Eine Versammlung von etwa 2000 Damenmäntel- Schneidermeistern und mehrererZwischenmeister beschloß gestern Abend Generalstreik, bis sich ihre Kommission mit der Unternehmerkommission über die Erhöhung der Löhne resp. den Preistarif geeinigt hat. 4 stark besuchte Versammlungen der Konsektionsarbeiter und Whterinnen beschlossen, bis zur vollständigen ^ Bewilligung ihrer Forderungen den Ausstand sortzusetzen und die prozentuale Lohnerhöhung sowie momentane Tarifbewilligung abzulehnen.
Ausländisches.
* In den Wiener Gemeinderats-Wahlkamps sind diesmal auch die Sozialdemokraten eingetreten. Die Sozialdemokraten setzen ihre Wahlversammlungen fort. Es ist ihnen darum zu thnn, die Antisemiten zu bekämpfen, um ihnen nicht die Herrschaft über die Massen zu überlassen. Zugleich wenden sich die Sozialdemokraten bei dieser Gelegenheit fleißig auch gegen die Liberalen, schon um dem Verdachte zu begegnen, daß sie mit ihrem Auftreten gegen die Antisemiten den Liberalen zu Gefallen handeln. Die Sozialdemokraten haben auch erklärt und als Losung ausgegeben, daß sie sich bei allensallsigen Stichwahlen zwischen Liberalen und Antisemiten der Wahl enthalten würden.
* St. Gallen. Einer Waisenbehörde im Kanton St.-Gallen lag jüngst für einen 17jährigen Lehrjungen ein Lehrvertrag zur Genehmigung vor, welcher that- sächlich als letzte Bedingung^ den Passus enthält: „Der Lehrling verspricht, während der Lehrzeit keine Hochzeit zu halten."
* Paris, 15. Febr. Die „Gazette de France" veröffentlicht eine Protest-Erklärung des Herzogs von Parma (Schwiegervater des Fürsten von Bulgarien), in welcher er unter Hinweis auf das Manifest des Fürsten Ferdinand seststellt, er, der Herzog von Parma, habe alles gethan, um die Apostasie des Prinzen Boris zu verhindern; er habe immer gehofft, dieses ihm so schmerzliche Ereignis werde nicht ein- treten, da er hinreichende Bürgschaften gehabt habe, die jeden Gedanken daran ausgeschlossen hätten.
* In der fr a nz ö sis ch e n D ep nt i ert en- kammcr fand am letzten Donnerstag eine äußerst bewegte Sitzung statt. Der Radikale Paris interpellierte über die jüngsten Zwischensülle wegen der Südbahnangelegenheit und griff dabei den Senat an unter lebhaften Protestrufen des Zentrums, während die äußerste Linke Beifall spendete. Präsident Brisson ersuchte wiederholt, den Redner nicht zu unterbrechen, war aber wegen des großen Lärmes ans der äußersten Linken nicht zu verstehen. Der Justiz- minister Ricard erklärte, die Kammer habe dem Kabinett den Auftrag gegeben, Aufhellung in die Südbahnaffaire zu bringen, was der Senat zu verhindern suche. Er rechtfertigt die Thätigkeit der Regierung und erklärt, die volle Verantwortlichkeit zu übernehmen. Er werde fortfahren in dem Bestreben, in die Angelegenheit Licht zu bringen. Nach langer erregter Debatte nahm alsdann die Deputeirtcnkammer mit 376 gegen 43 Stimmen eine von dem Ministerpräsidenten Bourgeois verlangte, ein Vertrauensvotum für die Regierung enthaltende Tagesordnung an, nachdem eine vom Zentrum eingcbrachte einfache
stärkten Maße, drängte sich ihm ans, als er seinen jungen Kollegen mit Doktor Lorenz bekannt machte. Elfterer behauptete mit der ihm eigenen gewinnenden Artigkeit, die Bekanntschaft des Herrn Doktors bereits vor Jahren gemacht zu haben, was dieser, seinem sonst liebenswürdigen Wesen entgegen, fast schroff in Abrede stellte und durchaus nicht die Hand bemerkte, die Walroden ihm freundlich hinhielt. Der Staatsanwalt war fast froh, als Fräulein Lunau sich in demselben Augenblick von den Herren verabschiedete. Ihre Pflicht als bescheidenes Mitglied des Künstler- Personals rufe sie, erklärte sie lächelnd.
In der That war die für die Pause festgesetzte Zeit verstrichen und der zweite Teil des Konzerts begann. Doktor Lorenz eröffnete denselben, doch wollte es seinen näheren Bekannten scheinen, als handhabe er den Bogen nicht mit gewöhnlicher Verve, sondern sei augenblicklich nicht recht bei der Sache. Dafür entschädigte Fräulein Lunau, die gleich nach ihm das Podium betrat, die Zuhörer reichlich. Sie hatte, zur Verwunderung des sie begleitenden Herrn, denselben noch im letzten. Augenblick um ein anderes Stück gebeten. Statt der vorher bestimmten Arie sang sie Uhlands Frühlingslied: „Die linden Lüfte sind erwacht !"
