sein lassen und sich damit in hiesiger Stadt sehr ver­dient gemacht. Die Leitung des gewaltigen Tonge­mäldes lag in den bewährten Händen von Buchhändler Gundert. Die Chöre erfreuten sich wegen ihrer Frische und ihrer sicheren Einstudierung eines großen Erfolges. Als Solisten wirkten sehr bedeutende Kräfte mit. Die Sopransoli sang Frl. Federhaff und die Altsoli Frau Gesanglehrer Schuster in Stuttgart; die Tenorpartie hatte Vikar Erhardt in Stammheim bei Ludwigsburg und die Baßpartie Präzeptor Jsenberg in Biberach übernommen. Die ausgezeichneten Leistungen der Solisten trugen zu der prächtigen Wiedergabe des Werkes wesentlich bei. Die Orchesterpartie wurde durch Kapellmeister Sonntag mit seiner Kapelle aus­geführt ; die Orgelbegleitung wurde durch den Organisten Vintzon in feiner Weise durchgeführt. Die Aufführung welche 2* 2 Stunden in Anspruch nahm, war von den benachbarten Orten und Städten sehr zahlreich besucht. (Sch. B.)

* Stuttgart, 20. März. Vor einigen Tagen wurde gegen einen hiesigen Wirt von drei Fremden, die ohne Zweifel unter falschem Namen schon seit einigen Wochen in dessen kleinem Gasthaus logiert und ihre Rechnungen stets prompt bezahlt hatten, ein schwerer Gewaltftreich verübt. Die Drei warteten bis nachts 2 Uhr in dem Wirtschaftslokale, und als alle anderen Gäste weggegangen waren, ersuchten sie den Wirt, ihnen noch einen Hundertmarkschein in Geld zu wechseln, da sie in aller Frühe auf 1 bis 2 Tage ver­reisen müßten. Während nun der Wirt ohne den Hundertmarkschein in seine, eine Treppe höher gelegene Wohnung ging, um das Geld zu holen, raubten die Gauner dessen bereits verschlossene die Tageinnahmen größtenteils in Silber bergende Handkaffette und wollten mit dieser das Weite suchen. Da sie aber die Haus- thüre bereits verschlossen fanden, schlngen sie den zurück­gekehrten Wirt nieder, entrissen ihm den Schlüssel, so­wie den Schlüssel zu der Kassette und entkamen. Eifrige Nachforschungen nach den Räubern sind eingeleitet.

* Stuttgart, 21. März. Es ist begreiflich, daß die Verlobung der Prinzessin Pauline, welche durch ihr freundliches, jugendlich-frisches Wesen sich allseitiger Sympathien erfreut, in allen Kreisen der Residenz das Gesprächsthema bildet. Man weiß, mit welch inniger Liebe Se. Maj. der König an seiner einzigen Tochter, die nahezu den Mittelpunkt in der K. Familie bildet, hängt, und glaubt deshalb, daß das junge Paar hier seinen Wohnsitz aufschlagen und der Bräutigam dem württem belgischen Armeecorps, wahrscheinlich dem Königsdragonerregiment, einverleibt wird.

* Stuttgart, 21. März. Nach dem neu heraus­gegebenen Verzeichnis der Mitglieder der Kammer der Abgeordneten gehören der Fraktion der Linken 31 Ab­geordnete an, dem Zentrum 20 Abgeordnete, der freien Vereinigung 26 Abgeordnete, der deutschen Partei 13 Abgeordnete, darunter v. Abel und Spieß als Gäste, der Sozialdemokratie 1 Abgeordneter (Kloß). Keiner Partei beigetretrn ist Abgeordneter Gebert.

* Stuttgart, 21. März. Zwischen den Brauerei­besitzern und den Braugehilfen ist ein günstiges Uebereinkommen bis zum Jahre 1900 getroffen worden wodurch eine Arbeitszeit von 10 Stunden, Abschaffung der Sonntagsarbeit im Prinzip, höhere Entlohnung für notwendige Sonntagsarbeit, sowie für Nacht- und

low, der eben von 'Malta zurückgekehrt, bittet Ihnen vorgestellt zu werden."

