* Cannstatt, 2. Okt. Gestern vormittag rückte die aus 3 Batterien bestehende 4. Abteilung des Feldartillerie-Regiments König Karl (1. Württ.) Nr. 13, welche seither vorläufig in Ludwigsburg garnisoniert war, hier ein, um das neuerbaute Kasernement zu beziehen. Zum Empsang der Truppen hatten die bürgerlichen Kollegien, die hier ansässigen inaktiven und Reserveoffiziere, der Kriegerverein und der Militärverein vor dem Rathaus Aufstellung genommen. Die Häuser der Stadt waren reich beflaggt und viele mit Guirlanden geschmückt. Der kommandierende General von Lindequist, gesolgt von einer stattlichen Cavalcade von Offizieren aller Waffen, ritt der Abteilung voraus und nahm Aufstellung am Rathaus. Namens der Stadt entbot Oberbürgermeister Nast den Offizieren, Beamten, Unteroffizieren und Mannschaften den Willkommgruß. Die Vorstände des Krieger- und Militärvereins sprachen gleichfalls Worte der Beglückwünschung. Der Kommandeur der Abteilung, Major Fritsch, dankte in kurzer Ansprache und brachte ein Hoch auf Cannstatt aus. Unter den Klängen der Musik marschierten sodann die Truppen durch die Marktstraße, Königs- und Taubenheimstraße in die neue Kaserne. Dort nahm der kommandierende General die Parade ab und richtete einen Appell an die Mannschaften, der mit einem Hoch auf Seine Majestät den König schloß.
* (Verschiedenes.) In Ravensburg hat sich die Frau eines dortigen Geschäftsmannes in einem Anfall von Schwermut ins Wasser gestürzt und ist ertrunken. — In Bebenhausen wurde der Bauer Johs. Trautwein von einem Pferde beim Einspannen derart auf den Kopf geschlagen, daß ihm die Hirnschale zerschmettert wurde. Der unglückliche Mann ist kurze Zeit darauf seinen Verletzungen erlegen. — In Kirchheim u. T. wurde in der Lauter die Leiche eines Dienstmädchens des Hotels zur Post ausgefunden. Es wird Selbstmord vermutet. — JnDörzbach hat sich der dortige Amtsdiener M., der seit 25 Jahren als solcher angestellt ist und sich allgemeiner Beliebtheit erfreuen durfte, erhängt. Es ist zweifellos, daß er die unselige Thal im Zustande geistiger Umnachtung verübt hat. — In Neckarweihingen wurde im Neckar eine männliche Leiche aufgefunden. Der Mann mag etwa 40 Jahre alt sein. Näheres ist bis jetzt nicht bekannt.
* Kirchard (Amt Sinsheim), 28. Sept. (Der verschwundene Hundertmarkschein.) Letzten Sonntag ereignete sich hier folgendes heitere Stückchen: Der bekannte Geschäftsagent H. von hier sitzt abends im „Löwen" und vermißt plötzlich einen Hundertmarkschein. Alles sucht — Trepp auf — Trepp ab — vergebens. Man durchleuchtet mit einer Laterne die Dorfstraßen, um nach dem Flüchtling zu sehen, - doch ohne Resultat. Schließlich werden die Gesellschafter im Löwen aus der Nachtruhe gestört und deren Stiefelsohlen auf ihre Anziehungskraft für Hundertmarkscheine geprüft. — Alles vergeblich, — das Bildchen will sich nicht finden lassen. Erst am andern Morgen kam man auf den schlauen Gedanken, daß ein anwesendes Hündchen des Frachtfuhrmanns möglicherweise den Schein als „Wurstpapier" verschluckt haben könnte. Schnell wurde nun demselben ein Brechmittel gegeben und siehe da -der Hundertmarkschein erblickte in drei Teilen
»8 L«s«frucht. K»
Nie wirst Du das Glück erhaschen, wenn Du die Gunst des Augenblicks nicht ehrst.
Die fettfarne Keirat.
Roman nach dem Amerikanischen von August Leo.
(Fortsetzung.)
