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1896 .

U ebertragen wurde das erledigte Oberamt Heilbronn dem Oberamtmann Maier in Neuenbürg.

Gestorben: Karl v. Stockmaier, Rechnungsrat a, D., Ritter I. Kl. des Fiiedrichsordens, Stuttgart; Gustav Langst. Schullehrer a. D., Hall; Albert Geißelmaun, Siuttgait; Adolf Friedrich v. Walcker, Prälat und Generalsuperintendent von Hall, Ehrenkreuz des Ordens der Wnrtt. Krone Hall; Paul Wüst, Zivil-Ingenieur, Stuttgart; Karl Kerner, Gastwirt, Stuttgart.

Erhaltung der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei den Gemeinden.

* Vom Ausschuß des Vereins der wiirttemb. Körper­schaftsbeamten wird nachstehende beachtenswerte Kund­gebung veröffentlicht:

Das Gebiet der sogenannten freiwilligen Gerichts­barkeit greift in die wichtigsten Lebensinteressen unseres Volkes ein, denn die bei ihr in Frage kommenden Geschäfte hängen auf's innigste mit den persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhält­nissen der einzelnen Volksglieder und damit des Volksganzen zusammen, die Art und Weise ihrer Gestaltung ist vielleicht wichtiger als die Verwirk­lichung so manches sogenanntenFreiheitsrechts", das aus den Programmen der verschiedenen politischen Parteien prangt.

In unserem württembergischen Lande nun ist die Versetzung der freiwilligen Gerichtsbarkeit von alters her eines der wertvollsten und am wohlthätigsten wirkenden Rechte der Gemeinden gewesen, ein Recht, das in Verbindung mit den Notariaten bis jetzt in einer Weise ausgettbt worden ist, daß uns andere Staaten um unsere Einrichtungen beneiden. Durch die herannahende Einführung eines bürgerlichen Gesetz­buchs für das gesamte deutsche Reich ist die Fortdauer dieses Rechts in Frage gestellt. Es wird geltend ge­macht^ daß die Einheit des Reichs auch Einheit nicht bloß des materiellen Rechts, sondern auch der formalen Vorschriften, der Organisation der Behörden notwendig erfordere, wir können diese Ansicht aber nicht teilen, sind vielmehr der Meinung, daß der Reichsgedanke nicht gefördert, sondern geradezu geschädigt wird, wenn ohne Nötigung durch wirtschaftliche oder politische Gründe lediglich im Interesse formaler Ein­heit dem schwäbischen Volke Einrichtungen aufgenötigt werden sollen, die mit seinen bisherigen Gewohnheiten, seinen Anschauungen im Widerspruch stehen und die altverbrieften Rechte der Gemeinden in einem wichtigen Punkte schädigen.

Wohin eine allzuweitgehende Umformung, der vom Norden kommende Formalismus, führt, haben wir im Heimatrecht, Armenunterstützungswesen, Schuld­klag- und Exekutionsverfahren gesehen und die trau­rigen Erfahrungen, welche Württemberg mit diesen Neuerungen gemacht hat, müssen uns mißtrauisch machen, wenn die Reichsgesetzgebung abermals sich anschickt, an unfern altbewährten Einrichtungen zu rütteln, handelt es sich doch diesmal darum, den Ge­meinden das Recht zu nehmen, die Angelegenheiten ihrer Einwohner in Bezug auf das Inventur- und Teilurrgswesen und den Verkehr mit Liegenschaft (Kauf-, Güter- und Unterpfandsbuch) sowie hinsichtlich der Fürsorge für Minderjährige und sonst Bevor­mundete selbständig zu ordnen, damit auch unserem Notariat den Boden abzugraben und die Funktionen der Gemeiuderäte, Waisengerichte und Notare in dieser Beziehung den Gerichten zu übertragen!

Wir sind selbstverständlich nicht blind gegen ein­zelne Mängel unserer seitherigen Gesetzgebung und verkennen nicht, daß da und dort Aenderungen nötig erscheinen, die im Wege der Landesgesetzgebung oder Verordnung eingesührt werden können, halten aber dafür, daß die Uebertragung der genannten Geschäfte au die Gerichte in unseren Verhältnissen nicht be­gründet ist. Unsere seitherige Gesetzgebung hat vor allem das Prinzip ausgestellt: die genannten Ge­schäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind am Orte des Anfalls M erledigen; jede Teilung wird also ge­

