NM
231 .
Amts- NNd Anzeigeblstt für -en Otieramtsdeslrk Calw«
86. Jahrgang.
Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Dienstag, den 3. Oktober 1911.
Bezugspr. i. d. Stadt V^jährl. rn. Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. f.d.Orts-u.Nachbarortsverk. V^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.
Amtliche Vekainrtmachrrngen.
K. Oberantt Calw.
Erlaß an die Gemeindebehörden, betr. Straßenunterhaltung.
Im Interesse der Erhaltung guter Staats- und Korporationsstraßen ist es angezeigt, vor Eintritt der nassen Herbstwitterung dafür zu sorgen, daß durch landwirtschaftliche Fuhrwerke möglichst wenig Erde aus den Aeckern auf die Straße verschleppt wird. Zur Abstellung dieses Mißstandes ist die Einschotterung der Feldwege auf etwa 2V Meter Länge von der Straße aus geboten.
Ferner ist das vorgeschriebene lichte Querprofil der Straße vielfach durch Gemeinde- und Privatbäume eingeengt; ein Zurückschneiden der Bäume auf das vorgeschriebene Maß von 2,3 m über den Nebenwegen und 4,0 ni über der Straßenfahrbahn zu geeigneter Zeit ist durchaus notwendig.
Auch der Zustand der Wegweiser, Ettersgrenz- und Markungsgrenzstöcke läßt vielfach zu wünschen übrig; eine Erneuerung des Anstrichs ist schon im Interesse des längeren Bestands vielfach nicht mehr zu umgehen.
Die Ortsvorsteher werden angewiesen, das Erforderliche einzuleiten und bis 20. Oktober ds. Js. über das Geschehene zu berichten.
/>«Den 2. Oktober 1911.
Regierungsrat Binder.
Die Ortsbehorderr
werden zur umgehenden Vorlage der auf 1. Oktober ds. Js. verfallenen Regiebaunachweisungen, Sportelverzeichnisse und Steuer
lieferungsberichte, bezw. entsprechender Fehlanzeigen veranlaßt.
Calw, den 2. Oktober 1911.
K. Oberamt.
^ Binder.
Bekanntmachung,
betr. eine Feldbereinigung auf den Markungen Oberhaugstett und Neubulach.
Das Ergebnis der Abstimmungstagfahrt vom 30. Juni d. Js. ist durch Erlaß der K. Zentralstelle für d. Landw., Abt. für Feldbereinigung, vom 29. vor. Mts. Nr. 4846 dahin festgestellt worden, daß die Ausführung des von dem Eemeinderat Oberhaugstett beantragten Unternehmens einer Vereinigung des Gewands „Waldweg" der Markung Oberhaugstett unter Einbeziehung einiger Parzellen der Gewände „Weihergärten und Völlhäuser" auf der angrenzenden Markung Neubulach einstimmig beschlossen worden ist. Zugleich wurde die so beschlossene Feldbereinigung genehmigt.
Dies wird gemäß Art. 16 Abs. 4 des Feldber.-Ges. vom 30. März 1886/16. Aug. 1909 und Z 14 Abs. 5 der Vollz.-Verfügung zu demselben vom 19. Juli 1886/13. Dez. 1901 öffentlich bekannt gemacht.
Zum Vorsitzenden der Vollzugskommission wurde
Stadtschultheiß Müller in Neubulach, zum Feldmesser
Obergeometer Gärtner in Wildberg ernannt.
Calw, den 2. Oktober 1911.
K. Oberamt.
Binder.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung eines Fortbildungskurses für geprüfte Hufschmiede in Ulm.
Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird in der Zeit vom 4.—9. Dezember d. Js. an der Lehrwerkstätte für Hufschmiede in Ulm ein sechstägiger Fortbildungskurs für geprüfte Hufschmiede abgehalten werden.
Bei demselben werden nicht bloß die Hauptlehren des Hufbeschlags mit besonderer Berücksichtigung der am häufigsten vorkommenden Beschlagsfehler wiederholt und die Krankheiten der Hufe samt ihrer Beschlagsbehandlung besprochen, sondern es wird besonders auch die Anfertigung neuer und erprobter Kureisen und die Herstellung eines modernen und zweckmäßigen Winterbeschlags praktisch geübt.
Der Unterricht, welcher von dem Tierarzt, Stabsveterinär Dr. Lutz in Ulm und dem Lehrschmied Jehle daselbst erteilt wird, ist unentgeltlich. Außerdem wird jedem Teilnehmer ein Beitrag zu den Aufenthaltskosten in Höhe von 15 -ll, neben dem Ersatz der Kosten der Eisenbahnfahrt (Rückfahrkarte 3. Klasse), gewährt.
