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Nr. 132.
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Samstag, 31. Aktober
Bekanntmachungm aller Art finden die erfolg, reichste Verbreitung.
Einrück- ungspreiS f. Altensteig und nahe Umgebung bei einm. Einrückung 8 bei mehrmal. je 6 ^ auswärts je 8 die lspalt.Zeile
1896.
Amtliches.
Bestätigt wurde die Wahl des Gemeindepflegers Georg Friedrich Schnürte in Oberkollbcch, Oberamts Calw, zum Schultheißen dieser Gemeinde.
Verliehen wurde die silberne Verdienstmedaille dem Sta- tionskommondanten Lamprecht in Nagold.
Bei einem Pferde des Lammwirts Johann Georg Rothfuß in Ebcrshardt ist die Rotz krank heit ausgebrochen.
Das deutsch-russische Uebereinkommen vom Jahre 1884.
Die indiskreten Mitteilungen der „Hamb. Nachr." über geheime deutsch-russische Neutralitätsabmachungen, die bis zum Jahre 1890 bestanden hätten und die der Reichskanzler Caprivi beseitigt hätte, haben in ganz Europa gewaltiges Aufsehen erregt. Sie haben die Freunde Deutschlands im Auslande stutzig gemacht und den Feinden Deutschlands den erwünschten Anlaß zu einer neuen bösartigen Hetze gegen die deutsche Politik geliefert; sie haben endlich den Gegnern des Fürsten Bismarck Gelegenheit zu gehässigen Ausfällen gegeben, denen man leider eine begründete und stichhaltige Einrede nicht entgegensetzen kann. Man fragt sich vergebens, wozu derartige Preßtreibereicn dienen sollen. Es sind kurzsichtige und unbesonnene Freunde, die den Namen Bismarcks in dieser Weise mißbrauchen. Die Verehrer des Fürsten können zu diesem Gebühren nur mit tiefem Bedauern den Kopf schütteln.
Die „Neue Fr. Presse" meldet auf Grund zuverlässiger Informationen, daß das von den „Hamb. Rachr." erwähnte Uebereinkommen zwischen Rußland und Deutschland thatsächlich bestanden habe, und zwar habe dasselbe nicht blos aus mündlichen Abmackungen beruht, sondern sei schriftlich von den Ministern im Namen ihrer Monarchen vollzogen gewesen. Eine Mitteilung des Vertrages an die übrigen Mächte habe nicht stattgesunden. Der im Jahr 1884 auf sechs Jahre abgeschlossene Vertrag sollte 1890 auf weitere sechs Jahre erneuert werden und die Vorbereitungen hierzu seien bis aus die Unterschriften schon getroffen worden, als die Kanzlerkrisis eintrat und Graf Schu- walow dem Fürsten Bismarck mitteilte, Kaiser Alexander III. trage Bedenken, das Geschäft abzuschließen, wenn in Deutschland ein anderer Staatsmann als Fürst Bismarck die Leitung der äußeren Angelegenheiten übernehme. Als dann die Kanzlcrkrise beendet war, habe Rußland doch auch mit Caprivi abschließen wollen. Da habe aber Gras Sckuwalow zu seinem Erstaunen eine Zurückweisung erfahren, mit der Begründung, daß Deutschland diese komplizierte Politik nach zwei Seiten nicht sortsetzen, sondern sich aus das Dreibundverhültnis beschränken werde. Im Sommer 1890 sei somit das Abkommen stillschweigend abgelaufen.
Dis angeblich dem Fürst Bismarck nahestehenden Berliner „Neuesten Nachr." betonen, daß das deutschösterreichische Bündnis defensiven Charakters sei, und zwar für den Fall, daß eine von beiden Mächten durch Rußland angegriffen würde, daß also Deutschland vollständig freie Hand behielt für den Fall eines österreichischen Angriffes auf Rußland, ebenso Oesterreich vollständig freie Hand behielt für den Fall eines deutschen Angriffes auf Frankreich. Wenn also Bismarck von Rußland die Zusage wohlwollender Neutralität im Falle eines französischen Angriffes zu erhalten vermochte, so hätte ein ungewöhnliches Ungeschick dazu gehört, diese wertvolle Sicherung leichthin anf- zugeben.
Jahresberichte der Handels- und Getverbe- kammern pro 189V.
I.
