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Dienstag, 16 . Jebruar

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg- I 1QOL reichste Verbreitung.

Wochenrundfchau.

Die am letzten Sonntag in dem großen Saale des Stadtgartens zu Stuttgart abgehaltene Landesversammlung der deutschen Partei hatte zahl- reichen Besuch. Dabei ist bctr. der Frage des Orts­vorstehergesetzes von dem Referenten, Sladtschultheißen und Landtagsabgevrdneten Sachs von Crailsheim, wie von nachsolgenben Rednern nachdrücklich der Stand­punkt vertreten worden, daß der Gesetzentwurf eine rückwirkende Kraft nicht haben solle und nach der Stimmung der Mehrheit der Landtagsabgeorüneten auch nicht bekommen werde. Bezüglich der Ver- sassungsrevision wurde ausgeführt, daß die Volkspartei deren Scheitern zu verantworten haben werde, wenn sie an ihrer Forderung bezüglich der Beibehaltung der Stichwahlen festhalte. lieber das dem Reichstag vorliegende Flottengesetz nahm die Landesversammlnng eine freundliche Stellung ein. Die angenommene diesbezügliche Resolution besagt, daß eine Vermehrung der Kriegsflotte zum Schutze des denlschen überseeischen Handels absolut unabweislich sei, und es wäre mehr als unpatriotisch, die Flottcnvorlage abzuweisen, da die Vermehrung der Kriegsschiffe ohne neue Steuern möglich sei. Die deutsche Partei will bei den künftigen Reichstags-Wahlen mit dem Bund der Landwirte zusammengehen. Deutschland hat im euro­päischenKonzert" immer die Friedensschalmei ge- blasen. Das Konzert droht jetzt wegen der Kreta- Frage ans dem Leim zu gehen, und Deutschland dürste seine Flöte beiseite legen. Aus Petersburg pfiff der Wind in den letzten Tagen etwas linder. Die Politik der Unterröcke scheint noch nicht fest genug begründet zu sein. - Die Woche brachte uns wieder einen schweren Marineverlust, indem imKieler Hafen eine Pinassr im Sturm kenterte, wobei leider sehr viele wackere Seeleute den Tod in den Wellen

Der Prozeß Zola.

* Paris, 11. Febr. Die Zeugenvernehmung be- ginnt mehr und mehr widerlich zu werden durch die Vertuschungsmanöver und die fortdauernden Berufungen auf das Amts- oder Staatsgeheimnis. In der heutigen Verhandlung waren die bemerkenswertesten Aussagen, diejenigen des Obersten Picquart. Derselbe erzählt: Im Mai 1896 fielen Bruchstücke eines Kartenbriefcs in merne Hände. Sie wurden vom Major Lauth rekonstituiert. Der Kartenbrief war an Esterhazy gerichtet und bekundete verdächtige Beziehungen. Be­vor ich meinen Vorgesetzten mitteilte, aus welchem Orte der Kartenbrief kam, befragte ich über Esterhazy einen Offizier, der diesen kannte. Ich erhielt ungünstige Auskünfte und beschloß, die Nachforschungen sortzu- fetzen. Ich erfuhr, daß Esterhazy in ewigen Geld­nöten sei und daß er eine seltsame Wißbegierde in Bezug aus vertrauliche militärische Dokumente zeigte. Ich stattete nun einen Bericht an die Vorgesetzten ab, die mich zur Fortsetzung der Untersuchung aüfmunterten. Ich verschaffte mir nun die Handschrift Esterhazy's, indem ich aus regelmäßigem Wege dessen Korps­kommandanten darum ersuchte. Betroffen von der Aehnlichkeit der Handschrift mit derjenigen des Dreyfus- Bordereaus legte ich die Handschrift Esterhazy's zu­nächst Bertillon vor, der im Prozeß Dreysus als Sachverständiger figuriert hatte. Bertillon sagte mir aber :Das ist ja die Handschrift Dreysus'!" ' Nach- dem Bertillon das Dokument mit der Handschrift Esterhazys einige Wochen behalten hatte, gab er es mir zurück mit dem Bemerken:Die Juden sind seit einem Jahre eifrig bemüht, die Handschrift Dreysus' nachzuahmen." Hierauf legte ich das Dokument dem Oberst Paty de Clam vor. Dieser sagte mir: Das ist die Handschrift von Matthias Dreysus. Zugleich sagte mir ein Agent, ein Offizier von etwa 50 Jahren liefere einer auswärtigen Macht gewisse geheime Doku­mente, und ich erfuhr andererseits von einem Kameraden, daß Esterhazy sich gerade für diese Dokumente interes­

