sprießliche Thätigkeit wurde Herrn Stadtschultheiß die verdiente Anerkennung gezollt. Zum nunmehrigen Vorstand wurde Herr Oberförster Weith per Akklamation gewählt. Der Ausschuß wurde um 5 Mitglieder verstärkt und wurden die seitherigen Mitglieder wie auch die neuen, nämlich Herr Schultheiß Dengler »ud Herr Fabrikant Schtckhardt in Ebhausen, Herr Oberamtsbaumeister Schuster und Herr Kommerzienrat Sannwald in Nagold und Herr Schultheiß Hauser in Egenhausen ebenfalls durch Zuruf gewählt. Bei dem Vorschlag neuer Projekte brachte Herr Schultheiß Dengler io Ebhausen die Verbesserung des Fußweges vom Ausgang des Nonnenwaldes aw rechtsseitigen Nagoldufer entlang bis Ebhausen zur Sprache. Man war dem Projekt nicht abgeneigt und stellte dem Antragsteller anheim, zunächst m t den betr. Güterbesitzern zu unterhandeln, also die Vorbedingungen zu ordnen, worauf dann später endgiltiger Beschluß gefaßt werden könne. Von dem Vorschlag weiterer neuer Projekte wurde Umgang genommen, da noch eine Anzahl älterer der Ausführung harren, als da sind: Erstellung eines Pavillons auf dem Schloßberg, Gestaltung des Wald- dreieckS an der Egenhauser Straße beim Steinbruch zu einer öffentlichen Anlage, Herstellung eines Verbtndungsfußwegs vom Markhaldeweg auf die Thalstraße bei der Neumühle rc. Die Verwill'gung eines Beitrags zur Erstellung des projektierten Springbrunnens unter den Eichen wurde dem Ermessen des Ausschusses anheimgegeben. Die Versammlung war, namentlich auch von Mitglieder« aus Ebhausen, sehr zahlreich besucht. Der Verein zeigt das Bestreben, im ganzen OA.-Bezirk Mitglieder zu gewinnen und damit auch den Bereich seiner Thätigkeit immer mehr auszudehnen.
* Freudenstadt, 26. Juli. Der Ausschuß des landwirtschaftlichen Bezirksvereins Freudenstadt hat in gestriger Sitzung beschlossen, das landwirtschaftliche Bezirksfest Heuer am 21. Sept. in Dornstetten abzuhalten. Mit dem Fest wird eine von den Obstbauvereinen des Bezirks zu veranstaltende Obstausstellung verbunden sein.
'Tein ach, 15. Juli. In unserem sonst so ruhigen Orte herrschte heute ein recht bewegtes, volks- festlichcs Treiben. Unter Anwesenheit zahlreichen Publikums von nah und fern fand das Jabobifest statt. Dasselbe verlief in herkömmlicher Weise. Zum erstenmal war ein Kasperltheater hier, das durch seine drolligen Aufführungen unserer Jugend große Freude bereitete.
* Stuttgart, 26. Juli. In der heutigen Sitzung der bürgerlichen Kollegen bekämpfte das sozialdemokratische Bürgerausschußmitglied Kloß die Feier des Nationalfestes vom 1./2. September insbesondere in dem Sinn, daß sie nicht eine bloße Totenfeier, sondern eine verletzende politische Parteidemonstration sei. Kloß stellte den Antrag, daß die Feier bezw. der Beitrag zu den Kosten für dieselbe für Heuer gestrichen werde. Gemeinderat Payer verwilligt den Beitrag, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß nicht „Taktlosigkeiten" wie vergangenes Jahr Vorkommen. Die Kollegien beschließen, die Nationalfeier in der bisherigen Weise zu begehen und zu unterstützen.
* Nach einem Erlaß des Ministeriums des Innern kann das Verlangen nach Zurückgabe bezahlter Rezepte an Apotheker sowohl von dem Patienten selbst be;w. dessen Beaastrogten oder Vertreter nach dem Tode von dessen Rechtsnachfolger gestellt werden.
