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1898.
Amtliches.
Das K- Qberamt Nagold hat anläßlich der Behandlung von Rentkngesuchen und durch das Ergebnis der von dem Be- zirksveitreten der Württ. Invalidität^- und Alters-Versicheiungs- Anstalt bei den Krankenkasfen und Onsbehörden angestellten Erhebungen die Wahrnehmung gemacht, daß bezüglich der Einteilung der Versicherten in die gemäß Z 22 des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes vom 22. Juni 1889 gebildeten Lohnklafsen nicht richtig verfahren wird, insofern nach der im Frühjahr 1892 mit Wirkung vom 1. Januar 1893 an erfolgten Neufestsetzung und Erhöhung der ortsüblichen Tagelöhne gewöhnlicher Tagearbeiter im Bezirk Nagold und der für die Krankenkassen des Bezirks pro
1. Januar 1893 gleichfalls eingetietenen Erhöhung der durchschnittlichen Taglöhne gewerblicher Arbeiter, bezw. der Kassen Mitglied er, die „weiblichen" Versicherten durchaus in der Lohnklasse l belassen wurden, obgleich mit der eingetretenen Erhöhung der Taglöhne erwachsener weiblicher Personen von 1 auf 1 20
auch die Einteilung der weiblichen Kranken-Kasfen-Mitglieder und der unter 8 22 Ziffer 5 deS Gesetzes fallenden, nicht in der Land- oder Forstwirtschaft beschäftigten weiblichen Arbeiter und Dienstboten in die Lohnklaffe II. hätte erfolgen sollen.
Zum Zweck der Bemessung der Beiträge und Renten sind nach 8 22 des Reichsgesetzcs über die Jnvaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni 1889 vier Lohnklassen gebildet, in welche die Versicherten nach ihrem Jahresarbeitsverdienst eingeteilt werden müssen, und zwar
Klaffe I. bis zu . . 350 einschließlich,
„ II. von mehr als 350 bis 550
„ III. ... 550 „4L bis 850 „4L
„ IV. . . „ 850 „4L
Als Jahresarbeitsverdienst gilt aber nicht der that- sächlich verdiente Lohn oder Gehalt, sondern es sind folgende Sätze maßgebend:
1. Für die in der Land- nnd Forstwirtschaft beschäftigten Personen einschl. der „landwirtschaftlichen" ! Dienstboten, sofern sie nicht Mitglieder der Bezirkskranken- kasfen Nagold oder Altenstrig sind, der für sie von K. Kreisregierung festgesetzte durchschnittliche Jahresarbeitsverdienst. Dieser betlägt nach der in Nr. 205 von 1897 des Amtsblatts erfolgten Veröffentlichung für den Bezirk Nagold für erwachsene männliche Personen in einzelnen Gemeinden 400 -4L und in andern 500 „4L, für erwachsene weibliche Personen teils 250 „4L und 300 „4L. Hienach sind diese Arbeiter bezw. Dienstboten in sämtlichen Gemeinden des Bezirks gleichmäßig zu behandeln, mithin die männlichen in Lohnklasse II, die weiblichen in Lohnklaffe I einzuteilen bezw. zu belassen;
2. Für die Mitglieder der Bezirkskrankenkassen Nagold und Altensteig, mit Einschluß der diesen Kaffen beigeiretcnrn land- und forstwirtscha'tl. Arbeiter, der ZOOfache Betrag des für die Krankenkassenbeiträge maßgebenden durchschnittlichen Taglohns. Letzterer ist nach den erneuerten, am 1. Januar 1893 in Wirksamkeit getretenen Statuten dieser Krankenkasse für erwachsene männliche Kassenmilglieder auf 1 .4k. 70 ^ (Jahresarbeitsverdienst — 510 „4L) für erwachsene weiblich e Mitglieder auf 1 ^L 20 ^ (Jahresarbeitsverdienst
— 360 „4L) festgesetzt, so daß beide Kategorien von Versicherten (männl. und weibl. Arbeiter) in die Lohnklasse II. fallen, die weiblichen mithin von der I. in die II. Klasse kommen. Die über 16 Jahre alten, «inen Geldlohn beziehenden Lehrlinge (beiderlei Geschlechts) gehören jedoch in die Lohnklasse I., da für dieselben die durchschnittlichen Taglöhne jugendlicher Arbeiter mit 1 „4L 10 ^ bezw. 70 ^ (Jahresarbeitsverdienst
— 330 bezw. 210 „4L) maßgebend sind.
