse und deren Ablösung durch Bezahlung des 16fachen Betrags haben Käs und Genossen beantragt, den lOfachen Betrag genügen zu lassen. Minister des Innern v. Pischek tritt dem entgegen; die Abstimmung über den Art. 102 wird hierauf zurückgestellt bis nach Art. 103 (Sportelansatz), über den Berichterstatter Nieder das Nötige bemerkt. Die beiden Artikel werden hierauf angenommen, Art. 102 mit dem Anträge Käs. Art. 104, der Verfügungen über das Inkrafttreten des Gesetzes enthält, wird angenommen. Man geht sodann über zu dem zurückgestellten Art. 28, der von der Verteilung des Wassers in Zeiten der Wafferklemme handelt. Er wird nunmehr im Wesentlichen unverändert zur Annahme empfohlen, dagegen ein neuer Art. 32 a vorgeschlagen, nach dem entbehrliches Wasser zu Zeiten der Wasserklemme ohne Entschädigung auch an Nichtwässernngsberechtigte zur Wiesenbewässerung abzugeben ist. Berichterstatter Nieder begründet die Anträge der Kommission. Henning bekämpft den neuen Art. 32 a, ebenso Minister des Innern v. Pischek, v. Geß und Stockmayer befürworten die Anträge der Kommission. Präsident v. Geßler: Der neue Artikel habe kaum praktischen Nutzen für die Landwirte, in Zeiten der Wasserklemme. Art. 28 wird angenommen, Art. 32 a jedoch abgelehnt. Hiermit ist das Wasserrecht zu Ende beraten. Vor Schluß der Sitzung teilt der Präsident mit, daß eine Reihe von Zentrumsmitgliedern beantragt, die Regierung zu ersuchen, ihren Bevollmächtigten beim Bundesrat anzuweisen, für die Einbringung eines Gesetzentwurfs im Sinne des Reichstagsbeschlusses über den Schutz des Koalitionsrechts der Arbeiter thätig zu fein. Nächste Sitzung Dienstag, 7. Jum. Nachtrag zum Eisenbahngesetz.
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* Alten steig, 6. Juni. Unser neuernannter Stadtpfarrer, Herr Breuninger, traf heute mit Familie hier ein.
Der Stadtvorstand, Mitglieder des Kirchengemeinderats und des Gemeinderats waren bis Nagold entgegengefahren und am hiesigen Bahnhof war die Schuljugend mit den Lehrern und Lehrerinnen zum Empfang versammelt. Herr Stadtschultheiß Welker hieß Herrn Stadtpfarrer mit Familie unter dem Ausdruck bester Segenswünsche willkommen und Herr Stadtpfarrer dankte verbindlichst mit dem Wunsche, daß es ihm vergönnt sein möge, hier im Segen zu wirken. Für den Gesang der Schüler dankte Herr Stadtpfarrer ebenfalls in herzlichster Weise. — Am nächsten Sonntag findet in der Kirche die Investitur unseres Herrn Stadtpfarrers statt.
