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Nr. 47. j-°" Samstag, 26. März

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg- reichfie Verbreitung.

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1898.

Deutscher Reichstag.

* Berlin , 23. März. Zweite Lesung des Flotten­gesetzes. Nach dem Referat des Abg. Lieber erklärte Graf Hompesch, daß die größere Mehrheit des Zentrums für das Gesetz stimmen werde, v. Levetzow gab im Namen der Konservativen die Erklärung ab, daß sie einstimmig für das Gesetz eintreten. Schön­lank von den Sozialdemokraten sprach unter satirischen Angriffen auf die Reise des Prinzen Heinrich gegen das ganze Gesetz. Frhr. von Hertling legte in längerer Rede die Gründe dar, weshalb die Mehrheit des Zentrums, belastet mit der Verantwortung einer ausschlaggebenden Partei, für das Gesetz stimme. Galler von der deutschen Volkspartei bestritt unter Hinweisen auf die Napoleonischen Kriege bis zum letzten türkischen Kriege die ausschlaggebende Bedeutung einer Flotte in großen Kriegen, und legte die verfassungs­rechtlichen und finanziellen Gründe dar, aus welchen seine Partei gegen die Flotten-Vorlage sei. Rickert erklärte sich für die Vorlage. Fürst Radziwill führte kurz aus, daß die Polen durch ihr Votum gegen die Vorlage die Antwort auf die Verfolgungen geben, denen sie in Preußen ausgesetzt sind. Im Namen der Welfen erklärte Götz von Olenhusen, daß sie zwar die Notwendigkeit der Flotte anerkennen, daß sie aber aus etatsrechtlichen Gründen gegen diese Vorlage stimmen müssen. Sckädler setzt auseinander, daß der kleine Teil der Fraktion des Zentrums nicht glaube, daß die Schiffstechnik abgeschlossen sei. und ferner nicht, daß die Regierung sich auf die Dauer gebunden halten werde. Er wolle auch die Rechte des Reichstags nicht verringern und stimme deshalb gegen die Vorlage. Staatssekretär Graf Posadowsky erwidert dem Fürsten Radziwill, daß die preußische Regierung keinen Krieg gegen die polnische Bevölkerung führe, sondern nur das Deutschtum schütze. Es sei vaterländische Pflicht der Polen, für das Flottengesetz zu summen, wenn sie es sonst anerkennen. Bennigsen be- merkte, daß Richter nicht so lebhaft opponieren würde, wenn er nicht genau wüßte, daß das Gesetz durchgehe. Richter habe auch nicht mehr diese bescheidene Vor­lage, sondern angebliche größere Zukunftspläne be- kämpft. Die Stimmung der Nation sei für eine starke Flotte und wende sich immer mehr von der prinzipiellen Opposition gegen die Frage der Landesverteidigung ab. Er begrüße die nationale Haltung des Zentrums, das sich mit der Ordnung der Dinge aussöhne, die es nach 1870 bekämpfte. Bebel polemisiert hauptsäch­lich gegen das Zentrum, dem er Sinnesänderung vor­wirft und gegen Bennigsen. Er bestreitet, daß eine Schlachtflotte wirklich eine Stärkung der Wehrkraft sei. v. Kardorff sucht die veränderte Stellung einzelner Parteien damit zu erklären, daß die gute wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung des Reiches ohne neue Belastung den Flottenplan gestatte. Er begrüßt das Zentrum auf nationalem Boden. Spahn bestreitet, daß das Zentrum seine Anschauung gewechselt habe. Nach einer Reihe persönlicher Bemerkungen und nach einem längeren Schlußwort des Referenten wird Z 1 mit 212 gegen 139 Stimmen angenommen. Vom Zentrum stimmten mit Nein 30 Abgeordnete, darunter die Abgeordneten aus Bayern und der Abg. Roeren; Abg. Müller-Fulda stimmt mit Ja. Von den Antise­miten stimmen mit Nein die Abgg. Hirsche!, Köhler und Bindewald. Hierauf vertagt das Haus die weitere Beratung auf nächsten Samstag 11 Uhr.

