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Dienstag, 18. Ieorrmr
1896.
Gestorben: Witwe Berger zur Sonne in Besenfeld; Karl Greuling, Privatier, Cannstatt.
D Die Krisis in Frankreich.
Im französischen Senat hatte dieser Tage das Kabinett Bourgeois eine Niederlage erlitten. Das will indessen nicht viel besagen, denn das Minister» stürzen ist in parlamentarisch regierten Ländern nicht Sache der Senatoren, sondern der Deputierten. So auch in Frankreich. Herrn Bourgeois hätte es daher ziemlich gleichgiltig sein können, ob der Senat für oder gegen ihn ist, wenn er nur die Depntierten- kammer hinter sich weiß. Und diese hat ihm ein volles Vertrauensvotum erteilt, indem sie sich mit 346 gegen 43 Stimmen für ihn und sein Kabinett aussprach.
Trotzdem ist aber die neueste französische Krisis noch nicht beendet; ini Gegenteil, sie ist durch den Konflikt, der nun zwischen Kammer und Senat besteht, nur verschlimmert und der Senat ist in solchem Falle der stärkere Teil: er kann die Deputiertenkammer auflösen, wenn er mit der Regierung einig ist; nicht umgekehrt, die Deputiertenkammer ihn. Die sozialdemokratische „Petit Republique" bemerkt, daß es von einem solchen Konflikt nur eine revolutionäre Lösung gebe, und darin hat sie recht. Regierung und Unterhaus aber sind ohnmächtig gegen das Oberhaus, das sich nur vor der rohen Gewalt eines Staatsstreiches oder einer Meuterei zu fügen braucht. Das sozialistische Blatt ist mindestens unklug, wenn es sich iiber eine solche Lage freut, denn die Republik läuft in dem Abenteuer, das ihr bevorsteht, ernste Gefahr.
Der Anlaß, aus welchem der Konflikt ausbrach, ist folgender: Der Justizminister Ricard hatte dem Untersuchungsrichter Rempler, der die ihm anvertraute Südbahn-Affäre säumig behandelte, die Sache wieder abgenommen und sie dem Richter Le Poittevin übertragen, der indes noch nicht als Untersuchungsrichter formell eingesetzt war. Dies war ein Formfehler, den das Justizministerium leicht hätte vermeiden können. Es hätte nur das Ernennuugsdekret für Le Poittenin eine Woche früher vom Präsidenten unterzeichnen lassen sollen. Indes suchten die gemäßigten Republikaner, die bei der Südbahn-Asfüre kein ganz gutes Gewissen zu haben scheinen, dem Minister etwas am Zeuge zu flicken, und da es den Deputierten dieser Partei an Mut fehlte, die Regierung anzugreisen, ging der Angriff vom Senat aus.
Ricard verteidigte sich so gut er konnte. Eine Abweichung von der formellen Regel mußte er freilich gestehen, doch berief er sich aus zahlreiche früher vorgekommene Fälle, die in der That existieren. Vor allem beteuerte er seinen guten Glauben, und hierbei stand ihm der Ministerpräsident Bourgeois zur Seite, der wiederholt ausrief: „Wir sind ehrliche Leute und wollen uns nicht verdächtigen lassen." Die Senatoren aber lachten höhnisch und meinten, das Ministerium habe mit seiner willkürlichen Strafrechtspflege politische Ziele verfolgt; der Südbahn-Prozeß werde nicht zn Ehren der Gerechtigkeit, sondern zu Zwecken der Parteirache geführt. Mit 161 gegen 67 Stimmen sprachen sie ihren Tadel gegen die Regierung aus.
Ganz gegen Bourgeois' Wunsch kam die An gelegenheit in der Kammer zur Sprache. Nach erregter Debatte mit scharfen Ausfällen gegen den Senat wurden vier Vorschläge zur Tagesordnung eingereicht, die alle das Vertrauen zur Regierung aussprachen. Die Mittelgruppen dagegen, unter denen sich die Südbahn-Mitschuldigen selbst befinden, beantragten einfachen Uebergang zur Tagesordnung. Daraus bestieg Bourgeois die Tribüne und sagte: „Die Anklagen gegen den Justizminister sind widerlegt; diejeuuzeu, welche ihnen Gehör geschenkt haben, bedauern gewiß ihre Leichtgläubigkeit selbst am meisten. Das ganze Ministerium steht solidarisch zum Justizminister. Die Kammer muß erklären, ob sie die Regierung für fähig hält, Politik vor Recht gehen zu lassen. (Stimmen rechts: Ja! Lärmender Protest
links.) Die Kammer entscheide, ob die eingeleiteten Untersuchungen durckigeführt werden sollen. Diejenigen, welche von der Untersuchung betroffen sind, müssen wünschen, daß bald Licht geschaffen werde." Jules Roche: „Baldmöglichst!" Rouvier ruft wütend: „Aber unerträglich ist, daß neuer Verdacht auf diejenigen geworfen wird, die vom Gericht schon freigesprochen sind." Bourgeois wirft Rouvier einen verachtenden Blick zu und fährt fort: „Wir fordern ein klares Vertrauensvotum; die einfache Tagesordnung würden wir als einen Beweis des Mißtrauens auffassen."
