* Berlin, 1. Febr. Den Morgenblättern zufolge liegt es in der Absicht der Regierung, die Bestimm­ungen über die Sonntagsruhe für einzelne Gewerbs- zweige einer Aenderung zu unterziehen. Die Arbeiten sollen so gefördert sein, daß der Abschluß schon in, naher Zeit herbeigeführt werden kann.

* Berlin, 31. Jan. Der heutige Orkan warf in Charlottenburg das mehrstöckige Baugerüst auf dem Neubau des Kaiserin - Augusta-Gymnasiums um, kurz nachdem die 50 daran beschäftigten Arbeiter bis auf Einen es verlassen hatten. Dieser Eine wurde von dem einstürzenden Gerüst erschlagen.

Ausländisches»

* Wien, 31. Jan. Die für morgen einberufene Nationalversammlung auf Kreta wird wichtige Ent­schlüsse fassen. Wahrscheinlich dürfte sie den Prinzen Georg von Griechenland zum Gouverneur ausrufen und dieser dann auch ohne Zustimmung des Sultans nach Kreta gehen.

* Prag, 29. Jan. Ueber die neuen Sprschen- verordnungen teilt diePolitik" mit, daß als sprachlich gemischt jene Bezirke gelten sollen, in denen sich eine Minorität von 20 Prozent in Böhmen und von 10 Prozent in Mähren befindet. Danach würden in Böhmen 120 reintschechische und 79 reindeutsche, ferner 10 tschechisch-deutsche und 11 deutsch-tschechische Bezirke gebildet werden. In den reintschechischen Bezirken befänden sich 87,244 Deutsche und in den reindeutschen Bezirken 37,984 Tschechen als Minorität.

* Prag, 31. Jan. DerSiecle" spricht seine Entrüstung aus über die offiziöse Mitteilung desEcho de Paris", daß das Bordereau auf auswärtigem Territorium, das heißt also in einer Botschaft, beschlag­nahmt worden sei. Diese Mitteilung, die glauben machen wolle, daß die Gesetze, welche die auswärtigen Botschaften schützen, verletzt worden seien, könne die schwersten Konsequenzen für das Land haben, umso­mehr als dasEcho de Paris" sich rühme, in Be­ziehungen zu gewissen Persönlichkeiten des General­stabes zu stehen. Derjenige, der demEcho de Paris" diese Mitteilung gemacht, habe nicht nur eine Dumm­heit, sondern einen dem Verrat nahekommenden Akt begangen.

* Budapest, 1. Febr. Infolge des stattgehabten

furchtbaren Sturmwetters wurden zwei Personen ge- tötet, drei lebensgefährlich und acht schwer verletzt. Zahlreiche Häuser sind verwüstet. ^

* Eine Anzahl von Damen der Stadt Aarau hat eine Kundgebung erlassen, worin die Ver­treterinnen des schönen Geschlechts feierlich ihren Entschluß erklären, 10 Jahre lang gar keinen Federn­oder Vogelaufputz zu kaufen und zu tragen, und ihre Geschlechtsgenossimien auffordern, sich ihnen anzu- schüeßen.

* Rom, 31. Jan. Am Schluß der Sitzung der Kammer befragte der Radikale de Balzo den Unter- staatssekretär des Aeußern, den Grafen Bonin, über den Fall Dreyfns. Bonin erklärte auf das bestimmteste, daß kein diplomatischer Agent und kein Militärattachee Italiens jemals Beziehungen mit Dreyfus gehabt habe. (Beifall auf allen Seiten des Hauses.) Was das Ge­rücht betrifft, Beamte der italienischen Botschaft in Wien seien vorgeladen, um auszusagen, so sei bisher

kein derartiges Schriftstück notifiziert worden. Wenn es späterhin geschehen sollte, werde zu prüfen sein, welche Instruktionen ihnen zugehen, immer unbeschadet der Formen des besonderen Verfahrens, die durch die Exterritorialität gefordert werden.