* Bad Voll bei Göppingen. 25. Juli. Ein schweres Unglück, welchem drei Menschenleben zum Opfer fielen, hat sich gestern abend hier zngetragen. Eine Anzahl Personen war in dem Schacht des gegen 50 Meter tiefen Schwefelbrunnens beschäftigt. Während in einer Zwischenpause die Arbeiter den Brunnen verließen, blieb der Lötofen unten stehm. Das Kohlengas des Ofens vermischte sich mit dem dem Brunnen entströmenden SchwefelgaS. Als die Leute die Arbeit wieder aufnahmen und in den Brunnen zurückkehrten, fiel einer nach dem andern in Ohnmacht. Weitere Leute stiegen hinunter, um die Verunglückten zu retten. Die Anwesenheit des Werkmeisters Kübler von Göppingen und eines Arztes verhütete die größere Ausdehnung des Unheils, indem die beiden die Leute am weiteren Hinuntersteigen verhinderten und einen Nebenschacht graben ließen, welcher die Gase entführte. Die Namen der drei Toten sind: Schlosser Eichrodt, Flaschner Julius Dietrich und Obergärtner Erat von Bad Voll. Bier schweben in Lebensgefahr. Bei den andern ist Aussicht auf Erholung vorhanden.
* Aus dem O b eramt Be stghetm, 25. Juli. Man beobachtet zur Zeit die ledige Erscheinung, daß infolge der außerordentlicheo Hitze in unseren Weinbergen viele Trauben zu braten beginnen. — D e Ernte ist in vollem Gang.
* Ravensburg, 24. Juli. (Rekrutentrummel.) Am gestrigen ersten Tage wurden vom Schwurgericht zunächst die Personalien der 82 Angeklagten festgestellt, und sodann die umfangreiche Anklageschrift verlesen. Hierauf begann die Vernehmung der einzelnen An geklagten, welche heute fortgesetzt und vollendet wurde. Sämtliche Angeklagten sind geständig. Die revoltierenden Rekruten schützen hochgradige Betrunkenheit vor. Der Vater Matthäus Stöckler erklärte, er sei durch die aus dem Gefängnis herausgedrungenen Rufe seines Sohnes Karl, daß er so schwer gefesselt sei, daß ihm das Blut von den Handknöcheln herab laufe, in sinnlose Aufregung gekommen. Diese allzustarke Fesselung war übrigens eine Lüge des Karl Stöckler (Rekrutenvereinsvorstand.) Hierauf wurden die einzelnen Zeugen vernommen, welche durchweg die Darstellung der Anklageschrift bestätigten. Ein heiteres Intermezzo in Der Verhandlung bildete die Aussage des hiesigen Stationskommandanten, welcher sagte, daß bei seinem und dreier weiterer Landjäger Vorgehen gegen die angesammelte Menge am zweiten Tag des Krawalls die Menge so rasch auseinanderstob, daß man die hintendrein Flüchtenden zurück rufen-mußte um ihnen eröffnen zu können, daß der Platz geräumt werden müsse.
* U l m, 25. Juli. Soeben (g12 Uhr, marschiert das Ulanen-Regiment zum Stuttgarter Thor herein. Die Hauptstraßen der Stadt sind beflaggt. Die Bevölkerung begrüßte das Ankoarmen des Regiments mit herzlichen Zurufen. An verschiedenen Punkten der Stadt spielen Mtlitärmustken.
* U l m, 25. Juli. Heute ist Jakobi, und allenthalben steht man, wie die U. Ztg. schreibt, Umzüge
und Wanderungen. Die merkwürdigste, jedoch leicht erklärliche Thatsache ist die, daß 120 Dienstmädchen mehr als gewöhnlich den Dienst heute wechseln. Dem „Zug des Herzens" folgend, gehen die meisten nach Stuttgart. Sträußchen von Kornblumen mit gelben Rosen sollen plötzlich sehr gesucht sein. Jedenfalls wird aus Stuttgart genügender Ersatz ein- treffen.