Leonie sah überrascht auf. Ein Schatten flog über ihr Gesicht und sie wurde blaß.

Hauptmann Barlow," wiederholte sie. Willkommen im Vaterland, Herr Hauptmann." Sie stand auf und reichte ihm die Hand. Die Blüten fielen unbeachtet zur Erde, und sie bemerkte nicht, wie er nachher schnell eine aufhob und sie in der Brusttasche verbarg.

Ich freue mich, Sie endlich kennen zu lernen," fuhr sie fort,aber Sie haben mich völlig überrascht. Ich dachte nicht, daß Sie jetzt schon zurückkämen."

Er sah sie immer noch bewundernd an, unfähig, vor innerer Erregung ein Wort zu sprechen. Leonie deutete seine Bewegung ganz anders und fragte:

Wann landeten Sie?"

Vor vierzehn Tagen," erwiderte er, sich gewalt­sam bezwingend.

Und Sie haben mich noch nicht ausgesucht?" fuhr sie fort.Dafür müssen Sie mir eine Erklärung geben. Wollen wir ein paar Schritte gehen."

Die Herren, die mit ihr gesprochen hatten, zogen sich zurück und Paul verbeugte sich.

Geben Sie mir Ihren Arm," sagte sie,wir dürfen doch unsere Verwandtschaft nicht vergessen."

Sie legte ihre kleine Hand leicht auf seinen Arm, und sein Herz schlug höher. Er hatte ruhiger im feindlichen Kugelregen gestanden, als wie er hier an der Seite des schönen Mädchens ging.

Sie sah mit ihren dunklen Augen zu ihm auf.

Ueberarbeit, Mindestlohn von 25 Mk. pro Woche und volle Koalitionsfreiheit den Arbeitern zugestanden wird. Das Schlafen in der Brauerei wird aufgehoben und der Kostzwang beseitigt.

* (Verschiedenes.) In der Nähe des Wasser­hauses in Eßlingen wurde dieser Tage der Leich­nam eines Mannes gefunden. Die Persönlichkeit des­selben konnte bis jetzt nicht festgestellt werden. Der Ertrunkene, der offenbar dem Ärbeiterstan^ mgehört, dürfte etwa 5560 Jahre alt sein, ist korpulent, hat graue Haare mit großer Glatze und ist glatt r siert. Er trug eine braune Blouse, braune g stickte Weste, Arbeitshosen und Rohrstiefel. In seinen, Besitz befand sich ein Portemonnaie mit 2 Mark Inhalt, ein Taschen­messer und eine Nickelkette ohne Uhr. Auf dem Kopf des Ertrunkenen sind einige Wunden, ob dieselben vor oder nach dem Tode entstanden sind, ist bis jetzt noch nicht festgestellt worden, ebensowenig, ob ein Selbst­mord vorliegt, oder ein Verbrechen. In Saulgau wurden in einem Gasthof zwei elegant gekleidete Herren festgenommen, die dort auf großem Fuße lebten und Vorgaben, Lehrer aus Heilbronn zu sein. Als man schließlich Verdacht schöpfte und die beiden verhaften ließ, fand man sie ganz ohne Barschaft.

* (Konkurse.) Wilhelm Epple, Wirtschaftspächter in Ludwigsburg und seine Ehefrau Friederike Epple, geb. Hartmann. Fritz Bacher, Adlerwirt in Lorch. Pauline Bacher, Ehefrau des Adlerwirts Fritz Bacher in Lorch.> Ferdinand Beyle, Bäckermeister in Burgstall.

* Ein Handwerksburschef der kürzlich ein Bäcker­haus in Emmendingenabklopfte" traute seinen Augen nicht, als ihm der Bäckermeister ein gutes Brot und 50 Pfg. schenkte.Nimm es nur", sagte der biedere Meister.Es hat seine Richtigkeit. Meine Frau ist heute früh glücklich von einem Buben entbunden worden und da habe ich gelobt, dem ersten Handwerksburschen, der fechten käme, ein Brot und 50 Pfg. zu geben."