Das Vertrauensvotum wurde, wie schon gesagt, mit großer Majorität erteilt. Die fortbestehende Krisis beruht in der Forderung der Radikalen und Sozialisten, den Senat abzuschaffen, was sich auf konstitutionellem Wege eben nicht bewerkstelligen läßt.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 13. Febr. Der Reichstag beriet heute den Etat des Auswärtigen Amtes. Abg. H ammach er (natl.) erklärt: Die Nationalliberalen begrüßen die Erklärung des Frhrn. v. Marschall, daß in der gegenwärtigen Session eine Vorlage über eine Flottenvermehrung nicht gemacht werde. Die Nationalliberalen werden eine eventuelle Vorlage seiner Zeit mit dem nötigen Patriotismus und nüchterner Erwägung prüfen. In der Transvaalangelegenheit habe das Auswärtige Amt die Rechte Deutschlands energisch und umsichtig gewahrt, dafür schulde ihm der Reichstag aufrichtigen Dank. (Lebhafter Beifall.) Das Telegramm des Kaisers an den Präsidenten Krüger entsprach den deutschen Gefühlen, wir waren alle stolz darauf und müssen jede Kritik dieser Kundgebung als unberechtigt zurückweisen. — Frhr. v. Marsch all erklärt: Unser Handelsvertrag mit Transvaal bildet eine unanfechtbare Grundlage für unsere Beziehungen. Wir haben die Meistbegünstigung und brauchen hinter keinem Staat, auch nicht hinter England zurückzutreten. (Beifall.) Was geschehen ist, liegt klar vor Aller Augen. Wir wollen die Erhaltung des status guo und unsere legitimen Rechte schützen. Wenn man aber englischerseits die selbständigen Staatsgebiete beseitigen und zu einem Staatsgebilde zusammenschließen wolle, so erblicken wir hierin eine schwere Schädigung unserer Interessen. Wir wollen uns nicht immer in die Politik Transvaals einmischen. Der Einfall in Transvaal war objektiv völkerrechtswidrig, er bedrohte unsere Interessen. Wir hatten daher das Recht und die Pflicht einzuschreiten. Davon, daß unsere Intervention angerufen worden sei, ist mir nichts bekannt. Die englische Regierung trifft aber keine Verantwortung; dieselbe handelte mit voller Umsicht und Energie. Der Einfall Jamesons sollte das Signal sein für eine Revolution in Johannesburg. Hiedurch wurden die Deutschen gefährdet und unsere Weisung, ein Landungskorps des „Seeadler" bereit zu halten, nötig. Man hat uns vorgeworfen, Agents Provokateurs gewesen zu sein. Man hat behauptet, wir hätten das Mißlingen des Zuges Jamesons beklagt, weil er unsere schwarzen Pläne gegen die Boeren auszuführen uns gehindert habe. (Heiterkeit.) Wer ernstlich solche Dinge behauptet, beweist seine volle Unbekanntschaft mit deutscher Art und Sitte. (Beifall.) Eine Politik, die solche Wege ginge, würde von dem Unwillen der deutschen Nation alsbald weggefegt. (Lebhafter Beifall.) Wir achten die fremden Rechte: diese Achtung ist aber begründet auf Gegenseitigkeit. Die Empfindlichkeit des einen Teils geht Hand in Hand mit der des andern. (Beifall.) Die englische öffentliche Meinung darf nicht allzu empfindlich sein, wenn wir das Gleiche thun wie sie, nämlich mit Freimut sagen was wir denken und fühlen und dem Empfinden der ganzen deutschen Nation Ausdruck geben. (Heiterkeit, lebhafter, nochmals sich wiederholender Beifall.) — Abg. Dr. Lieber (Zentr.) spricht dem Staatssekretär Frhrn. v. Marschall im