* (Verschiedenes.) Beim Baden ertrunken ist in Beihingen der Lokomotivführer Freithaler infolge eines Schlaganfalls, in Neuenbürg der 13jährige Sohn des Schultheißen Gann in Conweiler, in Oberboihingen der Bahnwärter Knecht; derselbe hinterläßt eine Witwe mit fünf Kindern. — Infolge Durchgehens der Pferde schlug der Wagen des Bauern Geckeler von Holzelfingen um. Seine beiden darauf befindlichen Kinder kamen unter denselben und fanden den Tod. — In Horb scheute an der Btldechinger Steige das Pferd eines Fuhrwehrks mit zwei Insassen; dieselben wurden herausgeschleudert und nicht unbedeutend verletzt. Das Gefährt schlug um und das Pferd rannte mir dem Vordergeschrrr mit rasender Schnelligkeit in die Stadt, woselbst es einen fünfjährigen Knaben niederwarf und ihn schwer am Kopfe verletzte. — In Heidenheim hat sich die Ehefrau eines Fabrikschlossers mit ihren zwei Kindern in der Brenz ertränkt. Als der Mann dies erfuhr schoß er sich mit einer Pistole eine Kugel in den Kopf. Der lebensgefährlich Verletzte wurde ins Bezirkskrankenhaus verbracht. — In Waldenbuch wurden dem Bierbrauer und Landwirt Schmid ca. 50 Hopfenstöcke abgeschnittm. Von dem ruchlosen Thäter hat man bis jetzt keine Spur. — Eta Lehrling der Papierfabrik C. Riethmüller in Kirchhetm u. T. ist mit 1200 Mk. durchgegangen. — In Brackenheim starb ein lljähriger Knabe an Blutvergiftung. Derselbe bekam einen Dorn (Spreißel) in die Hand und nachdem derselbe ausgezogen war, beachtete der Knabe die Wunde weiter nicht mehr. Vor einigen Tagen nun traf man morgens den Knaben im Starrkrampf liegen, nachdem er abends zuvor noch munter auf der Gaffe war. Eine sofort vorgenommene Operation half nichts mehr, er mußte unter schweren Leiden sterben. — In B ö b l t n g en hat sich der verheiratete W. Ganzhorn im Staatswald erhängt. Das Motiv ist unbekannt. — Oekonom Gottlob Keller von Bietigheim wurde von der Wagendeichsel eines Erntewagens derart auf die Brust gestoßen, daß er bewußtlos zusammenbrach und alsbald starb. — In Ilshofen ist der älteste Mann der Gemeinde, der pensionierte Waldschütz Friedrich Müller, im Alter von 94 Jahren gestorben. Er war noch im Voll- genuß seiner geistigen Kräfte, dagegen war sein Verkehr mit anderen etwas erschwert durch ein Gehörleiden.
* Achern, 24. Juli. Bezeichnend! Unter dieser Spitzmarke berichten die „Ach. Nachr." folgendes : Aus der Konkursmasse des „Weinhändler" Max Hermann in Oberkirch kommen am Donnerstag, den 26., vormittags 10 Uhr, in dessen Wohnung zwölf- tauseud vierhundert Liter verdorbener Kunstwetn, für Efsigfabrikanten und Schnapsbrenner sich eignend, zur Versteigerung.
„Sie sehen blaß aus, Kleine, und Ihre Augen find umflort. Das kommt vom Nachtschwärmer!, Sie müssen für die Triumphe des gestrigen Abends büßen."
„Nein," sagte Jda, ihren Hut ablegend, „das ist es nicht — Frau Gräfin."
„Nennen Sie mich Lucile, Liebe, das ist der Name, den ich gern von Ihnen hören möchte."
„Schön, wenn ich dann auch Jda sein darf."
„Jda," die Silben klangen wie Musik aus Madame Aviolis Munde. „Es ist ein hübscher Name, er gefällt mir, Jda. Aber was wollten Sie mir von Ihren müden Augen und farblosen Wangen sagen?"
„Nichts, als daß man nicht immer glücklich sein kann."
„So, mein armes Kind, haben Sie das auch schon erfahren?"
„Ich glaube," erwiderte Jda zögernd.
„Sie haben recht, Jda, das Leben ist nicht immer Rosen und Sonnenschein," sagte die Gräfin. „Es gibt indessen Kummer, der geringer wird, wenn man ihn an einem treuen Freundesbusen ausschütten kann."
