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1898 .
Bestätigt wurde die Wahl des approbierten Arztes Dr. Emil Schund von Cannstatt zum Stadt- und Armenarzt von Lieben - zell, OA. Ealw.
D Das Deutschtum in Ungarn.
Nicht nur in Oesterreich kämpfen die Deutschen um ihre nationale Existenz; in Ungarn ergeht es ihnen nicht besser. Die Rücksichtslosigkeit, mit der die leitende Nation Ungarns, die Magyaren, alles ihnen national Fremde in den Grenzen ihres Reiches bekämpfen, ist nicht geringer als die der Tschechen gegen die Deutschen in Oesterreich. Erst kürzlich wurden die deutschen Städte und Dörfer in Siebenbürgen durch Beschluß des ungarischen Reichstags ihrer jahrhundertalten Namen beraubt und magyarisch umgetauft, so daß jetzt z. B. telegraphische Meldungen aus „Brasso" die deutsche Presse durchlaufen, die, wie sich herausstellt, aus . . . Kronstadt kommen.
Die Erbitterung über diese Vergewaltigung war so groß, daß selbst die Frauen Siebenbürgens von ihr ergriffen wurden und eine mit 5000 Unterschriften versehene Bittschrift an den Kaiser richteten. Eine Frauen- Deputation reiste noch Wien, um die Petition dem Monarchen zu überreichen; allein die ungc:ische Regierungskunst ist nicht nur gewaltthätig, sie ist auch schlau, und so gelang es, den deutschen Sendlingen den Eingang zur Wiener Hofburg zu verschließen. Unter dem Hohn der ungarischen Gewalthaber mußten die Siebenbürger Frauen, die ihren deutschen König um Gerechtigkeit bitten wollten, unverrichteter Dinge nach Kronstadt — oder wie es jetzt offiziell genannt wird : nach Brasso zurückkehren.
Aber die Sache geht noch weiter. Wie den .Leipz. N. Nachr/ aus Siebenbürgen geschrieben wird, ist den deutschen Bahnbeamten verschiedener Stationen (darunter Hermannstadt und Marienburg) von ihren Vorgesetzten angesonnen worden, ihre ehrlichen deutschen Namen abzulegen und mit magyarischen zu vertauschen! Die neuen Namen wurden den Betroffenen schon fertig vorgelegt und im Weigerungsfälle mit Dienstentlassung oder Pensionierung gedroht! Daß ähnliches in hundert anderen Fällen vorkommt, braucht wohl nicht erwähnt zu werden. Hier wurde nur zufällig das Schmähliche aufgedeckt. Eine solche Beschränkung der persönlichen Freiheit ist selbst in Ungarn, obwohl sich die Deutschen in Siebenbürgen allgemach an jede Brutalität gewöhnt haben, ganz unerhört.
Man muß sich fragen, ob es wirklich völkerrechtlich, im tieferen, ethischen Sinn des Wortes völkerrechtlich zulässig sei, daß ein Staat seinen Bürgern nicht nur die Namen raube, die sie ihren Ansiedelungen vor vielen hundert Jahren gegeben, sondern daß man es auch wagt, ihnen den Besitz anzutasten, den auch der letzte Bettler sein eigen nennen darf, den Namen seiner Väter?! In derselben brutalen, jedem Rechte hohnsprechenden Weise sind in dem Kulturstaate Ungarn, in welchem angeblich Gleichberechtigung der Nationalitäten herrscht, sämtliche Telegraphen- und Postbeamte und -Bedienstete behandelt worden. Ihnen zur Ehre sei es gesagt, eine große Anzahl hat die maßlose Zumutung mit Entrüstung zurückgewiesen und Brotlosigkeit der Ehrlosigkeit vorgezogen. Auch an die Magistrate der sächsischen Städte hat sich, wie wir hören, die ungarische Regierung mit ihrer „nichtamtlichen vertraulichen Aufforderung" gewendet. Das sächsische Volk in Siebenbürgen kann stolz darauf sein, daß selbst von den Bediensteten, welche mit sofortiger Entlassung bedroht wurden, sich kaum eine Handvoll bereit gefunden hat, jenem Ansinnen Folge zu leisten, die meisten haben diese Zumutung rundweg abgeschlagen.
Die schmeichelhafte Rede, die Kaiser Wilhelm in Budapest den Ungarn gehalten hat, und auf die letztere so sehr stolz sind, hätte ihren „ritterlichen Sinn" schärfen, hätte die Magyaren zurückhaltend machen sollen. Leider ist das Gegenteil eingetreten. „Heute können wir alles thun!" Das war der Honig, den sie aus jener Rede gesogen, und dieser Honig gibt ihnen den Mut, die Deutschen unter ihre Füße zu treten!
