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Dienstag, 30. Juni.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Einrück- ungspreiS s. Altensteig und nahe Umgebung bei einm. Einrückung 8 bei mehrmal. je 6
auswärts je 8 ^ die ispalt.Zeile
1896.
We Nummer in diesem Ouartal!
auf "Aus den Tannen"
2-^f*^4**»**r§'^*l wollen nunmehr ungesäumt bei dem den Ort begehenden Postboten oder bei dem Kgl. Postamt des Bestellbezirks gemacht werden.
Die Expedition.
Das Kriegsministerium beabsichtigt, eine Anzahl Zug- und Reit-Newonten für die königliche Feldartillerie freihändig durch eine besondere Kommission im Lande au'kaufen zu lassen und zwar von morgens 8 Uhr ab am 4. I Ni in Herrenberg. Die Pferde müssen als Stangenpferde mindestens l,60, als Reit- und Vorderpferde mindestens 1.52 Mt. Stockmaß haben, im Alter von 4 bis 6 Jahren stehen und nach Knochenstärke. Form und Gang sich zu ArtiUerie-Pierden eignen, also Zugfähigkeit und Beweglichkeit verbinden. Die angekauften Pferde werden sofort gegen bare Bezahlung abgenommen. Jedem Pferd ist eine Trense und ein Halfter mit je 2 Meter langen Stricken mitzugeben.
^ Die Wehrsteuerfrage,
deren Idee für uns in Deutschland keine Neuheit ist, taucht jetzt in Italien auf. Um einen Teil der Kosten zu decken, die sich in Zukunst aus der Erhöhung der Präsenzstärke ergeben, beabsichtigt der italienische Kriegsminister General Ricotti dem Parlamente eine Wehrsteuervorlage zugehen zu lassen.
Der 8 58 unserer Reichsverfafsung lautet: „Die Kosten und Lasten des gesamten Kriegswesens des Reiches sind von allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen, so daß weder Bevorzugungen noch Ueberbürdungen einzelner Staaten oder Klassen grundsätzlich zulässig sind. Wo die gleiche Verteilung der Lasten sich in natura nicht Herstellen läßt, ohne die öffentliche Wohlfahrt zu schädigen, ist die Ausgleichung nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit im Wege der Gesetzgebung festzustellen." Darin liegt eigentlich schon der Hinweis aus eine Wehrsteuer; die Reichsregierung hatte auch am 17. März 1881 eine dahingehende Vorlage dem Reichstag zugehen lassen; der Reichstag hat dieselbe aber abgelehnt. Es handelt sich um eine Gleichstellung aller Klassen und Kategorien vor dem Wehrgesetz; jeder männliche Deutsche ist zum Waffendienst verpflichtet, wenn körperliche oder sonstige Verhältnisse ihn dazu untauglich machen, so soll er auf andere Weise zur Verteidigung des Vaterlandes beitragen und dazu sollte die vorgeschlagene Steuer als Ausgleich dienen.
Da die Frage durch das Vorgehen Ricottis von neuem angeschnitten wird, so erscheint es interessant, den Gedankengang kennen zu lernen, der die in Rede stehende Steuer rechtfertigt. So wird vor allem darauf hingewiesen, wie der nicht zum Dienst herangezogene Wehrpflichtige während der Zeit, die die andern unter den Waffen zubringen, seinen bürgerlichen Beruf und Erwerb fortsetzt, also Vermögensvorteile erwirbt und anderseits zu der knapp bemessenen Löhnung unter den Waffen nicht zuzusetzen braucht. Vou diesem Mehrerwerb und dieser Minderausgabe soll er einen Teil — und zwar einen kleinen — abgeben, sei es zum Nutzen seiner weniger gut fort- kommenden Altersgenossen unter den Waffen, denen man dafür z. B. warme Abendkost gewähren könnte, sei es zur Verstärkung der Verteidigung des Vaterlandes. Von einem Loskaus, einem Ersatz der persönlichen Wehrpflicht durch Geld kann dabei natürlich keine Rede sein. Ebenso versteht sich von selbst, daß diejenigen, die wegen körperlicher Fehler nicht dienst-, aber auch nicht erwerbsfähig sind, die Wehrsteuer nicht zahlen würden.
