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Sonntag, 30. Januar

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

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auswärts ja 8 ^ die lspalt.Zeil.

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1898.

Für die beiden Monate Februar und März werden Bestellungen aufAus den Tannen" bei allen Kgl. Postämtern und Postboten entgegen­genommen. Soweit der Vorrat reicht, erhalten neu eintretende Leser das Unterhaltungsblatt:Der Sonntags-Gast" vom Monat Januar unentgeltlich nachgeliefert. Der Bestellpreis für die 2 Monate beträgt im Bezirk 65 Pfg., außerhalb desselben 75 Pfg.

^ Die uene Heeresverstärkung Rußlands

bat im allgemeinen in der deutschen Presse weniger Aufregung verursacht, als dies bei frühern ähnlichen Anlässen der Fall war. Es mag daran einerseits die Freundschaft zu Rußland", anderseits aber die Be­fürchtung schuld sein, daß eine Klage darüber zur abermaligen Verstärkung des deutschen Heeres den Anlaß geben würde.

Das russische Heer umfaßt >q,ach seiner neuesten Verstärkung 24 Armeekorps, wodon das kaukasische Korps, das für den Krieg nach außen nicht in Be­tracht kommt, die Stärke von 4 Infanterie- und 3 Kavallerie-Divisionen hat. Auch die Gardekorps in Petersburg und Warschau zählen je drei Infanterie- Divisionen, so daß das stehende russische Heer in Europa und dem Kaukasus bereits heute 52 Jnfanterie- und 22 Kavallerie-Divisionen und 2 Kavallerie- Brigaden, sowie 21 Reserve-Jnfanterie-Brigaden zu je 4 und 2 Bataillonen aufweist, während der Friedens­stand der deutschen Armee 20 Armeekorps und in Summa 43 Infanterie- und eine Kavallerie-Division nebst 42 Kavallerie-Brigaden beträgt.

Infolge der Formation und spätern Zusammen­

stellung der vierten Bataillone zu Regimentern und Brigaden wuchs allerdings das deutsche Friedensheer auf 105 Infanterie-Brigaden, darunter 20 zu nur 4 Bataillonen nebst 19 Jäger-Bataillonen an, und zählt heute in Summa 624 Infanterie-Bataillone. Mit der jetzt vollzogenen Vermehrung des russischen Heeres steigt dagegen die Jnfanteriestärke desselben einschl. 48 Schützen- und 138 Reserve-Bataillonen in Europa (einschl. des Kaukasus) auf 1020 Bataillone, da 4 Reserve-Jnfanterie-Brigaden von je 8 Bataillonen in 4 Infanterie-Divisionen von je 16 Bataillonen um­gewandelt wurden, was eine Vermehrung um 32 Bataillone ergibt. Außerdem stehen 32 hier nicht in Betracht kommende Bataillone in Asien.

Angesichts dieser Verhältnisse schreibt derKöln. Volksztg." ein militärischer Mitarbeiter: Vorderhand kann die Bildung der beiden neuen russischen Armee- Korps mit Rücksicht auf den Umstand, daß unsere Reserve-Divisionen und Reserve-Armee-Korps sich im Falle der Mobilmachung sehr rasch und sicher auf­stellen und mit einem qualitativ dem russischen über­legenen Führerpersonal dotiert sein werden, vielleicht noch keine ernsten Bedenken erregen, und wir be­haupten auch unserseits nicht etwa, daß bereits sie beantwortende positive Schritte deutscherseits ins Auge gefaßt seien, obgleich dies nicht gänzlich ausgeschlossen ist. Liegt überdies, wie es scheint, die Aufstellung der beiden neuen russischen Armee-Korps in den seit langer Zeit für die Ausgestaltung des russischen Heeres maßgebenden Plänen, so bildet sie für die leitenden Kreise keine überraschende, jedoch immerhin eine Maß­regel, die, zur Thatsache geworden, ins Gesicht fällt, und mit der zu rechnen ist.

