10 Türke» getütet. Die Jesuiten in Malatia sind in Sicherheit. ES wird versichert, daß in Konstanti­nopel 400 SoftaS verhaftet worden seien.

! * * In diesen Tagen werden die Panzer sämtlicher europäischen Großmächte an der türkischen Küste ihre Flaggen entfalten; von einem Einfahren in die Dar­danellen ist jedoch keine Rede; trotzdem kann man von einer förmlichen Flottendemonstratiou sprechen.

* Sofia, 17. Nov. Prinzessin Ferdinand wurde heute mittag von einem Prinzen entbunden, welcher den Namen Cyrill erhielt und den Titel eines Prin­zen von Preslav, eines kleinen Ortes am nordöst­lichen Abhang des Balkans.

* Athen, 19. Nov. Die oppositionellen Blätter machen der Regierung die heftigsten Borwürfe, daß sie über 7000 Mann der Reserve entlassen habe und schlecht gerüstet dastehe.

* Gibraltar, 17. November. Der italienische DampferSolferino", mit 1200 Auswanderern nach Südafrika unterwegs, lief hier auf. Schleppdampfer sind zur Hilfeleistung abgegangen. Nach wetteren Meldungen ist ein Boot des Dampfers beim Bergen der Passagiere gekentert, wobei mehr als 20 Personen ertrunken sind. Die übrigen Passagiere wurden ge­rettet und an der Küste gelandet.

* Eine Schändlichkeit unglaublicher Art wird auS Indien berichtet. Um sich zu bereichern, wollte ein Ehepaar eine ganze Stadt vergiften. Man schreibt darüber aus Chandernagore: Bald nach An­kunft des Paars in Chindevara, wo cs sich als Getretdehändler niedergelassen hatte «ad zu einem jkde Konkurrenz ausschließenden Preise verkaufte, trat unter den Einwohnern eine geheimnisvolle Krank­heit auf, welche von Tag zu Tag an Heftigkeit zu­nahm. Man glaubte es mit einer Art Pest zu thun zu haben, und die erschreckten Einwohner fingen an, die vom Fluche der Götter getroffene Stadt zu ver­lassen. D:e zwei Giftmördsr erwarben nun für ein Spottgeld die besten Anwesen. Dies dauerte einige Zeit, da die beiden Verbrecher das Gift erst nur in kleinen Qiantitäten, di: sie von Tag zu Tag ver­größerte«, unter das Getreide mischten. Die geheim­nisvolle Seuche wurde der Regierung gemeldet, welche nach der üblichen Verzögerung einen Arzt zur Uater- suchurg adschickte. Derselbe stellte sofort bei allen Kranken die Anzeichen von Dhatura-Bergistung fest, und eine Untersuchung des Mehles führte zur Ver­haftung der Schuldigen.

* New - Aork, 17. Nov. In Cleveland stürzte gestern abend infolge falscher Signalisierung ein elek­trischer Motorwagen der Straßenbahn, als er über die Zugbrücke eines Viadukts fuhr, aus einer Höhe von 100 Fuß in den Auyahosa-Fluß hinab. Der Wagen enthielt 20 bis 30 Personen. Mehrere Per­sonen, darunter der Motorbeamte, sprangen ab. Die übrigen Insassen, nebst dem Kondukteur, ertranken. 13 Leichen stad geborgen. Der Motorbeamte wurde verhaftet.

Handel und Verkehr.

* (Postalisches.) Vom 1. Dez. ds. IS. ein­schließlich an treten in den Taxen für den Verkehr innerhalb des Ortsbestellbez rks der Aufgabepostanstalt (Postortsvsrkehr), im Verkehr zwischen verschiedenen

Orten des Bestellbezirks der Aufgabepostanstalt (Land- bezirkSverkehr), -im Verkehr zwischen Postanstalteu, wäche bis zu 10 Kilometer einschließlich von einander entfernt sind (Zehnkilometerverkehr) und im Verkehr zwischen verschiedenen Orten desselben Oberamtsbezirks (Oberamtsverkehr) nachstehende Aenderungeu ein: 1) Das Zuschlagporto für unfrankierte und unzureichend frankierte Briefe wird ermäßigt und zwar a) bei den bis 15 Gramm schwere» Briefen des Postortsverkehrs von 7 auf 3 Pf., b) bei den über 15 Gramm schweren Briefen des Postortsverkehrs, ferner bet allen Briefen des Landbezirks-, Zehnkilometer- und OberamtSverkehrS von 10 auf 5 Pf. 2) Das bisher nur für die bis 1 Kilogr. schweren Packete geltende Gewichtsporto von 15 Pf. kommt auch bei den über 1 bis IVz Kilogr. schweren Packeten zur Anwendung.

