Prinzen Ferdinand von Bulgarien wegen des unbeugsamen Widerstandes des Papstes gegen die Um« tanfnng des Prinzen Boris.
* Paris, 22. Nov. Der Finanzminister ermächtigte den Syndikus der Börsenmakler, zu erklären, die orientalische Frage brauche die Geschäftswelt nicht zu beunruhigen.
* In England beschäftigt man sich schon mit Plänen zur Teilung der Türkei. Das »Daily Chronicle* empfiehlt folgenden Plan: Oesterreich« Ungarn nimmt Salonichi; England die Mündungen des Euphrat und Tigris, sow.'e die »fruchtbaren Thäler von Kleinasten*, Frankreich Syrien, Italien Tripolis, Rußland Armenien »mindestens bis Er- zinghian und Diarbekir*, während Deutschland »mit Mer Kolonie längs dem Marmara-Meer zufrieden sein wird, vielleicht bis Angaro*.
* Lord Salisbury verlangte in einer Versammlung zu Brighton die weitere beträchtliche Vermehrung der Flotte. »Wir müssen unser Jnselretch vor allen äußern Feinden sichern, denn seine Unnahbarkeit ist, die Quelle unserer Größe; keine Vermehrung fremder' Flotten und keine uns feindseligen Bündnisse dürfen auch nur für einen Augenblick unserer Sicherheit gefährlich werden können. Glauben Sie nicht, daß ich in der Furcht solcher Bündnisse schwebe. Im Gegenteil, ich glaube, dieses Land befindet sich mit der ganzen Welt auf freundschaftlicherem Fuße, als es für viele, viele Jahre der Fall gewesen. Doch wir wissen, daß Regierungen, wie alles andere, dem Wechsel unterworfen sind, und mit ihnen wechselt auch die Politik der Länder. Sehr zu bedenken ist dabei, daß wir in einer Uebergangszett leben. Große Teile der Erdoberfläche scheinen dem Schicksal verfallen, das infolge schlechter Regierung eine politische Umgestaltung unabwendbar macht. Wenn man auch an die friedfertigsten Gesinnungen der Menschheit glaubt, und wenn man noch so fest überzeugt ist, wie ich es bin, daß jede Regierung in Europa den Frieden als das höchste Gut schätzt, so bleibt doch die Thatsache übrig, daß viel Land auf den Markt kommt, und dies mahnt jede Macht und England vor allem, vorbereitet zu sein. Mir liegt nichts ferner als sagen zu wollen, daß ich eine baldige Auflösung des türkischen Reiches erwarte. Aber der Zug der Zeit zielt auf politische Umgestaltungen in Europa und anderwärts, und dies legt uns die Verpflichtung auf, für alle Fälle gewaffnet zu sein. Unser Schutzwall ist dir See, die unser Land umwogt; auf ihr müssen wir Herrscher sein. Die Sicherheit vor dem äußern Feind geht allen andern irdischen Segnungen voraus, und wir sind es uns und den kommenden Geschlechtern schuldig, diese Sicherheit keinen Schaden leiden zu lassen.*
* Petersburg, 23. November. Das Befinden der Kaiserin, welche selbst nährt, sowie der Großfürstin ist vollkommen befriedigend.
* Belgrad, 21. Nov. Nachdem es sich gezeigt hat, daß der größte Teil der von Rußland für die serbische Armee bezogenen Gewehre unbrauchbar ist, will die Regierung den Vorschlag machen, eine neue Bewaffnung des Heeres mit Repetiergewehrm einzu- führen.
* Innere Zerrüttung und die äußere Unftrtiqkeit
Serbiens haben angesichts der Ereignisse in der Türkei eine starke Erregung und Beklemmung im ganze« Lande wachgerufeu, von der befürchtet wird, daß ste sich in eine anttdynastische Bewegung ««gestalten könnte. Seit 2 Tagen beraten die Führer der Radikalen mit Ristitsch, um dem König die baldige Wiederherstellung der Ordnung zu ermöglichen. Fast alle Blätter klagen, daß sich Serbien tu dem Augenblicke, da auch seine Stimme gehört werden sollte, im Zustande der ärgsten Zerfahrenheit befinde.