Sie sang es herrlich.
Wie Lerchenschlag jubelte durch den Saal:
„Nun muß sich alles, alles wenden."
„Wie köstlich das Lied für Fräulein Lnnaus Stimme liegt," hieß es im Saal, als sie geendet, „sie sang es entzückend!"
Tagesordnung mit 241 gegen 222 Stimmen abgelehnt worden war.
* St. Petersburg, 15. Febr. Die „Nowoje Wremia" bespricht die Anerkennung des Fürsten Ferdinand und sagt, diese scheine schnell vor sich zu gchen. Es erübrige nur die Zustimmung Englands, welches gegenwärtig kaum die versöhnliche Stimmung Rußlands gegenüber Bulgarien durchkreuzen werde. Das Blatt ist überzeugt, seitens Rußland werde in Sofia nichts gethan, was über den legalen durch große russische Opfer verdienten Einfluß hinausginge. Die „Nowostie" sagen gegenüber der Blättermeldung von dem Uebertritt des Fürsten Ferdinand selbst: Wir wissen nicht, wie weit diese Nachricht wahr ist. Wir glauben aber, bei der gegenwärtigen Lage der Dinge wäre ein solcher Entschluß des Fürsten Ferdinand durchaus folgerichtig. Es wäre Bulgarien lieb, seinen Regenten selbst eines Glaubens mit sich zu wissen, um so mehr, als die römische Curie eine ziemlich feindliche Stellung gegen den Fürsten Ferdinand einnehme.
* Sofia, 14. Febr. Die Feierlichkeit der Ausnahme des Prinzen Boris in die orthodoxe Kirche ist heute unter großem Jubel des Volks vor sich gegangen.
* Sofia, 14. Febr. Die Sobranje hat beschlossen , unter dem Titel „Nationalgeschenk für den Prinzen Boris" 500 000 Frs. bei der Nationalbank bis zur Großjährigkeit desPrinzen zinstragend anzulegen.
* In der serbischen Skupschtina wurde ein Ükas verlesen, durch welchen die Regierung ermächtigt wird, eine Vorlage betreffend die Revision der Verfassung einzubringen.
* Madrid. Eine großartige Meteor - Erschei- j nung fand dieser Tage hier statt, dieselbe trat ! genau um 9 Uhr 29 Min. 30 Sek. vormittags ein. j Es war bei ganz Hellem Wetter und prächtigem > Sonnenschein, als man Plötzlich hoch über der Stadt ' etwas wie einen Blitz sah, dem ein furchtbares, langanhaltendes Krachen folgte. Zugleich nahm man eine Erschütterung wahr, die sich namentlich in den oberen Stockwerken der Häuser fühlbar machte. Gleichzeitig erblickte man in der Höhe eine leichte bläuliche Wolke, die erst nach einer halben Stunde allmählich verschwand. In der Stadt entstand eine große Panik; insbesondere war auch bei den Tieren der Schrecken bemerkbar. In der großen Tabakfabrik glaubten die Arbeiter an ein Erdbeben: sie retteten sich auf eine große Stiege und drängten sich da zusammen, daß die Stiege brach ; 27 Arbeiter wurden dabei verletzt, von denen einer im Sterben liegt. In den Schulen ergriffen die Kinder eiligst die Flucht; mehrere davon wurden verletzt. Viele Läden wurden geschlossen. Im Justizpalast dachte man sofort an eine verbrecherische Explosion, erfuhr aber bald, daß es sich um etwas Höheres handle. Ebenso groß war die Panik in den Kirchen, Spitälern und Kasernen. Vielfach wurde bemerkt, daß in dem Augenblick, als der Meteor platzte, die elektrischen Lichter, die in Kellern und anderen dunklen Räumen brannten, plötzlich ausgingen und dann sich von selbst wieder entzündeten. Der Donner der Explosion wurde bis nach Saragossa, 241 Kilometer von Madrid, vernommen; gesehen wurde das Meteor auch in Toledo, Aranjuez und anderen Orten der Umgebung.
> * General Wepler hat aus Cuba zwei sehr
energische Erlasse veröffentlicht, deren einer die Machtvollkommenheiten der Richter und Behörden genau feststellt, der andere der militärischen Gerichtsbarkeit ein weiteres Gebiet einräumt, welches auch gewisse politische Vergehen umfaßt. Für diejenigen, welche fortfahren, neutral zu bleiben und die Regierung nicht thatkräftig unterstützen, soll das fernere Verbleiben im Lande nicht gestattet sein. Feiglinge und Unthätige sollen in den Städten bewacht werden. Die Wälder sollen in Brand gesteckt werden, um die Insurgenten aus ihren Schlupfwinkeln zu treiben — kurz, die äußerste angespornte Thätigkeit soll entwickelt werden.
