zusammengesetzt war, in sich zusammen. Die Ursache des Unfalls ist bis jetzt noch nicht bekannt. Zwei Tote, drei Schwerverletzte, sowie 6 Leichtverletzte sind geborgen; einige werden noch vermißt. Die Feuerwehr besorgte mit größter Aufopferung die höchst gefährlichen Rettungsarbeiten. Der Einsturz der stehen gebliebenen Teile wird jeden Augenblick erwartet.
*Dieden Hofen, 6. Jan. Auf der Friedenshütte zu Kneuttingen ist gestern der 21 Meter hohe Schornstein, der mittlere der Kühlungsanlage des Hochofens, eingestürzt. Bis gestern abend 6 Uhr sind nach der „Mosel- und Nied--Ztg." 6 Personen tot und 3 schwer verletzt unter den Trümmern hervorgezogen worden.
Ausländisches.
* Wien, 7. Jan. Die offizielle Belgrader Meldung, daß Milan zum Oberkommandierenden des aktiven serbischen Heeres ernannt wurde, bedeutet das dauernde Verbleiben Milans in Serbien, dessen Verhältnisse sich neuerlich sehr prekär gestalten, da zur finanziellen Deroute des Landes sich auch die größte Unzufriedenheit in der Armee gesellt. Da nun Milan auf letztere einen bedeutenden Einfluß besitzt, übergab man ihm das Kommando. An unterrichteter Stelle glaubt man, dieser Schritt sei der Vorläufer zum Rücktritt des Königs Alexander und der Wiederberufung Milans auf den serbischen Thron.
* Wien. Am Montag hat sich zum ersten Male im Gerichtssaale das Schauspiel geboten, daß die Verhandlungsrichter und die Vertreter der Staatsbehörde im Talar ihre Funktion ausübten und bei der Beeidigung der Zeugen wie bei der Verkündigung des Urteils sich mit dem Barett bedeckten. Die Verteidiger erschienen im Frack, um damit den feierlichen Charakter des Tages zu markieren. Auch unter den Advokaten bereitet sich eine Bewegung vor, um Talar und Barett für die Verteidiger wie für die Advokaten überhaupt in Niederösterreich obligatorisch einzuführen. Die hiesige Advokatenkammer — die einzige im Reiche — hat sich auf die Anfrage des Justizministeriums dafür ausgesprochen.
* Prag, 7. Jan. Das Prager Oberlandesgericht hat in einem konkreten Prozeßfalle des Bezirksgerichtes in Eger erklärt, daß im Sinne der Sprachenverordnungen bei jedem Gericht Böhmens auch czechische Protokolle ausgenommen werden müßten. Auf den Rekurs des deutschen Privatklägers erkannte der oberste Gerichtshof in Wien die obige Entscheidung als ungesetzlich, da nach den Bestimmungen der Gerichtsordnung die bei den jeweiligen Gerichten übliche Landessprache anzuwenden sei. In Eger also, das notorisch deutsch ist, die deutsche Sprache. (Durch diese wichtige Entscheidung sind auch die Sprachenverordnungen selbst von der höchsten richterlichen Instanz für ungesetzlich erklärt.)
* Paris, 7. Jan. Das „Siecle" hebt hervor, daß die neuerdings wieder publizierten öffiziösen Erklärungen der deutschen Regierung zwar jede Beziehung Deutschlands zu Dreyfus in Abrede stellen, aber sie sei stumm in Betreff Esterhazy's.
* In Bestätigung anderer Meldungen wird aus Paris berichtet: Eine von der französischen Regierung veranlaßte Note versichert, Frankreich werde in der ostasiatischen Frage so lange eine neutrale
Haltung beobachten, als Südchina von den Vorgängen im äußersten Osten unberührt bleibt.