* Paris, 31. Januar. Esterhazy suchte bei dem Kriegsminister die Genehmigung zur Erhebung der Verleumdungsklage gegen diejenigen nach, welche rhu denunziert hatten. Auf der Geschworenenliste der morgen beginnenden Schwurgerichtssession, in die der Prozeß Zola fällt, befinden sich 28 Kaufleute, ein Notar und mehrere Architekten. Die übrigen Ge­schworenen sind Hausbesitzer oder Rentiers.

* Paris, 30. Jan. DerTemps" beschwört Deutschland, der Kandidatur des Prinzen Georg von Griechenland für den Gouverneurposten auf Kreta zu- znstimmen.

* London, 31. Jan. Nach einer Meldung der Daily Mail" aus Shanghai befinden sich schon 10000 Mann russischer Truppen in Tasten Wan und Port Arthur. 60 000 Sack Weizen seien in Tientsin durch russische Agenten angekauft. Das Tsung-li-Aamen (chinesische auswärtige Amt) habe an die höheren Be­amten eine geheime Mitteilung geschickt, die besagt, daß Rußland Tasten Wan oder Port Arthur für den Fall beansprucht habe, daß Deutschland Kiao-Tschau bekäme.

* Der Italiener Marconi, der das Telegraphieren ohne Draht erfand und sich gegenwärtig in England aufhält, ist damit beschäftigt, seinen Apparat zu ver­einfachen und den Widerstand, der sich bei Ver­änderungen der Atmosphäre herausstellt, zu überwinden. Er vermag auf eine Entfernung von 35 englischen Meilen zu telegraphieren.

* Odessa, 1. Febr. Infolge heftigen Sturmes, der seit einigen Tagen auf dem Schwarzen Meere herrscht, sind 7 Schiffe und 200 Mann zu Grunde gegangen.

* Konstantinopel, 29. Jan. Der russische Botschafter Sinowjew zeigte gegenüber mehreren seiner Kollegen an, daß, falls die Mächte der Kandidatur des Prinzen Georg von Griechenland nicht zustimmen würden, Rußland seine Kreta-Flotte zurückzicheu werde. Einen größeren Gefallen könnte Rußland England kaum erweisen.

* Konstantinopel, 31. Jan. Das Schiff Saratow der russischen freiwilligen Flotte hat gestern mit 12 Kanonen und Schnellfeuergeschützen, 1600 Soldaten und 6000 Auswanderern den Bosporus passiert.

* Der Unterrock macht sich in der Politik immer und immer wieder bemerkbar. Die Kandidatur des griechischen Prinzen Georg als Gouverneur von Kreta soll sein Werk sein. DerTemps" erzählt: Es war die Königin Luise von Dänemark (Mutter des Königs von Griechenland), die, betrübt über die Wendung, welche die Ereignisse im Orient nahmen, und über die Feindseligkeit, welche der regierenden Dynastie zuteil wurde, der Kaiserm-Witwe von Ruß­land (ihrer Tochter) ihr Bedauern und ihre Befürch­tungen ausdrückte. Sie richtete an dieselbe einen Brief, in dem sie der Idee Ausdruck gab, daß die in der letzten Zeit durch Rußland befolgte Politik nur Deutschland nütze, dessen Einfluß in Konstantinopel

täglich wachse; sie beschwor die Kaiserin-Witwe, sich bei ihrer Rückkehr aus dem Kaukasus nach Petersburg zu begeben, um diese Ansichten dem Zaren zu unter­breiten und ihm zu raten, als Ausgangspunkt einer neuen Orientpolitik die Kandidatur des Prinzen Georg aufzustellen und bis zum Ende aufrecht zu erhalten. In einem anderen Briefe an die Prinzessin von Wales (ebenfalls eine Tochter der Königin von Dänemark) sprach die Königin Luise ihren lebhaftesten Wunsch aus, daß die Kandidatur nicht durch die eng- lische Regierung bekämpft werde, falls sie dem Sultan vorgeschlagen würde. Das war der Ausgangspunkt der Schritte, die der russische Botschafter Sinowjew in Konstantinopel zu machen beauftragt wurde. Ich glaube hinzufügen zu können, daß England in der That nur rein formelle Einwendungen machte. In Wirklichkeit wird der Widerstand des Sultans gegen die Wünsche Rußlands nur durch Deutschland und Oesterreich ermutigt."

