„genügend* keines, „befriedigend* 18, „gut" 65, „sehr gut* 11. Die Prüfung schloß mit einer Ansprache des Herrn Stadtpfarrers Hetterich an die Prüflinge. Redner sprach auch zugleich sämtlichen bei der Prüfung anwesenden Meistern, Lehrern und sonstigen Herren, die durch ihre Anwesenheit ihr Interesse für die Gewerbelehrprüfungen dargethan, herzlichen Dank aus. Der Gewerbevereinsvorstand machte den jungen Leuten nach gethaner Arbeit das Vergnügen, ihnen im „Bad* ein Vesper reichen zu lassen, während die Erwachsenen sich im Gasthof zum „grünen Baum* vereinigten. — Herr Mühlebefitzer Schill von hier hat dieser Tage seine Mühle samt der vorhandenen Liegenschaft um 57 000 M. an Herrn Silber von Hemmingen bei Leonberg, Sohn des dortigen Mühlebe-
fich zu deuten wußte, woher sie komme und was sie sagen wolle.
„Wilhelm!" sagte noch einmal sein Vater, fast vom Schmerz überwältigt. So also mußte er seinen Sohn sehen, seinen Erstgeborenen, auf welchen er so stolz war, von dem er so viel erwartet, auf den er seine Hoffnungen gesetzt hatte. Er sollte einst die ehrgeizigen Träume, die sein Vater gehegt hatte, auf die er aber verzichten mußte, weil er mittellos gewesen war, zur Vollendung bringen und zu irgend einer hohen Stellung im Staate emporsleigen. Und nun? Das war er also in Wirklichkeit! Mn Trunkenbold, der sich so weit vergessen konnte, daß er die Gewalt über seine Sinne verlor. Wer so tief sinken kann, der hat sich selbst nicht mehr im Zügel; auf den kann man sich nicht mehr verlassen; der ist nicht viel besser als ein Elender. Und dem SiaatSanwalt schießt das Blut in den Kopf und eine Sekunde lang schwindelt es ihm vor den Augen.
Wilhelm schaut ihn noch immer unsicher und blöde an. Aber als ihn der Vater rauh am Arme faßt, scheint er zu sich zu kommen.
„Ah ... du, Vater?" lallt er und man sieht es ihm an, wie er sich besinnen möchte. „Das war lustig ... ich bin .. . betrunken . . . Vmer." Dabet sieht er ihn scheu und' doch mit einer gewissen Verschmitztheit an. . . . „Es war... so ... lustig."
Er lacht laut auf und hält sich dabei an das Geländer, um nicht zu fallen.
„Schämst du dich nicht, Wilhelm?" sagt sein Vater halblaut, mit Zorn und Grimm; „schämst du
* Freudenstadt, 30. April. In Schorrenthal, Gemeinde Göttelfingen, ist heute nacht ein Wohngebäude abgebrannt. Die Entstehungsursache ist bis jetzt nicht bekannt.
* Wildbad, 29. April. Heute früh verschied nach längerem schweren Leiden der hiesige evangelische Stadtpfarrer Wilhelm Glauner im Alter von 56 Jahren.
* (Verschiedenes.) In Haiterbach hat sich der vermögliche 39 Jahre alte Bauer I. H. in seiner Scheuer erhängt. Derselbe zeigte schon längere Zeit Spuren von Geistesstörung. — Unbekannte Individuen haben die Bismarckeiche in Stuttgart auf einen Meter Höhe geschält. Ob die Eiche noch zu retten ist, weiß man noch nicht. — In Besig- hetm wurde, als die Flöße die Enz herabkamen, ein Leichnam geländet, welcher als der des schon längere Zeit vermißten Metzgermeisters Gulde aus Ludwtgsburg erkannt wurde. — Vorige Woche verlief sich von Ecken derg, Gemeinde Laufen am Kocher ein 5jähriger Knabe, der nach Untergröningen geschickt worden war, um Salz zu holen. Anstatt den Rückweg anzutreten, nahm er die entgegengesetzte Richtung ein und kam schließlich nach Aalen. Man fand den Knaben morgens im Hofe der Wichsefabrik Union versteckt. Auf Befragen gab er den Namen seiner Eltern an, welche sodann über seinen Aufenthalt unterrichtet wurden und ihn abholten. — Aus BernhardSborf wird gemeldet, daß dieser Tage das 18jährige Dienstmädchen des Bauern Abele an Genickstarre gestorben sei. Die Krankheit verlief so rasch, daß ein Verbringen der Kranken ins Krankenhaus Dewangen nicht mehr möglich war.
* Berlin, 30. April. Kanzler Leist aus Kamerun ist in Deutschland eingetroffen, hat sich jedoch im Auswärtigen Amt noch nicht gemeldet.