* Rottweil. Eine für die beteiligten Behörden und Privatpersonen wichtige Entscheidung hat kürzlich die hiesige Strafkammer m der Berufungsinstanz getroffen. Im Bezirke Freudenstadt und wohl auch in anderen Bezirken des württ. Schwarzwaldes pflegen die Landleute zu Beginn des Winters meist an den nordwestlichen Außenwänden ihrer Wohn- und Oekonomiegebäude zum Schutze der anstoßenden Gelasse gegen Kälte und Wind sog. Streufestungen zu errichten und bis zum Frühjahr zu belassen. Diese Streufestungen bestehen aus dürrer Farn- und Haidekrautstreu, die in einer Stärke von 50 bis 60 ein vom Erdboden bis unter das Dach aufgeschichtet, durch am Dach und am Erdboden eingespannte Stangen festgehalten und gegen die Hauswand gedrückt werden. Die Strafkammer nahm an, daß das Bestehen einer solchen Streuschicht gegen den — in den hieher bezüglichen Teilen durch die K. Verordnung vom 4. Januar 1888 nicht abgeänderten — §21 der K. Verordnung vom 21. Dezember 1876, betreffend die Feuerpolizei, verstoße, wonach größere Vorräte von ausgedroschenem Getreide, von Stroh, Heu, Oehmd, Hanf und Streumaterial, sowie von anderen leicht feuerfangenden oder schwer löschbaren Stoffen für längere Dauer nur in solchen Räumen aufbewahrt werden dürfen, welche den bezüglichen Bauvorschriften entsprechen und im Anschluß hieran (in Absatz 2) bestimmt ist, daß im Freien derartige Lagerungen nur m einer solchen Entfernung von Gebäuden und Waldungen zulässig seien, welche eine Feuersgefahr nicht befürchten läßt. Der Einwand des Angeklagten, daß er das der Errichtung solcher Streufestungen entgegenstehende Verbot des genannten Z 21 und die damit zusammenhängende Strafdrohung des Z368 Ziff. 8 des St.-G.-B. nicht gekannt habe, wurde zwar für glaubhaft, aber für unerheblicherachtet, weil die Nichtkenntnis des Strafgesetzes den Zuwiderhandelnden vor Strafe nicht zu schützen vermöge und weil sich das verbotswidrige Handeln des Angeklagten, jener Unkenntnis unerachtet, als ein vorsätzliches darstelle. — Die sehr große Feuergefährlichkeit an Streufestungen ist bekannt.
* Stuttgart, 3. Juni. Der Bund der Landwirte stellt in seinem Programm die folgenden 10 Punkte auf:
1) Schutz der vaterländischen Arbeit aller Stände und Sicherung des deutschen Markts für die heimische Landwirtschaft und das Gewerbe. — 2) Während der Dauer der für die Landwirtschaft so verderblichen Handelsverträge ist dieselbe in dem schweren Kampfe um ihre Existenz auf jede Art zu unterstützen. Insbesondere sind die Meistbegünstig- ungsverträge zu kündigen, welche thatsüchlich unsere Landwirtschaft schädigen. — 3) Die deutsche Viehzucht ist gegen die Einschleppung von Seuchen aus dem Auslande nachdrücklich zu schützen. Die Einfuhr von minderwertigem und gesundheitsschädlichem Fleische und ebensolchen Fleischwaren aus dem Ausland ist zu verhindern. — 4) Dem heimischen Obstbau ist nachdrücklicher Schutz zu gewähren. — 5) Bei neuen Handelsverträgen ist das Interesse der Landwirtschaft wirksamer zu wahren als bei den im Jahre 1903 ablaufenden Verträgen. Eine einseitige Förderung des großkapitalistischen Auslandshandels und der Exportindustrie auf Kosten der Landwirtschaft ist zu bekämpfen. 6) Das in den letzten Jahren errungene Börsengesetz mit Verbot des Getreide- terminhandels und das Margarinegesetz sind zu erhalten und soweit nötig zu verbessern. Gegen die Verfälschung von Erzeugnissen der Landwirtschaft, insbesondere auch gegen die dem Weingärtnerstand so schädliche Kunstweinfabrikation und Weinfälschung ist gesetzlicher Schutz zu gewähren. — 7) Die mit der Landwirtschaft enge verknüpften Mittelstände, das Müllerei- und Brauereigewerbe, sowie das Handwerk und die angesessene Kaufmannschaft ist gegen die Aufsaugung durch kapitalistische Großbetriebe und unlauteren Wettbewerb zu schützen. — 8) Bei den Arbeiterversicherungsgesetzen sind die Verhältnisse der Landwirtschaft besser zu berücksichtigen. — 9) Kraftvolle Geltendmachung der deutschen Interessen gegenüber dem Auslande auf jedem Gebiete. — 10) Erhaltung und Ausbau unserer heutigen Staatsordnung auf christlicher und monarchischer Grundlage.
