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Dienstag, 1. Jebruar
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1898 .
Uebertragrn wurde die Schuldeste in Herzogsweiler, Bez. Pfalzgrafenweiler, dem Unterlehrer Karl Knöller in Wasser- alfingen-
lZ Die Hunger-Revolte in Italien.
Wer im Bilde paradiesische Gegenden aus dem schönen Italien schaut, der denkt kaum daran, daß dort es auch weite Landstriche giebt, in welchen unbedingt die Not und die Sorge gebieten, wo die Armut an vielen Tischen mit zu Gaste sitzt. Auch diejenigen, welche auf der üblichen Touristenstraße die apenninische Halbinsel durchstreift haben, haben kaum einen genaueren Blick in jene traurigen Verhältnisse gethan. Wer da reist um sich zu unterhalten, der hat keinen rechten Sinn für soziale Studien, geht dieser Sinn doch selbst den wohlhabenden Klassen in Italien zumeist ab. Und so ist man eigentlich in Italien noch weit mehr erstaunt, wie anderswo, wenn es auf einmal zum Kravall kommt. Soziale Revolten sind dort nichts seltenes. Ihre Heimstätten sind zumeist Sizilien, die Romagna (Ravenna und Forli) und Bezirke von Toskana. Die Ursachen liegen teils in den allgemeinen sozialen Zuständen, teils im Volkscharakter.
Der italienische Arbeiter ist im Durchschnitt fleißig und thätig, auch die angebliche Trägheit von Süditaliern beschränkt sich meist darauf, daß sie zufrieden sind, so viel zu erwerben, wie sie gebrauchen an jedem Tage, für einen Sparpfennig aber nicht gerade viel Sinn haben. Für eine weiterblickende, energische Thätigkeit ist man weniger geschaffen, und darum fehlt auch die Behäbigkeit, welche selbst in dem bescheidensten länd- lichen Anwesen in Deutschland zu herrschen pflegt. Nun ist freilich in Betracht zu ziehen, daß der Arbeitsverdienst in Italien, von den lombardischen Jndustrie- bezirken abgesehen, ein geringer ist, stellenweise sogar ein so unglaublich niedriger, daß die ganze Genügsamkeit des Italieners dazu gehört, um damit auszukommen. Es giebt eine Menge Leute, die niemals in der Woche ein Stück Fleisch sehen, das für einen hohen Festtag aufbewahrt wird, auch dann noch nicht einmal zu haben ist. Das Klima des Landes drängt allerdings weniger zur Flcischnahrung, auch der genügsamste nordische Arbeiter würde bei einer entsprechenden Nahrung nicht existieren können.
Bei dem geringen Arbeitserträge wird jede Verteuerung der Lebensmittel sofort zum fühlbaren Druck,
und bei dem heißen südlichen Blut macht sich die Gährung Lust in Gewaltthaten. Es könnte aber gar nicht so schlimm kommen, wenn Italien nicht ein so unendlich mit Steuern überbürdetes Land wäre, von denen die Leute mit großen- Einkommen wenig, alle Anderen aber auf das Aergste betroffen werden. Immer schon sollte es besser werden, aber über schwache Anfänge ist man nicht hinausgekommen.
Was der Staat nicht gut gemacht hat, machen die Gemeinden direkt schlecht. Auch dort sind die am meisten bemittelten Leute in der Regel die professionellen Steuer-Drückeberger, die Hauptsumme des städtischen oder dörflichen Geldbedarfs wird aufgebracht durch eine Communal-Verzehrungssteuer auf Lebensmittel, die sofort bei der Einfuhr derselben in eine Gemeinde am Steuerhause am Thore erhoben wird. Diese städtische Accise ist beibehalten, weil für direkte Abgaben keine Neigung besteht. Die Reichen wollen nicht bezahlen, die Armen können es nicht. Außer den Lebensmitteln werden auch Genußmittel herangezogen, und einen deutschen Gastwirt könnte beispielsweise em panischer Schreck erfassen, wenn er eine Ahnung davon hätte, was das Bier in Italien an Staats- und Kommunalabgaben bluten muß.