„Aber sie sagt, sie weiß nicht, wo er ist — und er würde aus eigenem freien Willen niemals gegangen sein, ohne mir es zu sagen. Außerdem sagten Sie auch, Sie fürchteten, daß sie wisse, wo er ist. Ich möchte wissen, warum Sie fürchten?"
„Weil ich weiß, daß Lady Dare sehr entschieden in Allem ist und — sehr gewissenlos."
„Nicht wahr?" fragte das Mädchen. „War sie unter den Feinden, vor denen Sie flohen, als ich Ihnen mein Pferd lieh?"
„Ja!" sagte Mrs. St. Ulm zögernd.
„Das dachte ich mir! Deshalb habe ich auch weder ihr, noch irgend Jemandem gesagt, daß ich Sie wiedererkannte. Jetzt, Mrs. St. Ulm, was fürchten Sie in Bezug auf Rupert?"
Mrs. St. Ulm zwang sich zu einem Lächeln.
„Nichts Schreckliches, mein Kind, das versichere ich Sie."
Dann jedoch, nachdem sie einen Moment nachgedacht, entschloß sie sicb, Regina zu erzählen, was sie Mylady hatte über Rupert am Tage seines Verschwindens sagen hören.
wieder das Tageslicht. — Schluß-Tableau! Großer Jubel im Löwen!
ss Betreffs der Organisation des Handwerks hat der Magistrat von München auf Aufforderung der bayrischen Regierung ein Urteil abgegeben, in dem es heißt, daß es ihm mit Rücksicht auf den Umstand, daß die Gewerbetreibenden in der Frage selbst uneinig sind, zweifelhaft erscheinen muß, ob auf dem Boden der Vorlage dem Handwerk wirklich genützt werden kann. Die Handels- und Gewerbekammer Mittelfrankens hat sich gegen den in Rede stehenden Gesetzentwurf ausgesprochen.
*' In Pirmasens wurde der Schuhfabrikant Karl Bähr verhaftet. Derselbe geriet vor einigen Tagen in Konkurs. Die Passiven sollen 130000 M., die Aktiven etwa 8—10000 Mk. betragen.
* Frankenthal, 30. Sept. Eine Familienszene mit blutigem Ausgang trug sich in Gerolsheim anläßlich eines Familienfestes zu. Der Sohn des Händlers Franz Wahl fing mit seinem Vater Streitigkeiten an und bedrohte ihn im Verlause derselben mit dem Messer, worauf der Vater, um sich vor dem Sohne zu schützen, sein geladenes Jagdgewehr ergriff und den Sohn mittels eines Schusses lebensgefährlich verletzte.
* Berlin, 1. Okt. (Chinesische Offiziere und Soldaten in Deutschland.) China will gleich Japan sein Heer anscheinend immer mehr nach deutschem Muster ausbilden lassen. Wie nämlich der Berichterstatter der „Osaka-Asahi-Schimbun" aus Peking meldet, soll die chinesische Regierung die Absicht haben, 150 ausgewählte Offiziere und Soldaten zur militärischen Ausbildung nach Deutschland zu schicken. „Diese Nachricht" meint selbst der Berichterstatter, „wäre bei den mißlichen finanziellen Verhältnissen Chinas kaum zu glauben, wenn sie nicht von einer hochstehenden und wohlunterrichteten militärischen Persönlichkeit stammte, die außerdem versichert, daß zu den bisherigen zahlreichen deutschen Osfizieren in Nordchina noch 20 andere angeworben werden sollen."
* Berlin, 2. Oktober. Die beiden anarchistischen Blätter Berlins „Der Sozialist" und „Der arme Conrad" wurden heute beschlagnahmt.
* Berlin, 2. Oktober. Nach einem Telegramm aus Sansibar ist Said Kbalid mit seinen Begleitern heute vormittag, während die Flut bis an das deutsche Konsulat heranreichte, an Bord S. M. Schiff „Seeadler" gebracht worden. Der englische Vertreter protestierte. Wie das Wolsische Bureau vernimmt, ist der englischen Regierung bereits vor mehreren Tagen amtlich Kenntnis von der beabsichtigten Ueberführung des Prätendenten nach der deutsch-ostafrikanischen Küste gegeben worden. Said Khalid ist abends 7 Uhr in Dar es Salaam eingetroffen.
