bayer. und schwäb. Volkspartei, der nachzustreben das Ziel jedes Bayern sein sollte. Er lobt das Eingehen der württ. Regierung aus die Wünsche der Volkspartei. In ihrem Eingehen auf die Verfassungsrevision, die Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher habe die Regierung auf einmal alles das erfüllt, was sie andern Parteien ohne jede Absicht auf Einlösung ihres Wortes seit Jahrzehnten vorsprochen. Sein Hoch gilt der Volkspartei im Schwabenlande. Landtagsabgeordneter Hennig-Metzingen bringt die Grüße der Fraktion der Volkspartei im Landtag und schließt mit einem Hoch auf den Bezirksvolksverein Ebingen-Balingen. Landtagsabgeordneter Weidle-Tübingen rekapituliert die Thätigkeit der volksparteilichen Abgeordneten im Landtage; die demokr. Abgeordneten hätten bewiesen, daß sie sich ihre Rechte von niemand schmälern lassen. Landtagsabgeordneter Schmidt-Besigheim bringt die Grüße des Unterlandes und appelliert an die Wähler, auf daß es bei der nächsten Wahl nicht bei 31 volkspart. Abg. bleibe. Nach diesen Reden ging es nach Burgfelden, wo nach kurzer Restaurierung und Besuch des Böllatfelsens der Weg nach Ebingen angetreten wurde. Dort war um 3 Uhr ein Essen in der Turnhalle, das durch verschiedene ernste und heitere Reden gewürzt war. Ein Konzert der Ebinger Stadtkapelle, dem ein Tänzchen folgte, schloß den Tag ab, der allen Teilnehmern in freundlicher Erinnerung bleiben wird.
* Reutlingen, 22. Juni. Die Kreisturnsahrt auf die Wann, verbunden mit Volksfest, verspricht großartig zu werden, da bereits ca. 2100 Turner zu derselben angemeldet sind. Behörden und Publikum stehen der Sache sehr sympathisch gegenüber, so daß ein guter Verlauf, ein gedeihliches Gelingen wohl zu hoffen ist. Die volkstümlichen Wettübungen, in denen die Turner Württembergs (ca. 300) sich messen werden, sind bereits allgemein bekannt; Spiele der Vereine sind zahlreich angemeldet. Das Volksfest auf der Wann, Nebelhöhle, Olgahöhle mit ermäßigten Eintrittspreisen werden bedeutende Anziehungskraft ausüben. Die Gastfreundschaft von Reutlingen und Umgebung hat sich wieder einmal wohl bewährt. Ueber 900 Freiquartiere sind angemeldet, und es ist zu hoffen, daß dieses freundliche Anerbieten unseres gastlichen Völkchens möglichst ausgenützt werde.
* Reutlingen, 22. Juni. In letzter Nacht fuhr in der Betzingerstraße eine Gesellschaft Tübinger Studenten von der Verbindung Hohenstaufia in einem Jagdwagen auf die geschlossene Eisenbahnbarriere in dem Angenblick, als der von Tübingen hieherkommende Eisenbahnzug die Stelle passierte. Durch den Anprall wurde die Barriere teilweise aufgerissen und beide Pferde vom Zuge erfaßt und fortgeschleift, wobei eines derselben sofort getötet, das andere aber derart verletzt wurde, daß es heute ebenfalls getötet werden mußte. Ein Glück für die Insassen war es, daß die Deichsel des Wagens sofort zerbrach, wodurch der Wagen außerhalb der Bahnlinie stehen blieb- Der am Bahnübergang stationierte Bahnwärter, welcher die Gefahr für das Fuhrwerk bemerkte, hatte sich im Verein mit einigen Passanten vergeblich bemüht, dnrch Schwenken seiner Laterne und Zurufen die Studenten zum Anhalten zu veranlassen.
* Aus Neuffen schreibt man dem „N. Tagbl.":
Unsere Weinstöcke haben zwar durch den letzten Hagelschlag einigermaßen gelitten, haben aber, da die Schlossen nicht im Sturm herabkamen, das angesetzte Holz mit Trauben behalten und wenn auch einzelne abgeschlagene gefunden wurden, so ist der Fruchtansatz in diesem Jahre so überaus reichlich, daß wir noch Wein genug bekommen können.