* New-Io-rk, 31. Jan. Ein höchst raffinierter Schwindel wurde kürzlich hier verübt. Eine hochelegante Dame kaufte in einem vornehmen Geschäfte einen Robbenmantel für 300 Doll, und gab zur Be-
j Zahlung einen Check von 1000 Doll, aus ein nahe- ! gelegenes Bankhaus. Schnell wurde ein Lehrling l nach dem Bankhaus gesandt, anzufragen, ob der Check f gut sei. Als die Dame von dieser stillen Erkundigung ! hörte, wurde sie höchst erbittert, sie wolle mit einem ! solchen plebejischen Geschäfte nichts mehr zu thnn haben. Der Lehrling kam zurück und sagte, der Check sei gut. Die entrüstete Dame nahm den Check wieder an sich, ließ den Mantel liegen und ging fort. Nach einer Viertelstunde kehrte sie zurück und erklärte, der Mantel sei doch zu schön; übrigens habe sie sich von ihren Gefühlen wohl zu weit fortreißen lassen. Sie bekam den Mantel und aus den Check 700 Dollar heraus. Als aber der Check jetzt im Bankhause eingelöst werden sollte, wurde die Annahme verweigert, da die unbekannte Dame inzwischen — ihr ganzes Geld von dem Bankhause abgehoben hatte.
Handel und Verkehr.
* Freudenstadt, 15. Febr. Nach der nunmehr aufgestellten Bilanz der hiesigen Gewerbebank eingetragene Genossenschaft m. u. H. pro 31. Dezember 1895 hatte dieselbe einen Gesamtumsatz von 7,607,001 Mark 29 Pfg. Der Reservesond beziffert sich auf 30000 Mk., der Spezialreservefond auf 30,610 Mk. Die Zahl der Mitglieder erhöhte sich von 1048 auf 1089.
BeiantmorlNcher Redakteur: W- Rieker, Altensteig.
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Auch Werner mußte beistimmen. Tief im Herzen dachte er: „Es war der innere Jubel, der sich nach dem Wiedersehen Walrodens Bahn brach!"
Er hatte recht, der junge Arzt, nur war er über den Gegenstand dieses inneren Jubels sehr im unklären.
13.
Regierungsrat Walroden war bereits zwei Monate ! in B. und der erklärte Liebling aller Salons, die Schwärmerei aller jungen Damen, vom Backfischchen bis zur gereiften Schönbeit, die Hoffnung aller mit j heiratsfähigen Töchtern gesegneten Mütter. Aber seine Bekanntschaft mit Eva Lunau, der gefeiertsten Schönheit der Stadt, war noch um keinen Schritt weiter gediehen, als an jenem ersten Abende. Die junge Dame wich ihm nicht aus; sie sprach höflich mit ihm, wie mit jedem andern, und doch war diese gleichgültige Artigkeit, diese ruhige Heiterkeit für ihn bestimmend, jede noch so leise Vertraulichkeit, jede Erinnerung an die Vergangenheit fernzuhalten.
Er hatte, als ihn die Versetzung nach B. traf, Eva fast vergessen. Ja, schon an der Seite seiner vornehmen, blassen Braut hatte er ihrer selten gedacht, und als die Tochter des Präsidenten gestorben und ec Eva die einst versprochene Treue nun doch noch hätte halten können, da war ihr Bild in seinem Herzen fast verblaßt. Tauchte es auch noch in seltenen Augenblicken darin auf, dann wußte sein Egoismus ihm beschwichtigend znznflüstcrn, daß das kleine Mädchen ihm, dem nach hohem Ziele Strebenden, doch nur erschwerender Ballast geworden wäre. Vielleicht hatte
sie auch schon längst Ersatz für den zerstörten Jugendtraum gefunden.
Um so überraschender war ihm daher der Bericht des Staatsanwalts gewesen. Eva, das bescheidene Rosenknöspcheu, die vor kaum zwei Jahren wonnetrunken seinen Liebeständeleien gelauscht, die erste Schönheit und die reichste Partie, das war pikant, verblüffend! Trotzdem war Walroden in der ersten Zeit seines Aufenthalts in B. keineswegs die Versuchung gekommen, seine alte Macht auf Evas Herz aufs neue zu erproben. Erst Evas sich stets gleich bleibende Gleichgültigkeit ihm gegenüber reizte den von den Frauen von jeher verwöhnten eitlen Mann und stachelte fein Interesse für das schöne Mädchen immer mehr.
„Und sie liebt mich doch!" sagte er sich, wenn der Gegenstand seiner Wünsche ihm wieder so unnahbar gegenübergestanden.
„Sie liebt mich doch; nur ist sie klüger geworden. Man wird dieses süße Entgegenkommen, dieses Siegen ohne vorhergegangenen Kampf herzlich satt, Md schon der Neuheit wegen gefällt mir diese Unnahbarkeit, gleichviel, ob sie wirklich empfunden oder nur Mit gespielt ist. Mag die Kleine ihre Rolle ruhig ein wenig weiter spielen, ich weiß ja doch, wie es in dem Herzchen ausschaut und daß sie mein wird, wenn ich es ernstlich will."
(Fortsetzung folgt.)
Auflösung d«S Rätsels in voriger Nummer: Mündchen — München.
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