* Die Gemeinde Lörrach schrieb vor einigen Jahren den Bau eines Schulhauses aus. Natürlich wurden bei der Submission die billigsten Offerten angenommen und dafür erhielt man, wie es recht und billig ist, die schäbigste Schundarbeit. Nun heißt es in einem Bericht:Leider mußte an diesem Ge­bäude nahezu alles zum zweitenmale ausgeführt werden, weil man seinerzeit bedauerlicherweise den billigsten von auswärts cingelaufeneu Offerten den Vorzug gab." Möge es allen Gemeinden und Be­hörden so gehen, die nur die billigsten Offerten be­rücksichtigen, damit die Pfuscher unterstützen und das ehrliche Gewerbe schwer schädigen.

* Eine Frau in Pfungstadt in der Pfalz ent­rüstete sich so über ihren ungeratenen Sohn, daß sie sich das Leben nehmen wollte. Sie schlug sich mit einem Beile auf den Kopf. Nack mehrwöchentlichem schweren Leiden ist die Frau jetzt ihren furchtbaren Wunden erlegen.

* Berlin, 20. März. 44000 Mk. in Reichs­banknoten, die noch nicht im Verkehr gewesen waren, und 16 000 Mk. in anderen Wertpapieren wurden auf einem hiesigen Friedhofe entdeckt. Die Blätter sehen hierin einen Diebstahl, an welchem nur Leute

Hassen Sie mich, Herr Hauptmann?" fragte sie schnell.

Ich sollte Sie Haffen?" gab er zurück.Wie grausam, das nur zu fragen. Wie kommen Sie darauf?"

Weil Sie durch mich Lighton Hall verloren haben und eine Stellung in der Welt, die Sie so würdig ausgefüllt haben würden."

Seine Augen glänzten.Glauben Sie mir, Lady Charnleigh, daß ich Ihnen die Erbschaft keinen Augen­blick mißgönnt habe, und jetzt freue ich mich sogar von Herzen für Sie."

Und ich werde das Gefühl, Ihnen Unrecht zugefügt zu haben, nie ganz los," sagte sie.

Diese Empfindung dürfen Sie nicht haben!" rief er leidenschaftlich aus.Besäße ich alle Schätze der Welt, so würden sie nur Wert für mich haben, wenn ich sie Ihnen zu Füßen legen dürfte."

Leonie sah ihn erstaunt an.

Ich freue mich, daß Sie wieder in England sind," sagte sie,ich habe oft gewünscht, daß Sie zurückkämen. Unsere Verwandtschaft wird nur eine sehr weitläufige sein, sonst wäre die Entscheidung, wer von uns der nächstberechtigte Erbe sei, nicht so schwer gewesen. Ich wollte, wir wären Geschwister. Ich stehe so ganz allein, denn wenn Lady Fanshawe auch sehr liebens­würdig ist. so steht sie mir doch nicht Verwandtschaft- lich nahe."

Es ist seltsam, daß die beliebteste und von ollen bewunderte Dame darüber klagt, daß sie allein steht," bemerkte er lächelnd.

Ich glaube, Sie verstehen, wie ich es meine,"

beteiligt sein können, welche in der Reichsdruckerei beschäftigt waren, oder es noch sind. Im Zusammen­hang damit steht die Verhaftung des früheren Ober- faktorS der Reichsdruckerei.

* Eine neue Polizeiverordnung für die äußere Heilighaltung der Sonn- und Feiertage in Berlin wird vom Polizeipräsidium veröffentlicht. Die neue Verordnung verbietet an Sonn- und Feiertagen nicht nur alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten, sondern auch olle geräuschvollen Arbeiten in Häusern und Werk­stätten, soweit sie geeignet sind, die äußere Heilig­haltung der Sonn- und Feiertage zu beeinträchtigen.

* Berlin, 22. März. Gestern wurde eine dem Oberfaktor der Reichsdruckerei Grünenthal gehörige Druckpresse an dritter Stelle mit Beschlag belegt. (Grünenthal ist in den bekannten Banknotenfund ver­wickelt.)

* Altona, 20. März. In dem Prozesse des Oberförsters Lange gegen den Fürsten Bismarck er­kannte das Gericht, der Fürst solle den angebotenen Eid leisten, daß er dem Oberförster die betreffenden Zusicherungen nicht gemacht habe. Wenn der Fürst den Eid leistet, wird der Kläger kostenpflichtig abgewiesen.