Die Zahl der Kursteilnehmer ist auf sechs festgesetzt.
Gesuche um Zulassung zu dem Kurs sind unter Vorlage des Prllfungszeugnisses, sowie eines Leumundszeugnisses spätestens bis 14. November d. Js. beim Sekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft einzureichen.
Stuttgart, den 26. September 1911.
S t i n g.
51)
Frau Lores Lebenswerk.
Roman von Erich Eben st ein.
(Fortsetzung.)
Schwalbing sagte ihm, er habe unter einem Vorwand seiner Braut ein Stündchen abgelistet, um noch einmal mit dem ehemaligen Kompagnon zu reden. Sie seien doch sozusagen Freunde gewesen, und wenn er auch nicht anders könne — Kitty wolle ja durchaus so rasch als möglich fort —, so ließe es ihm doch keine Ruhe. Die Sache sei so rasch gekommen, Lanzendorf werde vielleicht in Verlegenheit sein, bis er sich irgend eine neue Existenz gründen könne — kurz und gut, er böte ihm hier ein kleines Kapital an für den Anfang. Niemand brauchte darum zu wissen —
Mit einem düsteren Lächeln lehnte Lanzendorf dankend ab. Er wisse, daß es gut gemeint sei, aber Almosen nehme er nicht. Uebrigens brauche er es auch nicht. Er habe sich entschlossen, eine Reise anzutreten und sei mit allem Nötigen dazu versehen.
„Eine Reise?" Schwalbing horchte neugierig auf. — „Aber wohin denn, lieber Lanzendorf? Haben Sie etwas in Aussicht?"
„Ja." Wieder lächelte er seltsam. „Etwas, wo ich versorgt bin für immer."
„Ah — ah — das ist — das wird Kitty interessieren. Darf man fragen —
„Das sind meine Privatangelegenheiten," gab Lanzendorf, das Gespräch hochmütig abschneidend, zurück, „Sie verzeihen, Schwalbing."
Der pausbäckige Dicke war beleidigt. Da kam er mit so guten Absichten, und nun zum Dank diese Geheimniskrämerei! Wie hätte das Kitty interessiert! Sie hatte ihm zwar gestern streng verboten, nach der letzten Unterredung, Lanzendorf noch einmal aufzusuchen, aber er hätte ja sagen können, daß er ihm zufällig begegnete —
Oder wußte sie es am Ende gar? Sie war so seltsam zugeknöpft, wenn auf Lanzendorf die Rede kam. — Nicht einmal das hatte sie ihm sagen wollen, was sie an Frau Lanzendorf geschrieben hatte, obwohl sie den Brief nach Tisch in seiner Gegenwart aufgab. Ja, die Weiber — die Weiber — nie würde er die auslernen —
Als Schwalbing gegangen war, schritt Lanzendorf langsam durch die leeren Zimmer, die Dienerschaft hatte er schon früh ausgezahlt und entlassen.
Eigentlich hatte er es hier tun wollen.
Inmitten der Möbel, die Assuntas Hände einst berührten und die Zeugen seines Glücks gewesen waren. Aber dann hatte er sich anders entschlossen. Gerade diese Dinge, die ihr Eigentum waren, und die ihr allein in Zukunft noch von ihm sprechen würden, sollten ihr nicht verleidet werden durch eine blutige Erinnerung.
Während er nach Hut und Mantel griff, um sich nach dem Stadtbureau zu begeben, umspielte ein ironisches Lächeln seine Lippen.
Wie sentimental er geworden war. Vor einem Jahre hätte er ganz anders gedacht. Lachend, wenn es schon hätte sein müssen, wäre er aus dem Leben geschieden, im Sektrausch von schönen Frauenlippen geküßt —
Heute stieg ein blasses Rot in seine fahlen Wangen, wenn er an diesen Lanzendorf zurllckdachte. Hatte ihn das Leben so niedergedrückt mit eiserner Hand?
Nein — eine neue Erkenntnis hatte ihn erhoben, weit über seine einstige leichtfertige, nur auf Äußerlichkeiten gerichtete Weltanschauung hinaus. Und diese Kraft hieß Liebe. Nicht Sinnenrausch und Leidenschaft, sondern Liebe, die in der Seele wurzelt und höher und reicher wird mit
! '
1