Offiziere fortan nur unter dem Gesichtspunkt ein- treten zu lassen, daß alle Schwierigkeiten vermieden werden, welche sich bisher in unerwünschter Weise und zum Nachteil Meiner Offiziere bei deren Kom­mandierung nach Preußen, sowie auch umgekehrt der Kommandierung Königlich Preußischer Offiziere nach Württemberg geltend gemacht haben. Nach mündlicher Vereinbarung mit Seiner Majestät dem Könige von Preußen bestimme ich daher folgendes: 1) Sie haben sich mit dem Königlich Preußischen Kriegsministerium in Verbindung zu setzen, um endgültig festzustellen, in welchem Dienstaltersverhältnis jeder Meiner Offi­ziere zu den Offizieren gleicher Rangstufe der Königlich Preußischen Armee steht. Das so festgestellte Dienst­alter soll fortan die einwandfreie Grundlage für die erforderlichen beiderseitigen Kommandierungen rc. ge­mäß Art. 8 der Militärkonvention vom 21.25. November 1870 bilden. Auch soll zukünftig bet den aus Anlaß von Neuernennungm und Beförderungen zu verleihenden Patenten sinngemäß verfahren werden. 2) Die nach Preußen kommandierten Königlich Würt- tembergischen Offiziere legen die Uniform und alle Abzeichen desjenigen Truppenteils an, dem sie zuge­teilt werden. Generale und Generalstabsoffiziere tragen Preußische Uniform. Generaladjutanten, Generale L 1a sults und Flügeladjutanten behalten das Recht zum Tragen ihrer besonderen Uniform. Die zu höheren Kommandobehörden, Instituten, Bildungsanstalten rc. kommandierten Offiziere tragen die Uniform des Truppenteils, dem sie urigehören. Das Entsprechende wird für die nach Württemberg kommandierten Kö­niglich Preußischen Offiziere von Seiner Majestät dem Könige von Preußen angeordnet werden. 3) Es ist Mir erwünscht, wenn die Rangliste meines Armeecorps mit derjenigen der Königlich Preußischen Armee ver­einigt erscheint und haben Sie das hierzu Erforder­liche in die Wege zu letten. 4) Einen Meiner Offi­ziere zur dauernden Dienstleistung zum Militärkabinett Seiner Majestät des Königs von Preußen zu kom­mandieren, behalte Ich Mir vor.

Stuttgart, den 1. Dezember 1893.

gez. Wilhelm.

gez. Schott v. Schottenstein."

Dieser Befehl ist als in Gemäßheit mit der MUitärkonvention stehend gegeben. Die staatsrechtliche Frage ist nun, ob er wirklich auf diesem Boden steht oder nicht. Nach seiner (Redners) Meinung sei die Bejahung dieser Frage höchst zweifelhaft. In den Debatten der 70er Jahre in diesem Hause kam die Frage mehrfach zur Sprache, ob die württembergische Krone auf Reservatrechte dem Reich gegenüber ver­zichten könne ohne Zustimmung der Stände, und man kam hierbei zu dem Resultat, daß das Ministerium die nachträgliche Verantwortlichkeit dafür vor den Ständen zu tragen habe. Redner betont nun. daß es sich in der vorliegenden Frage, in der Milttär- konventio», nicht um einen Vertrag Württembergs mit dem Deutschen Reich, sondern um einen solchen zwischen der württembergischen und der preußischen Regierung handle, daß aber niemand berechtigt sei, einseitig davon abzuweichen. Redner untersucht sodann den Inhalt dieser Konvention und betont, daß dabei das württembergische Armeecorps als ein an sich ge­schloffenes aufgeführt ist, daß nur einige Offiziere

sollen zu ganz bestimmt vorgezeichneten Zwecken ab­kommandiert werden dürfen, und ein Artikel stelle besonders fest, daß wesentlich ausgedehntere Kom­mandierungen nicht in Aussicht genommen werden.

Landesnachnchteu.