Ausländisches.

* Rom, 22. März. In Scurcola bei Anagnie stürmten gestern abend Bauern das Rathaus und zündeten das Archiv an. Militär ist bereits dorthin abgegangen.

* Wien, 22. März. Wie vorauszusehen war, verlief die gestrige Eröffnungssitzung des Parlaments unter fortgesetzten Obstruktionsscenen, die vorläufig allerdings ausschließlich von Schönerer und Wolf insceniert wurden und bei den übrigen Oppositions­parteien kein Echo fanden. Gleich nachdem der neu­gewählte Präsident Fuchs, der dem früheren Präsidium als zweiter Vizepräsident angehörte, die Tribüne be­stiegen hatte, um die übliche Antritsrede zu halten, begannen die Beschimpfungen desselben durch Schönerer, dem Wolf lebhaft assistierte. Ununterbrochen erklärten beide, ein solcher Präsident gehöre ins Zuchthaus. Zum Schluß hielt Graf Thun eine Programmrede, worin er die Wiederherstellung parlamentarischer Ord­nung und die Erneuerung des Ausgleichs mit Ungarn als die Hauptaufgaben der Regierung bezeichnete. Die farblose Rede, welche bei der Opposition keinerlei Eindruck machte, wurde von der Mehrheit mit Beifall ausgenommen.

* Paris, 21. März. Die spanische Regierung beauftragte die Leitung der Schiffswerft in Havre, den Bau des großen PanzersKaiser Karl V." nach Möglichkeit zu beschleunigen.

* London, 22. März. Wie das in Plymout erscheinende BlattWestern Daily Mercury" erfährt, sind Pläne zur Anlage einer englischen Flottenstation in Tinghai auf der Insel Tschusan (China) angefertigt worden. Es seien Werfte für Kriegsschiffe und Kreuzer, sowie zwei tiefe Docks und die nötigen Gebäude vor­gesehen. Bei Tinghai befand sich Mitte Februar ein beträchtlicher Teil des englischen Geschwaders in den chinesischen Gewässern. Admiral Buller und der Vize­admiral Seymour lösten sich dort im Kommando ab. Ersterer kehrt am Samstag nach Plymouth zurück.

? a twoitUHel Uied-k.'Ur W. >t i e k er, Stlkensteig.

erwiderte sie.Buchstäblich bin ich ja nie allein, aber in meinem Alter sehnt man sich nach Eltern und Geschwistern, nach jemand, mit dem man durch Familienbande verknüpft ist. Und ich habe schon lange den Wunsch, Sie um etwas zu bitten, Herr Hauptmann, werden Sie es mir auch nicht übel nehmen?"

Nein, Lady Charnleigh, ich könnte Ihnen nichts übel nehmen."

Nun, dann lassen Sie uns vergessen, wie entfernt unsere Verwandtschaft ist. Lassen Sie uns annehmen, daß wir Geschwister wären; meinem Bruder dürfte ich das anbieten, was ich mich scheue. Ihnen gegen­über auszusprechen. Darf ich es dennoch thun? Wollen Sie nicht die Hälfte meines Reichtums, meines Ueberfluffes nehmen? Sie würden mich dadurch un­sagbar glücklich machen!"

Ein Schatten flog über das hübsche männliche Gesicht.

Ich verstehe wohl, wie gut Sie es meinten, Lady Charnleigh. Ihr Anerbieten zeigt Ihren edlen Charakter, aber so dankbar ich Ihnen dafür bin, so werde ich es nie annehmen. Das Schicksal beugt nur den Schwachen nieder, dem Starken stählt es die Kraft. Und ich, Lady Charnleigh, ich fühle mich stark."

Das glaube ich Ihnen," gab sie zurück, indem sie ihn bewundernd ansah.Ich bi» stolz auf Sie. Sie müssen mich auch anders behandeln, als die übrigen Menschen es thun, mehr wie eine jüngere Schwester, und vor allem dürfen Sie mir niemals schmeicheln."

(Fortsetzung folgt.)