* Berlin, 3. Oktbr. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Mit den dieser Tage in Paris zwischen Italien und Frankreich geschlossenen Vereinbarungen ist nicht nur die Lösung einzelner aktueller Streitfragen erreicht, sondern allem Anscheine nach auch die Grundlage gefunden, worauf allmählich die Besserung des wirtschaftlichen Verhältnisses der beiden Nachbarstaaten aufgebaut werden kann.
ss Der offizielle Schluß derBerliner Ausstellung findet bestimmt am Donnerstag, den 15. Oktober, nachmittags 4 Uhr statt.
„Vielleicht weiß Mr. Duvar, wo er ist; ersuchte ihn an jenem Tage überall."
„Um ihm auszurichten, daß Mama ihn zu sprechen wünsche" sagte Regina. „Lord Alwyn hörte ihn die Botschaft bestellen und sah Rupert zu Mama gehen. Er ging zu ihr in das Terrassenzimmer, das weiß ich, trotzdem sie es leugnet, und dann hat ihn, so weit ich es in Erfahrung bringen konnte, Niemand mehr gesehen. Ich habe Onkel Derrick gefragt, doch weder er, noch Mama —"
Sie hielt Plötzlich inne.
„Sind Freunde der Wahrheit!" hatte sie sagen wollen.
Mrs. St. Ulm erbebte bei ihren Worten.
„Das Terrassen-Lesezimmer!" sagte sie sich erregt. „Ich bin auf der rechten Spur, doch es ist besser, ihr Nichts zu sagen, bis ich mehr weiß."
Zu Regina sagte sie tröstend:
„Es kann ja Nichts von Bedeutung sein; etwas Ernstes kann ihm ja nicht zugestoßen sein."
„Glauben Sie das?" fragte das Mädchen düster. „Ich bin nicht so sicher. Ich glaube, es ist am besten, daß ich in das Lesezimmer zurückkehre, vielleicht finde ich dort ein Zeichen, daß er da war. Wollen Sie mitkommen oder" — indem sich ihr plötzlich ein Gedanke aufdrängte — „erwarten Sie vielleicht hier Jemanden? Mir war, als hörte ich Stimmen, als ich kam."
„Ich war drinnen und eilte hinaus, als ich Sie kommen hörte. Ich spreche oft mit mir selbst, wenn ich allein bin," erwiderte Mrs. St. Ulm ausweichend.
ss Die deutsch-russischen Zollverhandlungen nehmen dem „Hamb. Kor." zufolge einen günstigen Verlauf.
* Es wird gemeldet, daß den im Mai 1886 zwischen dem Deutschen Reiche, Frankreich, Italien, Oesterreich. Ungarn und der Schweiz getroffenen Vereinbarungen über die technische Einheit im Eisenbahnwesen nunmehr auch Schweden und Norwegen beigetreten sind. Da schon vorher die Niederlande, Rumänien, Belgien, Serbien, Griechenland, Bulgarien, Dänemark und Luxemburg sich angeschlossen hatten, so gilt die technische Einheit im Eisenbahnwesen, abgesehen von der in Ruß- land gelegenen Warschau-Wiener Eisenbahn und von einigen Strecken in der Türkei, jetzt für sämtliche normalspurigen Eisenbahnen des europäischen Kontinents.
Für den internationalen Personen- und Güterverkehr ist damit die bedeutungsvolle Erleichterung verbunden, daß jedes Eisenbahnfahrzeug, das den vor 10 Jahren in Bern vereinbarten Vorschriften entspricht, auf allen diesen Eisenbahnen unbehindert durchlaufen kann.
* Frankfurt a. M., 3. Okt. Die Franks. Ztg. meldet unter dem Gestrigen aus Konstantinopel: Stam- bul war heute nacht der Schauplatz blutiger Szenen.