Wie hoch diese Verzehrungssteuer auf notwendige Lebensmittel für die Gemeindekassen ins Gewicht fällt, ergiebt sich daraus, daß viele Stadtverwaltungen sich trotz der bedeutenden Verteuerung der Brotpreise hartnäckig weigern, für erne gewisse Zeit die städtische Accise auf Mehl, Brot- und Backwaren außer Kraft zu setzen. Es ist eine keiner weiteren Worte bedürfende Probe für die italienischen Gemeindeverwaltungen, daß man die kleinen Leute ruhig für sie kaum erschwingbare Brotkosten zahlen läßt, anstatt Steuern von den besitzenden Klassen zu erheben. Dabei ist noch ganz und gar außer Betracht gelassen, daß nicht wenige italienische Bürgermeister eine Art von Pascha- Wirtschaft führen, die an Bedenklichkeit kaum etwas zu wünschen übrig läßt.
Wohl in keinem modernen Großstaate herrscht noch ein solches Kliquenwesen, wie in Italien. Es ist die Wurzel zahlreicher sozialer Uebelstände, und wenn dann Revolutionäre und Anarchisten sich ins Spiel mischen, wird, wie in Fällen, wie die heutige Brotverteuerung einen darstellt, aus dem Funken bald eine Flamme. Es liegt auf der Hand, altüberkommene Einrichtungen
können ebensowenig im Nu beseitigt werden, wie man aus einem Volkscharakter die Schattenseiten ausschalten kann binnen einer bestimmten Frist. Aber recht wohl kann groben Ausschreitungen in der Praxis ein Ende gemacht werden.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 28. Jan. Eingegangen ist ein Gesetzentwurf über die Abänderung der Konkursordnung nebst Einführungsgesetz. T.--O.: Fortsetzung der zweiten Beratung des Etats des Reichsamts des Innern bei Kap. 12, „Reichsgesundheitsamt": Hiezu liegt ein Antrag Müller-Sagan und Genossen vor betreffend die Vorlegung eines Ergänzungsetats zur Errichtung einer biologischen Versuchsanstalt für wissenschaftliche Erforschung wissenschaftlich nutzbarer Lebensbeziehung von Pflanzen und Tieren (30000 Mk.) Abg. Oertel (Soz.) bespricht die Milzbrandgefahr in Bürstenfabriken. Die Langsamkeit der Maßregeln der Regierung sei nicht zu entschuldigen. Es müßten nicht nur ausländische, sondern alle Bürsten desinfiziert werden. Das Leben und die Gesundheit der Arbeiter müßten auch durch Reinlichkeit in den Fabrikräumen besser geschützt werden. — Direktor im Reichsgesundheitsamt, Dr. Köhler, führt aus, auch der Vorreder verkennt die Schwierigkeiten der Materie nicht. Einer Ermunterung des Reichsgesundheitsamtes hätte es nicht bedurft. Seit über 10 Jahren schweben die Erwägungen. Es ist noch nicht gelungen, die Frage zu lösen. Der Entwurf über zu erlangende Vorschriften in der Fabrikation liegt den verbündeten Regierungen zur Beschlußfassung vor. In den Weiterberatungen werden auch Vertreter der Arbeitnehmer vertreten sein. - Abg. Beckh (frs. Volksp.) bemerkt, die Arbeitnehmer seien soweit damit einverstanden, daß mit der Fabrikation fortzufahren sei, trotz ihrer Gefährlichkeit, so lange man noch zu keinem Resultate bezüglich der Verminderung derselben gekommen sei. — Abg. Rettich (kons.) verlangt energische Maßregeln gegen die Maul- und Klauenseuche. Die Sperre müsse verallgemeinert werden, so in Betreff der Schweineausfuhr aus Rußland. — Abg. BloS (Soz.) tadelt die Verunreinigung fließender Gewässer durch Zuckerfabriken und andere Fabriken in Braun- schweig. — Direktor im Reichsgesundhcitsamt, Köhler: Die Frage beschäftige die Regierung seit langem, doch
Wochenrundschau.