* Ueber das Anlaufen unseres China-Geschwaders in Algier wird aus Paris berichtet: Große Auf-, regung herrschte am Donnerstag auf den Quais und in der Rhede von Algier. Gegen 3 Uhr nachmittags signalisierte der Zeichentelegraph zwei fremde Kriegsschiffe am Horizont. Sofort versammelten sich Gruppen am Hafen. Wenige Minuten darauf erkannte man am Hinterteile der Fahrzeuge, die sich mit vollem Dampfe näherten, die deutsche Flagge. Es waren „Deutschland" und „Gefion". Als die Schiffe nur noch eine Seemeile von der Küste entfernt waren, verlangsamten sie plötzlich ihre Fahrt, hißten die französische Flagge am Hauptmaste und gaben einen Salut. Die Batterien der Admiralität erwiderten unverzüglich auf diese Höflichkeit. Die Schiffe schwenkten darauf wieder auf das hohe Meer ab, um bald am Horizont zu verschwinden. Dieses Ereignis, das man auf einen Befehl des Kaisers zurückführen zu können glaubt, hat in Algier selbst und besonders in Frankreich einen überaus günstigen Eindruck hervorgerufen.
* London, 7. Januar. Dem „Daily Chronicle" wird aus Washington gemeldet, alle offiziellen wie nichtoffiziellen Berichte aus Cuba besagen, das Elend sei dort so groß, daß nicht ein Zehntel desselben durch freiwillige Gaben gehoben werden könne. Mac Kinley werde sich deswegen wohl veranlaßt sehen, eine diplomatische Note nach Madrid zu schicken, um zu fordern, daß der Krieg aufhöre. Von spanischer Seite habe man es schon als Fehler erkannt, daß man Amerika gestattete, den Kubanern durch freiwillige Gaben zu helfen.
* Wer wissen will, wie man sich früher gegenseitig mit Schimpfwörtern bewarf, der lese theologische Streitschriften aus dem 17. Jahrhundert, schreibt das „Amsterdamer Handelsblatt" ; wer aber erfahren will, was die englische Sprache heutzutage leisten kann, der lese einmal, was englische Journalisten schreiben, sobald sie über den deutschen Kaiser und das deutsche Volk sprechen. Die schändlichsten Beleidigungen des Enkels ihrer Königin, des Gebieters über eine Streitmacht von 2 Millionen werden nur so niedergeschrieben, als ob die Zeitungsschreiber nicht den geringsten Begriff von ihrer Verantwortlichkeit hätten. Die Worte des Kaisers werden aus dem Zusammenhang gerissen, einem drastischen Ausdruck oder einem kühnen Bilde wird die blödsinnigste Bedeutung unterschoben. So geht es Tag für Tag, Woche für Woche, obwohl diese Presse recht gut weiß, daß der Kaiser nur das thut, was er nach seiner tiefsten Ueberzeugung zur Stärkung und Verteidigung des deutschen Reichs für nötig hält, und was sie, wenn er ein englischer Fürstwäre, höchlich an ihm preisen würden. Der Spektator z. B. gab in dieser Woche Oesterreich die Versicherung, daß sein Bündnis mit Deutschland es die Freundschaft mit England gekostet habe, und die Saturday Review ruft Europa zum Krieg gegen Deutschland auf und verlangt, daß ein paar englische Kriegsschiffe ins chinesische Meer geschickt werden sollten, um „die veralteten Schiffsmodelle" des Prinzen Heinrich vom Wasser wegzublasen" . . . Was ein Engländer nicht begreifen kann, ist eben dies, daß der deutsche Kaiser
vollsWudig Recht hat. Ein Reich wie Deutschland bedarf einer kräftigen Flotte.
* Wie man aus St. Petersburg meldet, beabsichtigt das Ministerium des Innern eine gänzliche Reform der gegenwärtigen Organisation des Bürger-, Kaufmanns- und Handwerkerstandes und ist eine bezügliche Vorlage, die dem Reichsrat gleich nach den griechischen Weihnachten zugehen soll, schon ausgearbeitet. Nach den Grundzügen der Reform sollen die drei Stände in einen, den „städtischen Stand", zusammengefaßt und der Leitung der städtischen öffentlichen Verwaltungsorgane unterstellt werden. Die Bildung von Zünften und Innungen wird den Handwerkern unter der Bedingung gestattet werden, daß solche Vereine einen rein fachlichen Charakter tragen und deren Thätigkeit allein auf die Entwicklung des betreffenden Handwerks gerichtet ist. während der Beitritt zu einer solchen Innung für Niemand obligatorisch sein darf.