Unter dem I. Teil (Gesetzgebung und Verwaltung) figurieren die Handelsverträge und der Zolltarif. Die auf die Handelsverträge seitens der Industriellen gesetzten Hoffnungen scheinen sich auch im Berichtsjahre in geringem Maße erfüllt zu haben. Zwar sagt die Handelskammer Stuttgart, daß die Handelsverträge in ihrem Bezirke namentlich der chemischen Industrie
wesentliche Erleichterungen gebracht haben, fügt aber bei, daß die Industriellen von dem schweizerischen Handelsvertrag nur wenig befriedigt seien und beklagt, daß der spanische Zollkrieg das Ein- und Ausfuhrgeschäft wesentlich schädige. Die Rottweiler Kammer bemerkt, daß sie über die Wirkung der Handelsverträge ein erschöpfendes Bild nicht zu entwerfen vermöge, da dieselbe von den Industriellen einerseits nur wenig beleuchtet wurde, anderseits aber auch nicht leicht mit Sicherheit beurteilt werden könne. Während in der Uhrenbranche ein Interessent berichtet habe, daß die Handelsverträge von gutem Einfluß auf das Geschäft gewesen seien und der Absatz nach Rußland sich stark vermehrt habe, führen die Schuhfabrikanten und die Vertreter der Wollbranche übereinstimmend Klage, daß es ihnen wegen des hohen Zolls auf ihre Artikel so gut wie gar nicht mehr möglich sei, stiach der Schweiz Geschäfte zu machen. Die Heidenheimer Kammer hat sich mit Entschiedenheit gegen die von agrarischer Seite beantragte Kündigung des Handelsvertrags mit Argentinien ausgesprochen. Argentinien sei ein sehr aufnahmefähiges Land für deutsche Erzeugnisse wie dies die in erfreulicher Entwickelung begriffene deutsche Ausfuhr dahin zeige. Die eigene Industrie des Landes sei nur noch wenig entwickelt und die Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten der Einwohner, worunter 45 000 Deutsche, kommen der deutschen Einfuhr günstig entgegen. Aber auch die deutsche Landwirtschaft würde aus höheren Getreidezöllen auf argentinischen Weizen keinen, oder nur unwesentlichen Nutzen ziehen, denn es würde dadurch nur eine Verschiebung des Marktes zu Gunsten der übrigen exportierenden Getreideländer, wie Rußland, Rumänien, Ungarn, Indien u. s. w. eintreten, mit denen die Getreidezölle auf Jahre hinaus festgelegt seien. Die Einführung eines Zolles auf Quebracho- holz wird durchweg als eine große Gefahr für die Lederindustrie bezeichnet. Qnebrachoholz sei ein Rohstoff, welcher heute für die deutsche Lederindustrie unentbehrlich sei, durch den es ihr erst möglich geworden sei, ihre Stellung am Weltmärkte zu behaupten.
Landesnachrichten.
* Alten steig, 30. Okt. Die Kellerbesitzer erinnern wir bei dem beginnenden Herbstgeschaft an die Unglückssälle, die alljährlich trotz der Warnungen sich in den Gärkellern ereignen und zur Vorsicht mahnen. So hat sich dieser Tage in Lauda ein Unfall dieser Art ereignet. Ein Küfer wurde, als er kaum den Keller betreten hatte, bewußtlos. Ein Maurer, der ihn heraufschaffen wollte, stürzte schon auf der Treppe bewußtlos zusammen und erlitt im Sturze schwere Verletzungen. Ein zur Rettung herzueilender Installateur verlor gleichfalls die Besinnung, es gelang jedoch, ihn nebst dem von ihm bereits angebundenen Küfer hervorzuziehen. Einem Schmied gelang es dann noch, den Maurer zu retten. Nach vieler Mühe erst konnte ein Arzt die Bewußtlosen ins Leben zurückrufen.
* Stuttgart, 28. Okt. Die Steuerkommission der Kammer der Abgeordneten hat gestern die Frage der Ausdehnung und Beschränkung der Steuerpflicht behandelt. Die Steuerfreiheit wurde auf öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten und auf die auf Privatwohlthätigkeit beruhenden Anstalten und Vereine ausgedehnt. Die Anträge auf weitere Steuerbefreiung wurden abgelehnt. Abg. Gröber hat der Kommission eine Steuerskala vorgelegt, welche eine starke Progression ermöglichen soll. Danach würden die niederen Einkommen gegenüber den Vorschlägen des Entwurfes entlastet und die höheren etwa von 8000 Mark an stärker belastet werden. Die Progression würde bei 50 000 Mk. nicht aushören, sondern unbegrenzt weiter gehen. Die Steuerpflicht würde erst von 900 Mark an beginnen. — In Art. 4 des Einkommensteuergesetzes wird die vorgeschlagene Steuerfreiheit der Königin-Witwe abgelehnt.