Die gleichen Verhältnisse bestehen für die Kranken kassederFabrikarbeiterin Rohrdorf;
3. für alle übrigen Versicherten mit Einschluß der Mitglieder der Bezirkskrankenpflege-Versicherung, sofern fie nicht land- und forstwirtschaftl. Arbeiter oder „landwirtschastl." Dienboien sind, der 300fache Betrag des ortsüblichen Tag lohns gewöhnlicher Tagearbciter des Beschäftigungsorts, welcher mit Wirkung vom 1. Januar 1898 a» für (erwachsene) mä n n liche Personen in den Gemeinden Enzthal und Spielberg je 2 „4L 20 Berneck 2 „4L, in den übrigen Gemeinden des Bezirks Nagold je 1 „4L 70 für weibliche Personen in den Gemeinden Enzthal und Spielberg je 1 „4L 40 in Berneck und den übrigen Gemeinden je 1 „4L 20 ^ beträgt. Es sind somit von diesen Versicherten, zu welchen insbesondere Bedienstete, Nähterinnen, Wäscherinnen, Büglerinnen re. und die nicht in der „Landwirtschaft" beschäftigten Dienstboten gehören, die m än nl i ch en Personen in den Gemeinden Enzthal, Spielberg und Berneck künftig in die Lohnklasse III., die männlichen Personen in den übrigen Gemeinden und die weiblichen Personen in sämtlichen Gemeinden des Bezirks je iu die Lohnklasse II einzuteilen.
Hiebei find noch die Vorschriften des 818 Abs. 2 und 3 der BollzugSverfügung vom 24. Oktober 1890 (Reg.-Bl. S. 241) zu beachten, wornach für die Bestimmung der Lohnklasse, nach welcher die Versicherungsbeiträge zu entrichten sind, ein niedrigerer als der nach obigen Vorschriften Ziff. 1—3 sich berechnende Jahres- arbeitSverdienst i» keinem Falle, insbesondere auch dann nicht zu Grunde gelegt werden darf, wenn der thatsächliche Jahresarbeits- Verdienst der Versicherten ein niedrigerer ist, dagegen die Verstche- rung in einer höheren Lohnklasse. als teijenigen, welche sich aus der Anwendung der »orstchend erläuterten Bestimmungen rrgiebt,
zulässig ist, wein Aibeiigeber und Versicherter darüber einverstanden sind. Wenn es sich übrigens um Personen handelt, deren thatsächlicher Jahresarbeitsverdienst die vorstehenden Normalsätze erheblich überschreitet (z. B. bei Bediensteten, Bekiebsbeamten, Handlungsgehilfen, hoher gelohnten Arbeitern), so ist es Aufgabe des Einzugsbeamtcn, die Beteiligten ausdrücklich darüber zu befragen, in welcher Lohnklasse die Veisicherung bezw. Cnttichiung der Beiträge gewünscht wird.
Für etwaige Nachzahlung von Versicherungsbeiträgen wird darauf aufmerksam gemacht, daß für die unter Ziffer 2 und 3 dieser Bekanntmachung fallenden weiblichen Personen Beitragsmarken I. Lohnklasse nur bis zum 31. Dezember 1892 verwendet werden dürfen, für spätere Beitragszeilen — vom 1. Jan. 1893 — aber mindestens Marken II. Lohnklasse im Fall der Nachzahlung zu verwenden sind, und daß die unter Ziff. 3 fallenden männlichen Personen in den Gemeinden Enzthal, Spielberg und Berneck bis zum 3l. Dezember 1897 — gleichwie die Versicherten der übrigen Gemeinde» des Bezirks — der Lohn- klaffe II. zugeleilt waren.