Kaisers Geburtstag ist m diesem Jahre einige Grade wärmer gefeiert worden, als bisher. Die Natur macht es uns vor, indem sie Eishänd ler, Schlittschuhver- käufer und Kürschner zur Verzweiflung bringt und uns glauben machen will, wir hätten schon Ende März. Die höhere Gefühlswärme bei der Feier am 27. Januar entsprang aber dem Gefühl, daß nach außen hin die großen Traditionen wieder ausgenommen sind und daß das deutsche Volk wie ehedem unter Bismarck wieder Ursache zur Zufriedenheit hat. Alle Unkenrufe wegen Kiaotschaus haben sich als falsche Propbezeiungen erwiesen ; England wütet und droht zwar nocti, aber das hat absolut nichts zu bedeuten. Und wenn auch von London aus das Gerücht dementiert wird, es sei falsch, daß Prinz Heinrich bei seiner Großmutter eine ungnädige Aufnahme gefunden hat, so weiß man in Berlin doch ganz genau, wie die lieben angelsächsischen Vettern über uns denken. Der Kaiser von Rußland hat dem deutschen Kaiser und dem Kaiser Franz Joseph je eine Gardekompagnie verliehen, außerdem Haler in der Nähe der westlichen Grenze seines Riesenreiches zwei neue Armeekorps aufgestellt. Das gleicht sich wohl gegenseitig aus. Foure bekleidet noch immer keinen Rang in der russischen Armee und die Freundschaft Frankreichs bringt den Russen doch so mannigfache Vorteile. Jetzt wieder macht Frankreich den Vermittler zwischen Rußland und England wegen der ost- nsiatischen Dinge. Aber auch wir sind mit Rußland recht gut Freund und in Asien von neuem Nachbarn
geworden. In Frankreich steht das Volk in zwei großen Heerlagern einander gegenüber: für und gegen Dreyfus. Der arme Gefangene auf der Teufelsinsel ahnt nicht, daß sich an sein Schicksal das Schicksal seines ganzen Vaterlandes kettet. Der bevorstehende Prozeß gegen Zola wird dieses Schicksal entscheiden, denn ein Mann wie Zola wird alle Bertuschungskunst zu Nichte machen. — In Oesterreich hat Herr v. Gautsch die schwere Aufgabe, die Deutschen für sich einzufangen. Graf Badeni machte für sich die rohe Gewalt geltend und alle Deutschen wurden einig. Die Methode des Herrn v. Gautsch ist der Einigkeit des bedrängten österreichischen Volkstums gefährlicher. Während die Magyaren mit ungeschwächten Kräften auf den ungarischen Einheitsstaat hinarbeiten und den Kroaten wie den Sachsen in Siebenbürgen immer schärfer auf den Leib rücken, haben die in zahlreiche Parteichen zersplitterten Deutschen Oesterreichs die Zeit, in der sie am Ruder waren, nach der nationalen Richtung hin nutzlos verstreichen lassen; denn sonst wären die Tschechen nicht hochgekommen. Italien hat — nicht zum ersten Male — seine Hungerrevolte: fast gleich- zeitig aus Sizilien und m der Gegend von Florenz. Die Regierung hat den Getreidezoll etwas herabgesetzt und durch Androhung, die Reservisten zweier Armeekorps einzuberufen, den Ersatz des Brotes durch „blaue Bohnen" in Aussicht gestellt. Ob das praktisch ist, läßt sich schwer entscheiden; jedenfalls sind die Hungernden entgegengesetzter Ansicht. — Es muß doch furchtbar schwer sein, für den Posten eines Gouverneurs
von Kreta einen passenden Mann zu finden. Es ist schon eine ganze Reihe ernsthafter Kandidaten genannt worden, die Leute haben nacheinander Reisen gemacht und sich an den maßgebenden Höfen vorgestellt, dann aber verschwanden sie spurlos in der Versenkung. Prinz Georg von Griechenland bewährt sich als Kandidat am zähesten und er wird vom Zaren unterstützt. Dieser hat bekanntlich eine persönliche Dankesschuld an seinen griechischen Vetter abzutragen, der ihm bekanntlich vor Jahreu bei einem Attentat in Japan zum Lebensretter wurde. — Milan war in Wien und bat sich dem Kaiser Franz Joseph in seiner neuen Uniform als Generalissimus der serbischen Armee vorgestellt; sie soll ihm ganz gut zu Gesicht stehen, der Schneider hat seine Schuldigkeit gethan und man munkelt, es werde sich auch ein Juwelier finden, der auf Risiko eine neue serbische Königskrone anfertigt. — In Philippopel ist der frühere Adjutant des Fürsten Ferdinand, der Mörder der ungarischen Sängerin Simon, in der Appell-Instanz zum Tode verurteilt worden. Der Fürst wird einsehen, daß das Urteil zu hart ist, nachdem man die Mörder Stambulows mit nur geringfügigen Strafen belegt hat. — Spanien, das sich erst über die Entsendung eines nordamerikanischen Schiffes noch Havana sehr aufgeregt hatte, soll änderen Sinnes geworden sein und in der Entsendung eine Höflichkeit des Onkel Sam erblicken. Es gibt Leute, die diese Höflichkeit dadurch erwidert sehen möchten, daß Sagasta eine ganze Kriegsflotte nach den amerikanischen Häfen entsende und diese dort scharfe Salutschüsse abgäbe.