Württrrrrbergischer Landtag

Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 22. März. (188.Sitzung.) Tages­ordnung : Verfassungsrevision. Der Präsident eröffnet die Sitzung um 9^ Uhr. Im Einlauf befindet sich eine Mitteilung des Ministers 'des kgl. Hauses, welche dem Hause von der Verlobung der Prinzessin Pauline Kenntnis giebt. Der Präsident giebt namens des Hauses den Gefühlen der freudigen Teilnahme des

Landes Ausdruck. Eine Deputation wird Sr. Maje­stät die Glückwünsche der Kammer aussprechen. Das Haus tritt in die Tagesordnung ein. Zur Beratung kommt Art. 1 des Gesetzentwurfes, welcher nach der Kommissionsfassung wie folgt lautet: Die Erste Kammer besteht: 1) Aus den Prinzen des kgl. Hauses; 2) aus den Häuptern der fürstlichen und gräfl. Familien und den Vertretern der standesherrlichen Gemeinschaften, auf deren Besitzungen vormals eine Reichs- oder Kreistagsstimme geruht hat. sowie aus den Häuptern der gräfl. Familien von Rechberg und v. Neipperg; 3) aus den von dem Könige auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern ; 4) aus 6 Mitgliedern des ritterschaftlichen Adels, welche von diesem aus seiner Mitte gewählt werden; 5) aus dem Präsidenten des evangl. Konsi­storiums und einem evangl. Generalsuperintendenten, sowie dem kath. Landesbischof, im Falle der Erledigung des bischöfl. Stuhles dem Kapitularvikar; 6) aus je einem Vertreter der Landesuniversität in Tübingen und der technischen Hochschule in Stuttgart. Zunächst wird eine Generaldiskussion über den Art. 1 einge­leitet. Berichterstatter Abg. Haußmann giebt einen Ueberblick über die Kommissionsverhandlungen und die hiebei getroffenen Abweichungen vom Regierungs- Entwurf. Die Ziff. 3 des Regierungsentwurfes betr. die Ernennung von erblichen Mitgliedern soll gestrichen werden. Statt 8 ritterschaftlichen Abgg. sollen 6 Mit­glieder in die 1. Kammer ausgenommen werden. Abg. v. Geß: Die Rechte der 1. Kammer sollen soweit als möglich geschont werden. Die Zuführung von volkstümlichen Elementen zur 1. Kammer sei wünschens­wert. Die Vertretung der beiden Kirchen genügt nicht. Die Ritter stehen dem Volke näher und sollten, wie der Regierungsentwurf will, in der Zahl von 8 in die erste Kammer eintreten. Abg. Frhr. v. Ow: die Kammer der Abgg. werde in der Zukunft einen radikalen Charakter erhalten, auch werden die Partei- gegensätze größer werden. Schon mit Rücksicht auf die Steuerreformpläne, auf das Steuersystem der Zukunft, sei eine Stärkung der 1. Kammer durchaus notwendig. Nach seiner Meinung gehe hier schon der Regierungsentwurf nicht weit genug. Die Zahl der Mitglieder der 1. Kammer sollte mindestens ^/z der Mitglieder der 2. Kammer betragen. Zu bedauern sei, daß die Vertreter von Industrie und Handel (etwa die Handelskammervorstände) nicht in die erste Kammer berufen worden seien. Auch die Vorstände von Land­wirtschafts-, Handwerker- und Arbeiterkammern könnten ausgenommen werden. Man hätte auch die Vertreter der größten Städte der 1. Kammer zuteilen können. Das Recht des Königs, erbliche Mitglieder zu ernennen, sollte belassen werden. Es sei das notwendig, um eine Verringerung der Mitgliederzahl zu verhindern. Die Ernennung der lebenslänglichen Mitglieder könne hiefür keinen genügenden Ersatz bieten. Auch sei eine Fixierung der Zahl der lebenslänglich ernannten Mit­glieder nach dem Gesetzentwurf zweckmäßiger als die von der Kommission beantragte Acnderung. Die 1. Kammer soll keine Regierungskammer werden. Dieselbe müsse unabhängig nach oben und unten sein. Vizepräsident Dr. Kiene: die Frage sei,was soll die Reform der 1. Kammer bringen?" Die Antwort sei: eine Verstärkung. Seine Fraktion gehe von diesem Standpunkt aus, die Leistungsfähigkeit derselben müsse erhöbt werden. Die 1. Kammer soll eine Vertretung des Adels und Großgrundbesitzes und sonstiger einfluß­reicher Kreise sein, diese Meinung habe er schon vor 4 Jahren hier vertreten. Eine vollständige Aenderung des Charakters der 1. Kammer soll durch die Reform aber nicht getroffen werden. Seine Freunde werden den Kommissionsbeschlüssen zustimmen. Ministerpräsi­dent Dr. v. Mittnacht: Man habe der Regierung vorgeworfen, daß sie in erster Linie auf eine Stärkung der 1. Kammer ihr Augenmerk gerichtet habe. Die Regierung müsse eine lebenskräftige 1. Kammer haben, das sei von Anfang an als eine unerläßliche Beding­ung für Einführung der Volkswahlkammer bezeichnet

