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Erscheint VienSiag Donnerstag, SamStag und Sonntag mit der GratiS-Beilage .Der SonntagS- Gast."
B stellpreiS pro Quartal im Bezirk Nagold 90 ^
außerhalb desselben l.10.
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Wr. 65.
«AttenMiL.I'tLdl.
Amtsblatt für
MdMlerhaltungMatt
AllgeMine5°Rnzeize
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Mein adonnieri auSwärlS auf dieses Blatt bei den Kgl. Vastämtern und Postboten.
Samstag, 30. April.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
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Einrückungspreis für Altensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Einrückung s ^ bei mehrmol. se 6 ^ auswärts je 8 ^ die Ispaltige Zeile oder diren Raum.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
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I 1898.
Auf das Blatt
„Aus den Tannen"
nehmen alle K. Wostämter und Lanbpoltboten Westellungen für die beiden Monate Mai u. Juni entgegen.
NV Der Krieg zwischen Spanien und Amerika ist ausgebrochen und dürfte manche Ue- berraschungen bringen und am 16 . Juni finden die Reichstagswahlen statt. Unter diesen Umständen kann niemand eine gut bediente Zeitung entbehren und bitten daher um baldige Bestellungs-Aufgabe.
TirsesH-stttik.
Marschall Blanco, der Befehlshaber auf Kuba, richtete einen Aufruf an die Truppen, standhaft für Spaniens Ehre einzutreten. Er persönlich werde lieber sterben, als sich ergeben.
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Amerika sucht 125,000 Freiwillige. Aber es wird Not haben, sie zu finden. Viele Söldner werden in den Aushebungsbüros ihren Sold sich ausbezahlen lassen, um ihn anderswo als im Kriege zu verzehren. Während des Sezessionskrieges zahlte man zuletzt 15,000 Franks für eine Werbung, und ich habe Leute gesehen, die in verschiedenen Werbebüros dreimal den Sold in Empfang nahmen und sich dann in Quebeck niederließen. Der eigentliche Soldat, der mustergiltige Soldat, der wie in Europo diszipliniert, geübt und lenksam in der Hand seiner Vorgesetzten wäre, findet sich auch im stehenden Heere der Vereinigten Staaten nicht. Persönlich ist er ein guter Schütze, ausdauernd, aber nur geeignet für den Parteigängerkrieg und keineswegs für eine Massenbewegung. Es sind selbständig und allein Handelnde, vor allem Reiter, mit eigenem Antrieb, die sich
einer Taktik von Generalen nicht anpassen.
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In beiden Häusern des Kongresses der Ver. Staaten hat man sich in wenigen Minuten über die Form der nach- träglichen Kriegserklärung, wie sie vom Präsidenten verlangt worden war, geeinigt. Dieselbe lautet: Es sei beschlossen: 1. Daß Krieg sein soll und daß er hiermit als bestehend erklärt wird und daß Krieg seit dem 21. April
1898, einschließlich dieses Tages, zwischen den Ver. Staaten und Spanien bestanden hat. 2. Daß der Präsident der Ver. Staaten hiermit angewiesen und ermächtigt wird, die sämtlichen Land- und Seestreitkräfte der Ver. Staaten anzuwenden und die Ver. Staaten-Miliz der verschiedenen Staaten zu aktivem Dienst einzuberufen bis zu einem Grade der nötig ist, um diesen Akt durchzuführen. Dieser Beschluß wurde im Repräsentantenhause einstimmig unter großem Beifall der Gallerten gefaßt.
Deutscher 2ieietzrt«rs.