sanden. Die ganze Woche wurde vom Zola-Prozeß ausgefüllt. Der große Romancier hat in ein Wespen­nest gestochen, mag er mit seiner Sache im Recht oder im Unrecht sein. Bei den Sitten, die der Prozeß enthüllt, den Hintertreppengeschichten, Brief- mardereien, Handschristensälschungen und sonstigem an den Tag gebrachten Lug und Trug kann man schließ­lich alles für möglich halten und ebenso gut. daß Dreysus als daß Esterhazy schuldig oder unschuldig sei, ganz nach Belieben. An diesem Urteil ändert auch der gravitätische Ernst nichts, den einige Zeugen zur Schau tragen. Im Gegenteil gewinnt im Munde eines ehrwürdigen Greises, wie Scheurer-Kestner, oder eines gestrengen Notars, wie Leblois, die republi­kanische Hofgeschichte einen besonders prickelnden Reiz. Man muß die beiden alten Herren erzählen hören von den nächtlichen Rendez-vouz des Oberst du Paty de Clam, von den gefälschten Damenbriefen, die offenbar aus dem Generalstab kamen," der ver­schleierten Dame u. s. w. Wie der Zola-Prozeß auch enden möge: die französischeGesellschaft" ist ge­richtet. Die Lage in A s i e n ist interessanter geworden. Erst wurde den Chinesen von zwei Seiten eine Anleihe förmlich aufgedrängt, damit sie die Japaner befriedigen und zum Abzüge aus Wei-hai-wei veranlassen könnten; und jetzt hat China das Anleihe­geschäft ganz fallen gelassen und will sich ohne Pump behelfen. Es geht auch so. Zwar drängen die Ja­paner aus Zahlung; aber heute hat China wenig mehr zu befürchten, seitdem Deutsche und Russen im Norden seine Küsten besetzt halten. Japan kann nicht mehr so leicht wie früher heran, ohne deutsche und russische Interessen zu verletzen. Das leidige Geld! Rußland hat von Serbien noch die Kleinigkeit von 800000 Frank zu fordern und verlangt jetzt Zahlung, weil es mit dem Wiederemporkommen Milans höchst unzufrieden ist. Milan ist mit den Wiener Finanz-

siere. Ich konnte ferner konstatieren, daß ein im geheimen Dossier Dreysus enthaltenes Dokument sich viel eher auf Esterhazy als auf Dreysus beziehe. Ich versuchte nun, in Erfahrung zu bringen, ob Esterhazy fick Dokumente verschafft hatte, die das Bordereau aufzählt. Ich erfuhr, daß er einen gewissen Mulot beauftragt hatte, für ihn gewisse Stellen des Schieß- Handbuchcs zu kopieren, das das Bordereau erwähnt. Aber iu meinen Nachforschungen wurde ich dadurch gestört, daß derEclair" plötzlich Artikel brachte, die alle Dokumente des Dreysus - Prozesses publizierte. Bald darauf erschien auch imMatin" das Facsimile des Bordereaus. Freilich hatte man sich wohl gehütet, zugleich mit dem Facsimile des Bordereaus auch das Facsimile des Dictats zu veröffentlichen, das Dreysus schrieb, ols ihm vor der Verhaftung Paty de Clam das Bordereau in die Feder diktierte. Das wäre störend gewesen. Jedenfalls wurde durch beide Publi­kationen Alarm geschlagen und Esterhazy merkte, was vorging. Ich verlangte, man solle eine Untersuchung eröffnen, wer die Drcyfus-Dokumente demEclair" mitgeteilt habe. Eine Untersuchung wurde nicht eröffnet. Als bald darauf der Deputierte Castelin in der Kammer eine Interpellation über die Drcyfus- Affaire ankündigte, wurde ich in einer Mission von Paris fortgeschickt und Esterhazy kam in großer Un­ruhe in Paris an. Man sagte mir, er und sein Freund, weil sie einen anonymen Brief erhalten hätten, der auzeige, sie würden als Complicen Dreysus' wegen Verrats angeklagt werden. Ich weiß nicht, ob Ester­hazy wirklich einen solchen Brief erhalten hat. Ich ging nach Tunis. Meine Beziehungen zu den Vor­gesetzten waren bis dahin sehr herzlich. Während meiner Abwesenheit wurden meine Briefe ausgebrochen, einige Briefe sogar im KriegS- ministerium zurückbehalten oder kopiert. Das bestätigte meinen Argwohn, daß Machinationen gegen mich an­gezettelt wurden. Hierauf erhielt ich einen Brief des Obersten Henry, der die später oft wiederholten Be-