*(WaS gilt alsBrief"?) Man ist im Publikum vielfach noch der Ansicht, daß Sendungen bis zu 250 Gramm, dem Meistgewicht der Briefe, auch als solche verschickt werden könnten, gleichviel wie es um die Form und äußere Beschaffenheit steht- Das ist jedoch nicht der Fall. Z 2 der Post-Ord­nung (Ausführungs-Bestimmungen) besagt: Zur Be­förderung als Briefe sind nur solche Sendungen geeignet, die ihrer Form und Beschaffenheit nach in die Briefbunde verpackt werden können und Sei denen ohne Beschädigung deS Inhalts eine deutliche Stem­pelung, sowohl auf der Vorderseite wie auf der Rück­seite möglich ist. Briefe mit Pappkästchen u. s. w. dürfen tu ihren Ausdehnungen zwanzig Zentimeter tu der Länge, 10 Zentimeter in der Breite und 5 Zen­timeter tu der Höhr nicht überschreiten. Gegenstände in Rollenform, mit Ausnahme von Drucksachen und Mustersendungen, dürfen zur Beförderung als Brief- senduugen nicht angenommen werden.

Vermischtes.

* (Großstädtisches Elend.) Ji der Reichs- Hauptstadt siebtes gegen 100000 Ichlafgä-ger, d. h. einzelftehende Personen beiderlei Geschlechts, die nicht im stände sind, ein e'genss Zimmer zu mieten. Sie müssen sich damit begnügen, für die Nacht ein Unter­kommen zu staden. Für 7 Mk. monatlich erwerben sie daS Recht, in der Nacht in dem zugewiesenen Bett schlafen zu dürfen; mehr nicht. Denn in demselben Zimmer wohnen, leben und schlafen auch immer noch, wenn auch nicht alle, so doch einige Mitglieder der Familie. In den Feierstunden, am Sonntag, stad die Schlafgänger ohne Heim, fast ohne Obdach; ihr Heim ist die Gastwirtschaft. Das ist ein großer Notstand, verbunden mit vielen sittlichen Gefahren.

Verantwortlicher Redakteur: W. Kieker, Altensteig.

Verfälschte schwarze Leide.

Man verbrenne ein Müsterchen des Stoffes, von dem man kaufen will, und die etwaige Verfälschung tritt sofort zu Tage: echte rein gefärbte Seide kräuselt sofort zusammen, verloscht bald und hinterläßt wenig Asche von ganz hellbräunlicher Farbe. Verfälschte Seide (die leicht speckig wird und bricht) brennt langsam fort, namentlich glimmen dieSchußfäden" weiter (wenn sehr mit Farbstoff erschwert), und hinterläßt eine dunkelbraune Asche, die sich im Gegensatz zur ächten Seide nicht kräuselt, sondern krümmt. Zerdrückt man die Asche der ächten Seide, so zerstäubt sie, die der verfälschten nicht. Die Seiden-Fabrik G. Henneberg (k. u. k. Hoflief.), Zürich versendet gern Muster von ihren echten Seiden­stoffen an Jedermann und liefert einzelne Roben und ganze Stücke porto- und steuerfrei in dis Wohnung.