Ueber die Notlage der Landwirtschaft «nd über Mittel z« deren Abhilfe.
(Aus dem württembergischen Wochenblatt für Landwirtschaft).
In dieser so hochwichtigen und vielerörterten Frage dürfte es von Interesse sein, auch die Ansicht eines Mannes aus dem Mittelstände, der Kleinbauer und Handwerker zugleich ist, kennen zu lernen.
Daß bei der Landwirtschaft im Ganzen eine Notlage vorhanden, ist so ziemlich allgemein anerkannt, nur über die Ursachen und über die Mittel zu deren Abhilfe gehen die Ansichten noch sehr aus- etnander. Da bei den genaueren Kennern der bäuerlichen Verhältnisse kein Zweifel darüber obwaltet, daß die Notlage der Landwirtschaft, ob der Betrieb groß oder klein, hauptsächlich in dem ungemein niedrigen Fruchipreise, der zu den Produktionskosten tu gar keinem Verhältnis steht, ihre Ursache hat, so sollte dieser Ursache der Notlage an maßgebender Stelle mehr Aufmerksamkeit geschenkt und für Abhilfe gesorgt werden. Man bedenke doch, was es für einen Kleinbauern bedeutet, weun er per Jahr 50—100 M. weniger a«S seiner Frucht erlöst. Das Schlimmste ist aber, daß ei» auf die Dauer herrschender zu niederer Getreidepreis den Wert von Grund und Boden herabdrückt. Bei jedem Unternehmen bestimmt die Reata bilität den Wert des Anwesens. Deshalb muß a«ch der Wert der Felder notwendig finken, weun die Getreidepreise dauernd so niedrig bleiben wie in letzter Zeit.
Eine Entwertung von Grund und Boden wäre aber für den Bauern der Uebel größtes, denn dieselbe würde den Ruin derselben herbeiführeu, ste würde den kleinsten Bauern treffen wie die großen; denn der kleine Bauer ist ja in der Regel der verschuldetste. Der Ruin der Landwirte würde aber auch den Ruin eines großen Teils der Kleingewerbetreibenden zur Folge haben, denn diese stehen und fallen mit der Landwirtschaft.
Es sind kmn wohl schon verschiedene Vorschläge znr Abhilfe der Notlage gemacht worden, aber man kann dieselben, wenn man die schwere Krtsts, in welcher der Bauernstand sich befindet, sich vergegenwärtigt, nur mit Hausmitteln vergleichen. Darin wird aber wohl jedermann mit mir übereiustimmen, daß ein Schwerkranker nicht mit Hausmitteln kuriert werden kann. Da bedarf es einer gründlichen Kur um dauernde Heilnng zu bewirken. Für eine solche gründliche Kur halte ich den Antrag Kanitz: Verstaatlichung des Handels mit ausländischem Getreide. Nur wenn der Handel mit ausländischem Getreide so «sagen in einer Hand ruht, kann die Einfuhr desselben so geregelt werden, daß wir dauernd auf unseren Märkten vor Ucberschwemmnng geschätzt sind.
als meine Freundinnen, die mir gratulieren kamen, mich erlösten.*
Der Kommerzienrat hatte ernst vor sich hia- geschaut und wohl kaum gehört, was seine Frau gesprochen. Jetzt sagte er, nach seiner Uhr sehend: »Es ist Zeit, ich muß ins Kontor; Kurts Brief zu beantworten, liebe Hermine, überlasse ich dir, d« kennst ja nun meine Meinung und wirst ste ihm nicht vorenthalten." Er küßte seiner Frau die Hand und ging.