^ Stuttgart, 29. Okt. Im großen Saal des Bürgermuseums hielt heute der Volksverein Stuttgart eine zahlreich besuchte Versammlung. Nach kurzer Begrüßung durch Herrn Reichstagsabgeordneter Galler ergriff zunächst Herr Dr. Schickler das Wort um den Fall „Brüsewitz" zu beleuchten. Redner führt dabei aus, wie notwendig es sei, die Oeffentlichkeit des Militärgerichtsverfahrens zu fordern, es handle sich nicht um die Person des Herrn Baron Brüsewitz, es handle sich um ein ganzes System, das beruht auf den falschen Ehrbegriffen eines hochfahrenden Junkertums. Nicht der Rock, sondern der innere Mensch bilde den Wert des Menschen und es gebe nur eine Ehre, die des rechtschaffenen Mannes. Die Bürgerschaft selbst aber sei vor allem an der bevorzugten Stellung des Militarismus schuld, und wenn die Bürger diesen falschen Standesüberhebungen mit der- seben Energie entgegentreten würden, als das Junker tnm den Bürgern gegenüber auftritt, wären die Zustände längst besser. Angesichts der Blutthat zu Karlsruhe wird folgende Resolution einstimmig angenommen : „Das deutsche Volk ist angesichts der Blutthat in Karlsruhe empört und verlangt die Oeffentlichkeit des Militärstrafverfahrens durchgeführt." Nachdem noch verschiedene Redner gesprochen, schließt Herr Galler mit einem Hoch auf die deutsche Einigkeit die Versammlung.
* Reutlingen, 28. Okt. In dem benachbarten Betzingen brach letzte Nacht im Hawe des Bauern I. G. Walz in der Musmehlgasse Feuer aus, welches dasselbe vollständig zerstörte. Der Eigentümer ist nur teilweise versichert. Beim Abräumen des Brandplatzes wurde heute nachmittag aus dem Schutt die bis zur Unkenntlichkeit verkohlte Leiche eines Mannes mit einem Strick um den Hals ausgegraben. Ueber die Persönlichkeit des Toten konnte, da weder ein Bewohner des verbrannten Hauses noch sonst jemand von Betzingen vermißt wird, bis jetzt nichts näheres ermittelt werden. Es scheint, daß derselbe das Feuer im Scheuernraum des Hauses angezündet und sich dann dort erhängt hat.
* Bückingen, 27. Oktbr. Heute abend 5 Uhr brach aufs neue hier Feuer aus und legte innerhalb zwei Stunden 4 aneinandergebaute Oekonomiegebäude in Asche. Die neue Brandstätte befindet sich in unmittelbarer Nähe von derjenigen des 8. Oktober, was mit Sicherheit auf wiederholte Brandstiftung schließen läßt. Die in der Nähe des Brandplatzes befindlichen Wohngebäude wurden von der hiesigen und der Heil- bronner Feuerwehr mit großen Anstrengungen gerettet. Oberamtmann Majer und Staatsanwalt Hartmann erschienen um 6 Uhr auf der Brandstätte. Die Aufregung über den neuen Brandfall ist groß.
* Ülm, 26. Oktbr. In letzter Nacht wurde hier bei Premierlieutenant v. G. in der Olgastraße ein schwerer Einbruchdiebstahl verübt. Der Dieb stieg, nachdem der Premierlieutenant, welcher Junggeselle ist, sich zur Ruhe begeben hatte, durch das offen gebliebene Fenster des Eßzimmers in die Hochparterre gelegene Wohnung und schloß die Thüren von innen ab. Er machte sich sodann daran den Schreibtisch zu erbrechen. Dies bewirkte er mit solcher Stille, daß der Offizier nicht erwachte. Dem Einbrecher fielen eine goldene Uhr mit goldener Kette, eine Armspange, mehrere kostbare Ringe und 84 Mark bares Geld in die Hände. Von dem Thäter hat man keine Spur.
* (Verschiedenes.) In Hornberg bei Kilchberg a. I. sollten einem Kleinbauern durch den Gerichtsvollzieher verschiedene Gegenstände gepfändet werden. Das brachte den sonst fleißigen Mann so in Aufregung, daß er seinem Leben durch Erhängen ein Ende zu machen suchte. Er wurde noch lebend durch den dortigen Polizeidiener wieder losgeschnitten, verfiel aber dann wiederholt in eine so furchtbare Tobsucht, daß er in seiner Wohnung alles zertrümmerte und seither durch 4 kräftige Männer bewacht werden