* Paris, 19. Nov. Die Kammer nahm eine Tagesordnung, worin die Maßnahmen der Regierung gebilligt werde», mit 379 gegen 69 Stimmen au. Die Radikalen und Sozialdemokraten begrüßten die Verkündung des Votums mit dem Rase:NiederZmit den Dieben! Hoch die Republik!" Sie sprachen somit die freudige Hoffnung aus, daß Bourgeois nrn eine Republik ohne Diebe einrichten werde. Zwei Thatsachen, die dem Siege des Ministeriums voran- gegangen waren, bekräftigten diese Hoffnung: Im Morgengrauen des gestrigen Tages waren 13 Polizei- kommissäre ausgezogen, um mit Haussuchungen bei verschiedenen Persönlichkeiten dem Untersuchungsrichter Rempler das nötige Material zur Fortführung des Südbahn-Prozeffes zu beschaffe». Zum Beginn der Kammersitzung verlas sodann der Justtzminister Ricard den versprochenen Entwurf eines Gesetzes, demzufolge kein Senator und Deputierter, wenn er nicht sofort seines Mandates verlustig gehen will, künftig noch an der Verwaltung von Finanzinstituten und indu­striellen oder finanziellen Gesellschaften, die mit dem Staat in Geschäftsbeziehungen stehen, oder auch an Emissionssyndikaten von Wertpapieren teilnehmen darf. Zwei bedeutsame Thatsachen: Sie bewiesen den Willen des Ministeriums, das Laster, soweit es sich zur Betrübnis der Guten schon bethätigt hat, gerichtlich zu bestrafen, seine Wiederkehr aber gesetz­lich zu verhindern. Was uns dabei zunächst auffällt, ist, daß die Obrigkeit sich überhaupt genötigt steht, gesetzlich einzuschreiten. Dieses läßt, wie man zu sagen pflegt, tief blicken. Noch sonderbarer aber ist der Umstand, daß die Nötigung von den Deputierten selber ausgeht, die sich angesichts der naheliegenden Versuchung hilfeflehend an die Regierung wenden und also sprechen:Ziehe du «ns Schranken, daß wir auf dem rechten Wege bleiben, verleihe uns Scheu­leder, daß wir nicht seitwärts nach verbotenen Früch­ten schielen, lege uns Fesseln an, damit Air den Lockungen des Bösen widerstehen!" Schließlich ist das Sache der Herren selber, die das Maß ihrer sittlichen Kräfte mit denjenigen der an sie heran­tretenden Versuchung sachkundig abzuwäge« wissen. Kurios aber ist und bleibt ein Gesetz der Einschrän­kung, wie es hier vorgeschlagen und von der Kammer mit begeistertem Beifall ausgenommen wird, in einem Lande, wo prinzipiell das Stimmrecht der Wähler­schaft souverän ist.

* London, 19. Nov. Reuter meldet aus Aden: 45 000 mit Martini-Gewehren bewaffnete Araber schlugen bei Sana in der Provinz Annen in 3 Ge­fechten die türkischen Truppen. Die Türken find in Sana eingeschlossen.

* Konstantinopel, 16. Nov. Nachrichten aus Kharput melden, daß das Maffacce in der Stadt Kharput 800 Opfer gefordert hat. Acht von den zwölf den amerikanischen Missionären gehörigen Ge­bäuden seien geplündert, der Dom sei in Brand ge­steckt worden. Die Missionäre seien gerettet. In der Umgegeud von Kharput herrsche Elend und Ver­zweiflung, Tausende von Bewohnern seien ohne Hilfs­quellen. 4000 Armenier würden in Gurun im Vila- jtt Siwas von den Kurden belagert, die letzten heutigen Nachrichten melden nur Metzeleien. Während der Maffacrcs in Siwas wurden 800 Armenier und

Manne, dessen intelligentes, frisches Wesen ihm höchst anheimelnd war, befreundet, und da letzterer eine gute Singstimme besaß und aüch recht fertig Klavier spielte, hatten sie oft zusammen musiziert.

Manchmal waren dann auch Grete und Eoa, die sich mit jugendlicher Schwärmerei an Frau Dok­tor Loreoz angeschloffen, dazu gekommen, und schließ­lich war das musikalische SonnabendkränzHen ent standen, zu dem Herr Bolz als passives Mitglied, wie er sich nannte, den prachtvollen Flügel gestiftet halte.

Auch Lecy wrr, allerdings mehr der Form wegen, zu d:n Abenden aufgefordert worden, doch lieble dieselbe öerar ige UuechaÜMgen so wenig und fand auch die alte Frau Doktor mit dem ewigen Stricksirumpf und der hassdacknen Moral so wenig nach ihrem Geschmack, daß sie von vornherein unter irgend einem Vorwand avlchntc.

