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Dienstag, 26. April.

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1898.

Schon ;eht nehmen alle K. Moftärnter und Landpolt- boten Bestellungen a.Aus AMI d. Hannen" für die Monate ZT- Mai und Juni entgegen.

Die Werkmeisterprüsung hat u. a. mit Erfolg bestanden: Johann Benz von Nagold.

D Errb«r.

Der Krieg zwischen Spanien und Nordamerika hat begonnen. Niemals ist es in der neueren Geschichte zwischen zivilisierten Staaten aus so frivolen Gründen zum Kriege gekommen. Die Sympathien fast der gesamten Presse aller Länder und Parteien Europas stehen heute auf seiten des in der rücksichtslosesten Weise bedrohten und beleidigten Spanien. Die deutsche Presse hat eingehend über die neuesten Verhandlungen der Regierungen beider Staaten berichtet. Aber soviel wir übersehen können, ist nirgends hervorgehoben und anerkannt worden, daß Spanien nicht nur die eigenen Interessen und Rechte, sondern auch die von Europa verteidigt und vertritt. Die Monroe-Doktrin proklamierte ursprünglich das Recht der Vereinigten Staaten, zu verhindern, daß irgend einem Teil der Bewohner Amerikas durch eine fremde Macht eine Regierungsform aufgezwnngen würde, die ihnen nicht zusagt. Man kann verschiedener Meinung darüber sein, ob die Ver. Staaten zu dieser Ueber- wachnng des ganzen Kontinents ein Recht haben. Heut faßt die große Mehrzahl der Nordamerikaner die Monroe- Doktrin in der Weise auf, daß sie rücksichtslos die Forderung zur Geltung bringen will: Amerika für die Amerikaner d. h. für die Nordamerikaner. Nordamerika will alle Staaten Amerikas politisch und wirtschaftlich bevormunden und jeden europäischen Einfluß und jede europäische Konkurrenz verdrängen.

Der Hauptzweck der verschiedenen Kongresse von Ver­tretern aller Staaten Amerikas, die in den letzten 10 Jahren abgehalten wurden, war der, die Staaten von Süd- und Mittelamerika zu bestimmen, ihre Industrie-Artikel nur von Nordamerika zu beziehen. Nur Chile und Argentinien wiesen diese Zumutung mit Entrüstung zurück und erklärten, sie würden von dem Lande kaufen, welches ihnen die günstigsten Bedingungen stellt. Um weiter den Einfluß Europas auf die amerikanischen Staaten mehr und mehr unmöglich zu machen, wollen die Nordamerikaner die europäischen Mächte aus ihrem amerikanischen Kolonialbesitze verdrängen. Zn diesem Zwecke wird jetzt mit Spanien der Anfang gemacht. Gelingt dieser Streich, so wird bald Frankreich an die Reihe kommen. Dänemark steht schon heut wegen des Verkaufes seiner west­indischen Inseln mit Nordamerika in Verhandlung und Hol- land wird voraussichtlich diesem Beispiele bald folgen. Unbe­greiflich ist es deshalb,- daß die beiden zunächst interessierten Großmächte England und Frankreich ruhig mit ansehen, wie Spanien jetzt von Nordamerika vergewaltigt wird. Sie könnten auf die Zustimmung, ja die Sympathien von ganz Europa und Japan rechnen, wenn sie jetzt dem armen Spanien zu Hilfe kämen. Durch eine derartige energische Politik würden sie ihren Einfluß in Amerika stärken, ihren Export­handel fördern und ihre amerikanischen Kolonien verteidigen.

Spanien hat im Interesse der Erhaltung des Friedens eine Reihe von Zugeständnissen gemacht, die zuletzt an Schwäche grenzten und nur die Anmaßungen der Amerikaner gestärkt und den Einfluß der heutigen spanischen Regierung in ihrem eigenen Lande geschwächt haben. Hierzu rechnen wir in erster Linie die Bewilligung eines Waffenstillstandes, ohne daß die cubanischen Rebellen um eine Einstellung der Feindseligkeiten nachgesucht haben. Wie zu erwarten war, haben die Rebellen dieses großherzige Anerbieten mit Hohn zurückgewiesen und der nordamerikanische Kon­sul Lee, der in seiner amtlichen Stellung den Aufstand nach Kräften gefördert hat, hat kurz vor seiner Abreise die Führer der Rebellen aufgefordert, sich nicht in Unterhand­lungen einzulassen, da bald eine amerikanische Armee auf Cuba landen und die Insel befreien werde. Dieses Ver­sprechen ist ein neuer Beweis für die Ueberhebung der Nord­amerikaner.

