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Donnerstag dm 16. August

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg- reichst« Verbreitung.

1894.

Gestorben: Diflriktsarzt Pflüger Creglingen; Oberamt­mann o. D. v. Spraudel, Mergentheim; Heinrich Runter, Schwab. Hall; Oberamtsarzt Häberle, Ulm-Wildbad; Apotheker Farr, Ulm; Angelika Echauffier, Möttlingen; Oberamtspfleger Kugler, Backnang; Handfchuhsabrikant Keller, Eßlingen; Buch­drucker Werner, Stuttgart.

X Billige Rechtspflege.

Seit manchem Jahr erschallen nun schon im deutschen Reichstage, wie außerhalb desselben die Klagen über die Verteuerung der Rechtspflege, welche durch die Justizreform im deutschen Reiche Platz ge­griffen hat. Die Klagen sind wiederholt als begrün­det anerkannt, es find auch in langen, sehr langen Zwischenräumen einige Erleichterungen eingetreten, deren Umfang ober nicht entfernt dem entsprach, was man wünschen konnte und auch wünschen durfte. Die neue Justizreform, wenn man die Bezeichnungneu" heute noch gelten laßen will, hat Deutschland gegen früher sicher große und segensreiche Veränderungen gebracht, aber bei dem Licht fehlt eben auch der Schatten nicht. Fortfall der Berufung, Mangel einer gesetzlichen Regelung der Entschädigung unschuldig Verurteilter, teuere Rechtspflege und anderes find dunkle Punkte, welche von dem Hellen Licht der gro­ßen Reformgedanken sehr wesentlich sich abheben.

Billige Rechtspflege ist heute eine Wohlthat für die Bcvölkerung. Wenn wir an die Beschwerden denken, die aus dem gewerblichen Leben heraus laut werden, erkennt man ohne weiteres die Notwendig­keit, oft die Hilfe der Gerichte zur Verhütung von Schaden anzurufen. Aber bei den teueren Gerichts- kosten schwindet die Neigung zum Prozeßsühren nur zu bald, man verzichtet, und muß es oft genug auch thun, aus diesem Grunde auf sein wohlerworbenes gutes Recht. Unschwer ist zu erkennen, daß in Folge davon eine Bitterkeit Platz greifen muß. Die Leute wissen, daß sie im Recht sind, aber sie sind genötigt, von der Beschreitung des Rechtsweges, von der Verwirk­lichung ihres Rechtes abzustehen, weil die Sache zu viel Geld kostet. Man denke nur an die Situation, in welcher kleine Leute sich befinden. Von einer nach­drücklichen Verfolgung des Rechtes ist oft nur zu oft keine Rede, kann auch keine Rede sein. Traurig wirken die großen Gerichtskosten namentlich in den großen Städten mit ihren ungesunden gewerblichen Verhältnissen und leider giebt es im ganzen deutschen Reiche genug JndustrierUter, die direkt daraufhin ihren Verpflichtungen nachzukommen unterlassen, weil sie wissen, es werde doch nicht oder kaum zur Be­schreitung des Rechtsweges kommen.

Man soll bet Leibe nicht wünschen, daß in einer Nation eine Prozeßsucht überhand nehme, die um einer kleinen Streitigkeit wegen, einen großen und wertvollen Besitz opfert, die ganz schlichte Grund­sätze des Rechtslrbcns, die einem jeden verständlich sein müßten, aus reiner Prozeßsucht in Abrede stellt und überhaupt dem gefährlichen Wege nahe komm,, dessen ^Endziel es ist, dem Gesetz und der Justiz ein Schnippchen zu schlagen. Würde eine billige Rechts­pflege nur den Erfolg haben, eine bedeutende Stärk­ung der Prozeßsucht herbeizuführen, dann läßt man allerdings besser alles beim Alten. Indessen wer will diesen Beweis führen?

Zur Verteuerung der Rechtspflege trägt unstreitig auch das in die Länge-Ziehen der Prozesse bei. Wäh rend uns die Engländer in der Ausdehnung der Prozesse und damit in der Kostenhöhe noch erheblich üöertreffen, liegen bei Franzosen und Italienern die Dinge wesentlich anders und im Strafprozeß wie im Zivilprozeß geht die Sache bedeutend schneller. Mancher deutsche Richter hat schon energisch versucht, der Verschleppung durch die Termine entgegenzuwir­ken, aber in dieser Beziehung leidet die Justiz noch immer unter Fesseln allerlei Art, die am besten bald gelöst würden. Es darf auch hier nicht das Extrem herangezogen werden, die Gründlichkeit des Verfah­

rens soll nicht durch seine Abkürzung beeinträchtigt werden, nurdem zu viel" sei ein Damm geboten.