* Belgrad, 6. Jan. Das Amtsblatt veröffentlicht «inen königlichen Ukas betreffend die Reorganisation der Leitung des aktiven Heeres. Danach ist König Milan zum Kommandanten des aktiven Heeres und General Makowitsch zum Generalstabschef ernannt worden.
* New-Aork, 7. Jan. „Sun" erklärt, das Verlangen des Generals Blanco auf Cuba um 50,000 weitere Soldaten sei abgeschlagen worden.
* New-Aork, 4. Jan. Präsident Mc Kinley dürfte ehestens das unverzügliche Verlangen an die Türkei stellen, sofort 100,000 Doll. Entschädigung für die vor zwei Jahren erfolgte Zerstörung amerikanischer Missionen zu zahlen. Eventuell wird ein Kriegsschiff abgeschickt werden.
* New-Aork. In einiger Zeit wird am hiesigen Hafen eine Kanone zur Aufstellung gelangen, deren Dimensionen etwas reichlich bemessen sind. Dieselbe übersteigt in ihrem Gewicht die große Kruppsche Kanone, die auf der Cbicagoer Weltausstellung so viel Erstaunen hervorrief, um ein bedeutendes. Ihre Länge beträgt 50 Fuß und ihr Kaliber stellt sich auf 40 Centimeter. Das Projektil, das 2350 Pfund wiegt, erfordert 1000 Pfund Pulver, während der Durchmesser desselben fünf englische Fuß beträgt. Die Tragweite des Geschosse« ist siebzehn englische Meilen, und man schätzt die Herstellungskosten dieses Geschützes auf über 6 OM OM Mk.
Handel und Berkehr.
* Schömberg, 3. Jan. Dem heutigen Viehmarkt wurden zugeführt 10 Paar Ochsen (Käufe von 500—7M Mk.), 50 Stück Kühe (Käufe zwischen 150—350 Mk., 70 trächtige Kalbinnen (Käufe von 230—380 Mk.) und 150 Stück Jungvieh (Käufe von 100—180 Mk.). Der Handel war ziemlich lebhaft. — Auf den Schweinemarkt kamen ca. 2M Stück Milschweine und fanden zum Preise von 25—35 Mk. per Paar raschen Absatz.
* Tuttlingen, 3. Jan. Dem heutigen Schweinemarkt wurden 42 Stück Milchschweine und 3 Läufer zugeführt. Erstere wurden 30 Stück verkauft zum Preise von 16 bis 18 Mk. pr. Paar, von letzteren wurde nur 1 Stück verkauft für 28 Mk.
Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.
„Ich bedaure, Frau Baronin, allein mein Spiel würde Ihnen wenig Genuß verschaffen, ich habe zu Diel verlernt."
„In der That," sagte Minna malitiös, „ich hätte micht gedacht, daß Sie Ihrer Kunst so bald untreu würden, Sie waren doch vor nicht gar langer Zeit eine große Kunstenthusiastin."
Melitta fühlte nur zu gut den Spott, der für sie in diesen Worten lag. Allein es gelang ihr doch, mit fester Stimme zu antworten:
„Es ist mir unmöglich, mit Herrn Cornaro zusammen zu spielen, ich habe eben zu viel verlernt. Um meinen guten Willen zu beweisen, will ich jedoch allein spielen, indem ich auf die Nachsicht der Gesellschaft rechne."
Sie warf den hübschen Kopf mit einer stolzen Bewegung in den Nacken und schritt hastig dem Pianino zu. Sie setzte sich und spielte ein rauschendes Konzertstück; nach und nach beruhigten sich ihre erregten Gefühle, ihre Finger glitten mit gewohnter Sicherheit über die Tasten und die ganze Gesellschaft vergessend, spielte sie, wie sie vielleicht nie zuvor gespielt.