Die spanische Armee ist vorzüglich organisiert und be­waffnet und den amerikanischen Milizen, die als europäische Soldaten nicht zu betrachten sind, weit überlegen. Auch dürfte eine Landung einer amerikanischen Armee auf Cuba nicht leicht auszusübren sein, da die spanische Flotte eine viel größere An­zahl von Schiffen besitzt als die der Amerikaner. Nach einer Zusammenstellung der Kölnischen Volkszeitung' vom 14. April besitzt Spanien von neueren, d. h. nach 1880 erbauten Kriegs­schiffen heut 145 und Nordamerika nur 69. Ganz besonder s

groß ist der Unterschied in der Anzahl der Kanonenboote und Torpedos, während von großen Panzerschiffen Spanien 8 und Nordamerika 11 besitzt. Dazu kommt, daß es den Amerikanern an Mannschaften und besonders an tüchtigen Offizieren für ihre Kriegsschiffe fehlt. Fast die Hälfte der Bemannung der amerikanischen Flotte besteht aus Ausländern. Gelingt es Spanien, das Geld zum Kriege aujzutreibcn, so ist es wahrschein­lich, daß Spanien siegreich aus diesem Kampfe hervorgeht.

Mit Recht war die öffentliche Meinung in Spanien darüber empört, daß die Regierung gerade jetzt, wo der Auf­stand im ganzen Westen und Zentrum der Insel in den letzten Zügen liegt, diesen Mordbrennerbanden der Rebellen einen Waffenstillstand anbietet. Spanien hat dadurch die Rebellen als kriegführende Macht anerkannt und so gehandelt, als ob Spanien der unterliegende, um den Frieden bittende Teil sei.

Ein Waffenstillstand mit diesen Rebellen ist übrigens vom rein militärischen Standpunkte ein Unsinn und einfach un­möglich. Die ganze Kriegsführung besteht besonders seit Ende 1897 darin, daß sie die Hacienden, Fabriken und Dörfer der­jenigen Bewohner der Insel, die sich nicht offen für den Auf­stand erklärt haben, überfallen, zerstören und verbrennen und die Personen ermorden, die ihr Eigentum verteidigen wollen. Von ihren Anhängern erpressen die Rebellen Rekruten, Geld und Lebensmittel und brandschatzen also alle Teile der Insel, die in ihrem Besitze sind, in der schamlosesten Welse. Recht und Sicherheit herrschen nur soweit der Einfluß der spanischen Waffen reicht. Zugleich sprengen diese biederenPatrioten", wo sie können, Eisenbahnzüge und Brücken durch Dynamit in die Luft und haben mehrere spanische Offiziere, die als Parlamentäre zu ihnen kamen, in infamster Weise ermordet. Und für dieses Gesindel will jetzt die Union im Namen der Gerechtigkeit und Humanität intervenieren, sie vor der gerechten Strafe schützen. Noch muß konstatiert werden, daß die große Mehrzahl der anständigen arbeitsamen und friedliebenden Bevölkerung Cubas die gewaltsame Einmischung der Ver. Staaten heut gar nicht wünscht. Spanien ist den berechtigten Forderungen der Kubaner durch die Verfassung von 1897 zum größten Teil gerecht geworden und hat sich bereit erklärt, diese Verfassung durch friedliche Verhandlungen mit den Volksvertretern Kubas im liberalen Sinne weiter auszubauen.

