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1896.
Gestorben: Hermann Heinzelmann, Fabrikant, Reutlingen ; Friedrich Ehmann Privatier, Kirchheim u. T.; Michael Ncz, res. Schultheiß, Pflugfelden, OA. Ludwigsburg.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 18. Febr. Der Reichstag verhandelte heute über die Anträge Auer und Genossen und Ancker und Genossen betr. das Koalition»- und Versamm- lungsrecht. Rickert besürchtet, da das Zentrum sich ablehnend verhält, das; nichts Positives zustande kommt. Er stimme sür eine Ueberweisung der Anträge an eine Kommission, welche positive Vorschläge sür das Vereinswesen machen solle. Redner tritt sür die Ausdehnung des sreien Vereins- und Versammlungsrechts aus die Frauen ein und bekämpft die Agitation des Bundes der Landwirte. — Staatssekretär v. Bötticher bestreitet, daß der Artikel 4 der Verfassung den verbündeten Regierungen die Verpflichtung auferlege, ein diesbezügliches Reichsgesetz vorzulegen. Außerdem sei man in verschiedenen Bundesstaaten mit dem dort geltenden Recht durchaus zufrieden. Eine Vereinbarung über das Maß der zu schaffenden Festsetzungen wird im Reiche schwer zu erzielen sein. Es besteht das Bedenken, ob durch ein solches Reichsrecht wirklich überall etwas besseres geschaffen wird; gegen eine Kommissionsberatung habe die Regierung nichts einzuwenden. — Frhr. v. Stumm hält eine Reform aus diesem Gebiete nur aus dem Wege der Landesgesetzgebung möglich und ist bereit im Landtage an einer Revision mitzuwirken. Er bekämpft alsdann die Kritik Auers gegen den bekannten Artikel der „Hamburger Nachrichten" und gegen Bismarck. — Marquardsen schließt sich hierin Stumm au. Tie nationalliberale Partei glaube, daß die Bestrebungen aus dem Gebiete des Vereins- und Versammlungsrechts derzeit resultatlos bleiben müssen. Die Vorschläge der Sozialdemokraten könne seine Partei nicht annehmen. — Dziemsbowski (Pole) steht den Anträgen sympathisch gegenüber. — Iskraut (Antis.) spricht sich namens seiner Partei ablehnend aus. — Minister von der Recke glaubt, man sollte das heute vorliegende Thema nicht ohne Gründe in den Vordergrund schieben. (Sehr richtig! — rechts.) Der preußischen Regierung sei der Vorwurf gemacht worden, als handhabe sie das Vereins- und Versammlungsrecht
in willkürlicher Weise. (Ruf bei den Sozialdemokraten: Das ist notorisch!) Dagegen müsse er entschieden Verwahrung einlegen: wenn auch hier und da einmal ein Verstoß vorgekommen sein möge, so sei das doch kein Grund, von einer tendenziösen Handhabung des Gesetzes zu sprechen. Man handhabe das Vereinsund Versammlungsrecht gerecht, aber auch fest. Letzteres sei heutzutage notwendig. Die Schließung der sozialdemokratischen Wahlvereine in Berlin sei eine gerechte und keineswegs willkürliche Maßregel. Der Minister bestreitet ferner die Behauptung Rickerts, daß in Pommern das Vereinsgesetz gegenüber dem Bund der Landwirte ausgehört habe zu bestehen. — Grillenberger (Soz.) führt aus: Etwas schlechteres als das gegenwärtige Vereins- und Versammlungsgesetz könne in den Einzelstaaten nicht mehr geschaffen werden; die Maßregelung seiner Partei könnten derselben nur nützen, aber vom Standpunkt des strengen Rechts aus müsse er gegen jedes Unrecht ankämpfen. Daß der Bund der Landwirte eine Einrichtung habe, die gegen das Vereinsgesetz verstoße, ergebe sich unzweifelhaft aus seinen Statuten. — Lenzmann (freist Volksp.) hebt hervor, die Buntscheckigkeit des Vereinsgesetzes in Deutschland könne sich sür jeden Staatsbürger unter Umständen sehr unangenehm bemerkbar machen. Die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe seien unbrauchbar und müßten bedeutend nmgearbeitet werden. Redner erklärt sich mit der Kommissionsberatung einverstanden. — Hieraus wird die Diskussion geschlossen. — In einem Schlußwort führt Dr. Lütgen au (Soz.) eine Reihe von Fällen an, in welchen auf die Sozialdemokraten das Vereinsrecht anders angewendet worden sei, als auf andere Parteien. Redner tritt sodann, namentlich im Interesse der Frauen, für den sozialdemokratischen Antrag ein. — Nach einem weiteren Schlußwort des Abg. Munckel werden die Anträge Auer und Genossen, sowie Ancker und Genossen einer Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen. — Nächste Sitzung morgen 1 Uhr. T.-O.: Militäretat. Schluß 5'>> Uhr.