* (Verschiedenes.) In H a u se n an der Würm schlug der Blitz in die Scheuer des Müllers Rüdt und zündete; die Scheuer mit allen Vorräten brannte vollständig nieder. — Der Schneider Dill von Rinderfeld, der auswärts in Geschäften war, fiel auf dem Heimweg so unglücklich von einem Wagen herab, daß er sofort tot war. — Die leidige Unsitt e , bei einem Gewitter unter einem Baume vor dem Regen Schutz zu suchen, hat dieser Tage in Steinhofen (Hechingen) ein Opfer gefordert, indem ein dortiger schon älterer Einwohner während eines heftigen Gewitters diese Unvorsichtigkeit mit dem Leben büßen mußte. Dem Unglücklichen war die Brust ganz aufgerissen und der übrige Körper zeigte lauter schwarze Flecken. — In Heilbronn begegnete vor einigen Tagen ein etwas über 12 Jahre alter Schüler einem 7jährigen Mädchen, bei dem er bemerkte, daß es ein Portemonnaie in der Hand hatte. Ohne weiteres riß der Knabe dem Kind das Portmonnaie aus der Hand und entnahm demselben 50Pfg.; den Rest des Geldes gab er dem Mädchen zurück unter der Drohung, wenn sie etwas sage, werfe er sie in den Graben. —Was rationelle Viehzucht noch einbringt, wird am besten durch eine Kuh des Landwirts Heiserer in Steinis- haus gezeigt. Dieselbe warf ihrem Besitzer zuerst 4 schöne Kälber, sodann erhielt er auf der Cannstatter landwirtschaftlichen Ausstellung Prämien von über 1000 Mk.
* Pforzheim, 20. Juni. Ein ebenso interessanter als wertvoller Fund wurde von einem Arbeiter unter einer Eiche am Rande des sog. Schulerwaldes gemacht. Bei Aushebung eines Zufahrtsweges stieß derselbe in der Tiefe von etwa 50 am auf eine größere Schachtel, die ein Stück unverarbeitetes Gold in der Länge von ca. 40 und in der Breite von 7 em enthielt, außerdem eine größere Menge Golddraht, über 20 goldene Medallions und viele andere Bijouteriewaren. Der Fund, welcher ohne Zweifel von einem Fabrikdiebstahle herrührt, ist gestern abend der Kriminalpolizei ausgehändigt worden.
* Berlin, 20. Juni. Der Kaiser tritt die Nordlandsreise von Wilhelmshaven am 1. Juli an.
* Berlin, 21. Juni. Nicht weniger als 32 Generale der preußischen Armee sind im laufenden Vierteljahr, so wird in der „Voss. Ztg." zusammengerechnet, zur Disposition gestellt, darunter 10 im April, 7 im Mai und 15 im Juni.
* Berlin, 22. Juni. Der Bnndesrat hat die Ausprägung von 20 Millionen Mark in Kronen beschlossen.
* Schon wieder hat sich Deutschland über das Treiben der Agenten des Kongostaates zu beschweren. Eine friedliche Karawane arabischer Händler von der Küste Ostafrikas, deutsche Schutzbefohlene, istam südöstlichen Ufer des Tanganykasees von Truppen des Kongostaates überfallen und ausgeraubt
worden. Die deutsche Regierung hat durch ihren Gesandten in Brüssel Beschwerde erhoben und Schadenersatz fordern lassen. Der Kongostaat sagte Untersuchung und die Bestrafung der Schuldigen zu.
* Köln, 22. Juni. Bei Kummersdorf fand zwischen Mitgliedern der Artillerie- und Ingenieurschule ein Duell statt. Der Begleiter, ein junger hoffnungsvoller Offizier, blieb tot auf dem Platze.