Obgleich, wie bekannt, die Absichten der russischen

Regierung überhaupt, und namentlich was eine Aus" dehnung in westlicher Richtung betrifft, ausgesprochen friedliche sind, und Rußland zur Zeit und auf lange hinaus mehr wie genügend mit der Verfolgung seiner ostasiatischen Interessen, China, Korea, Japan und England gegenüber, sowie mit der Zusammenfassung und Entwickelung seiner zentralasiatischen Kräfte durch das neu geschaffene General-Gouvernement, das die bisherigen Militär-Bezirke Transkaspien, Turkestan und Semirjatschinsk umfaßt, beschäftigt sein dürste, so ist doch bei dem Wechsel, dem alles Menschliche unterliegt, die Gefahr einer kriegerischen Verwickelung auf dem europäischen Festlande nie absolut ausge­schlossen, und der von Preußen und Deutschland stets befolgte Grundsatz, sich auch im tiefsten Frieden auf solche Eventualitäten an entscheidender Stelle vorzu­bereiten, behält nach wie vor seine volle verpflichtende Kraft. Es hieße die Grundbedingung der Sicherheit unserer staatlichen Existenz aufgeben, wenn man ihn verlassen wollte.

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 26. Jan. Auf der Tagesordnung stand am Mittwoch ein Antrag des Abg. v. Ploetz betr. die Einführung eines Zolls von Saccharin, ferner ein vom Abg. Paaschs und Gen. eingebrachter Gesetzent­wurf betr. die Versteuerung von Saccharin und ver­wandten Süßstoffen. Beide Anträge wurden zusammen beraten. Die Abgg. v. Ploetz, Paasche, Schwarze (Zentr.) und Graf Stolberg sprachen für die vor­gelegten Anträge, die von den Abgg. Hermes (ft. V.) und Wurm (soz.) bekämpft wurden. Der Antrag Paasche wurde an eine Kommission verwiesen. Die Abstimmung über den Antrag Ploetz wurde ausgesetzt.

Das «eue Handwerkergesetz.

Vortrag

von Hrn. PiSz. Dr. Wagner, gehalten im Gewerbeverein.

(Schluß.)

Wie ist nun die Durchführung des Gesetzes für den Anfang geplant? Hier kommt zunächst die Frage nach der Zahl der Handwerkerkammern in unserem Land Württemberg in Betracht. Das Gesetz läßt hier denLandcsregierungen Spielraum, sogar soweit, daß eine Vereinigung der Handwerkerkamwern mit den schon be­stehenden Handels-und Gewerbekammern stattsindenkann.

Gegen den letzteren Gedanken haben sich aber allerwärts die Gewerbetreibenden ausgesprochen, weil man dann ein Ueberwuchern der Großindustrie und des Großhandels fürchtete. Man wollte eine Stätte, wo allein das Handwerk zum Wort kam, und dies führte zu der Befürwortung von besonderen selbst­ständigen Handwerkerkammern. Unsere württ. Regie­rung steht ebenfalls auf diesem Standpunkt und es handelt sich nun nur noch um die Frage, wie viele Handwerkerkamwern und in welcher Stadt diese zu er­richten sind.

Hier stehen sich zwei Ansichten gegenüber. Die Mehrheit der Gewerbevereine hält 45 Handwerker­kammern für geboten, andere halten eine einzige für das ganze Land für genügend. Gegen den Plan der 4- 5 Kammern spricht die hiedurch vermehrte Höhe der Kosten, auch ist es zweifelhaft ob sich für mehr wie eine Kammer genügend bereitwillige und brauchbare Kräfte unter den Handwerkern finden. Bei Errichtung mehrerer Kammern wird auch eine zu große Zersplit- terung der Kräfte herbeigeführt und hiedurch ein selbständigeres Arbeiten der Kammer erschwert.

Meine persönliche Ansicht geht deshalb dahin, daß eine einzige Handwerkerkammer für das ganze Land genügt. Eine Entscheidung über diese Frage wird von Seiten der Regierung in nächster Zeit fallen. Des weiteren werden in nächster Zeit von unserer Regie­rung Bestimmungen herauskommen über die Zahl der Abgeordneten zur Handwerkerkammer und über die Art und Weise ihrer Wahl durch Innungen und Ge­werbe verein«.

Uebergangsbestimmungen über das Halten von Lehrlingen und über Meistertitel enthält das Gesetz selber. Darnach sind Gewerbetreibende, welche bei Erlaß des Gesetzes Lehrlinge halten, berechtigt, diese Lehrlinge auszulehren und auch andern Handwerkern, welche schon die Lehre hinter sich haben, aber nicht ganz den neuen Vorschriften entsprechen, wird das Halten von Lehrlingen nicht weiter erschwert.