Die Staatsprüfung für Feldmesser hoben u. a. mit Erfolg bestanden: Albert Jörg von Alibulach, OA. Calw; Karl Roih- fuß von Baiersbronn, OA. Freudenstadt.
In Altheng st ett ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 11. Jan. Der Präsident eröffnet die Sitzung nnt geschäftlichen Mitteilungen. Auf der Tagesordnung steht die Novelle zum Gerichtsverfassungs- Gesetz, zur Strasprozeßordnung und die Civilprozeß- Ordnnng, deren Beratung von Staatssekretär Nieberding in längerer Rede eingeleitet wird. Abg. Rintelen hält cs für gut, bei diesen Vorlagen die Erledigung auf das unbedingt Notwendigste zu beschränken und das Nützliche für eine spätere Zeit vorzubehalten. Nach weiteren Ausrührungen der Abgg. Gamp(Reichsp.), Cuny (notl.), Träger (freis. Vp.) und Dziembowski (Pole) wird die Beratung vertagt.
Karrdesuachrichte«.
ü. Pfalzgrafenweiler, 10. Januar. Ihr Correspondent war diesmal leider verhindert über die Weihnacbtsfeierlichkeiten, welche hier stattsanden, berichten zu können und möchte doch wünschen, daß im „Tannenblatt" von denselben noch kurze Notiz genommen wird. Der Liederkranz versammelte seine Mitglieder im geräumigen Sternsale um den Weihnachtsbaum, wobei Mönnerchöre, dramatische Szenen und Solos in angenehmer Abwechslung vorgesührt wurden. Im gleicden Lokale feierte der neugegründete Schützenverein sein Weihnachtssest. Durch komische Szenen und musikalische Aufführung (Kapelle der Gebrüder Bosch) wurden die zahlreich Anwesenden in heiterer Stimmung erhalten. Den Abschluß bildete je eine Gabenverlosung.
* Calw, 8. Jan. Zeichenlehrer Dinkelacker feierte gestern sein 25jähriges Jubiläum als Lehrer an dem Reallyceum, der Volks-, Mittel- und gewerblichen Fortbildungsschule. In Anerkennung seiner langen und erfolgreichen Thätigkeit an den hiesigen Schulen haben die bürgerlichen Kollegien dem Jubilar eine Erhöbung seines Gehaltes um 200 Mk. beschlossen.
* Aus dem Murgthale wird dem „Schwäb. Merkur" geschrieben: Unbestritten ist das badische Murgthal viel schöner und romantischer als das württem- bergische. Indes kann nickt geleugnet werden, daß die schönste Partie desselben die Umgebung von Schwarzenberg ist, die wirklich wildromantisch genannt werden darf. Romantisch in erster Linie durch die großartigen Felspartien, durch die enge Thalschlucht beim Eintritt in das Schwarzbachthal, durch die hohen Berge und die dunklen Wälder, deren Anblick den Unterländer ans alpine Gebiet erinnert. Und all diese Herrlichkeit soll nun zerstört werden, weil die alten bemoosten Felsen für die Staats- und Gemeindestraßen ein gutes Beschotterungsmaterial abgeben! Da die großartigen Felspartien ein Privatbesitztum sind, so kann natürlich auf den Besitzer derselben nicht eingewirkt werden; umsomehr aber muß man bedauern, wenn Staat und Forstamt Dinge zulassen, die nach unserer Ansicht kaum zu verantworten sind. Der Zuzug von Kurgästen, der jedes Jahr von aller Herren
Länder nach Schönmünzack geht, wird wohl bald Nachlassen, wenn die Naturschönbeitcn zerstört werden. Andererseits besitzt der Staat auf der gegenüberliegenden Seite des Murgthales Felsgruppen, die ihm als Beschotterungsmaterial nicht günstig genug erscheinen, weil sie, viel zu sehr verwittert, dem Einsturze nahe sind. Und diese bedrohen nicht den Flußlauf der Murg, sondern die Landstraße, auf der den ganzen Tag ein reger Verkehr herrscht. Möge man also den schon jetzt stattfindenden Sprengungen ein Ziel setzen; ein größerer Erfolg würde die Arbeit lohnen, wenn die mächtigen Felsblöcke im Murgbette selbst durch Staatshilfe allmählich beseitigt würden.