* Alten steig, 28 . Mai. Ein schweres Ver­brechen wurde in der Nacht vom Samstag auf Sonn­tag in der Gemeinde Erzgrube verübt. Der Forelleswirt Georg Sackmann von Schorrenthal, ein Mann in den 60er Jahren und sein Sohn, ge­dienter Soldat, nebst dem Küfer des Orts, zechten bis morgens gegen 3 Uhr in derLinde" daselbst und traten dann anscheinend in bester Harmonie den Heimweg an. Am Sonntag früh teilte nun der Sohn seinen Nachbarn mit, daß sein Vater nicht nach Hause gekommen sei und daß er nach ihm sehen müsse; er soll dabet eine auffallende Erregung zur Schau getragen haben. Den Vater fand man nun etwa 250 Meter von derLinde" entfernt am Wald­rand erschlagen in seinem Blute liegen. Blutlachen und Spuren eines stattgefundenen Kampfes befinden sich schon 50 Meter von der Linde entfernt auf der Straße nach Schorrenthal, ein weiterer Kampfplatz befindet sich unweit der Stelle, wo der Leichnam ge­funden wurde, daselbst lag auch ein blutgetränktes Lattenstück, mit welchem ohne Zweifel die tätlichen Streiche geführt worden sind. Der Leichnam wurde von der Straße weg an den Waldrand geschleift, was deutliche Spuren beweisen. Ganz schrecklich soll der Manu zugerichtet sein. Als des Vatermords dringend verdächtig wurde noch am Vormittag der Sohn verhaftet. Dieser soll eine Heirat beabsichtigt haben, mit welcher der Vater nicht einverstanden war und hierin wird der Beweggrund zu der unseligen That vermutet. Noch gestern nachmittag begab sich das Kgl. Amtsgericht Freudenstadt nach Erzgrube und nahm an Ort und Stelle den Thatbestand auf.

* Alten steig, 28. Mai. Eine traurige Bot­schaft durcheilte heute in der Frühe unsere Stadt. Hr. Schullehrer Krößler, ein anscheinend in bester Gesundheit stehender stattlicher Mann, wurde heute Nacht von einem Schlaganfall betroffen, der seinem Leben ein rasches Ende bereitete. Der schwere Fall erregt die allseitigste Teilnahme, namentlich wendet sich auch das Mitgefühl der hinterlaflenen schwergeprüften Familie zu, welche aus so jähe Art des treubesorgten Gatten und Vaters beraubt wurde.

* Alten steig, 28. Mai. Häufig sind immer noch die Angehörigen der zu Friedensüoungen einge- zogenen Mannschaften des Beurlaubtenstandes nicht völlig klar über die ihnen zustehenden Unterstützungs­ansprüche. Es ist daher darauf aufmerksam zu machen, daß zwar nur Ehefrauen und Kinder unter 15 Jahren einen unbedingten Anspruch auf Unterstützung haben, daß jedoch auch Kinder über 15 Jahre, sowie Ver­wandte in aufsteigender Lienie und Geschwister der Einberufenen in dem Falle unterstützungsberechtigt sind, wenn sie von den letzteren vor dem Dienstantritt schon unterhalten wurden, oder wenn ein Unterstützungs- bedürfnis nach erfolgtem Dienstantritt entsteht. Unter den gleichen Voraussetzungen kann den Verwandten der Ehefrau in aufsteigender Linie und ihren Kindern aus früherer Ehe eine Unterstützung gewährt werden.

Alle Ansprüche auf Unterstützung jedoch erlöschen, wenn sie nicht binnen einer Woche nach Beendigung der Uebung bei den Gemeindebehörden des Ortes an­gemeldet sind, an dem die Familie, nicht der zur Uebung Einberufene, zur Zeit des Beginnes des Unterstützungsanspruchs ihren gewöhnlichen Aufent­haltsort hatte.

* Eßlingen, 26. Mai. Gestern wurde die 34jährige Emilie Seisried von Aichschieß, welche in Hegensberg im Dienst war, aufgehängt gesunden. Ein Selbstmord ist ausgeschloffen. Die Vorgefundenen Spuren geben sichere Anzeichen, daß die Seifried zuerst erdrosselt und dann aufgehängt worden ist. Die Ober­staatsanwaltschaft mit der zuständigen hiesigen Be­hörde nahm an Ort und Stelle den Thatbestand auf. 2 Einwohner von Hegensberg wurden ver­haftet.