Namen des Zentrums sein Vertrauen aus. Wir wünschen gute Beziehungen zu England, aber nicht auf Kosten des Ansehens Deutschlands. Das Zentrum wünscht ferner, auf eine Flottenvermebrung gegenwärtig nicht einzugehen. — Frhr. v. Manteuffel (kons.) begrüßt es namens der konservativen Partei, daß die Regierung nicht ein Haar breit von der Deutschen Ehre abgewichen sei. — v. Kardorf (Reichsp.) schließt sich namens seiner Partei den Ausführungen des Vorredners an. — Richter (freis. Vp.) spricht seine Freude darüber aus, daß die Eventualität einer Landung deutscher Marinetruppen nicht eingetreten sei. Das Telegramm drücke die Sympathien aus, die in weitesten Kreisen des' deutschen Volkes für Transvaal bestehen. Es sei aber nicht wünschenswert, daß derartige monarchische Kundgebungen zu einer ständigen Einrichtung werden möchten. Die großen Gesamtinteressen in Europa seien die beste Friedensbürgschaft. Redner wendet sich schließlich gegen die Flottenvermehrung. — Abg. Bebel (Soz.) meint, in der Transvaalfrage habe die deutsche Regierung durchaus korrekt gehandelt. (Bewegung.) Das kaiserliche Telegramm sei aber eine indirekte Anreizung Englands, die hätte man Frankreich oder Rußland gegenüber nicht gewagt. (Große Unruhe und Widerspruch.) Deutschlands Verhalten in Ostasien nach dem chinesisch-japanischen Krieg verschuldete unser kühles Verhältnis zu England. Wir befinden uns jetzt gewissermaßen im Schlepptau Rußlands, wir sollten uns vielmehr England anfchließen. Wir müssen unsere Politik auf gute leistungsfähige Freundschaft einrichten. Oesterreich und Italien sind nicht leistungsfähig, aber England und Deutschland vereint sind unüberwindlich. — Abg. C. Haußmann (südd. Vp.) konstatiert, daß alle Parteien die Haltung der Regierung in der Transvaalfrage anerkennen. Redner spricht sich gegen Bebel aus und befürwortet gleichzeitig dringend ein freundschaftliches Verhältnis mit England. — Liebermann v. Sonnenberg bemerkt, Bebels Ausführungen hätten für ihn nur ein pathologisches Interesse. Wir alle haben das Telegramm des Kaisers mit Begeisterung gelesen, es war der Ausdruck des gesamten Volksgefühls. Damit schließt die Diskussion. Der Titel „Besoldung des Staatssekretärs" wird genehmigt.
* Berlin, 14. Febr. Der Reichstag setzt heute die Beratung des Etats des Auswärtigen Amtes fort. Abg. Schmidt-Marburg ist darüber erfreut, daß die verbündeten Regierungen sich in der Budgetkommission bereit erklärten, die Interessen der deutschen Gläubiger Griechenlands zu schützen; dies werde mit umso größerem Nachdrucke geschehen, je stärker die Rechtsverletzung war. — Bebel rügt, daß der deutsche Botschafter in Wien bei den sehr wichtigen Ereignissen im Orient nicht auf seinem Posten war und bittet, den Gehalt des Botschafters abzulehnen. — Frhr. v. Marschall weist die Kritik Bebels als unberechtigt zurück. Bei anderweitiger Verwendung des Botschafters sei für eine ordnungsgemäße Vertretung desselben gesorgt. — Richter sieht die Kritik nicht als vollkommen unberechtigt an. — Iebsen (nat.-lib.) bittet die Regierung zur Hebung der deutschen Schiffahrt auf eine Ermäßigung der Konsular- und Schiffsgebühren hinzuwirken. — Geheimrat Reichardt weistauf die Enquete betr. des Studiums der Schiffsverhältnisse sämtlicher Nationen hin. Nach Eingang des Materials soll eine Revision der Schiffs- und Konsulargebühren erfolgen. — Auf eine Anfrage Richters führt Frhr. v. Marschall aus, unsere zollpolitischen Verhältnisse mit Spanien hätten sich bisher nicht geändert. Der Etat des Auswärtigen Amtes wird hierauf genehmigt. Das Haus geht über zur Beratung des Militäretats. — Abg. Weiß (freis. Volksp.) richtet an den Minister die Anfrage, ob es angängig wäre, daß auch denjenigen Lehrern, welche den Vermögensnachweis nicht führen können, und daher in einer Kaserne wohnen müssen, das Recht des einjährig-freiwilligen Dienstes