Indessen waren im Wohnzimmer die jungen Damen des Hauses versammelt. Eva begoß nnd ordnete die Blattpflanzen und blühenden Gewächse in den großen Blumentischen, wobei ihr Gretchen half, und Lucy hatte sich in die Sofaecke gedrückt «nd plauderte lebhaft von dem gestrigen Feste in Waldhöh. Dann aber fuhr ste fort: »Du weißt noch. gar nicht, Marga, daß gestern entgültig über «vsere diesjährige Badereise beschlossen wurde. Denke nur, wie reizend: Wir gehen nach Wiesbaden, und ich von dort aus dann gleich nach Brüssel, wo ich «och ein Jahr in einem Pensionat bleiben soll. Baronin Hohnau, die mit Max und Elsa mit uns geht, schlug Wiesbaden vor, und da wir noch nicht dort waren und eS uns schließlich gleich ist. wohin wir gehen, sagte Mama zu. Wir reisen bald, schon Anfang Juni. Mir wird aber doch die Zeit bis dahin lang werden, ich freue mich zu sehr auf die Reise, du doch auch, Marga?*
Es war gUi, baß Lucy ihre Schwester bei der Frage nicht ansLaute nnd sich mit einer flüchtigen. Bemerkung von Eva begnügte, sonst würde sie wohl!
bemerkt haben, daß Gretchen plötzlich ganz blaß und nachdenklich geworden war. An diese alljährliche Badereise hatte ste ja garnicht gedacht. Nun kam ste wie ein Blitz aus hriterm Himmel, mitten in den Frühlingstrasm der jungen Liebe. Was sollte ste nur am fremden Ort, unter fremden Menschen, während es doch nirgends schöner vsr, als hier! Früher war ste so gern gereist, aber damals war alles anders gewesen. Die schönen Musikabende bestanden noch nicht und — Herrn Reichert hatte sie noch kaum gekannt. Was der wohl sagen würde, wenn sie plötzlich fortging und wochenlang soriblicb? Ob er wohl an ste denken, ste vermissen würde?
L«cy hatte das Zimmer verlassen, und Gretchen fiel ihrer Cousine plötzlich um den Hals. »Ach, Eoa,* schluchzte sie, „rch soll fortgehen »nd möchte so gern hier bleiben bei dem Papa «nd bet dir, der lieben Frau Doktor und — und Herrn Reichert! Ach, Eva, liebe Eva, ich habe ihn doch so lieb, lieber wie Vater und Mutter und jeden Menschen auf der Welt, und es giebt doch anch keinen Braveren und Besseren wie ihn!*
Eoa streichelte zärtlich ihr erhitztes Gesicht. »Gewiß, Gretel. er ist deiner Liebe wert! Aber, weinen, Her?, darfst du deswegen nicht! Die kurzen Trcuusügswochen gehen vorüber, und dann kommt das Wiedersehen und viele glückliche Stunden.*
Von Gleichend Lippen war das Siegel gelöst «nd halb weinend, halb lachend, sprudelte alles hervor, waS ihr Herz erfülle.
»Er hat mir ja noch garnicht gesagt, Eva, daß
Andernfalls muß der deutsche Landwirt, «nd zwar Groß« «ch Kleinbauer, in dir Konkurrenz mit drü osteuropäffchen, amerikanischen, argentinischen und andere» überseeischen Produzenten, die außerordentlich billigen Boden haben, »nd mit ihrem großartige» Maschiuenbetr'eb vor unserem Kleinbetrieb einen Vor» rang genießen, «nterliege».
Nicht durch Gründung von Versicherungen, nicht dnrch Schaffung günstiger Gelegenheiten zum Schuldenmachen, ist dem Bauernstand geholfen. Er muß verlangen, — «nd kein Rechtdenkender, welchen Standes er sei, wird ihm das Recht dazu bestreiten können — daß für ihn ein Boden geschaffen werde, auf de« er sicher weiter machen kann. Er muß vor Fortdauer und Wiederkehr solcher Krisen dauernd geschützt werde«. Den« vor den Konsequenzen, welche de« Rntu der Landwirtschaft znr Folge haben würde, dürste Einem wahrlich mehr grauen, als vor denjenigen, welche aus der Annahme des Antrages Kanitz entstehen könnten.