kreisen zu eng liiert, als daß er je in russische Geheim­dienste treten könnte. Außerdem gräbt ihm auch sein Nachbar, Prinz Ferdinand von Bulgarien, in Peters­burg das Wasser ab. Nachdem er die Hochverräter, die seinen Vorgänger haben entthronen helfen, wieder in seine Armee eingestellt hat, ist er in Petersburg sehr wohl gelitten und wird demnächst daselbst einen Besuch abstatten. Die Rückreise will er über Wien machen und dabei dem Kaiser Franz Josoph eine Visite machen. In Wien kann man es noch immer nicht vergessen, daß er den kleinen Boris hat russisch taufen lassen.

deutscher Reichstag.

* Berlin, 11. Febr. Der Reichstag setzte heute die Beratung des Etats des Auswärtigen Amtes fort. Beim Gesandtschaststitel in Washington entspann sich eine handelspolitische Debatte, die Abg. Barth (fr. Vgg.) einleitete. Redner besprach die wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu Amerika und das Einfuhr­verbot für amerkanisches Obst; er stellte die Schild- laus-Gcfahr als übertrieben bin. Abg. Frhr. v. Heyl empfahl eine energische Abwehrpolitik gegenüber Amerika. Staatssekretär Graf Posadowsky betonte die Notwendigkeit des Obsteinsuhr-Verbots, in Amerika selbst würden strengste Maßnahmen gegen die Weiter­verbreitung der gefährlichen Schildlaus ergriffen. WaS die Handelsverträge betreffe, so träge die Erörterung, was für Verträge wir in Zukunft abzuschließen haben, einen rein akademischen Charakter. Ehe wir etwas thun, müßten wir einen neuen automatischen Zolltarif haben. Abg. Graf Kanitz (kons.) dankte der Regierung für die Erklärung, daß sie nicht für alle Zeiten an den Meistbegünstigungsverträgen festhalten wolle, falls es im Interesse des Reiches liege, biervon abzugehen. Mit dem Abg. Richter (fr. Vp.) stimmte Abg. Paasche (nat.-lib.) darin überein, daß es nichts

schuldigungen gegen mich erhob. Mich bedroht sehend, eilte ich nach Paris, konsultierte den Advokaten Leblois, dem ich zum ersten Mol von den Affairen Dreysus und Esterhazy sprach, die Briese des Generals Gonse ausbändigte, ihm überlassend, zu thun, was er im Interesse meiner Verteidigung für geboten halte. Ich kehrte nach Sousse zurück, wurde nach Gabes geschickt, erhielt aber bald den Befehl, nach Paris zu kommen, da eine Untersuchung gegen Esterhazy eröffnet worden sei. Vorher bekam ich einen Brief Esterhazy's, der mir sagte, daß ich aus einem geheimen Dossier ein Dokument entfernt hätte; er wisse dies, da er selbst dieses Dokument in den Händen habe, Picquart spricht hierauf von denLlanoirs, und »spararma" gezeichneten Telegrammen, die er in Tunis erhalten batte. Während er sie in Tunis erhielt, publicierte zugleich dieLibre Parole" in Paris eine auf diese Telegramme bezügliche Note, was ein verblüffendes Faktum bildet. In Paris angelangt, wurde Picquart sofort polizeilich bewacht. Zwei Agenten folgten ihm aus Schritt und Tritt. Sein erstes Verhör beim General Pcllieux drehte sich lediglich um eine Haussuchung, die in seiner Pariser Wohnung vor seiner Ankunft veranstaltet worden war, aus Grund eines anonymen Brieses, in dem es hieß, man könne bei ihm interessante Dinge finden. Man fand aber nichts. Niemals hat Picquart ein Dokument aus dem Kriegsministerium nach Hause mitgenommen. Man fand nur Privatbriefe, deren einer »ülanolw" unterzeichnet war und den man zurückbehielt. Das zweite Verhör beschäftigte sich mit den Telegrammen, die Picquart in Tunis erhalten hatte. General Pellieux batte absolut phantastische Polizeiberichte über den Charakter Picquarts erhalten, die besagten, er be­schäftige sich mit Tischrücken und Hypnotismus und habe Beziehungen zu verschleierten Damen. Wir haben beide nicht wenig darüber gelocht, sagt Picquart. Ich verlangte, man solle gewisse Zeugen über Ester­hazy hören. Das geschah nicht. Als später Major Rovary die Untersuchung begann, bemerkte