Die Pforte wird sie zwar nach berühmtem Muster abzuleugnen versuchen, aber ihre Authentizität ist zweifellos. Die Sofias (Studenten) der Stambuler großen Moschee, welche sich vorbereiteten, nachts behufs Demonstrationen vor den Palast zu ziehen, wurden von den Truppen umzingelt, die eine große Anzahl Sofias töteten und die anderen zur Umkehr zwangen. An der Hanptmoschee wurden dort, wo das Volk die Waschungen vornimmt, festgenagelte Schafhäute gefunden, aus denen mit roter Tinte aufreizende Proklamationen gegen die Christen und die europäischen Souveräne geschrieben standen. Der verhaftete reiche Armenier Äpie Esfendi hatte als letzten Beitrag 6000 Pfund für die Hentschakiste gegeben. Die Regierung beabsichtigt, das ganze Vermögen Apic Effendis zu beschlagnahmen, i
* Die B rauns ch w eiger Einwohnerschaft befindet j sich in großer Erregung über Vorkommnisse, die darauf schließen lassen, daß dort eine Bestie in Menschengestalt Lustmorde an Kindern zu verüben trachtet. , Vor etwa acht Tagen bereits wurde in den unmittelbar bei der Stadt belegenen Militärschießständen von einem Posten ein Mensch verjagt, der sich im Gebüsche in Ge- > sellschaft mit drei, wie sich später ergab, durch Zuckersachen dorthin gelockten Kindern befand. Der Soldat hatte vorher deutlich von dem Unholde die Worte gehört : „ins Wasser werfen kann ich Euch nicht, also muß ich Euch die Halse abschneiden!" Dienstag ! abend gegen 6 Uhr sahen am entgegengesetzten Ende der Stadt, in einer Fuchstwete, zwei Herren, daß ein Mensch einen sechsjährigen Knaben, den er wie einen Hund unter dem Arme mit sich schleppte, bei ihrem Herannahen zu Boden warf und entfloh. Die Herren entdeckten, daß das Kind dem Tode nahe war und zwar infolge Strangulierung des Halses durch eine fest umgewickelte Schnur. Da diese schleunigst gelöst wurde, gelang es, das Kind zu retten. Wie letzteres erzählte, war es von dem Unholde von dem uahegelegenen Spielplätze fortgelockt uud dann sofort gewürgt worden. Auch in diesem Falle ist der Verbrecher entflohen. Hoffentlich gelingt es ihn bald zu fassen.
Sie gingen zusammen hinein und durchsuchten eifrig das Zimmer, fanden jedoch Nichts.
Der arme Rupert, der sich nach Luft sehnte, und welcher halb verhungert war — denn Myladys Vor- sorge hatte nicht lange ausgereicht — hätte in seiner Verzweiflung fast die Stimmen der Beiden hören können, die ihm so nahe waren, wären die Wände seines Gefängnisses nicht ausgepolstert gewesen. — Als Regina dann das blitzende kleine Zimmer verließ, wel- ches so merkwürdige Geschichten hätte erzählen können, wenn es mit einer Zunge begabt gewesen wäre, ging Mrs. St. Ulm mit ihr.
Doch letztere kehrte sogleich wieder zurück und fand, wie sie vermutete, Mark Atwood auf sie wartend.
Er war wirklich bei ihr gewesen, als Regina kam, und während der Unterhaltung der Beiden in dem Elmenwäldchen, von einem Gebüsche verborgen zurückgeblieben.
„Wir müssen schnell sprechen," sagte Mark. „Duvar ist jetzt bei Lady Dare, und wenn er sie ver- läßt, muß ich ihm auf der Spur bleiben. Ich hörte natürlich jedes Wort, das das arme Kind mit Dir sprach."
„Hörtest Du wie sie sagte, daß sie mich mehr liebe als jenes Weib?" fragte Mrs. St. Ulm mit leidenschaftlicher Stimme. „Mark, Mark, was soll das heißen? — Mir ist, als ob mir das Herz brechen wollte."
Mark atmete tief und schien eine aussteigeude Erregung niederzukämpfen.
„Es bedeutet, daß Du sehr nervös, aufgeregt
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