olgen wird, die Bevollmächtigten zum Bundesrate und die Mitglieder des Reichstages sowie alle diejenigen Ueberlebenden eingeladen werden, welche in jener großen Zeit dem Bundesrate und dem Reichstag angehört haben oder sonst bei der Wiederansrich- tung des deutschen Reiches in hervorragender Weise beteiligt waren. Wie die kaiserliche Ordre bestimmt, soll der Feierlichkeit ein Gottesdienst in der Schloß- kapellc und in der St. Hedwigskirche vorangehen.
* (Zum Fall Hammerstein.) Wie bei sensationellen Fällen stets üblich, sind auch aus Anlaß der Verhaftung des früheren Chefredakteurs der Kreuzzeitung und Reichstagsabgeordneten Frhr. v. Hammerstein eine Masse von Nachrichten verbreitet, die der Wahrheit nicht entsprechen. Vor allem steht es sest, daß Hammerstein aus Athen, wo er sich seit einiger Zeit aushielt, nicht als Anarchist ausgewiesen ist, sondern weil der griechischen Regierung die von ihm unter dem Pseudonym William Herbert an deutsche Zeitungen gelieferten Aufsätze über griechische Zustände nicht paßten. Da bei Hammerstein kaum für hundert Mark bares Geld gefunden wurde, als er bei der Ankunft in Italien verhaftet wurde, so ist klar, auch schon seine Mitarbeiterschaft für deutsche Zeitungen beweist das, daß er nicht viel Geld ans seine Flucht mitgenommen hat lind auch von Deutschland aus keine oder jedenfalls nicht sehr bedeutende HilsfondS erhalten hat. Im Gefängnis zu Brindisi dürfte Hammerftein kaum eine Woche verbleiben, da die Anöliefernngsverhand lungen zwischen Rom und Berlin keinerlei Hindernisse haben. Nach dem Abschluß steht der Ueberführung nach Deutschland, die vielleicht an Bord eines Dampfers erfolgt, nichts mehr im Wege. Flucht des Verhafteten befürchtet man auch weniger, als Selbstmord.
Kindisches.
* Der Schweizer Polizeihauptmann Fischer, der bekanntlich s. Z. den deutschen Sozialdemokraten amtliches Material über die Thätigkeit deutscher Polizeiagenten in der Schweiz geliefert hat, war kürzlich wegen Verletzung von Amtspflichten verhaftet worden. Wie die „Magdeb. Ztg." meldet, hat jetzt der Regierungsrat die sofortige Freilassung Fischers gegen eine Kaution von 10000 Frank verfügt.
"Paris, 2. Jan. Die Neujahrsgratulation und Neujahrsansprachen im Elyseepalaste Verliesen in der üblichen friedfertigen und höflichen Form. In der Neujahrsnacht war der Kirchenbesuch in Paris sehr zahlreich, zahlreich auch die Menge der Angeheiterten. Um Politik und ernste Dinge hat man sich an der Seine vielleicht nie weniger Sorgen gemacht, als jetzt. Der ehemalige Polizist Vitrac, von welchem die letzten Enthüllungen über den Panamaskandel herrühren, hat sich der vom Staatsanwalt verordneten Verhaftung durch die Flucht entzogen. — Die Rückblicke der Journale auf das letzte Jahr lauten ganz entgegen der sonstigen französischen Manier sehr kleinlaut. Sie konstatieren den geringen Nutzen, den Frankreich aus dem Bündnis mit Rußland hat, die wachsende Unbeliebtheit des Parlamentarismus, die steigende Schwierigkeit der Finanzen, die beim Madagaskarfeldzug in erschreckender Weise zu Tage getretene Unfähigkeit der Verwaltung und das traurige Umsichgreifen der Ver
leumdungsseuche. Erkenntnis des Bösen ist freilich in Frankreich noch/lange kein Anfang zur Besserung.