* Berlin, 27. April. Der Reichstag überwies heute zunächst den Nachtragsetat an die Budgetkommission. Eine Rede des Abgeordneten Liebknecht, der die Besetzung Kiaotschou's als Ausfluß einer Politik schilderte, welche darauf ausgeht, durch auswärtige Experimente die Aufmerksamkeit von den inneren Zuständen abzulenken, gab dem Staatssekretär Posadowsky Anlaß, seine Mahnung zum Zusammenschluß der bürgerlichen Parteien gegen die revolutionäre Sozialdemokratie zu wiederholen, zugleich aber auch auszusprechen, daß der Staat und die besitzenden Klassen die Pflicht hätten, durch gerechte Behandlung die Arbeiter mit der bestehenden Gesellschaftsordnung zu versöhnen. Diese Ausführung trug dem Staatssekretär den Tadel des Herrn von Kardorff ein. Die Novelle zur Konkursordnung wurde in zweiter Lesung an dloo angenommen. Die Beratung über den Antrag Salisch gedieh nicht zu Ende. Morgen Weltpostvertrag und Handelsvertragspro- visorium mit England.
* Berlin, 28. April. Der Reichstag genehmigte den Weltpostvertrag und das Handelsvertragsprovisorium mit England ohne Debatte in erster und zweiter Lesung, erledigte dann eine Reihe Petitionen und setzte darauf die Beratung des Antrags Salisch fort. Zunächst wurde der Antrag Rintelen, betr. die konfessionelle Eidesformel nach längerer Debatte angenommen. Die Beratung über § 52, betreffend das Recht der Geistlichen zur Zeugnisverweigerung gedieh nickt zu Ende.
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Kammer der Abgeordnete«.
* Stuttgart, 26. April. (204. Sitzung.) Das Haus setzt bei von Ortsvorstehern überfüllter Tribüne die Beratung des Ortsoorstehergesetzes fort. Man steht bei Beratung von Art. 3, der dem Gesetze rückwirkende Kraft verleihen will und die sogenannte „Schonzeit" festlegt. Prälat Sandberger spricht in längerer Rede zu Gunsten des Kommissionsantrages auf Streichung von Art. 3. Minister des Innern v. Pischek: Die Gegner de-Art. 3 des Entwurfes berufen sich darauf, daß ein gutes Gesetz die wohlerworbenen
Rechte zu respektieren habe. Auch er sei dieser Ansicht und erkenne an, daß der Ortsvorsteher einen Rechtsanspruch auf das Amt nicht habe, jedoch auf den Bezug des Gehaltes. Soweit sei er mit den Vertretern der Kommissionsmehrheit einverstanden, betonen müsse er aber, daß den Beamten ein Rechtsanspruch nur auf Bezug von Gehalt zustehe, nicht aber auf den Bezug von Gebühren. Der Minister legt dies des Näheren dar unter Hinweis auf die Beratungen des württem- bergischen Landtages im Jahre 1849 anläßlich der Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Gemeinderäte. Zugegeben müsse werden, daß Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründe geltend gemacht werden können, wie weit man diesen nachgeben wolle, könne fraglich sein. Es wäre ein unbefriedigender Zustand, wenn man in einer so außerordentlichen wichtigen Frage zweierlei Recht auf Jahre hinaus bestehen lassen wolle. Die Rückwirkung des Gesetzes sei nicht zu umgehen; eine Verletzung wohlerworbener Rechte sei damit nicht erfolgt. Rath: Es solle in allen Gemeinden des Landes gleiches Recht eintreten. Er bitte dem Art. 3 zuzustimmen. Rathgeb spricht im Sinne des Kommissionsantrages. Prälat Schwarzkopf: Die Uebergangszeit werde nicht länger als 15 Jahre dauern, wenn die Rückwirkung des Gesetzes ausgeschlossen würde. Es würde die Rückwirkung des Gesetzes in einem ganzen Stande Unsicherheit und Unzufriedenheit erwecken. Schrempf: Jeder sehe ein, daß durch die Rückwirkung den Schultheißen der Boden unter den Füßen weggezogen würde, auf den sie und ihre Familie