Neu ist eine derartige Einrichtung in Deutschland nicht, Bayern hat erst 1874 das „Wehrgeld" abgeschasft, das jährlich rund 680000 Gulden einbrachte, in Württemberg bestand eine Wehrsteuer seit 1868, in beiden Ländern wurde dieselbe allgemein als berechtigt anerkannt. Würde eine solche Steuer auch heute, infolge der durch das Gesetz vom 3. August 1893 vermehrten Rekruteneinstellung, nicht mehr 7 -8 Mill. Mk. ein
bringeu, so doch mehr, als für die Gewährung warmer Abendkost für die Leute unter den Fahnen nötig wäre. Frankreich, Griechenland, Oesterreich Ungarn, Portugal, Spanien, Rumänien, Serbien und die Schweiz, einigermaßen auch die Türkei besitzen eine Wehrsteuer in verschiedenen Formen, festen Kopfsteuern und Zuschlag je nach dem Einkommen bezw. Vermögen.
Man hat behauptet, es widerstrebe dem „hehren Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht", daß die nicht zum aktiven Dienst tauglichen, oder nicht dazu herangezogenen Leute sich gewissermaßen loskanften. Von einem Loskauf ist ja aber nicht die Rede, die Verpflichtung besteht, der betreffende Pflichtige vermag ihr nur nicht nachzukommen, entweder weil er nicht ganz tauglich — dabei aber voll erwerbsfähig —, oder aber weil für ihn im Rekrutenkontingent kein Raum, er überzählig ist. Die in der Reichsverfassung ausgesprochene gleichmäßige Verteilung der Lasten, die so oft betonte Gleichheit vor dem Gesetze verlangt, daß die Leute, die nicht dienen, nicht in ihrem Erwerbsleben gestört werden, zur Besserung der Lage ihrer dienenden Altersgenossen bezw. zur Hebung der Verteidigungsfähigkeit des Vaterlandes beitragen.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 24. Juni. Im Reichstag wurde die 2. Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei Z 823 (Schadensersatzpflicht der Beamten) fortgesetzt und der Paragraph unter Ablehnung weitergehender sozialdemokratischer Anträge im wesentlichen in der Kommissionsfassung angenommen mit einem von den Sozialdemokraten gestellten Eventualantrag, wonach ein Beamterauch für die Leitung einer Rechtssache haftbar sein soll. Zu einer längeren Debatte führte die Beratung des vierten Buches „Familienrecht". Graf Roon (kons.) und Gen. hatten Anträge auf Einführung der fakultativen Zivilehe gestellt. Abg. Lieber verlas eine Erklärung, wonach das Zentrum bedauert, daß es nicht gelungen sei, den Standpunkt der kath. Kirche im Bürgerlichen Gesetzbuch zur Geltung zu bringen, daß die Ehe als Sakrament jeder Einwirkung des Staates entzogen bleiben müsse. Ten Antrag Roon würde das Zentrum ablehnen. — Staatssekretär Nieberdiug verteidigte die obligatorische Zivilehe, die sich seit 20 Jahren bewährt habe. — Abg. Bebel (soz.) sprach sich im gleichen Sinne aus. — Abg. Schall (kons.) meinte, die bürgerliche Eheschließung dürfe nicht als Trauung angesehen werden. Schließlich wurden die konservativen Anträge in namentlicher Abstimmung mit 196 gegen 33 Stimmen abgelehnt.
* Berlin, 25. Juni. Die zweite Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs wurde.heute bei dem vierten Buche „Familien- und Eherecht" fortgesetzt. Den Sozialdemokraten gelang cs, von ihren zahlreichen Anträgen zu diesem Gegenstand den einen durchzusetzen, wonach die Eingehung einer Ehe ohne Einwilligung der Eltern bereits mit dem 21. Lebensjahr erfolgen darf. Interessant war die Debatte über das eheliche Güterrccht, wo ausnahmsweise die Abgg. Bebel und Frhr. v. Stumm einig waren in der Verfechtung der Rechte der Frauen. — Abg. Träger (fr. Vp.) wies aus den berechtigt, n Kern der Frauenbewegung hin und sprach sich für Gütertrennung aus. Die Anträge des Frhr. v. Stumm und der Sozialdemokraten in dieser Richtung wurden abgelehnt. Von dem Abschnitt über Ehescheidung wurde nur der erste Paragraph (8 1551) erledigt und zwar im Sinne der Kommissionsbeschlüsse. Die Anträge der freisinnigen Volkspartei und der Sozialdemokraten auf Erleichterung der Ehescheidung wurden abgelehut.