* Berlin, 19. Febr. In der heute fortgesetzten Beratung des Militäretats bestreitet Bebel der Militärverwaltung das Recht, Leute, die zum Militär eingezogen und vor ihrer Einziehung im Zivilverhältnis bestraft sind, zur Arbeitsabteilnng einzuziehen. Redner
weist auf die in den Zeitungen besprochenen Fälle Wendland und Schüller hin. — Ter Kriegsminister erklärt, er sei nicht geneigt, jedem sozialdemokratischen Abgeordneten, der ihn zu Agitationszwecken aus eine Anzahl irgendwo anfgelesener Fälle anspricht, Rede zu stehen. (Beifall rechts. Zuruf Frohmes : Dann bleiben Sie überhaupt fort.) Der Kriegsminister fährt fort: Ungesetzlichkeiten werden jedesmal streng untersucht und geahndet. Ich will die Fälle darlegen, wo im Reichstage Uebertreibungen und objektiv unwahre Fälle vorgetragen worden sind. Wenn in Königsberg bei einem Klempnerstreik Pioniere herangezogen wurden, so handelte es sich um die Fertigstellung der Pionierkaserne. Der Offizier in Güstrow, der einen Zusammenstoß hatte mit Zivilpersonen, stellte sich als nervenleidend heraus. Der Kriegsmimster schildert hierauf eingehend den Fall des Musketiers Schüller, der ein konfuser Querulant gewesen ist und in die Arbeitsabteilung gesteckt wurde, weil er sich mit seinen Kameraden fortwährend überwarf. Frohme erhält wegen seines Zwischenrufs einen Ordnungsruf vom Präsidenten. — Bebel betont die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung des Verhältnisses der Arbeitssoldaten und hält seine Behauptungen aufrecht. — Der Kriegsminister protestiert sehr entschieden dagegen, daß ihm Bebel Bemäntelungen der Wahrheit bei amtlichen Auskünften unterschiebe. — Generallieutenant Spitz legt dar, daß die Verweisung in die Arbeitsabteilung eine reine Disziplinarmaßregel sei. — Lie der bezeichnet es als angemessen, daß die Bundesbevollmächtigten von der Absicht, im Reichstag einzelne Fälle vorzubringen, vorher avertiert werden. An der weiteren Debatte über letztere Frage beteiligen sich die Abgg. Lenzmann (freist Volksp.), Werner, Gröber und Bebel, sowie Generallieutenant Spitz. — Bebel weist sodann auf den Ring hin, den die Pulverfabriken gebildet haben. Die Militärverwaltung habe infolgedessen höhere Pulverpreise bezahlen müssen, als Privatbetriebe. — Generalmajor Falken Hausen bemerkt: Die Militärverwaltung brauche die Pulverfabriken besonders für den Kriegsfall und legt durch Zahlen dar, daß von einer Ausbeutung der Militärverwaltung durch Pulverfabriken keine Rede sein könne. — Auf Anregung des Abg. Schall erklärt Staatssekretär Graf Posadowski: Die Regierung
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* Was ich wünschte vor manchem Jihr, hat das Leben mir nicht bescheeret, aber eS hat mich dafür gelehret, daß mein Wunsch ein ihörichter war.
Ueter Motz' Werrnächtnis.
Roman von R. Litten.
(Fortsetzung.)
Die beiden jungen Menschen saßen sich allein gegenüber, beide mit pochenden Herzen und fliegenden Pulsen. Eine Minute verging, in der man eine Stecknadel hätte zur Erde fallen hören, dann sagte Werner, mit scheinbarer Ruhe an das vorhin abgebrochene Gespräch anknüpfend: „In der That, das Gemälde rechtfertigt seinen Ruf. Eine großartige Idee und meisterhafte Technik! Die Kopie macht mir Lust, das Original zu sehen — ein Wunsch, dessen Ausführung ich mir nächstens gestatten werde."