Handel und Verkehr.

Alten steig. Bei dem 31. Januar hier statt­gehabten Stammholzsubmissionsverkauf aus den Staats­waldungen wurden, wie wir hören, sehr schöne Preise erzielt- für normales Langholz 126,5 °/o, Ausschuß- Langholz 116,8 o/g, normales Sägholz 129,1 °/g, Aus­schuß-Sägholz 118,9 "/«. Hiebei ist zu berücksichtigen, daß die neuen erhöhten Revierpreise zu Grund gelegt wurden. Nach dem alten Revierpreis hätte sich der Erlös auf 147,7 und 134,0"/» für Lang- und auf 140,1 "/o und 126,6 °/o für Sägholz gestellt. Der Gesamterlös beträgt nach dem neuen Revierpreis 123,3 o/g, nach dem alten 142,7 o/o. Außer unseren hiesigen Firmen beteiligten sich auch viele auswärtige, welche den größten Teil des Holzes (2908 Festm.) ersteigerten.

Neueste Nachrichten.

* Görlitz, 1. Febr. In einer benachbarten Ziegelei sind gestern drei Arbeiter ums Leben gekommen, als durch den Sturm das Dach der Ziegelei abgedeckt wurde.

^Innsbruck, 1. Febr. Die Universitäts-Studenten stellten solidarisch mit den Prager Hoch­schule» heute den Besuch der Vorlesungen ein.

* Bern, 1. Jan. Das vordere Bad Weißenburg un Berner Oberland, eine vielbesuchte Heilstätte für Lungenkranke, ist vollständig abgebrannt. Das Feuer ist nachts durch einen Kaminbrand entstanden und hat sich bei dem heftigen Sturm mit rasender Schnellig­keit ausgebreitet

* Paris, 1. Febr. Der deutsche Kaiser überbrachte bei dem Besuche, den er kürzlich dem französischen Botschafter in Berlin machte, diesem eine der von ihm gezeichneten Flotten-Tabellen mit eigenhändiger Widmung.

* Paris, 1. Febr. An französischer maßgebender Stelle hofft man, daß Deutschland schließlich doch der Ernennung des Prinzen Georg von Griechenland zum Gouverneur von Kreta zustimmen werde, da Rußland sehr auf dieser Ernennung besteht, welche ein per­sönlicher Wunsch des Zaren ist. Hier geht das Gerücht, Deutschland wolle für die Ermordung des Matrosen in Kiao-Tschau neue Kompensationen, namentlich Eisenbahn-Konzessionen von China verlangen.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Alten ft ei«.

Foliobänden noch drei während seines Lebens er­scheinen konnten, die andern beiden aber nach seinem Tode (19. Januar 1576) herausgegeben wurden.

Als er 1566 seinValete" geschrieben hatte, das außer einer kurzen Selbstbiographie auch eine Summierung" seiner Gedichte enthält, schloß er das Gedicht mit den für ihn bezeichnenden Versen:

Gott sei Lob, der mir sandt' herab So mildiglich die schönen Gab'

Als einem ungelehrten Mann,

Der weder Latein noch Griechisch kann,

Daß mein Gedicht grün', blüh' und wachs'

Und viel Frucht bringe, wünscht Hans Sachs.

So steht der merkwürdige Mann auch beute noch in seinen Gedichten noch vor uns als ein Muster Don Reinheit des Charakters, von urdeutschem Wesen und von Gesundheit des Geistes als eine liebens­werte und in der Kulturgeschichte des deutschen Volkes durchaus einzige Erscheinung.

Vermischtes.