ihre Existenz gebaut haben. Die Rückwirkung würde eine Quelle von Streit zwischen den Gemeinden und Ortsvor- stehern schaffen. Die Thatsache könne nicht bestritten werden, daß man mit den Ortsvorstehern glimpflicher verfahren wäre, wenn sie der Volkspartei ihre Dienste mehr gewidmet hätten. H a r t r a n f t-Freudenstadt spricht gegen die Rückwirkung, durch die den Schultheißen die Existenz untergraben werde. Württemberg stehe mit dem Versuch, die Rückwirkung bei der AbschaffGig der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher einzuführen, einzig da. Gröber wendet sich gegen die Ausführungen des Ministers, der für eine verlorene Sache kämpfe und dessen Vergleiche sämtlich nicht richtig gewesen seien: der Minister habe im Jahre 1895 das Gegenteil von dem ausgesührt, was er jetzt vertrete. Der Redner giebt rechtsphilosopbische Betrachtungen über die Allmacht des Staates, der allmächtige Staat könne sich wohl auch allmächtig blamieren. Der Gesetzgeber sei an die allgemeinen moralischen Schranken gebunden so gut wie jeder andere. Die Volkspartei habe ein Ziel erreicht, das sie sich seit Langem vorgesteckt habe: die Abschaffung der Lebenslänglichkeit. Die Volkspactei solle sich damit begnügen, nicht zu weit gehen und in der Frage der Rückwirkung des Gesetzes sich Beschränkung auferlegen.
, Ihr Geheimnis.
Roman aus dem Englischen der Lady G. Robertson.
(Fortsetzung.)
Jeder, der Lady Charnleigh sah, bemerkte diese Veränderung und wunderte sich darüber. Miß Templeton, die ihre Ferien in Lighton Hall zubrachte, konnte sich garnicht über das Aussehen ihrer früheren Hausgenossin beruhigen. Als sie diese begrüßte, rief sie aus: „Aber Lady Charn- leigh, Ihr geselliges Leben scheint Ihnen schlecht zu bekommen! Sie sind um Jahre gealtert, seit ich Sie zuletzt sah, Sie sollten sich mehr Ruhe gönnen," und Leonie hatte traurig geantwortet: „Ruhe? Auf dieser Welt giebt es keine Ruhe mehr für mich."
Und nachdem Miß Templeton einige Tage in Lighton Hall zugebracht und Leonie beobachtet hatte, wuchs ihr Erstaunen und ihre Besorgnis.
„Sie können nicht mehr im Dunkeln schlafen," sagte Miß Templeton, nachdem sie einige Anordnungen angehört hatte, „Sie hassen die Dämmerung, Sie mögen nicht allein
sein und müssen immer etwas Neues Vorhaben-
liebe Lady Charnleigh, ich habe den Eindruck, daß Sie in einem beständigen Kampfe mit sich selbst liegen."
Wie fühlte Leonie sich durch diese Worte betroffen! Sie bezeichnete ihren Zustand so genau, ja das war ein beständiger Kampf, der in ihrem Innern tobte. Weder bei Tage noch in der Nacht hatte sie einen Augenblick Ruhe, so beständig lehnte sich ihr Gewissen auf gegen das Verbrechen, welches sie begangen hatte. Oft stand sie nach einer schlaflosen Nacht mit dem festen Entschlüsse auf, an Paul zu schreiben und ihm alles zu gestehen, aber das hielt nur so lange vor, bis sie hinunterkam und den liebgewordenen Luxus um sich herum erblickte. Dann wieder kamen Zeiten, wo sie den Verlust ihres Geliebten so tief und schwer empfand, daß sie es kaum ertrug, Paul Barlow zu sehen, und hinaus lief an
den Platz, wo sie damals Abschied genommen hatten, um sich auszuweinen. Ein Wunder war es nicht, daß sie sich innerlich aufrieb und daß ihr strahlendes Gesicht einen müden Ausdruck bekam und man ihr fröhliches Lachen nicht hörte.
Sie hatte ernstlich geglaubt, daß bald jede unbequeme Regung verschwinden würde und sie ihren Reichtum so genießen könnte wie srüher. Aber das Gewissen, dessen Stimme sie so gewaltsam unterdrückte, ließ sich jetzt immer deutlicher vernehmen.