fertigt da, wo der Verstorbene seinen Wohnsitz hatte, ein Pfandschein da, wo der Schuldner wohnt, Liegen­schaft-Verkäufe werden eingetragen und es wird darüber erkannt in dem Orte, in dessen Markung das Grundstück liegt, die Vormundschaft über einen Minder­jährigen wird an dessen Wohnsitz geführt. Die Be­teiligten bedürfen also zur Erledigung aller ein­schlagenden Geschäfte weiter nichts, als einen Gang aufs Rathaus, die öffentlichen Bücher stehen allen Beteiligten jederzeit kostenlos zur Einsicht offen und die Ortsbehörde ist in der Lage, jedem Gemeindeein­wohner sofort und ohne Verzug aus denselben die gewünschte Auskunft und etwaige Ausfertigungen zu erteilen. Das Interesse des Staatsbürgers ist jedem andern mehr formalen Gesichtspunkte vorangestellt und eine rasche, zuverlässige, billige und bequeme Abwickelung der betreffenden Geschäfte und zwar am Wohnsitz der Beteiligten, ist garantiert.

Was will man uns nun künftig für alle diese, durch Jahrhunderte bewährten Einrichtungen bieten?

Vor allem soll die amtliche Thätigkeit der Teilungs­behörden im wesentlichen beseitigt, da aber, wo sie eintritt, den Amtsgerichten übertragen werden, an diese soll auch das Vormundschafswesen übergehen, die Kaufbuchsführung fällt ganz fort, das Güter- und Unterpfandsbuch aber soll von einem besonderen Grundbuchsamte geführt werden, das wenn das Beispiel Preußens befolgt wird gleichfalls am Sitze des Amtsgerichts errichtet wird. Nicht mehr also wird ein Pfand- oder Güterbuchseintrag am Wohnsitze der Beteiligten gefertigt, keine Liegenschafts- Veräußerung dort vorgenommen werden können; kein' Auszug, keine Auskunft aus den öffentlichen Büchern kann ihnen mehr von den Ortsbehörden erteilt werden, sondern die Beteiligten müssen sich (von Ausnahmen abgesehen) in die Obcramtsstadt begeben und dort ihr Anliegen Vorbringen. Diese Einrichtung mag für Gegenden Passen, in denen der Grundbesitz sich in wenigen Händen befindet, nie und nimmer aber für unser Land mit seinem parzellierten Grundbesitze, seinem regen Güterverkehre; von den enormen Kosten einer Neuanlegung des Grundbuchs ganz zu schweigen.

Und das Verfahren in Teilungsjachen?

Seither hat Notar und Waisengericht die Teilungen schiedlich friedlich erledigt, Prozesse kamen nur in geringer Anzahl vor, wie aber würde das künftig werden? In den Fällen, in denen die Partien sich nicht einigen und das wird beim Mangel eines amtlichen Einschreitens sehr häufig der Fall sein werden meist Prozesse entstehen und der Familien­frieden vielleicht auf immer zerstört sein, im übrigen aber kann der Mangel eines amtlichen Einschreitens leicht zu einer Uebervorteilung der minder gewandten Interessenten und zu Beförderung der Winkeladvo­katuren führen.

In allen Fällen ist soviel gewiß, daß die Betei­ligten die Mehrzahl der fraglichen Geschäfte nicht mehr an ihrem Wohnsitze vornehmen können, daß die Versetzung der freiwilligen Gerichtsbarkeit von Per­sonen ausgeübt werden soll, denen nicht immer genü­gende Erfahrung zur Seite steht und denen bei dem großen Wechsel in dem amtsgerichtlichen Personal viel­fach auch die stete Fühlung mit der Einwohnerschaft des Bezirks, die Kenntnis seiner Lebensgewohnheiten und Bedürfnisse naturgemäß abgeht, daß die Beteilig­ten in außerordentlicher Weise belästigt, die Prozesse vermehrt und viel höhere Kosten als zuvor entstehen werden und wir sind überzeugt, daß niemand Lust haben wird, unsere jetzigen Einrichtungen mit neuen zu vertauschen, die in ihrem letzten Ende zur Besei­tigung des Notariats in seiner jetzigen Gestalt und zur Aufhebung der Gemeindeautonomie in einem sehr wichtigen Punkte führen, ohne daß dem entsprechende Vorteile gegenüber ständen.