* Der Norddeutsche Lloyd in Bremen, hat drei neue Dampfer auf deutschen Werften in Bau gegeben, welche für die brasilianische Linie bestimmt und lediglich für Zwischendeckspassagiere und Frachtverkehr eingerichtet werden. Einschließlich der erwähnten drei Schiffe befinden sich gegenwärtig für den Norddeutschen Lloyd neun große Ozeandampfer auf deutschen Schiffswerften in Bau.
Ausländisches
* Prag, 23. Juni. Beim Abtragen eines Hauses stürzte eine Mauer ein; zwei Arbeiter wurden zerschmettert, einer schwer, einer leicht verletzt; einer rettete sich durch einen Sprung in ein benachbartes Gewölbe. Der an der Unglücksstätte erschienene Statthalter beteiligte sich an der Rettungsaktion.
* (Zwei Flüchtlinge aus New-Uork.) Vor einigen Tagen trafen in Boskowitz (Mähren) zum Besuche ihrer dort wohnenden Freunde die Brüder Arnold und Fritz Friedmann aus New-Jork ein. Alsbald verbreitete sich im Orte das Gerücht, daß die Brüder Friedmann von New-Aork nach Verübung eines großen Betruges an einem dortisen Juwelier flüchtig geworden seien. Das Gerücht fand thatsächlich seine Bestätigung dnrch einen im „New-Aorker Morgenblatt" veröffentlichten Bericht, in welchem die Brüder Friedmann dieses Betruges beschuldigt wurden. Vor gestern nahm nun in Boskowitz eine Gerichtskommission in der Wohnung zweier Verwandten der Brüder Durchsuchungen vor. Hierbei wurde ein großer Koffer, in dem sich angeblich Juwelen und Bankpapiere in bedeutendem Wert befinden, mit Beschlag belegt. Auf Grund der Erhebungen wurden auch die Brüder Friedmann in Haft genommen.
* Paris, 20. Jmn. Die Kammer nahm mit Handaufheben den Gesetzentwurf betreffend die Erklärung Madagaskars als französische Kolonie an.
* St. Petersburg, 22. Juni. Sicherem Vernehmen nach wurde die Untersuchung wegen der Katastrophe auf dem Chodynskyfelde auf kaiserlichen Befehl eingestellt, weil hochgestellte Personen in die Untersuchung verwickelt würden. (Ganz russisch!)
Erholungshaus für Minderbemittelte in Freudenstadt.
Der vor 3 Monaten ausgegebeue, von zahlreichen gewichtigen Namen der Großindustrie und des ärztlichen Standes befürwortete Prospekt betr. die Errichtung eines Erholungshauses für Minderbemittelte in unserem württembergischen Schwarzwald-Höhenluftkurort Freudenstadt hat sich allerseits einer wohlwollenden Ausnahme zu erfreuen gehabt. Es ist ja auch völlig zweifellos, daß ein solches Haus, das gute Verpflegung und billige Unterkunft bietet, für die große Zahl derer hochnötig ist, bei denen der anstrengende Beruf und die bescheidene, oft knappe
Hß L « s - sruch t. _U
Wie mancher durch Schaden klug wird, so wird mancher auch durch Glück dumm. _
Die fettfame KeiraL.
Roman nach dem Amerikanischen von August Leo.
(Fortsetzung.)
Am dritten Morgen, als Duvar seinem Gefangenen das Frühstück brachte, betrat er den äußeren Raum — eine Art Gang, der das innere Zimmerlings umgab. Das Tablett niedersetzend, verschloß er die Thür hinter sich wie gewöhnlich und steckte die Schlüssel in die Tasche. Dann schloß er die innere Thür auf und öffnete sie. Doch in diesem Augenblicke, ehe er noch den Schlüssel herausziehen oder das Tablett mit dem Frühstück ergreifen konnte, stürzte Magnus Sever, der auf diesen Augenblick gewartet hatte, heraus und schleuderte mit einer geschickten Wendung Duvar kopfüber in das innere Zimmer.
Ehe dieser noch wußte, was geschehen war, war die Thür hinter ihm verschlossen und verriegelt und er selbst ein Gefangener.