* Die Schuldenlast der Stadt Stuttgart hat dermalen die respektable Höhe von gegen 22 Millionen Mark erreicht, die mit 836 000 Mark zu verzinsen sind. Merkwürdigerweise bezahlt Stuttgart für den größten Teil — über 13 Millionen — noch 4°/o und nur der kleinere Teil der Schuld wird mit 3^2°/« verzinst.
* Stuttgart, 4. Juni. Die Volkspartei stellte im 7. Wahlkreis den Bauunternehmer Cleß (Stuttgart) auf. Die Kandidatenliste der Volkspartei ist damit vollständig.
* In Ellwangen kam vor der Strafkammer der Fall des Schultheißen Amos von Weiler, OA. Schorndorf, zur Verhandlung, welcher beschuldigt war, den Unterlehrer Wilhelm Müller daselbst, von welchem er wußte, daß dieser über ihn schon mehrfach recht abfällig geurteilt hatte, widerrechtlich 10 Stunden lang eingesperrt gehalten zu haben. Nach längerer Verhandlung wurde Schultheiß Amos von der Anklage freigesprochen, da die Beleidigungen gegen den
Wochenrundfchau.
Da der württ. Landtag voraussichtlich nicht über den 1. Juli hinaus beisammen bleiben wird, so wird ein großer Teil der in der langen Session durchberatenen Vorlagen nicht zur Verwirklichung gelangen; denn alle von der Kammer der Standesherren während des Zusammenseins des Landtags nicht erledigten Gesetze haben, sobald dieser nicht mehr beisammen ist, auch wenn die zweite Kammer sie erledigt hat, keine Geltung, und so müßten den bestehenden Gesetzen gemäß im nächsten Spätherbst die Abgeordneten mit allen von der ersten Kammer bis zum 1. Juli — dem voraussichtlichen Endtermin des Zusammenseins des Landtags — nicht zur Erledigung gebrachten Gesetze wieder von vorne beginnen, da nunmehr die 3jährige Legislaturperiode des Landtags abläuft. Läßt sich der Landtag nicht über den I.Juli hinaus Zusammenhalten, so kann natürlich das umfangreiche Verfassungsgesetz nicht zur Erledigung gebracht werden, denn bis dahin kann die Kammer der Standesherren ihre diesbezüglichen Beratungen unmöglich beendigt haben, ein Vorwurf kann sie deshalb nicht treffen, weil sie nicht früher über die umfangreichen Gesetze beraten konnte, als diese von der zweiten Kammer erledigt waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird nur das allerdings sehr wichtige Steuergesetz in der Kammer der Standesherren vor Ablauf der ersten Legislaturperiode erledigt werden, so daß es mit dem Ver- fassungs- u. Ortsvorstehergesetz vorerst nichts werden wird. Ein guter Teil der Arbeit der zweiten Kammer ist deshalb höchst wahrscheinlich umsonst gethan. — Wir sind in den Rosen- wonat eingetreten. Wenn schon jene Rosen, die uns nach dem Schillerschen Worte die Frauen in das irdische Leben wirken und weben, nicht immer ohne Dornen sind, so ist dies noch weit weniger der Fall bei den Rosen, die dem laufenden Monat den Namen geben. Bezeichnet sonst der Rosenmonat den Beginn der politischen Ruhesaison, so ist
in diesem Jahre davon so gar nichts zu merken. In unserm lieben deutschen Vaterlande tobt der Wahlkampf, in dem sich stets das Wort bewahrheitet: „Politik verdirbt den Charakter." Man sieht dies schon daran, daß alle Parteien furchtbar lügen, die einzige ausgenommen, der man selbst augehört. Aus diesem Grunde sind auch so viele der bisherigen Abgeordneten mandatsmüde und haben auf ihre Wiederaufstellung verzichtet. Rechts und links wird zum Sammeln geblasen. Ein jedes Land mit Parlamentarismus läßt in dieser Beziehung Wunderdinge