* Berlin, 26. Juni. Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches wurde bei 8 1552 fortgesetzt, in welchem unheilbare Geisteskrankheit als Ehescheidungsgrund aufgestellt wird. Die Kommission hat den Paragraph gestrichen. Die Abgg. Lenzmann (fr. Bp.) und Auer u. Gen. (soz.) beantragten Wiederherstellung desselben. Der Antrag wurde nach lebhafter Debatte,
in der der preußische Justizminister ihn auf das energischste befürwortete, in namentlicher Abstimmung mit 125 gegen 116 Stimmen abgelehnt. Die Paragraphen 1553 bis 1681 gelangten darauf unter Ablehnung sämtlicher Gegenanträge nach den Beschlüssen der Kommission zur Annahme. 8 1682 erhielt auf Antrag Auer (soz.) folgenden Zusatz: „Verheiratet sich die Mutter, so erhält das uneheliche Kind den neuen Familiennamen seiner Mutter auf Antrag des Ehegatten derselben." Die 88 1683 bis 1690 wurden debattelos angenommen. Dem 8 1691 beantragte Auer hinzuzusügen: daß der uneheliche Vater der Mutter seines Kindes gegenüber auch zum Ersatz der durch die Schwangerschaft oder das Wochenbett herbeigeführten Nachteile verpflichtet sei. 8 1691 wurde mit diesem Amendement angenommen.
Landesnachrichten.
* Alten steig, 29. Juni. Wir stehen mitten in der Heuernte, die einen reichlichen Ertrag abwirst, leider aber läßt sich die Witterung nicht recht günstig an, indem jeweils nach 1 bis 2 Tagen kräftigen Sonnenscheins sich wieder Tage mit reichlichen Niederschlägen einstellen. Der Volksmund bezeichnet eine solche Ernte mit „Schnappheuet." Bis jetzt ist noch kein merklicher Nachteil entstanden, immer konnte noch das Heu, ohne Schaden erlitten zu haben, eingeheimst werden. Acht Tage beständiger Witterung würden genügen Alles unter's Dach zu bringen; hoffentlich bekommt der Himmel endlich ein Einsehen und verwandelt durch anhaltende Sonnenstrahlen den „Schnappheuet" zu rechtem Heuwetter und fördert damit die emsige Arbeit des Landwirts.
* Altensteig, 29. Juni. Vielseitige Aufmerksamkeit finden die Berichte der württ. Handels- u. Gewerbekammern, die sich auf die wirtschaftl. ThätigkeitimJahr 1895 beziehen. Diese Berichte stellen größtenteils fest, daß der Druck, der 5 Jahre lang auf Handel und Gewerbe gelegen hatte, endlich gewichen ist, und daß namentlich die Webereiindustrie eine wesentliche Besserung erfahren hat. Für alle Rohstoffe, Wolle wie Baumwolle, haben sich günstige Verhältnisse gebildet. Alle Fabriken hatten gute Beschäftigung und die Trikotweberei hat zeitweise der Nachfrage kaum genügen können. Gleichwohl hat die scharfe Konkurrenz den Gewinn des Fabrikanten sehr eingeschränkt, so daß der Gewinn die gewöhnliche Verzinsung des Kapitals nicht mehr erheblich übersteigt. Die Handelskammerberichte stimmen aber darin überein, daß ein nachhaltiger Aufschwung erst dann zu erwarten ist, wenn die laudbautreibende Bevölkerung wieder mehr Kaufkraft erlangt haben wird. Anstatt aber nun offen einzugestehen, daß es für die Industrie entschieden besser wäre, wenn die Klagen unserer Bauern gründlich abgestellt würden, wird noch behauptet, daß die Notlage der Bevölkerung vielfach übertrieben werde. Wenn sich auch die Güterpreise in der Nähe größerer Städte auf der bisherigen Höhe so ziemlich erhalten haben, so beweist das lediglich gar nichts. Fürs erste haben wir wenig größere Städte, und wenn sich deren Umwohner auch über Wasser halten können, so ist doch die ungeheure Mehrzahl unserer Bauern Land auf Land ab immer noch in einer üblen Lage. Die Getreidepreise stehen so niedrig, daß der Bauer kaum mehr auf seine Anbankosten kommt; zuweilen trifft ihn auch noch ein verheerendes Ungewitter; wie erst vor kurzem schwere Wolkeubrüche im Eyach- thale, im Neuffenerthale und in den Oberämtern Welzheim und Böblingen, niedergegangeu sind; dabei hat das Ausgabebudget des württ. Staates, wie cs von der jetzigen Kammer genehmigt wurde, um jährlich lUH Millionen zugenommen, und auch die neue Kammer hat trotz der gewaltigen Sparsamkeits-Versprechungen mancher Abgeordneten vor der Wahl doch bewilligen müssen, was notwendig war: und auch an diesen .'Uh Millionen haben die württ. Bauern einen ganz gehörigen Teil zu zahlen. Die Herabsetzung der Kornzölle