* Göppin gen, 26. Mai. Nach ^/.jähriger Ab­wesenheit kehrte gestern abend mit dem Ulmer Schnell­zug um 5 Uhr Herr Fabrikant Hans Schauffler von einer Reise um die Erde zurück, die er anläßlich der Weltausstellung in Chicago unternommen hatte. Zum Empfang hatten sich sämtliche Angestellte und Arbeiter der Fabrik mit der Göppinger Stadtkapelle an der Spitze in stattlichem Zug an den Bahnhof begeben. Von da ging der Zug mit Herrn Schauff­ler zur Fabrik zurück, wo die Arbeiter bewirtet wurden. Herr Schauffler hat die'Strapazen der Reise vor­trefflich überstanden.

^Verschiedenes.) Die Raupen, welche auf den Wiesen bei Oel kosen in Milliarden aufge­treten und sich über 200 Morgen verbreiteten, soll die Raupe der Ackereule sein, über deren massenhaftes Auftreten auch aus anderen Gegenden, so nament­lich aus Bayrisch Oberfranken, schwere Klagen kommen. Als Schutzmittel wird das Ziehen von Wassergräben empfohlen, die das Weiterkommen des Insekts ver­hindern. In Blaubeuren wurde die Familie des Herrn Oberamtsrichters Dodel in große Trauer versetzt. Beide Eltern waren abwesend, die Mutter in Ulm, der Herr Oberamisrichter auf einer Ge­schäftsreise. Das einzige etwa 6 Jahre alte Töch- terchen derselben klagte der Magd plötzlich über Un­wohlsein, nachdem es zuvor sich im Garten munter und lustig singend aufgehalten hatte. Kaum in die Wohnung verbracht, starb das Kind an einem Schlag­anfall. Die Mutter, der man den Vorfall so schonend als möglich beigebracht hattte, fiel beim Anblick ihres toten Lieblings vor Schrecken in Ohnmacht und ebenso groß war der Schmerz des heimkehrenden Vaters. Aerztliche Hilfe, obwohl sogleich zur Stelle, kam zu spät. InAltshausen hatte vor einiger Zeit ein Witwer eine Haushälterin eingestellt; dieselbe ist nun mit einem zugereisten Stromer unter Mit­nahme von 120 Mk. durchgebrannt.

* Mannheim, 24. Mai. Der Pcivarier und frühere Metzgermeister Samuel Benzinger machte gestern abend einen Selbstmordversuch, indem er drei Revolver­schüsse auf sich abgab. Bedeutende Verluste aus An­laß der jüngsten Mannheimer Bankkatastrophen sollen den einst wohlhabenden Mann zu, diesem Schritte ver­anlaßt haben. Er erlag den erlittenen Verletzungen.

* Bei der Besichtigung des dritten Bataillons des

Der SLaaLsanwatt.

Kriminal-Roman von Paul Michaelis.

(Fortsetzung.)

Dann setzte er hinzu:Ermannen Sie sich Es soll kein Aufsehen entstehen. Gehen Sie mit den Polizeikommifsar. Wenn Sie versprechen, nicht ent­fliehen zu wollen, wird er allein Sie führen. Auck die anderen Herren bitte ich, vorläufig zu schweigen?

Ich danke Ihnen," sagte Kramer weich.Ick werde willig folgen!" Und von dem Poltzeikom miffar geleitet, macht er sich auf den Weg zun Untersuchungsgefängnis.

Der Staatsanwalt trifft die nötigen Anordnungen Dann begibt auch er sich von der Stätte des Tode- hinweg. Es ist spät geworden, die Frühlingssonn steht schon hoch im Mittag und er hat noch viel z thun, ehe sie sinkt. Er hat einen langen Weg zu gehen Aber er wird nicht abweichen, nicht zur Rechten, noc zur Linken, sondern seine Pflicht erfüllen und kostet es auch alles Glück seines Lebens.