Wollen die amerikanischen Staatsmänner, Zeitungs­schreiber und Patrioten wirklich dafür sorgen, daß überall Gerechtigkeit und die Forderungen der Humanität zur Geltung kommen, so mögen sie in ihrem eigenen Lande beginnen und zunächst die traurigen Reste der Eingeborenen, der nord­amerikanischen Indianer, gegen die Roheit und Habsucht ihrer eigenen Landsleute schützen und die vollständige Aus­rottung des roten Mannes, die m weiten Gebieten Nordamerikas seit vielen Jahren als Sport betrieben wird, verhindern.

Weiter würde sich Nordamerika ein großes Verdienst erwerben, wenn es sich im Namen der Gerechtigkeit und Menschlichkeit endlich um die grauenhaften Zustände in ge­wissen Republiken, wie z. B. Honduras, Salvator, Nikaragua und Ecuador kümmern und hier dem ewigen Blutvergießen mit Gewalt ein Ende machen würde. Zum Schluffe sei noch bemerkt, daß es durchaus nicht übetriebener Nationalstolz ist, welcher Spanien bestimmt, sich in Verteidigung seines Kolonial­besitzes finanziell und wirtschaftlich zu ruinieren und vieler seiner besten Söhne zu opfern. Der Besitz von Cuba und den Philippinen ist für Spanien die erste Lebensfrage, eine wirt­schaftliche Notwendigkeit. Die unbedeutende spanische Indu­strie kann mit England, Deutschland, Frankreich rc. auf dem Weltmarkt nicht konkurrieren; sie ist auf den Absatz ihrer Produkte in ihren eigenen Kolonien, wo diese Waren durch hohe Zölle gegen die Konkurrenz des Auslandes geschützt sino, angewiesen. Verliert Spanien diese Kolonie, so ist seine Industrie ruiniert, mindestens drei Millionen seiner Bewohner sind brotlos. Es blieb Spanien also kein anderer Ausweg als der Krieg. Dr. H. PolakowSky.

Ttrgespslitik.

Es verdient hohe Beachtung, daß inmitten des kriegerischen Lärms in den Ver. Staaten sich eine Stimme wenigstens vernehmen ließ, die zur Ruhe und Besonnenheit mahnte, die des bekannten Senators Karl Schurz. Er scheint der Auffassung der meisten Deutsch-Amerikaner Ausdruck gegeben zu haben, als er kürzlich in einer Sitzung der New-Aorker Handelskammer folgendes ausführte:Ich stehe nicht hier als ein Mann, der Frieden um jeden Preis verlangt, glaube überhaupt nicht, daß sich ein solcher unter uns befindet. Aber ich wünsche gegen das Fabrizieren einer künstlichen Stimmung zu protestieren, die Krieg um jeden Preis fordert. (Beifall.) Das ist die Stimmung, gegen die wir in heutigen Tagen anzukämpfeu haben. Auf meiner Fahrt hierher las ich in einem Morgenblatt folgende Depesche: Die Verzögerung der Einreichung der Botschaft hat im