worden. Es handle sich für die 1. Kammer um eine Vermehrung der Mitglieder, die Zuführung und Sicherung von Arbeitskräften und die Vermehrung der Elemente und seitherigen Interessengruppen in jenem Hause. Die Ausführung des Abg. Frhr. v. Ow seien beachtenswert, aber er könne sie nur als fromme Wünsche bezeichnen, da sie unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnen würden. Die 2. Kammer selbst würde auf eine so bedeutende Vermehrung der 1. Kammer nicht eingehen in dem Augenblick, wo das Budgetrecht der 1. Kammer erweitert werden soll. Dem Wunsch, die Vertreter der Kirche in der 1. Kammer von 3 auf 6 zu erhöhen, werde von der Regierung kein Widerstand entgegengesetzt werden, einem diesbe­züglichen ständischen Beschluß werde sich die Regierung anschließen in Anbetracht der Bedeutung der beiden Kirchen im Staatsleben. Die Generaldiskussion wird geschloffen. Die Ziffer 1) betreffend die Prinzen deS Königlichen Hauses; 2) betreffend die Standesherrn werden ohne Debatte angenommen. Vizepräsident Dr. Kiene beantragt sodann, die Ziffer 3 des Regierungs­entwurfes betreffend die vom König erblich zu er­nennenden Mitglieder wieder kerzustellen. Die Kommission habe, indem sie diese Ziffer gestrichen habe, den Standpunkt verlassen, den man sonst allgemein der Frage der Zusammensetzung der ersten Kammer gegenüber eingenommen habe. Redner begründet seinen Antrag in ausführlicher Weise. Abg. v. Geß tritt gegenüber dem Vorredner für Streichung der Ziffer 3 des Regierungsentwurfes ein. Man soll ein­gehende Privilegien nicht erneuern. Abg. v. Her­mann ist für den Antrag des Vizepräsidenten Dr. Kiene. Ministerpräsident Dr. v. Mittna cht tritt für Aufrechterhaltung der fraglichen Bestimmung ein. Die Regierung könne auf dieselbe nicht verzichten. Berichterstatter Abg. Haußmann bittet um An­nahme des Kommissionsantrags, auch Streichung der Ziffer 3. Der ersten Kammer seien genügende Kräfte zugeführt worden. Nachdem noch Mltberichterstatter Abg. v. Geß in gleichem Sinne gesprochen, erfolgt Abstimmung. Der Antrag des Vizepräsidenten Dr. Kiene, die Ziffer 3 des Regierungsentwurfs wieder herzustellen, wird mit 43 gegen 42 Stimmen abgelehnt. Es wird nun die Sitzung unterbrochen behufs Abhaltung einer gemeinschaftlichen Sitzung mit der Kammer der Standesherrn. Zur Tagesordnung steht die Besetzung einer Buchhalterstelle bei der Staatsschuldenkasse. Ge­wählt wird dem Antrag des ständischen Ausschusses entsprechend der stellvertretende Buchhalter Reinhard mit 104 Stimmen. Die zweite Kammer fährt in ihrer Beratung fort und zwar bei Ziffer 3 des Kommissions­entwurfs. Ministerpräsident Dr. v. Mittnacht hält die Fixirung der Höchstzahl der auf Lebenszeit ernannten Mitglieder auf 10 wünschenswert, wie sie die Regierung vorgeschlagen habe. Es sei die Absicht der Regierung hiebei Vertreter des Handels und der Industrie in der Zahl von 3 in die erste Kammer zu berufen. Des Weiteren begründet Redner in ein­gehender Weise die Notwendigkeit der vermehrten Er­nennung von lebenslänglichen Mitgliedern. Man müsse Referenten haben für die verschiedensten Gebiete des öffentlichen Lebens. Berichterstatter Abg. Hauß­mann beantragt zuerst die Z ffern 4- 6 zu beraten und dann erst über Ziffer 3 abzustimmen. Das Haus beschließt demgemäß. Es wird nun zu Ziffer 4 über­gegangen. Die Abg. Frhr. v. Gemmingen,». Wöllwarth und von Seckendorfs beantragen statt 6 Mitgliedern des ritterschaftlichen Adels, deren 8 in die erste Kammer zu versetzen. Abg. v. Sch ad: die Zahl von 8 Rittern habe die Re­gierung vorgeschlagen und sie sei, soviel ihm bekannt, von der ersten Kammer nicht beanstandet worden. Von der Zahl 8 gehe er nicht ab. Redner führt so­dann aus, daß das Zentrum durch die Verfassungs­revision einen verhältnismäßigen Zuwachs erhalten könnte, namentlich wenn die Stichwahlen abgeschafft würden. Es könnte sein, daß dann künftig das Zentrum