* Die „Pol. Corr." meldet aus Petersburg: Obwohl die öffentliche Meinung Rußlands sich mehr den Ver. Staaten zuneige, könne die russische Regierung Clevelands Berufung aus die Monroe-Lehre, die auch Rußlands Interessen abträglich sei, keineswegs anerkennen. Auch mischten sich die Ver. Staaten zu stark in außeramerikanische Angelegenheiten, wie den chinesisch-japanischen Krieg und die türkischen Wirren, als daß sie berechtigt wären, von europäischen Staaten strenge Beachtung der Monroe-Lehre zu fordern. Die russische Regierung verhalte sich daher völlig neutral.
* In den jüngsten Tagen hat eine hervorragende Bekennerin des Frauenstudiums an der medizinischen Fakultät von Lissabon Prüfung abgelegt. Königin Amalia von Portugal hat vorige Woche den zweiten Jahrgang des medizinischen Studiums abgeschlossen und stellte sich der Prüfungskommission. Sie gab aus die ihr gestellten Fragen so vortrefflich Antwort, daß nach der Prüfung die gesamten Professoren vor ihre hochgeborene und zugleich schönste Hörerin hintraten, um sie zu beglückwünschen. Die Königin wird noch durch zwei Jahre die Vorträge an der medizinischen Fakultät besuchen, um dann das Doktordiplom zu erlangen. Die junge und schöne Königsfrau hat rein aus Liebe zur Wissenschaft diese Studien unternommen.
* Madrid, 31. Dezember. Nach einer amtlichen Depesche aus Cuba setzen die spanischen Truppen unter den Generalen Baldes und Navarro die Verfolgung der Insurgenten fort, deren Rückzug aus der Provinz Matanza sich bestätigt. Mehrere Gefechte verliefen günstig für die Spanier. Der Verlust der Insurgenten in den letzten Tagen wird auf 1600 Mann geschätzt.
* Erz er um, 30. Dezbr. Der armenische Bischof ist heute auf Befehl der Regierung verhaftet und nach Konstantinopel befördert worden. Es wird ihm ein Wohnsitz in Jerusalem angewiesen werden. Die Behörden hatten Maßregeln ergriffen, um zu verhindern, daß aus Anlaß dieser Verhaftung Unruhen entständen. Abgesehen von einem kurzen Schrecken ist die Stadt ruhig geblieben. Der Bischof wird von den Behörden als der Führer der aufständischen Bewegung betrachtet.
* Ein Krieg zwischen England und Amerika wird mehr und mehr für unwahrscheinlich angesehen. In den amtlichen Kreisen hüben und drüben befleißigt man sich einer löblichen und wohlthätigen Rückhaltung und schont die großen Worte. Der Jahresabschluß mag England veranlaßt haben, manche seiner Forderungen in allen fünf Weltteilen als unsicher abzuschreiben: zu neuen Engagements verlockt die Situation das Kabinett Salisbury gewiß nicht. In d?- Union beschäftigt die Finanzfrage Land und Reck mip Die Einhelligkeit sämtlicher Faktoren, die sie'' gegen c der äußeren Politik einmal kundgegeben hat
! schnell vergessen worden, und England wird si ^ den Patriotismus der Amerikaner noch einmal ...
* Zu der Nachricht, daß Präsident Krüger ^n den deutschen und französischen Konsul um r..cker- stützung gewendet habe, sagt die „Times": „Wir werden in Transvaal keine fremde Intervention in irgend welcher Form zulassen.
* Pretoria, 31. Dezbr. Eine 800 Mann starke bewaffnete Bande der Britisch-Südafrikanischen Chartered Company (deren Leiter Cecil Rhodes, der Premierminister der Kap-Kolonie ist) drang mit 6 Maximgeschützen und anderen Kanonen in Transvaal ein. Die Bande befindet sich bereits nahe bei Rusten- burg und scheint auf Johannesburg Vordringen zu wollen. Präsident Krüger befahl sofort, das Weiterdringen der Aufrührer mit Waffengewalt zu verhindern. Er erläßt einen Aufruf zur Landesverteidigung an alle Bürger. Ein bewaffneter Zusammenstoß scheint unvermeidlich.
Handel und Verkehr.