* Stuttgart, 11. Jan. Das Königspaar mit Prinzessin Pauline wird sich, wie in Hofkreisen verlautet, an den Festlichkeiten aus Anlaß der Thronbesteigung der Königin Wilhelmine der Niederlande nach Holland begeben.
* Die Veteranen, die Anspruch auf die Kaiser- Wilhelm-Medaille haben, werden sich noch längere Zeit gedulden müssen, ehe sie in den Besitz dieser Denkmünze kommen werden. Nicht weniger als 800000 Meldungen sollen dafür vorliegen, während bis zum 1. April 1898 erst 200000 Stück geprägt werden können.
* Vor Kiau-tschau befindet sich außer dem Kapitänlieutenant Geßler noch ein zweiter Stuttgarter, der schon seit 10 Jahren in Shangai lebende Sohn des Geh. Hofrat Dr. O. Schmidt. Derselbe, durch seine Reisen in China mit Land und Leuten, Sitten und Gebräuchen sehr vertraut und der chinesischen Sprache mächtig, ist auf dem Admiralsschiff, dem deutschen Panzer „Kaffer" als Dolmetsch verwendet und hat die Besetzung des Hafens von Kiau-tschau mitgemacht.
* Cannstatt. 8. Jan. Das Neckareis, welches durch die Witterung der letzten Tage sehr brüchig geworden und nur oberhalb der König-Karls-Brücke noch standhielt, wurde trotz der bestehenden Gefahr immer wieder betreten. Hiebei brachen sieben Personen ein. die aber alle, ohne Schaden zu nehmen, wieder aufs Trockene gebracht werden konnten.
* Schorndorf, 9. Januar. Viel besprochen wird seit gestern abend die Kunde, daß in dem benachbarten Weiler ein unständiger Lehrer vom Ortsvorstand mit 24 Stunden bestraft wurde, angeblich wegen seiner brieflichen Zurückweisung der dem Betreffenden im Austrage des Schultheißen durch den Büttel in sein Kosthaus überbrachten mündlichen Verweises wegen privater und Schulangelegenheiten. Der Lehrer wurde mittags vor 12 Uhr auf das Rathaus gerufen, wobei es zwischen ihm und dem Ortsvorsteher zu scharfen Auseinandersetzungen gekommen sein soll, die mit der gewaltsamen sofortigen Einsperrung des jungen Mannes endigten. Die Aufregung in dem durch Parteizwist gespaltenen Orte ist um so größer, als die von Gemeindemitgliedern, Lehrer und dem Ortsschulinspektor gemachten Versuche, die Strafe aufzuheben, an dem Widerstand des OrtsvorsteLers scheiterten. Das K. Oberamt forderte durch Extraboten Bericht ein.
* Ein bei Gölshausen bei Breiten gefundener Mammutzahn ist so groß, daß er fast einen Backkorb füllen würde. Er ist von der linken Seite der untern Kinnlade, das kann man an seiner schwachen Rundung erkennen. Die Unterseite, die in der Kinnlade gewesen war, hat eine solche Höhlung, daß wohl der Nerv, der darin gesteckt sein wird, faustdick gewesen sein muß. An der Oberseite sind die gewundenen Rinnen oder Riefen des Mahlzahns noch ganz gut erhalten und sehr fest, ja sie haben noch ihren Schmelz in natürlicher weißer Farbe. Die Seiten sind braun und haben das Aussehen wie vertrocknete Schleimhäute, sind aber ganz verkalkt und Ritze mit dem Messer zeigen weiße kalkige Streifen; nach unten ist die Masse bröckelig. Das Gewicht des Zahns ist