Die Magyaren bilden noch nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung Ungarns, nächst ihnen sind die Deutschen (etwa V«) am stärksten vertreten, während die Serbo-Kroaten, Ruthenen, Rumänen, Wenden, Italiener und Slowaken nur geringfügigere Bruchteile ausmachen. Dieses Verhältnis verschiebt sich aber von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer mehr zu Ungunsten der Magyaren. Als verhältnismäßig kleiner Volksstamm zwischen den Deutschen und Slawen, degeneriert durch den Mangel höher entwickelter Volksindividualitäten, verkümmert der magyarische Bauer und entartet der magyarische Adel. Das sehen die Magyaren selbst ein und deshalb ihre brutale Politik gegen die andern Nationalitäten in ihren Grenzen, besonders gegen die Deutschen. Indem sie dieselben magyarisieren, stärken sie ihr eigenes Volkstum.
Wir dürfen überzeugt sein, daß sich die Sachsen in Siebenbürgen ebenso mannhaft zeigen werden, wie die Deutschen in Oesterreich, und der Sympathie aller ihrer Stammverwandten im Reiche können sie sicher fein.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 4. Febr. Das Haus setzt die zweite Beratung des Etats der Postverwaltung bei dem „Diensteinkommen des Staatssekretärs" fort. Dazu liegt ein Antrag der Kommission vor, von der Besoldung des Staatssekretärs 6000 Mk. zu streichen und nur 24 000 Mk. zu bewilligen. Ferner liegt ein Kommissionsantrag vor, den Reichskanzler zu ersuchen, er möge dahin wirken, daß die Annahme und Bestellung von Paketen an Sonn- und Feiertagen mit Ausnahme der Zeit vom 18. bis 31. Dez. nur in den Vormittagsstunden bis 12 Uhr stattzufinden habe. — Abg. Singer (Soz.) bemerkt, seine Partei werde für Streichung der 6000 Mk. am Gehalt des Staatssekretärs stimmen und für die Befreiung der Beamten vom Dienste an Sonn- und Feiertagen. Redner weist darauf hin, daß, obwohl für die Erweiterung der Paketannahmestelle im Hofpostamt in der Spandauerstraße in Berlin vom Reichstag 1 260 000 Mk. bewilligt worden sind, dazu noch nicht ein Spatenstich gethan worden sei. Bei den Remunerationen machte man die merkwürdigsten Beobachtungen, daß, je weiter man in die bedürftigen Beamtenkreise heruntersteige, desto geringer die Unterstützungsbeträge werden. Sieben Oberpostdirektoren erhalten 8700Mk.zuRemunerationen, 6132 Hilfsarbeiter und Unterbeamte im ganzen nur 82000 Mk. Hier beträgt der Durchschnitt 13 Mk. und dort mehr als 1100 Mk. Auch die Urlaubsgewährung biete ein gleiches Beispiel der Bevorzugung der oberen Beamten. Schließlich empfiehlt Redner eine Moximalarbeitszeit für die Unterbeamten. — Staatssekretär v. Podbielski erklärt, die Reichs- postverwaltung sei nach Kräften bemüht, den Beamten freie Sonntagnachmittage zu verschaffen. — Abg. Lenzmann (freist Vp.) hätte lieber einen technisch vorgebildeten Mann an der Spitze des Ressorts gesehen. Die erste That, den Plan der Beseitigung der Privatpostanstalten, könne er nicht billigen, auch wolle er erst die Vorlage abwarten. Seine Partei werde beantragen, der Sperrung der Gehaltserhöhung des Staatssekretärs zuzustimmen, bis die Gehaltserhöhung für die Unterbeamten dnrchgeführt sei. —
Wochenrundschau.