„Der meine ist nicht von dieser Art," erwiderte Jda, vor dem Gedanken zurückbebend, einer lebenden Seele das furchtbare Geheimnis anzuvertrauen, welches ihr heute morgen enthüllt worden. „Nicht, daß ich ernstlichen Kummer habe, nur — nur. Sie wissen ja, man ist zuweilen launenhaft und veränderlich."
„Sehr wahr," pflichtete die Gräfin bet. „Aber verscheuchen Sie diese Schatten, die ebenso unbestimmt
wie unbeschreiblich sind. Erzählen Sie mir lieber von sich und Ihrer amerikanischen Heimat. Ich liebe es, von Leben zu hören, die von dem meinigen so verschieden find. Reden Sie zu mir, mein Herz, als ob Sie zu sich selbst sprächen."
Jda hatte einen niederen Sessel zu den Füßen Madame Aviolis hingerückt, und deren Hand in der ihren haltend, erzählte sie ihr von dem Pfarrhause in Deepdale und ihren sonnigen Kinderjahren und wurde immer lebhafter, je weiter sie in ihrer Erzählung kam. Wäre es den Tag vorher gewesen, so würde auch Jda von ihren früheren Jahren gesprochen haben, von Monsieur Pierre und dem sonderbaren Wanderleben, das sie damals geführt, aber jetzt, sie wußte kaum selbst warum, vermied sie ängstlich alles, was darauf Bezug haben konnte.
Mit gespannter Teilnahme hörte die Gräfin ihr zu.
„Der gute Priester!" rief sie, als Jda ihr in gutmütig scherzhafter Weise die Eigentümlichkeiten Greshams beschrieb. „Ich hätte ihn wohl kennen mögen."
„Er war kein Priester," erwiderte Jda, „er ist ein protestantischer Geistlicher."
„Das ist ganz gleich, Liebe l Und das Mädchen mit den blauen Augen und der sanften Stimme, deren Bräutigam sich treulos erwies, und sich in Sie verliebte?"
„Es ist aber alles wieder in Ordnung," sagte Jda lebhaft. „Sie werden sich nächstens verloben, und er wird mich bald vergessen haben, als hätte ich für ihn nicht existiert."
„Ja," erwiderte Madame Avioli mit einer gewissen Bitterkeit, „das ist so die Weise der Männer. Aber Ihr Gemahl, der schöne Knabe mit den tiefblauen Augen, wird es nicht so machen. Er liebt Sie innig."
„Er ist kein Knabe mehr, er ist zwanzig Jahre alt."
„Nehmen Sie etz mir nicht übel, Jda," sagte die Gräfin lachend, „aber was ist er anders, als ein Knabe? Mein Mann, als er starb, zählte stebenzig Jahre. Sehen Sie mich nicht so entsetzt an, Kind. Es ist freilich wahr, daß ich ihn nicht aus Liebe geheiratet habe, aber hierzulande sehen wir so etwas von einem andern Standpunkte an. Ich war arm und alleinstehend, von hohem Rang und, wie die Leute behaupten, sehr schön. Welche Zukunft stand mir bevor? Der Graf Avioli war ein liebender, großmütiger Gatte, und ich bin ihm während der Jahre unserer Ehe ein treues Weib gewesen, so treu, Jda, als hätte ich ihn mit der Begeisterung eines jungen Mädchens geliebt. Und als er starb, hinterließ er mich reich und unabhängig. Es war zwar nicht romantisch, aber, was wollen Sie, nicht jedermanns Sache ist es, davonzulaufen, um sich wie Sie, meine Kleine, mit sechzehn Jahren im Geheimen trauen zu lassen."
Der Besuch der Gräfin hatte sich weit über die von der Mode vorgeschriebene Zeit verlängert, und als sie sich verabschiedete, bat Jda sie, denselben recht bald zu wiederholen.
„Ich weiß nicht, was mich so zu Ihnen hinzieht," sagte sie, „aber es ist mir, als habe ich in Ihnen eine Schwester gefunden." (Fortsetzung folgt.)
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