7.

Der Staatsanwalt ging nicht sogleich zu seinem Büreau zurück, sondern trat in das RestaurantZum Rebstock" ein, das wenige Häuser weiter hinab lag. Er kannte den Wirt, den» er hatte früher dann und wann, als derselbe noch an einer andern Stelle sein Restaurant halte, bei ihm verkehrt, obgleich nur selten, denn der Sicuusanwalt war auf sein Di-nstemkommcn angewi-seu und wenn man Kinder hat, muß man spar­sam sein, um auszukommen. Der Staatsanwalt trat

in den geräumigen Hausflur, zu dem man zunächst ge langt, wenn man das Haus betritt. In der Ecke am Fenster steht ein Schränkchen, das wohl zum Auf­bewahren von Utensilien dient, die in der Wirtschaft gebraucht werden. Davor stund ein junger Mann, mit einer blauen Schürze bekleidet, und putzte eifrig Messer. Er hat sich, als er den Staatsanwalt kom­men hörte, flüchtig umgesehen, wendet sich aber sofort wieder der Arbeit zu und schien so eifrig beschäftigt, daß er den Gast nicht beachtete.

Auch als jetzt der Staatsanwalt fragte, ob Herr Ehrecke, wie der Wirt heißt, zu sprechen sei, wendete er sich nicht um.

Der Staatsanwalt mußte seine Frage wieder­holen, um eine Antwort zu erhalten.

Jetzt konnte der Hausknecht nicht länger aus- weichen und kehrte sich nach ihm um. Es war ein stattlicher Bursche, dem man es ansah, daß er beim Militär gedient hatte, mit einem listigen Gesicht und unruhigen Augen. Es war, als scheute er sich, dem Staatsanwalt ins Gesicht zu sehen. Er beeilte sich deshalb auch, mit der Bemerkung zu verschwinden, den Wirt rufen zu wollen.

Der Wirt erschien mit tiefen Bücklingen und lud den Staatsanwalt ein, doch näher zu treten. Der Staatsanwalt lehnte indessen ab.

Ich habe nicht Zeit," sagte er.Aber, wes­halb ich komme: bei Ihnen ist gestern abend eine Kneiperei gewesen?"

Ei freilich, Herr Staatsanwalt," erwiderte der Wirt geschmeichelt,die Korps hatten ja Ferienkneipe.

Auch eine Masse alte Herren waren da. Na, ich sage Ihnen, es ging dabei hoch her."

Es scheint etwas sehr hoch hergegangen zu sein," sagte der Staatsanwalt ärgerlich.Wie lange hat es doch gedauert?"

Na," erwiderte der Wirt,vier Uhr wtrds wohl geworden sein."

Länger nicht?" fragte der andere.Ich denke, es hat bis in den frühen Morgen gedauert."

Nein, Herr Staatsanwalt," wehrte jener ab,das ist Verleumdung. Die Allerletzten find gegen vier Uhr gegangen."

Kann ich wohl das Zimmer einmal sehen," fragte der Staatsanwalt, in dem die Kneipe abgehal­ten worden ist?"

Et gewiß," erwiderte der Wirt,es ist hier gleich auf der anderen Seite. Sehen Sie, ein beson­derer Eingang vom Korridor aus, daß man nicht erst durch das Gastzimmer braucht."

Die beiden traten ein. Es war ein hoher und großer Raum, kunstvoll dekoriert, mit gemalter Decke und schönem Kronleuchter.

Was ich sagen wollte," fuhr der Staatsanwalt dann fort,mein Sohn war auch hier?"

Ja frcilich, Herr Wilhelm war auch da," sagte der Wirt schmunzelnd;der wird nun auch schon groß. Ja, wie die Zeit vergeht! Und was für ein schmucker Herr das geworden ist!"

Er war wohl lange hier?"

Er ist wahrscheinlich ein bißLen spät nach Hause gekommen?" fragte der Wirt mit vertraulichem Augen-