Die verflossene Woche gehört der hohen diplomatischen Intrige. Die Blicke sind etwas von Ostasien ab- und wieder auf Kreta hingelenkt worden, das vor nunmehr bald einem Jahre den Anlaß zum griechisch-türkischen Kriege bot. Die Dinge auf der Insel liegen sehr schlimm. Die dortigen „Christen" stehen in fast noch üblerem Geruch als die Armenier — und das will schon viel heißen — und die Mohammedaner Kretas sind zum größten Teil gewissenlose Renegaten, die nur zum Moslem übertreten, um bei den türkischen Gewalthabern gut Wetter zu haben. Die Insel, von der Natur reich ausgestaltet, scheint den Griechen ein begehrenswerter Besitz und ihr Prinz Georg hat sich bereit erklärt, die Amtsbürde des Gouverneurpostens auf sich zu nehmen. Als die Nachricht von seiner Kandidatur auftauchte, glaubte man allgemein, es sei fauler Witz. Der ganze griechisch-türkische Krieg und der siegreiche Erfolg desselben für die Türken wäre unnütz gewesen, wenn der Sultan einem Griechen die Verwaltung des Landes anvertrauen wollte. Und der Zar tritt jetzt sehr energisch für die Kandidatur seines jüngeren Vetters ein und die auswärtigen Zeitungen wollen glauben, machen, daß auch der deutsche Kaiser für die Kandidatur günstig gestimmt sei. Das ist natürlich nicht der Fall. Deutschland ist nicht gegen dfn Prinzen, wenn er den andern Mächten als geeigneter Kandidat erscheint — das ist alles! Prinz Georg hat aber gute Verwandtschaften und seine drei
Tanten scheinen warm beim Zaren für ihn einzutreten. Die Unterrock-Politik hat schon manchen Schaden an- gerichtet, hoffentlich geht die Sache diesmal nicht schief. — In Oesterreich streiken die Studenten wegen des Verbots des Farbeutragens. Sie machen „blau", schlagen sich „braun und blau", obwohl ihnen am „schwarzen" Brett der Universitäten gut zugeredet wird. — Der Zar soll sich — wie eigentümlicherweise erst jetzt gemeldet wird, schon bei seiner vorjährigen Anwesenheit in Paris zu Gunsten einer Revision des Dreyfus-Prozesses ausgesprochen haben. Hat Dreyfus irgend etwas mit dem russischen Militärbevollmächtigten zu thun gehabt, so erscheint die Haltung des Zaren in einem eigentümlichen, aber nicht ungünstigen Lichte. Da man in Frankreich so ziemlich alles thut, was man dem Selbstherrscher aller Reußen von den Augen ab- sehen kann, so ist es doch wunderbar, daß man in diesem Falle dev, Anregung des Zaren nicht nachkam. — Der König von Griechenland soll sich privatim bereit erklärt haben, der Krone zu entsagen, wenn sein Griechenvolk zur Republik übergehen wolle und einen passenden Präsidenten habe. Ob diese Meldung wahr oder falsch ist, muß dahingestellt bleiben. Soviel steht aber zweifellos fest, daß in ganz Griechenland kein Mann existiert, der das allgemeine Vertrauen der Griechen genösse und daher hatte der König gut erklären, wie er erklärt haben soll. — Spanien und Amerika sind gegenwärtig wieder gut Freund. Das amerikanische Kriegsschiff „Maine" hat
den Hafen von Havana wieder verlassen und wenn auch die Madrider Damenwelt sich geflissentlich von den Festlichkeiten des dortigen amerikanischen Gesandten fernhält, so spart der Dankee-Diplomat sein Geld. — Ptolomäus II., der im Jahre 285—247 v. Chr. Aegypten beherrschte, hat sich „bekanntlich" auch den Beinamen „Philadelphus" (Schwesternfreund) dadurch erworben, daß er die eigene Schwester heiratete. Er dehnte die Grenzen seines Reiches erheblich aus und fand endlich in einem wunderbaren Mausoleum seine letzte Ruhe. Doch nein: nicht die letzte Ruhe, denn spekulative Engländer haben das Land erworben, auf dem das nun längst verfallene Mausoleum stand, haben die Mumie des vor 21 Jahrhunderten verstorbenen Königs nach London geschleppt und dort ist sie dieser Tage meistbietend für 1500 Mk. an ein Raritäten- kabinctt versteigert worden; der Ersteher erhielt noch zwei andere Pharao-Mumien als Zugabe. So endet irdischer Glanz und Schimmer — alles ist eitel! China führt jetzt promptere Justiz ein. Der Mörder des deutschen Matrosen Schulze ist schon geköpft worden. Daß der Hingerichtete wirklich der Thäter war, wollen wir hoffen. Sonst kommt es den Mandarinen auch gar nicht darauf an, dem ersten besten ihrer niedrig gestellten Landsleute den Kopf abschlagen zu lassen, um den Ansprüchen der Ausländer auf „Sühne" zu ge- _
* (Sprichwort.) Ein Auge, das Staub gewohnt ist, verträgt auch bald Sand.