Das Mädchen sah fragend zu ihm auf.
„Verzeihung — ich vergaß, daß ich Ihnen noch nicht davon gesprochen, daß ich gewillt bin, meinen Wirkungskreis zu wechseln. Ich siedele in nicht zu ferner Zeit nach der Stadt über, welche der Wohnort des Malers Ihres Bildes ist. Dort hoffe ich Gelegenheit zu haben, den Schöpfer und sein Werk kennen zu lernen."
Der Arzt hatte beim Sprechen den Blick unsicher gesenkt und sah darum nicht, wie Eva bei seinen Wor
ten zusammenzuckte und mit tief erblaßtem Gesichte zu ihm ausschaute.
„Sie gehen fort von hier, Herr Doktor? Und warum?" kam es halb erstickt von ihren entfärbten Lippen.
Werner schaute auf. Eine Bewegung ging durch seine Züge, als er Evas ängstlichem Blick begegnete, doch faßte er sich rasch und sagte, fast im Gesprächs- tou: „Sie fragen mit wenigen Worten viel, mein Fräulein, doch schließt mir nichts die Lippen. Ich gehe, weil man doch nicht immer an der Scholle kleben kann, und weil ich mir von der Universitätsstadt, die ich gewählt habe, viel für meine Zukunft verspreche!" Jetzt hob Eva plötzlich den Blick und schaute den Sprecher ernst an. „Das ist es nicht" sagte sie leise.
Er sah einen Augenblick zweifelnd, fragend zu ihr hinüber. Dann hob er das Haupt, und der strenge Zug um den Mund trat wieder deutlicher hervor. „Genügt Ihnen der Grund nicht, mein Fräulein? Würde es Ihnen besser klingen, wenn ich als solchen eine romantische Herzensgeschichte hinstellte, deren bedauernswerter Held ich wäre?" Er lachte erregt: „Ich weiß ja, dergleichen gefällt dem zarten Sinn der jungen Damen! Da können sie so hübsch das gute Herz bethätigen, bedauern und trösten!"
Werner unterbrach sich, denn eine eiskalte, zitternde Hand berührte die seine.
„Nicht so, Werner, nicht so!" klang es fast schluchzend an sein Ohr.
Die Berührung durchbebte ihn wie ein elektrischer Schlag.
Heftig, fast ungestüm, sprang er aus: „Was wünschen Sie denn, Fräulein? Wollen Sie mich durchaus schwach sehen? Fordert es Ihre Eitelkeit, daß ich ausrufe: „Deinetwegen gehe ich, Eva! Die Liebe, diese wahnsinnige Liebe zu dir treibt mich in die Fremde hinaus!"
Er hielt inne, denn es pochte an der Thür und gleich daraus wurde Eva eine Karte überreicht. „Der Herr bittet, dem gnädigen Fräulein aufwarteu zu dürfen," sagte die Dienerin, während ihre junge Herrin die Karte in Empfang nahm.
Ueber Evas Gesicht war es beim Anblick des kleinen glänzenden Stückchen Papier wie ein Erschrecken gekommen. Hastig sprach sie: „Sagen Sie dem Herrn, ich wäre nicht zu Hause." Doch plötzlich stockte sie und wie ein Blitz fuhr es durch ihre Züge. „Ich lasse bitten," sagte sie. Während das Mädchen hinausging, trat sie auf Werner zu und reichte ihm die Karte. „Walroden will mich sprechen," sagte sie mit fliegendem Atem, „und ich bitte Sie, Zeuge meiner Unterredung mit ihm zu sein. Ich bitte Sie, ich flehe Sie darum an!" sagte sie, als Werner sich stumm, doch mit heftig arbeitender Brust abwandte. „Es ist die höchste Gunst, die Sie mir gewähren können. — Werner, mein Lebensglück hängt davon ab!"
Sie hatte die Worte mit einem Ausdruck so wahren Schmerzes hervorgcstoßen, in so beschwörenden Tönen gesteht, daß des Ärztes Festigkeit schmolz und er ihr fast willenlos folgte.
Das junge Mädchen ließ die Portiere fallen, durch die er verschwunden war, und die den Salon