Es liegt nahe, daß unter einer kostspieligen Rechtspflege auch das Vertrauen weiter Volkskreise zu einer streng unparteilichen Rechtspflege leidet, ob­wohl eine solche Annahme nirgends weniger begrün­det ist, als bet uns in Deutschland. Tie deutsche Justiz konn über hämische Angriffe, d>'e dann und wann gegen sie erhoben werden, mit Seelenruhe zur Tages­ordnung übergehen, aber eine Verbilligung der Rechts­pflege (worunter wir namentlich auch eine Herab­setzung der enormen Anwaltskosten verstehen), würde ihre Popularität unbedingt erhöhen und das bedeutet immer etwas in einem Rechtsstaate.

Laudesuachrichteu.

* Freudenstadt, 13. Aug. Nach amtlicher Feststellung beträgt die Zahl der gegenwärtig hier weilenden Luftkurgäste 553.

* Baier 8 bronn, 12. Aug. Im Interesse der Hebung des Viehstandes in unserer Gemeinde sowohl in quantitativer als qualitativer Hinsicht haben die hiesigen bürgerlichen Kollegien beschlossen, den Be­sitzern von Vieh, das bei den Rindviehprämiierungen des landwirtschaftlichen Bezirkvereins Preise erhält, eine Prämie in gleich hohem Betrag aus der Gemeinde­kasse zu verwilligen. Für Vieh, das bei den staat­lichen Bezirksrindviehschauen prämiiert wird, steht den Besitzern eine Gemetndeprämie in Aussicht. Die­ser Beschluß darf auch anderen Gemeinden, die wie Baiersbronn in der glücklichen Lage find, esmachen zu können", zur Nachahmung empfohlen werden.

* Balingen. Dem Vater des auf dem Marsch des Fußartilleriebataillons Nr. 13 in Ulm von Groß­bottwar nach Waiblingen am Hitzschlag gestorbenen Einjährigen Martz von hier ist vom Gouvernements­gericht unterm 23. Juli d. I. ein Erkenntnis zuge­kommen, das nachdemBeobachter" wie folgt lautet: Auf Ihr Gesuch vom 13. d. M. um Mitteilung des Ergebnisses der militärischen Untersuchung betr. den Tod Ihres Sohnes Albert, gewes. Einjährigfreiwil- ligcn (Gefreiten) des Fußartillerie-Bataillons Nr. 13 hier, giebt Ihnen das Gericht die in den letzten Tagen erst zum Abschluß gebrachten Ermittelun­gen, soweit solche Ihren Sohn betreffen, in nach­stehendem zur Kenntnis. Nachdem Ihr Sohn die Schießübung sowohl als den ersten Marschtag von Heilbronn bis Großbottwar gut überstanden, auch am darauffolgenden Ruhetag (Sonntag den 3. v. M.) im Quartier zu Großbottwar keinerlei Unwohlsein geäußert hatte und abends um 9V» Uhr nüchtern zu Bett gegangen war, wurde er am andern morgen um halb 6 Uhr von seinem im gleichen Quartier mit ihm befindlichen Putzer geweckt und verließ das Quartier gesund und in heiterer Stimmung mit seinen Kameraden morgens halb 7 Uhr, um sich zum Antreten der Kom­pagnie zu begeben, worauf kurz vor 7 Uhr der Ab­marsch des Bataillons aus Großbottwar erfolgte. Im ersten Teil des Marsches bis vor Marbach ist ihr Sohn gut mitgekommen und hat über nichts ge­klagt. Als aber hier die Straße längere Zeit ziem­lich steil bergan ging, äußerte er erstmals zu seinem Nebenmann gleichfalls ein Einjährigfreiwilliger es strenge ihn sehr an" und blieb auch nach und nach etwas hinter demselben zurück, doch ohne zum Austreten aus dem Gliede genötigt zu sein oder sich unwohl zu melden. Hinter Poppenweiler, wo das Bataillon ca. dreiviertel Stunden rastete, legte er sich unter einen Baum und von dem Inhalt seines Brotbeutels von seinen Quartierleuten hatte er ein mit Butter bestrichenes Brot und z rei Eier er­halten, auch war ihm seine Feldflasche mit Wein ge­füllt worden. Seinem Nebenmann sagte er, als die­ser sich vor dem Antreten zum Weitermarsche nach seinem Befinden erkundigte, es gehe ihm wieder gut. Allmählich aber ist er auf dem Weitermarsche wieder abgefallen und, mehr und mehr hinter seinen Neben­