* Stuttgart, 30. Dez. (Landesproduktenbörse.) Wir notieren per lOO Kilogr.: Weizen, Gyrka lk M. 25 Pf. bis 16 M. 50 Pf., Azima 16 M. 50 Pf. bis 16 M. 75 Pf., Laplata 16 M. 75 Pf. bis 17 M. Rumän. 16 M. 50 Pf. bis 17 M. 25 Pf.. 1a. 17 M. 50 Pf., Ulka 17 M. 30 Pf., Eupatoria 16 M„ Kernen Oberländer In. 17. M. 90 Pf., Land 17 M. 25 Pf., Roggen Rumän. 14 M. 50 Pf. bis 14 M. 75 P., russ, 14 M. 50 Pf., Ia. 15 M., Gerste Tauber 18 M. 75 Pf., Haber Land 12 M. 40 Pf.. Alb la. 13 M. 60 Pf. bis 13 M. 70 Pf., Mais Laplata 11 M. 25 Pf. bis 11 M. 50 Pf., Mixed 11 M. 50 Pf., weiß amerik. 11 M. 50 Pf. bis 11 M. 75 Pf. Mehlpreise Pr. 100 Kilogr. inkl. Sack: Suppengries: 28 M. 50 Pf. Mehl Nr. 0: 27 M. 50 Pf. ' bis 28 M. 50 Pf., dto. Nr. 1: 25 M. 50 Pf. bis 26 M. 50 Pf., dto. Nr, 2 24 M. bis 25 M., dto. Nr. 3: 22 M. 50 Pf. bis 23 M., dto. Nco. 4: 20 M. 50 Pf. bis 21 M. Kleie mit Sack 7 M. 80 Pf. pr. 100 Kilo je nach Qualität.
* Donaueschingen, 28. Dez. (Weihnachtsmarkt.) Auf dem heutigen Vieh- und Schweinemarkt waren 201 Stück Rindvieh, 53 Läufer- und 330 Milchschweine aufgeführt. Ochsen galten 200 bis 500 Mk. Kühe kosteten 200—490 Mk., Kalbinnen wurden mit 200—500 Mk. bezahlt. Rinder fanden zu 80 bis 190 Mk. Absatz. Für Stiere stellten sich die Preise auf 90—180 Mk. Während demnach der Erlös für Rindvieh noch befriedigen konnte, war dies beim Schweinehandel wieder nicht der Fall; denn Milchschweine mußten zu 6—18 Mk. und Läufer zu 18 bis 36 Mk. losgeschlagen werden.
* (Pariert.) Gatte (Jägerianer): „Ekelt es dich denn nicht, das Haar eines anderen Menschen zu tragen?" — Gattin: „Sehr gut! Trägst du denn nicht die Wolle eines anderen Schafes?"
Verantwortlicher Redakteur: W. Kieker, Altensteig.
Verfälschte schwarze Leide.
Man verbrenne ein Müsterchen des Stoffes, von dem man kaufen will, und die etwaige Verfälschung tritt sofort zu Tage: echte rein gefärbte Seide kränkelt sofort zui i n nm. verloscht bald und hinterläßt wenig Asche von ganz hellbräunlicher Farbe. — Verfälschte Seide (die leicht speckig wird und bricht) brennt langsam fort, namentlich glimmen di« „Schußfäden" weiter (wenn sehr mit Farbstoff erschwert), und hinterlaßt eine dunkelbraune Asche, die sich im Gegensatz zur ächten L-eide nicht kräuselt, sondern krümmt. Zerdrückt man die Asche der ächten Seide, so zerstäubt sie, die der verfälschten nicht. Die Seiden-Fabrik G. Henneberg (k. u. k. Hofiief.), Zürich versendet gern Muster von ihren echten Seidenstoffen an Jedermann und liefert einzelne Roben und ganze Stücke porto- und steuerfrei in die Wohnung.
Lull fehlt, soll ein Platz hier im Kontor für ihn bereit sein."
„Ich will es ausrichten; doch nun lebe wohl, Papa! Es dunkelt bereits: wir müssen heim."
„Lebe wohl," erwiderte der Angeredete und reichte ihm die Hand. „Grüße mir Elsa, es thnt mir leid, sie heute nicht sehen zu können."