Wer beim Inkrafttreten dieser Bestimmungen persön­lich ein Handwerk selbständig ausübt, ist befugt, den Meistertitel zu führen, wenn er in diesem Gewerbe die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen besitzt. Eine andere durch die Zeitungen gegangene Notiz, als ob von jetzt an nur noch den Meistertitel führen dürfe, wer die Meisterprüfung bestanden habe, ist unrichtig.

Wir wollen nun übergehen zu emerBetrachtung über die Bedeutung und den praktischen Wert dieses Gesetzes für den Handwerkerstand. Man hat schon gesagt, dieses Gesetz beruhe auf ganz falscher Grund­lage ; um dem Handwerk zu helfen, gebe es blos einen Weg, nämlich den, die Gewerbefreiheit abzuschaffen. Wenn das richtig wäre, dann allerdings wäre unser ganzes Gesetz verfehlt. Denn es beruht ja gerade auf dem Grundsatz der Gewerbefreiheit, d. h. es ist nach wie vor jedem gestattet, ohne Befähigungsnachweis jedes Gewerbe, das er will, zu ergreifen. Auch die Bestimmungen unseres Gesetzes über Zwangsinnung und Handwerkerkammern berühren diesen Grundsatz in keiner Weise.

Was wollen nun die Feinde der Gewerbefreiheit, welche in Württemberg seit 1862 besteht, an ihre Stelle setzen? Antwort: Den Zunftzwang und den Befähi­gungsnachweis. wie er schon im Mittelalter bestand. Man weist zum Beweise für die Güte dieser Mittel auf die Blüte des Handwerks im Mittelalter hin.

Aber einmal ist der Anteil der alten Zunftein­richtung an der Blüte der Gewerbe keineswegs so groß, wie man schon angenommen hat. Eine der ersten Städte jener Zeit, Nürnberg, hatte gar keine Zünfte, und auch der Wohlstand war keineswegs so verbreitet, wie man vielfach auf Grund einseitiger Berichte ge­glaubt hat. Es ist z. B. nachgewiesen, daß die meisten

Mitglieder der Handwerkerzünfte im Mittelalter kein Betriebskapital hatten, und daß die Hälfte derselben selbst in den reichsten Städten, wie Basel und Frank­furt, kaum ihre Steuern aufbringen konnten.

Die guten Zeiten der Gewerbe waren eben auch damals die Jahre, wo ohnedies durch ganz Deutschland ein kräftiger wirtschaftlicher Aufschwung ging, später, etwa nach dem 30jährigen Krieg, haben alle Zünfte nichts genützt, des Handwerks Blüte war gründlich vorüber. In der Hauptsache kam es eben auch damals auf das Können des einzelnen an.

Und in unserem Jahrhundert, zu dessen Anfang die Zünfte ja auch noch bestanden, hat man ganz gut gewußt, warum man diese in allen Ländern aufhob, aus dem einfachen Grund, weil sie in die neuen Ver­hältnisse nicht mehr hereinpaßten, weil sie mehr schadeten, als nützten.

Das Zunftwesen mit seinen Privilegien hatte auch eine unglaubliche sogen. Vetterleswirtschaft großgezogen, jede Zunft suchte die Neugründung von Geschäften zu verhindern, um keine Konkurrenten zu bekommen und beging damit ein bitteres Unrecht gegen tüchtige, auf­wärtsstrebende Geschäftsleute. So lästig die Konkurrenz fallen mag, so darf man doch gewiß nie zum Konkurrenz­verbot schreiten wollen, schon mit Rücksicht auf die eigenen Kinder des Handwerkers, die er nicht alle in seinem eigenen Geschäft unterbringen kann, die also die Mög­lichkeit haben müssen, sich eigene Geschäfte zu gründen.

Also die Wiedereinführung der Zünfte würde zweifellos keine Wendung zum Besseren bringen. Und nun der Befähigungsnachweis, der eng damit zusammen­hängt. Es soll niemand ein Handwerk betreiben dürfen, der feine Befähigung hiezu nicht durch eine Prüfung nachgewiesen hat. Dieser Vorschlag hört sich ganz schön an, zeigt aber bei näherer Betrachtung gewaltige Haken.

Zunächst hat es Bedenken, die Erlaubnis zu einem Geschäftsbetrieb, zur Gründung einer Existenz für weite Kreise von einem Examen abhängig zu machen. Dies würde nicht selten zu förmlicher Ungerechtigkeit führen.