GretchenS Mitwirkung maßte ihre Mutier mit Rücksicht auf H.rrn Bolz schon gesttt ea und sah anch schließlich keinen Grund für das Gegentest ein. Freilich, re sie gewußt, was man, wie in schweigen­der Verabredung, nie vor ch- erwähnte, nämlich, daß ihre Tochter dort mit Reichert zrsümmenlras; hätte sie geahnt, daß sich di- beiden Herzen auf Flügeln des Gesanges immer mehr näherten, und daß Grct chen, ihr mißlungenes Erzieh mgsp.odLkc, die mütter­liche Warnung gänzlich vergessen halte, sie wäre wahr­scheinlich weniger duldsam gewesen.

Die Frau Doktor hatte sich erhoben und die jungen Gäste freundlich begrüßt.

Das hochzsverehrende Publikum und der hohe Adel habeu Platz genommen," sagte Herr Bolz, in­dem er sich gravitätisch auf das Sofa neben der Frau des Hauses nirderließ.

Und wir können also unsere Künste produzieren," lachte Gretchen.NM denn, werter Herr Kapell- me-stsr, wie lautet unser heutiges Programm?"

Das lebhafte, jung; Mädchen mit den dick-n, blonden ZSpssn, die krauzarttg um den Kopf ge­schlungen waren, in dem mattblauen Kleide und den kleinen, runden Händen war eine liebliche Erscheinung, und Herr Reichert, der kein Auge von ihr verwandte, schien diese Thatsache durchaus nicht bestreiten zu wollen.

Unser Programm, hochgeehrtes Auditorium, das so zahlreich wie immer erschienen ist, und das Ihre, werte Ksnstgenoffen," erklärte Dr. Lorenz mit tiefer Verbeugung und feierlicher Grandezza,ist heute wie stets ein gewähltes und genußverheißendes. Zuerst wild Herr Reichert, unser rühmlichst bekannter klavicrvirtrrose, die stauncuden Zuhörer durch eine Sonate von Berhoven entrücken; dann die unvergleich­liche Aldstin, der Stern an dem Kmisthimmel unserer guten Stadt, Fräulein Eoa Luuau, uns durch ein Lied nach eigener Wahl begeistern.

Meine Werügk-i,"Unser Pagani.ü!" schaltete Herr Reichert ein, woraus ihm d;r Doktor mit gut gespieltem, renoAmistischen LächelnDen Künstler ziert Bescheidenheit" zartesalso, meine Wenig­keit wird die Nachsicht des hochadeligen, kunstsinnigen Publikums für eine Variation über ein Müllerlied

von Schubert in Anspruch nehmen, und zum Schluß wird Herr Reichert, das vielseitige Talent, sich in einem Duett mit Fräulein Margarete Menzel, der deutschen Nachtigall, hören lassen."

Bravo, bravo, Herr Kapellmeister!" rief Herr Bolz,im Namen des gesamten Publikums spreche ich schon jetzt meine Zufriedenheit und meinen Dank aus; die Bouketts und Lorbeerkränze folgen später."

Herrn Retcherts wirklich schönes Talent wart« Vortrag der angekündigren Sonate zum Ausdruck ge- langt und gebührend gewürdigt worden, und jetzt führte der Arzt Eva an das Klavier, an dem noch Herr Reichert zur Begleitung ihres L'edes saß. Das junge Mädchen saug. Es waren herrliche Töne, die voll und rein wie der Klang einer tiefen Glocke durch das Zimmer drangen und die Zuhörer bezauberten. Hoch und schlank stand Eva in dem einfachen, dunklen Kleide da: als emsigen Schmuck ein farbiges Band in dem lichtbraunen Lockenhaar, die Wangen sanft gerötet, und die großen, tiefblauen Augen glänzend vor B geisteruag. Daß auf dem schönen Gesicht, wie leich er Wolkenschattcn auf einer Frühlingslandschaft, ein leiser Zug von Schwermut lag, gab ihm nur einen neuen, geheimnisvollen Reiz.

Als sie geendet, erhob sich die Fra« Doktorin und reichte ihr den kleinen Beilchenstrauß, den ihr der alte Freund vorhin gebracht. (Forts, f.)

* (Schmeichelhaft.) Alter Bräustgam:O- Elsbeth, ich möchte für dich sterben!" Braut: Ach, aus dich ist ja k.in Verlaß!"