Kongreß große Unzufriedenheit hervorgerufen und von ver­schiedener Seite dem Präsidenten strengen Tadel zugezogen, dem vorgeworfen wird, er versuche, Zeit zu gewinnen, in der Hoffnung, den Krieg abwenden zu können." Und die gelben Journale gaben derselben Thatsache in noch aufreizenderer Sprache Ausdruck, erklärend, der Kongreß und das Land seien wieder einmal an der Nase herumgeführt worden. Meine Herren! Sind wir eine zivilisierte Nation? Haben wir den barbarischen Zustand der Indianer abgestreift, unter denen der größte und stärkste ist, der die meisten blutigen Skalps am Gürtel trägt? Ich war Soldat während des letzten Krieges. (Beifall.) Ich war bei Gettysburg und am Tage nach der Schlacht ritt ich die Reihen ab, um zu sehen, ob die Verwundeten in guter Behandlung seien. Ich habe etliche 10- bis 15 000 erblickt, und meine Herren, ich habe Haufen von abgehauenen Armen und Beinen ge­sehen, Haufen sieben und acht Fuß hoch. Das Stöhnen und Wimmern der Verwundeten und Sterbenden schlug an mein Ohr. Ich sah die Ambulanzen, die die Aermsten weg­führten, hörte ihre Hilferufe, sah diese armen Burschen m den Lazaretten im Todeskampfe. Ich bin kein Befürworter des Friedens, so lange er ohne Bloßstellung unserer natio­nalen Ehre erhalten werden kann. Kongreßmitglieder sind mit dem Präsidenten unzufrieden und ergehen sich über ihn in scharfem Tadel, gebrauchen harte Ausdrücke über ihn. Warum? Weil angenommen wird, er versuche Zeit zu ge­winnen, um den Krieg abwenden zu können. Wissen Sie, was das zu bedeuten hat? Wir müssen, meine Herren, den Krieg heute heraufbeschwören, da am Ende morgen schon der geringste Vorwand dafür geschwunden sein könnte. Sind wir ein christliches Volk? Wo ist unser vielgerühmtes Christentum, wenn wir den obersten Exekutivbeamten des Landes tadeln, weil er Zeit gewinnen will, um den Krieg abzuwenden? (Beifall.) Finden Sie irgend etwas in unserer Geschichte, das mehr geeignet wäre, die Schamröte auf die Wangen eines jeden Amerikaners zu treiben, als diese Thatsache? Falls wir die Interessen, die Ehre und das Ansehen dieses Landes recht verstehen, den wahren Patriotismus empfinden, sollten wir Gott dafür danken, daß wir einen Präsidenten haben, der in dieser Krisis ruhig und gefaßt geblieben." Daß Karl Schurz die Fassung und Friedensliebe Mac Kinleys überschätzte, muß man ihm Nach­sehen. Jedenfalls ist es herzerfrischend, aus dem betäubenden Kriegsgeschrei heraus auch Rufe der Vernunft und Huma­nität zu hören.

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Das Kriegsfieber in Nordamerika hat merkwürdige Blüten gezeitigt. Selbst die Kinder in den Straßen spielen nur nochKrieg" und die Barbiere in New-Uork berichten einen ausgesprochenen Wechsel in der Bartmode: Sie ging bisher auf kleine, wohlbeschnittene Schnurrbärtchen, heute will sich jedermann einen vollen, kriegerischen Schnurrbart wachsen lassen. Als die Nachricht von dem Senatsbeschluß eintraf, kam es in den Theatern New-Dorks und anderer Städte zu wilden patriotischen Kundgebungen. Die Nach­richt wurde von der Bühne herab mitgeteilt und das Publikum antwortete mit wildenCheers", RufenGedenkt der Maine" und dem Absingen desStar Spangled Banner" und anderer vaterländischer Lieder. Eine Schauspielerin, die eben alsNancy Sykes" untergebracht worden war, lehrte die Zuschauer das Gruseln, als sie mit blutüberströmtem Angesicht vor den Vorhang trat und die amerikanische und kubanische Flagge schwenkte. Chicago rüstet sich, um den Ausbruch des Krieges durch ein öffentliches Fest zu kenn­zeichnen. Die Nachricht soll begrüßt werden durch Glocken­läuten und das Pfeifen aller Dampfpfeifen der Stadt. Andere Städte des Westens und Südens wollen das Ereignis durch Straßenaufzüge, Feuerwerke und Dank­gottesdienste feiern.

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Die Amerikaner haben zwar das Geld und das Ge­schick, eine große Flotte zu bauen, aber es fragt sich, ob sie dieselbe auch bemannen können. Wenn Spanien, wie viele glauben, in der ersten Seeschlacht siegt, so wird auf dem Festlande die Neigung laut werden, ihm zu helfen. Deutschland, Oesterreich und Rußland werden mit dem monarchischen Prinzip sympatisieren. Auch Frankreich ist, trotzdem es keine Monarchie ist, Spanien freundlich gesinnt. Es sehnt sich nach einem Bündnis mit Spanien im Mittel- meer und würde gern Marokko mit Spaniens Genehmigung erwerben. Außerdem dürstet das europäische Festland dar­nach, in das spanische Amerika einziehen zu dürfen. Dieses Gefühl ist besonders stark in Frankreich und Deutschland, in Frankreich, weil General Grant es aus Mexiko hinaus­warf, in Deutschland wegen dessen ökonomischer Lage. Deutschland wird von den Millionen seiner Bevölkerung