„Ich liege im Kampfe mit mir selber," sagte sie zu sich, „und werde keinen Frieden mehr finden. Hat meine Sünde sich bezahlt gemacht? O nein, aber jetzt ist es zu spät. Ich muß das Leben jetzt ertragen, so gut es geht."
Und den ganzen Herbst und Winter suchte sie Vergessenheit im Strudel des Gesellschaftslebens. Kein Tag verging ohne irgend eine Zerstreuung. Bälle und Diners, Aufführungen und Vergnügungen lösten einander ab. Leonie schien nur eins zu fürchten, und das war Zeit und Ruhe zum Nachdenken. Lady Fanshawe und Nelly Day hatten längst aufgehört, Bemerkungen über sie auszutauschen und selbst Menschen, die ihre Gastfreundschaft genossen, äußerten, wie traurig es sei, daß ein so junges Mädchen nur Sinn für Zerstreuung hätte.
Nur Paul Barlow sah mit gleicher Liebe und Bewunderung zu ihr auf und fand es natürlich, daß sie den ihr zugefallenen Reichtum auch ausgiebig genießen wolle.
So kam der Frühling heran und es wurde beschlossen, daß Lady Fanshawe zeitig mit Leonie und Nelly nach London übersiedeln sollte. Leonie hatte den Plan willkommen geheißen, sie freute sich, Lighton Hall zu verlassen und hoffte, in anderer Umgebung wieder froh und glücklich zu werden.
Die Bekannten in London machten dieselbe Bemerkung, wie die Nachbarn in Lighton Hall über Lady Charnleighs verändertes Wesen. Ihre Tage und Nächte waren mit Ver
gnügen besetzt, sie schlug keine einzige Einladung aus, und war sie einmal zu Hause, so sah sie Gäste bei sich.
Eines Tages fuhr die Herzogin von Warneminster vor und lud sie dringend ein, einige Zeit bei ihr auf ihrem herrlichen, an der Themse gelegenen Landsitz zu verbringen.
„Ich sah Sie gestern abend im Theater, Lady Charnleigh," sagte sie, „und obgleich Sie lebhaft lachten und sprachen, sahen Sie doch abgespannt und leidend aus. Sie machen zu viel mit, und es wird Ihnen gut thun, in Ruhe etwas Landluft zu genießen."
„Hoffentlich ist es nicht zu still," warf Leonie schnell ein.
„Liebe Lady Charnleigh," bemerkte die Herzogin, „ich könnte dem Alter nach Ihre Mutter sein und darf Ihnen daher wohl einen guten Rat geben. Sprechen Sie solche Gedanken nicht aus. Sie meinen es nicht böse, aber es macht keinen guten Eindruck. Es ist übrigens, um Ihre Frage zu beantworten, nicht still bei uns; ich habe immer das Haus voll Gäste, und jedem steht es frei, sich nach seinem Gefallen zu unterhalten. Bis jetzt hat sich noch nie jemand bei mir gelangweilt."
Leonie nahm die Einladung an und fand das Leben im Hause der Herzogin sehr anregend und hübsch. Sie schien auch ihr Gleichgewicht etwas wieder zu finden, und an einem Sonntag-Morgen machte sie sogar einen Spaziergang. Sie verfolgte einen Pfad, der von dem Park aus sich über eine Wiese in ein angrenzendes Gehölz verlor. In der Ferne läuteten Kirchenglocken und fast unbewußt folgte sie dem Klange. Wie lange war es her, daß sie ihren frommen Kinderglauben verloren hatte, daß sie vergaß, ihr Morgen- und Abendgebet zu sprechen. Seitdem sie den Freuden dieser Welt nachjagte und ihr Herz an Geld und Gut gehängt hatte, hatte sie auch nicht mehr an Gott gedacht und vergessen, daß er noch bittere Vergeltung für ihre Sünden üben würde. Sie sah, wie alt und jung dem kleinen GotteShause zuströmte, und ein plötzlicher Wunsch