sehen. — Dornenvoll ist auch der Rosenmonat für unsere Stammesbrüder in Oesterreich. Der neue Ministerpräsident Graf Thun hat sich zwar gleich von Anfang als eine nur wenig verbesserte zweite Auflage des Grafen Badem erwiesen, wenngleich sich seine Abstammung von einer uralten deutschen Familie als eine schönere Außenseite erwies. Aber die Schwierigkeiten der Lage haben den urdeutschen Grafen veranlaßt, die deutschfreundliche Maske fallen zu lassen. Man braucht kem Schäfer Thomas der Politik zu sein, um Voraussagen zu können, daß in den nächsten Tagen schon wieder die kampf- begeisternden Klänge der Obstruktionsmusik im Wiener Abgeordnetenhause erschallen werden. — Italien leidet unter den Folgen der Hungerrevolten und des Mailänder Aufstandes unsäglich. Das mindestens verfassungswidrige Vorgehen Rudinis gegen politisch Mißliebige hat zu einer Ministerkrisis und zu einer Umbildung des Kabinetts geführt. Rudini bittet jetzt die Parteien für einige Zeit um gut Wetter, damit er Reformen Vorschlägen und durchführen kann. Indessen derartige patriotische Rücksichten darf man vom italienischen Parlament nicht verlangen und auch das neue Kabinett Rudini wird keine lange Dauer haben. — Auch für das französische Dauerministerium Meline birgt der Rosenmonat scharfe Dornen. Es hoffte aus den Wahlen mit größerer Anhängerschaft als der bisherigen hervorzugehen und hatte seinen „Sieg" auch schon bei den Hauptwahlen
in alle Welt hinausposaunt. Bei den Nachwahlen aber kam die Sache anders und bei der Präsidentenwahl in der Kammer siegte Melines Politik mit einer Stimme Mehrheit. Das aber ist ein Sieg von so zweifelhafter Art, daß ihn selbst der längst verstorbene Pyrrhus nicht würde erfochten haben mögen. Also auch Meline ist im Rosenmonat nicht auf Rosen gebettet, was übrigens der Dornen wegen gar keine passende und angenehme Lagerstätte wäre. — Zu den Dornen der Zeit ist auch die Hungersnot in vielen Gegenden Rußlands zu zählen. Der junge Zar glaubt seinen Räten nicht, die die Mißernte in Abrede stellen wollen. Den neuen Potenkims muß ein jäher Schreck in die Glieder ge- fahren sein, als der Zar ein eigenes Notstandskomitee ernannte und sich selbst den Vorsitz darin vorbehielt. — Andere Dornen des Rosenmonats stecken in dem Kriege zwischen Spanien und Amerika, den sich zwar beide Teile so wenig aufregend wie nur irgend möglich zu gestalten alle Mühe geben. Wenn die Lügen nicht wären, die abwechselnd die eine oder die andere Partei in die Welt hinein telegraphieren, dann wäre dieser Krieg die langweiligste Sache von der Welt. So aber hat der Telegraph immer mit dem Berichten und dann mit den Berichtigungen der Unwahrheiten zu thun. Wie lange dieser Froschmäusekrieg noch dauert und wann er endlich zu einer Entscheidung kommt, weiß niemand. Die Landung von vierhundert Mann Amerikanern auf Kuba hat nur die Bedeutung, daß die 400 Mann dem gewissen Untergänge entgegengehen, wenn ihnen nicht sehr bald ein starker Nachschub folgt. Der Befehl des nordamerikanischen Marine- sekretärs an Kommodore Schley, die spanische Flotte in der Bai von San Jago zu vernichten, ist sehr verständig. Nur sollte auch der ebenso vernünftige Befehl gegeben werden, auch die spanische Truppenmacht und die Küstenbefestigungen der Insel Kuba zu vernichten. An einen solchen Befehl scheinen aber die militärischen Kreise Washingtons noch nicht gedacht zu haben!