* (Die russisch - Rasse entartet.) Das ist der Klageruf, den die Nowoja Wremja ausstößt.Die Physischen Eigenschaften unserer Rasse gehen in ganz bedeutendem Maße zurück und besonders in den unteren Klassen, den kräftigsten des Volkes. Schon heute ist es nicht mehr möglich, in sehr vielen Teilen Rußlands so gewaltige Gestalten, so riesige Körperkräfte aufzu­finden. wie solche zu Zeiten der Leibeigenschaft sehr häufig angetroffcn wurden. Das liegt an dem Zu­stande, daß vielfach die Ernährung nicht mehr eine so gleichmäßige und reichliche ist, wie ehemals. Der

Bauer, der Ackerknecht sind ungenügend ernährt, mager, von blassem Aussehen und wenig widerstandsfähig. Man kann sagen, daß heute diese Teile der russischen Bevölkerung wohl an 30 pCt. weniger Nahrungsmittel zu sich nehmen als ihre Großeltern. Daher die Er­scheinung einer starken Entartung der russischen Rasse." * *

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* Die Geschwindigkeit der Sonne im Weltraum ist von dem Astronomen Monck in Dublin neu berechnet worden. Der berühmte Astronom Struve ermittelte diese Geschwindigkeit in den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts auf 0,6 Kilometer in der Sekunde; diese an sich bereits außerordentliche Geschwindigkeit ist nach den neuesten Berechnungen noch viel zu gering veranschlagt. Monck fand durch Vergleich der Sonnen- bewegnng mit dem Standorte von 2000 verschiedenen Fixsternen, daß die Bewegung der Sonne nicht weniger als zwischen 16 und 24 Kilometer in der Sekunde betragen kann. Auf diesem rasenden Lanfe zieht unser Muttergestirn die Erde und alle anderen Planeten mit ihren Trabanten und auch die periodisch wiederkehrenden Kometen mit sich. Gegenwärtig führt uns die Reise durch den Weltraum in der Richtung auf das Stern­bild des Herkules hin; über die Bahn, in der sich die Sonne mit ihrem System in späteren Jahrtausenden

bewegen wird, wissen wir noch nichts.

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* Eine große Sehenswürdigkeit besitzt das Museum in Stade. Es ist der vollständige gut erhaltene Anzug eines Germanen etwa aus dem sechsten Jahr­hundert nach Christi. Der Anzug ist von dem Konser­

vator Lindenschnitt am Römisch-Germanischen Zentral- Museum in Mainz wieder zusammengefügt worden. Die alten Germanen hüllten sich in eine große wollene Decke, welche sie auf der rechten Schulter mittels Domes oder mit einer bronzenen Nadel zusammen­hefteten. Von den Nadeln sind in dem Museum viele vorhanden. Den Mantel selbst weit über 1000 Jahre zu erhalten, wäre wohl nicht möglich gewesen, wenn nicht der Gerbstoff des Moores ihn konserviert hätte. Der Mantel wurde nämlich im Moore bei Oberaltendorf aufgefunden. Sämtliche Teile des Fundes zeigen eine braune Tabaksfarbe. Der Mantel patte eine dunkle, fingerbreite Borde und zwei Zoll lange Fransen. Die Länge beträgt 2,40 Meter. Der Stoff besteht aus Wolle und die Fäden haben etwa die Stärke des Segeltuchgespinstes. Außerdem wurden zwei feinere wollene Binden gefunden, welche mit ledernen Riemen kreuzweise um die Waden gewickelt wurden. Von den beiden ledernen Bundschuhen, die über besonders für diesen Zweck angefertigte Gips­schuhe gezogen sind, ist einer 27, der andere 30 Zentimeter lang. Der Fund wird vervollständigt durch einen Skalp mit rötlichen Haaren, ein Stück Haut und zwei Stück silberner Hängezierrate des Hals­schmuckes. Außerdem noch gefundene leinene Kleidungs­stücke, die bei den Arbeiten im Moore schon zer­schnitten wurden, sind wieder zusammengesetzt worden.

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* (Wer hatLust?) Im Leipziger Buchhändler- Börsenblatt sucht ein Buchhändler einen Kapitalisten zur Begründung einer Buchhandlung in Kiaotschau.