Ihr gegenüber stand ihr Gotte; sie sah seinen Blick auf sich geheftet und vergaß bei seinem Anblick alles Leid, das sie quälte und drückte. An der treuen Brust dieses ehrlichen Mannes war sie geborgen für alle Zeiten; was hatte sie zu fürchten, da er ihr zur Seite stand?
Mit einem kräftigen Akkorde schloß sie ihr Spiel. Stolz und frei hob sie ihr Haupt und Volkmanns Worte: „Melitta, du hast heute wunderschön gespielt,"
galten ihr mehr als alles Lob der Gesellschaft. Aber sie war nicht mehr zu bewegen, auch nur eine Taste zu berühren, in freundlichem aber entschiedenem Tone weigerte sie sich, selbst Rosinas Bitten zu willfahren.
Sie hatte den Arm ihres Gatten erfaßt und schmiegte sich dicht an ihn, so daß Volkmann verwundert fragte: „Fühlst du dich unwohl?"
„Ich bin erregt vom Spiele, die frische Lust wird mir gut thun," entgegnete sie ausweichend, „und dann," fügte sie stockend hinzu, „die Gesellschaft mißfällt mir sehr."
„Offen gestanden, mir auch," versetzte Volkmann leise, „Baronin Königsegg scheint nur wenig wählerisch betreffs ihres Umganges zu sein."
Melitta nickte stumm. Sie trat mit ihrem Gatten auf die Veranda hinaus; in tiefen Atemzügen sog sie die frische, würzige Waldluft ein, während Volkmann mit zärtlichen Blicken auf sein geliebtes Weib sah, ahnungslos, wie bald Mißtrauen und Eifersucht in seiner Seele Platz finden würden gegen das Wesen, das für ihn das Teuerste auf Erden war.
Der Baronin war es geglückt, Konrad zu einem längeren Gespräche an sich zu fesseln. Sie bot ihre ganze Ueberredungskunst auf, um das Interesse des Professors zu erregen.
Die blonde Minna hatte sich sehr verändert, andern schmachtenden Geschöpf war eine brillante Weltdame geworden. Etwas frei und ungeniert in ihren Reden und Bewegungen, trug sie eine herausfordernde Koketterie zur Schau, welche sie für Konrad unleidlicher
denn je machte. Mit spöttischen Blicken musterte sie das Bolkmannsche Ehepaar, indem sie zu Konrad sagte:
„Die kleine Melitta findet sich prächtig in die Rolle der bescheidenen Hausfrau. Wer hätte das gedacht. Ich meinte immer, es flöße heißes Künsterblut in ihren Adern und ihre Neigung zu Cornaro schien die- zu bestätigen."
Sie hielt lauernd inne.
Konrads Stirn zog sich in Falten.
„Melitta eine Neigung zu Cornaro? Wie soll ich dies verstehen, Frau Baronin?"
„Sie wissen nicht? Ach, da habe ich wohl ander Schule geplaudert! Nun, ich will nichts gesagt haben, obwohl es mich damals sehr Wunder nahm, daß ihr sonst sehr strenger Onkel den Umgang mit dem bekannt leichtlebigen Künstler gestattete."
Das Bestemden des Professors wuchs. „Ich muß Sie, Frau Baronin, denn doch um eine nähere Auskunft bitten. Ich habe stets Melitta als meine Schwester betrachtet, und ich möchte nicht, daß irgend ein mißliebiges Gerücht über ihre Mävchenzeit in Umlauf wäre; etwas derartiges müßte sofort entkräftet werden."
Bon den Lippen der Baronin ertönte ein leises höhnisches Lachen. „Herr Professor, das ist nicht möglich; die Fama hat diesmal ausnahmsweise reckt."
„Frau Baronin, was spricht man von Melitta?"
„Ereifern Sie sich doch inicht so, das Gerücht sagt — mein Gott, was ist das!"
Ein kurzer, scharfer Schrei wurde hörbar, der Herr de« Hauses hatte ihn ausgestoßen.
(Fortsetzung folgt.)