leuten zurückbleibend, an den Schluß seiner Kompag­nie gekommen. Der hier marschierende Vizefeldwebel hielt ihm eine Strecke weit seinen Tornister, um ihm das Tragen zu erleichtern, ließ ihn in Hegnach, wo zum Wasserfassen kurz gehalten wurde, Wasser trinken und eine Weile unter einen Baum sitzen, worauf es ihm eine Zeit lang wieder besser wurde und er wie­der witmarschterte. Sein Nebenmann, mit dem er hier wieder zusammentraf und der ihn sodann wanken sah, sagte zu ihm, er solle doch austreten aus der Marsch­kolonne (wie denn auch um diese Zeit manche andere schon ausgetreten waren); er erwiderte demselben aber, er halte es schon vollends aus und marschierte weiter; als die Quartiermacher etwa halbwegs zwischen Hegnach und Waiblingen dem Bataillon entgegengekommen waren, sagte er zu seinem Nebenmanne, sie kämen in das gleiche Quartier, er solle dos Quartierbillet über­nehmen und ihn dann in Waiblingen ins Quartier bringen, er werde wahrscheinlich krank und wolle sich den Mittag über ins Bett legen. Dann blieb er wieder hinter dem Nebenmanne zurück und schleppte sich zwischen den dahintermarschierenden Leuten noch eine Strecke lang schwankend weiter. Einer derselben, auf welchen er htvaufsticß, forderte ihn auf, er solle doch austreten, er that dies aber nicht und sagte auch zu ihm, er trete nicht aus, er gab ihm sein Gewehr zum Tragen, um seinen Rockkragen zumachen zu können und machte denselben zu, obwohl sein Neben­mann zu ihm sagte, er solle doch den Kragen offen lassen. Als er kurz darauf wieder auf die Neben­leute hinausstietz, wie wenn er Umfallen wollte, faßten ihn dieselben auf beiden Seiten und führten ihn seit­wärts aus dem Gliede heraus, wobei er noch zu denselben sagte, sie sollen doch kein dummes Zeug machen. Er wurde zunächst von den Leuten, welche ihn heraussührten und dem sofort herbeigekommenen Vizefeldwebel an die Straßenböschung gelegt und von dem alsbald herbeigerufenen Oberlazaretgehilfen über- nommen, welcher ihm Wasser mit Hoffmannstropfen einflößte. Der nach wenigen Minuten hinzugekommene Bataillonsarzt fand ihn tief bewußtlos, ohne Reaktion der Pupillen aus Lichteinfall, mit stürmischer Atmung und Herzthätigkeit, die Körperwärme erschien nicht besonders erhöht. Es stellte sich Erbrechen reichlicher Flüssigkeit ein. Er wurde größenteils entblößt, auch mit Wasser abgekühlt und erhielt Aethereinspritzungen. Da sich jedoch nach über einer Stunde keine Besserung gezeigt hatte, wurde versucht, ihn auf dem aus Waib­lingen gekommenen Leiterwagen, wo er bequem hin- gelagert wurde, nach dem etwa 20 Minuten entfernten Bezirkskrankenhaus zu fahren. Er hat die Fahrt gut ertragen, der Puls war hernach längere Zeit ziemlich günstig. Im großen Ganzen ist jedoch das Bild immer dasselbe geblieben und um drei Uhr nachmittags ist er gestorben. Als Ursache des Todes ist nach Ausspruch der Arztes Herzlähmung zu be­trachten, bedingt durch Hitzschlag. Wesentlich be­fördert wurde der Hitzschlag nach der ärztlichen Acußerung ohne Zweifel durch Schwäche des Herzens, welche durch die fette Körperbeschaffenheit des Verstorbenen bedingt war, und durch zu langes Mitmarschieren, ohne auszutreten. Wenn auch der Verstorbene durch sein Verhalten auf dem Marsche einen hohen Grad von Pflichteifer und Selbstüberwindung bewiesen hat. welcher vom militärischen Standpunkte aus alle An­erkennung verdient, so haben sich doch andererseits bei dem Umstande, daß er vielleicht in Ueberschätzung seiner körperlichen Leistungsfähigkeit seinen Kräften selbst zu viel zugcmutet hat und weder von selbst rechtzeitig ausgetreten ist, noch auch sein Befinden ge­meldet hat, keinerlei Momente dafür ermitteln lassen, daß sein Tod durch eine fahrlässige Handlung oder Unterlassung seiner Vorgesetzten verschuldet worden wäre. Königliches Preußisches Garnisonsgericht, v. Zin gl er, Generallieutenant und Gouverneur der Festung Ulm. Werver, Auditeur.

* Reutlingen, 13. Aug. Eine That von em-