Der junge Mann verließ das Gemach ernst und sinnend. Die Worte des Mannes da drinnen, die offenbar aus einem sorgcngeguältcn Herzen gekommen waren, klangeil ihm in den Ohren wieder. War auch in seinem Hanse das Glück, hatte er je versucht, es dort zu finden? Diese Frage fiel ihm schwer aus das sonst so leichtlebige Herz und zwang ihn zum Nachdenken über sich selbst.
Kurt, der ihm im Korridor begegnete, entriß ihn für kurze Zeit diesen Gedanken und erinnerte ihn an den Auftrag, den er für denselben hatte. Er wiederholte des Kommerzienrats Worte, bekam aber zur Antwort ein schallendes Gelächter. „In die Strafanstalt zum alten Schwarz soll ich oder ins Kontor? Köstliche Alternative. Und mit welcher Philistermiene du mir das vortrügst, Max, während du dich doch ebenso darüber amüsierst, wie ich!"
-„Du könntest dich wohl irren, Kurt. Ich bin ganz^der Meinung deines Vaters und rate dir, dich seinen Wünschen zu fügen und keine neue Sorgen zu denen, die er schon reichlich zu haben scheint, zu fügen."
Kurt schaute seinen Schwager von oben bis unten spöttisch an. „Schau, schau, der Wolf im Schafs-
! kleide! Nur schade, daß ich dein wahres Gesicht zu ! gut kenne, Verehrtester! Du rätst mir also als gehorsames Kind der Rute zu folgen, aber einen Ausweg scheinst du ganz vergessen zu haben, dessen doch gerade du dich lebhaft erinnern solltest. Oder denkst du vielleicht, mir würde es nicht auch gelingen, ein Goldfischchen zu angeln, wenn ich ihm als Köder den goldenen Reis hinhalte?"
Er lachte höhnisch aus, während sich das Gesicht des Barons mit dunkler Röte bedeckte und seine Hand sich ballte. Aber, hatte er nicht recht? Mar er wirklich bisher um vieles besser gewesen als Kurt? Mit kühlem Gruß und ohne eine Antwort verließ er seinen Schwager und bald darauf in Begleitung seiner Frau das Haus.
Nicht lange daraus ging auch Kurt, dem die Lust im Elternhause doch wohl nicht recht behagte, ans, und als er dann nach kurzer Zeit heimkehrte, erklärte er hastig der Mutter, in einer Viertelstunde mit dem Abendzuge abreisen zu wollen. Er sehe ein, vom Vater sei nichts zu hoffen, da wolle er sich doch lieber von Freunden Rat schaffen. Frau Hermine atmete, trotz aller Liebe für den Sohn, bei diesem Entschlüsse desselben doch erleichtert auf, und nach flüchtigem Abschied verließ Kurt das Haus, nicht ohne daß seine Mutter ihre Börse in die Tasche seines Paletots geschoben und ihm mit dem Hinweis auf Peter Bolz Vermächtnis Mut eingesprochen hätte.
(Fortsetzung folgt.)
Fester Grund.
Lerne Weisheit! Ji des Lebens Krone Fehlte sonst der schönste Edelst.in;
Keine Mühe, keine Kräfte schone,
Nur die Arbeit lührr zur Weisheit ein.
Bleibe treu der Tugend! Ohne Tilgend Ist der Weise immer nur ein Thor;
Ihre Keime pflege in der Jugend,
Herrlich sproßt dann einst der Baum hervor!
Halte fest am Glaubei! Weise irren,
Auch die hochgcpries'ne Tugend fehlt;
Nur der Glaube führt durch alle Wirren, Nur di« Gläubigen sind auserwählt!
Rätsel.
Me n erstes ist b i den Musen, —
Beim Kartenspiel ist's auch,
ES ist in diesem Jahrhundert Und auch im nächsten der Brauch.
Mein zweites, mir t du sagen,
Trifft irgend dich ein Schmerz.
Mein drittes bringt jeder Morgen Versteh' nur recht den Scherz.
Mein Zweit und Drittes hast du.
Dir lrcht des Lebens Pracht,
Verlorst du's AUerärmper,
Du irrst in dunkler Nacht!
Mein ganzes hat die letzten,
Doch nicht in der Ersten Zahl,
Es ist ein niedlich Fischlein Und freuet dich beim Mahl.
Auslosung des Rätsel« folgt in nächster Nummer.