In der ersten Wut schlug der gefangene Gefängniswärter wie wahnsinnig an die Thür, doch Sever, welcher sich an der anderen Seite befand, lachte höhnisch.
Duvar hätte sich die Haare vor wütendem Aerger über seine Dummheit ausraufen mögen. Da kam ihm ein Gedanke, er steckte die Hand in die Tasche — ja, der Schlüssel der Außenthür war darin, Sever konnte nicht hinaus, und das rief er ihm triumphierend zu.
„Das wird sich schon finden," erwiderte der Hauptmann sogleich. „Es ist schon vorgekommen, daß man verschlossene Thüren durch andere Mittel als durch Schlüssel geöffnet hat."
„Möglich," höhnte Duvar, „wenn Sie nur Ihren rechten Arm zu Ihrer Verfügung hätten, doch der ist unglücklicherweise gebrochen."
„Ich kann warten, bis Ihr Diener kommt, wie er es natürlich wird, um Sie zu suchen; dann mache ich es mit ihm, wie ich es mit Ihnen machte."
Duvar stöhnte, doch Plötzlich stieß er einen Schrei aus. Er hatte sich eben erinnert, daß er an diesem Morgen, etwa eine Stunde bevor er heraufkam, seinen dienenden Riesen nach der ziemlich entfernten Stadt geschickt hatte, um neuen Mundvorrat einzukaufen. Die Straßen waren sehr schlecht, und er sollte die Vorräte selbst in einem schweren Wagen mit sich bringen. Auch ein altes Weib — seine Schwester — sollte er herzn- holen, damit sie ihm behilflich sein könne. Er mußte wenigstens vier Tage ausbleiben, doch bei dem Zustande der Straßen und der schweren Ladung konnte es auch noch viel länger dauern.
„Das ist eine unangenehme Situation, in der ich mich befinde!" murmelte Derrick Duvar, als er in dem Zimmer umherlief, während seine blauen Augen bösartig funkelten. „Jetzt bin ich hier wie eine Ratte in der Falle, und Magnus Sever hat entschieden die Oberhand."
So war es wirklich, und so lange der arme Mensch es aushalten konnte, behielt er sie auch.
Aber er war durch seine Krankheit, den gebrochenen
Arm und die Betäubungsmittel, die Duvar ihm beigebracht hatte, um ihn nach Danger-Clyff zu bringen, immer noch sehr schwach, und als sein Feind ihm die Thatsache erklärte, untersuchte er seinen Aufenthaltsort ganz genau, ob es ihm nicht möglich sei, irgend eine andere Methode des Entkommens als durch die Thür ausfindig zu machen, doch er fand keine.
Die Wände waren schön gemalt und mit Nischen und zerfallenen Statuen verziert, doch sie waren höchst solid, und das Zimmer war nur von schmalen Fenstern beleuchtet, die so hoch angebracht waren, daß man sie nicht erreichen konnte.
Das Tablett mit Nahrungsmitteln, das Duvar bei seinem hastigen Einsall ins innere Zimmer zurückgelassen hatte, stand noch da, und Hauptmann Sever teilte sich die darauf befindlichen Speisen auf's Sparsamste ein, damit er so lange wie möglich damit auskommen könne.
Er wußte, daß er nicht Kraft genug habe, um einen wirklichen Kampf mit Duvar um den Schlüssel wagen zu können.
Duvar unterhandelte, bat und beschwor ; doch sein Kerkermeister fühlte, daß er seinen Versprechungen nicht trauen könne und wollte deshalb die Thür nicht öffnen.
Als die Nacht herankam, schlief Derrick Duvar in dem Bette, das der Hauptmann bis jetzt benutzt hatte, und hierin war er im Vorteile; denn in dem äußeren Zimmer befand sich nicht einmal ein Stück Teppich auf dem kalten Fußboden. — Am zweiten Tage wurde Duvar sehr hungrig; er drohte, versprach, bat — Alles vergeblich.
„Sie sind eiu Lügner, wie Ihre Schwester — ich