Daß es aber mit dem Bauernstand und mit dem von ihm abhängigen Kleingewerbe soweit gekommen ist, ist nnr daraus zu erklären, daß die Jnieressen Beider weder in dem Land- noch Reichstag genügend vertreten sind, daß der Bauern- and Kleingewerbe- stand meistens Männer in den Reichs- «nd Landtag wählt, die seine Verhältnisse nicht kennen und deshalb ihm nicht Helsen können, ja oft nicht helfen wollen, weil es ihrem eigenen Interesse wiederstreben würde. Auch hierin muß Wandel geschaffen werden. Der Bauernstand muß zu einer Zusammenschließuugschreiten, es müssen Bezirks-Bauernvereine gegründet werden, die es ihm ermöglichen, Männer ans seinen eigenen Kreisen in den Land- und Reichstag zu schicken.
Zum Schluß noch die Bemerkung, daß ich mit dieser «einer Ansicht durchaus nicht allein stehe, sondern daß ich Hundert von Bauern aus meinem Bezirk namhaft machen kan», die den gleichen Standpunkt einnehmen und glaube ich, daß in den meisten Bezirken des Landes dasselbe sei» wird.
Grötzingen. Gottlob Krumm, Schmied und Bauer.
Vermischtes.
* Mit verbotenen Lotcertelosen wird auch dieses Jahr das Publikum wieder überschwemmt. Die auswärtigen Kollekteure versenden die Lose in geschloffenem Umschlag und bitten um Rücksendung, falls das Spielen nicht beliebt wird. Die Empfänger derartiger Sendungen sind zur Rücksendung nicht verpflichtet, können vielmehr die Briefe und Drucksachen- Offerien, nachdem solche geöffnet sind, an jeden Biefträger oder am Postschalter zurückgeben. Eine gesetzliche Bestimmung lautet dahin, daß Sendungen, die Lose oder Anerbieten zu einem Glücksspiele enthalten, an welchem der Empfänger nach den Gesetzen sich nicht beteiligen darf, als unbestellbar zu behandeln sind, wenn solche Sendungen sogleich nach geschehener Eröffnung au dis Post zurückgegeben werden. Geschieht dieses, so veranlaßt die Post alles wettere.
* Fernblick. »Sage mal, weshalb hast Du Dir eigentlich eine so häßliche Frau genommen?* — »Ich werd's Dir sagen: Der Mensch verändert sich doch mit der Zeit, und meine Aurora kann sich nur zu ihrem Vor- teil verändern.*
Verantwortlicher Redakteur: W. R'ieker, Wensteig.
er mich liebt, aber ich weiß es doch! Was nur Mama sagen wird, wenn er mich zu seiner Fra« haben will? Seine Frau, Eva, wie komisch das klingt «nd wie süß! Wir haben dann ein hübsches, kleines Hans, gar nicht groß »nd prunkvoll, ein Gärtchen muß aber auch daöei sein, mit einer Laube und Flieder «nd Rosen und Jasmin, nnd für dich ein hübsches Stübchen, Eva, denn d» bleibst doch bei «ns, bis du auch heiratest, nicht wahr, Liebchen? Mama wird gewiß entsetzt sein und mir Elsa vor Augen führen, aber ich will keine» Baron, keinen Prinzen, nnr ihn, nnd ich stecke mich hinter den Papa und Onkel Bolz, dann hat Mama auch nichts dagegen und giebt mich ihm.*
Sie wartete keine Entgegnung ab, sondern nahm Eva in den Arm und tanzte trotz der kaum getrockneten Thränen mit ihr lachend im Zimmer umher, so daß sich Lucy, die eben wieder znrückkehrte, diesen stürmischen Freudenausbruch nur dahin erklären konnte, daß sich ihre Schwester auf die Reise genau so freue, wie ste selbst.
Me Zeit verging; Frau Hermine studierte wieder eifrig Modenblätter «nd fuhr täglich in die Modemagazine. Man mußte in Wiesbaden doch standesgemäß anftreLen. Endlich ließ sie von Eoa die großen Koffer packen, denn am folgenden Tage sollte abgereist werden.
(Forlstznng folgt.)
Anftösung des Rätsels in voriger Nummrr. Magnet, Magnat.