Wir sind weit davon entfernt, einseitig Staudes- Jnteressen vertreten zu wollen, haben vielmehr mit unfern Ausführungen nur das Interesse des gesamten >

Volks im Auge. Dieses aber spricht gebieterisch für Beibehaltung unserer seitherigen Einrichtungen in ihren wesentlichen Grundzügen und wir wissen auch, daß die andern deutschen Staaten recht gerne unsere Institu­tionen nachahmen würden, wenn sie daran nicht der Mangel einer entsprechenden Gemeindeverfassung und der geeigneten Kräfte hinderte. Daraus folgt nun aber selbstverständlich nicht, daß wir lediglich zur Her­stellung formaler Einheit unsere besseren Einrichtungen gegen die schlechteren vertauschen.

Wohl haben Regierung und Volksvertretung mit seltener Einmütigkeit sich für Erhaltung unserer Ein­richtungen ausgesprochen, und der Verlauf der Ver­handlungen im Schoße der Organe der Reichsgesetz­gebung läßt hoffen, daß unsere Bestrebungen von Erfolg gekrönt sein werden, eine Sicherheit dafür haben wir aber noch nicht. Wir halten es deshalb für unsere Pflicht, auch noch die einzelnen Gemeindevertretungen aufzufordern, unserer Staatsregierung gegenüber kurz und klar zum Ausdruck zu bringen, wie sehr das ganze Volk hinter ihr steht, wenn sie der Reichsregie­rung gegenüber unerschütterlich an dem Bestreben sest- hält, die freiwillige Gerichtsbarkeit in Württemberg den Gemeinden zu erhalten.

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 15. Februar. Der Reichstag nahm ohne Debatte den Antrag auf Einstellung des gegen den Abg. Stadthagen wegen Beleidigung schwebenden Strafverfahrens an. Bei der fortgesetzten Beratung des Militäretats bekämpft der Abg. Bebel heftig die gestrige spöttische Erwiderung des Kriegsministers auf Bebels Ausführungen. Die Gleichgiltigkeit der Bourgeoisie gegen die himmelschreienden Mißstände des Militarismus beweise ihren außerordentlichen Tiefstand. Der Kriegsminister erklärt: Im ganzen Lande besteht kein Zweifel darüber, daß die Soldaten­mißhandlungen von allen berufenen Stellen, von der obersten Spitze an, auf das schärfste verurteilt werden und infolge der getroffenen Maßnahmen abnehmen. Bebel wolle aber durch Breittreten einzelner Fälle, Haß und Verachtung gegen das Heer erzeugen. Daß unsichere Heerespflichtige, die vielfach Landstreicher ge­wesen, in Grenzgarnisonen öfters über die Grenze gegangen sind, ist erklärlich; seitdem sie aber nicht mehr in Greuzgaruisouen eingestellt werden, nehmen die Desertionen ab. Die von Bebel kritisierten mili­tärischen Zeugnisse sind glaubwürdiger und beweis­kräftiger als alle bisherigen und zukünftigen Reden Bebels und seiner Parteikollegen zusammen. Lassalle wollte durch ein Duell mit seiner Person für seine Manuesehre eintreten, er unterscheidet sich also von Bebel und Genossen dadurch, daß sie das für Dumm­heit halten. Weitere Entgegnungen überlasse ich den zahlreichen Rednern, die sich zum Wort gemeldet haben. Stadthagen (Soz.) kommt auf die Soldaten­mißhandlungen zurück. Redner will den TitelGe­halt des Kriegsministers" abgelehnt wissen. Gene­rallieutenant v. Spitz widerlegt die Ausführungen des Vorredners. Graf Roon (kons.) bezeichnet die Reden der Sozialdemokraten als ungehörig. Vizepräsident Schmidt-Elberfeld bemerkt, eine der­artige Charakterisierung stehe nur dem Präsidenten zu. Roon (fortfahrend) tritt für die Armee und Offiziere ein. Lieber (Zentr.): Die Vorwürfe des Abg. Bebels hätten vom Kriegsminister besser amtlich be­handelt werden sollen. Im übrigen sei der Schild unseres Heeres in sittlicher Beziehung blank. (Leb­hafter Beifall.) Kriegsminister Bronsart v. Schelle ndorf versichert, er werde jederzeit bestimmt angegebene Vorfälle ernst prüfen und dem Reichstage darüber Auskunft geben. Ha mann (südd. Volksp.): Die Angaben Bebels über die Unsittlich­keit im Heere sollten den Konservativen Anlaß geben, nicht mehr wegwerfend über die Unsittlichkeit der unteren Klassen zu sprechen. Daß der Kriegsminister ! den Militäretat noch vor dem Reichstage vertritt, er-