* Die „Hamb. Nachr.* warnen in einem Aufsatze Friedrtchsruher Herkunft eindringlich vor dem, was sie den „Sozialismus der gebildeten Stände* nennen, d. h. vor dem Spielen mit halbsozialisttschen Ideen, namentlich in Kreisen von Professoren und Geistlichen. Es heißt da: „Den Bestrebungen der Sozialisten und Sozialdemokraten wird aus 2 Gruppen der sog. höheren gebildeten Klassen heraus Vorschub geleistet. Einmal sind es die Akademiker und Professoren, sodann kirchliche und geistliche Kreise. Es liegt uns fern, den Lehrern der Wissenschaft, wie der evang. Geistlichkeit als Ganzes einen Vorwurf machen zu wollen, denn diese Berufsstände als solche stad kaum verantwortlich zu machen für einzelne Durchgänger, es muß aber immer wieder auf das Gefährliche einzelner sozialistrender Stimmen aus diesen Kreisen hingewiesen werden. In einem Vortrage, den ein rheinischer Großindustrieller, Julius Vorster, kürzlich in einer Versammlung des Vereins der Industriellen des Reg.-Bez. Köln gehalten hat, landen ähnliche Bedenken gegen den immer mehr an Boden gewinnenden Sozialismus der gebild. Stände Ausdruck und bündige Zurückweisung. Der Redner betonte namentlich die mehr und mehr auch in den führenden Kreisen wahrnehmbare Feindschaft gegen den Besitz und den sogen. Kapitalismus und kritisierte die dadurch in Aufnahme gekommenen traditionellen
dich denn gar nicht? Augenblicklich kommst du zu Bett?"
Dabei faßt er ihn stark an und zieht ihn die Treppe hinauf. Doch sorgt er zugleich dafür, daß möglichst wenig Lärm entsteht.
„Leise!" flüstert er d m Betrunkenen zu. „Soll auch deine Mutter deine Schande sehen?"
Und Wilhelm, als ob ihn das etwas zur Besinnung brächte, schleicht nun mit der übertrüben Manier der Trunkenen auf den Zehen weiter.
Endlich haben sie sein Zimmer erreicht. Gottlob, die Mutt r hat nichts gehört! Der Staatsanwalt schiebt ihn vor sich her hinein.
„Nun zieh' dich aus und leg' dich zu Bett," sagte er.
Dann fährt er auf: „Wie siehst du denn aus? Wo kommst du denn her? Hast du dich gegen eine Wand gelehnt? Dein ganzer Ueberzieher ist ja schmutzig!"
„Schmutzig?" sagte jener mit schwerer Zunge. „Das wird schon wieder rein werden."
„Und mit solchem beschmutzten Rocke gehst du am frühen Morgen über die Straße," sagte sein Vater vorwurfsvoll. „O es ist schimpflich."
Er versucht den Kalk mit der Hand abzuklopfen, aber es entsteht eine solche Wolke von Staub, daß er davon aüsieht
„Ach was!" sagte er unmutig. „So zieh' den Rock aus und leg' dich zu Bett."
Und Wilhelm, der allmählichzu sich zu kommen
Phrasen. Wer sich heute, so führte der Redner aus, durch intelligente, fleißige Arbeit und Sparsamkeit in irgende iner Gewerbsthätigkeit Besitz erwirbt, dem wird der Vorwurf der „Aussaugerei" kaum erspart bleiben. Gibt er sein Geld wieder aus, so heißt es: „Sieh da der Proz, wie er praßt, während andere darben." Spart er das Erworbene zu vermehrtem Grundbesitz, so wird er als „Latifundienbesttzer" angefeindet. Legt er es weiter in industriellen Werken an, so befördert er das Entstehen neuen Proletariats. Wählt er Staatspapiere oder Aktien als Kapitalanlage, so wird er der berüchtigte „Couponabschneider." Haß und Neid gegen den Besitz sind ohne Zweifel die leitenden Beweggründe unserersozialdemokrattschen Führer. Das ist aber auch das stille, oft verhaltene, oft laut in die Massen geworfene Bekenntnis vieler Gebildeten und Besitzenden selbst. Die beste Gelegenheit, alle Klaffen der Bevölkerung wirklich wohlhabender, reicher, glücklicher zu machen, ist aber doch allein die Arbeit. Vermehrte Arbeit und vermehrte Arbeitsgelegenheil zu schaffen, daran denken aber alle unsere übereifrigen Sozialpolitiker nicht. Mit der Anfeindung des Kapitals verhindern sie die Schaffung neuer Unternehmungen und neuer Arbeitsgelegenheit.
Ausländisches.
* Pest, 30. April. Wegen eines gegen den Wiener Eilzug, mit dem Erzherzog Josef fuhr, abgefeuerten Schusses, ist Untersuchung eingeleitet. Die Absicht eines Anschlages gegen den Erzherzog gilt für ausgeschlossen, vielmehr wird eine Büberei, wie sie kürzlich in Böhmen vorgekommen, vermutet.
* (Giftmord in Antwerpen.) Die Untersuchung in dem großen Giftmtschecprozeß macht rasche Fortschritte und hat bereits die Schuld der Frau Joniaux, Gattin des Direktors im Mtntsterum der öffentlichen Arbeiten, fast unwiderleglich festgestellt. Wie bereits bekannt, wurden in fast allen drei Leichen starke Dosen Morphium festgestellt, während andererseits nachgewiesen werden konnte, daß Frau Joniaux sich jedesmal unmittelbvr vor dem Tode einer der drei so geheimnisvoll verstorbenen Personen in den Apotheken große Mengen Morphium verschafft hatte. Sodann wurde in jedem einzelnen Falle konstatiert, daß die von Frau Joniaux oder auch den Aerzten, die den Totenschein ausstellten, angegebenen Todesursachen gar nicht vorhanden sein konnten. Der Kürze halber nur ein Beispiel: Bei dem im Hause der Eheleute Joniaux, Alfred Ablay, wurde als Todesursache ein Herzschlag infolge eines langjährigen Herzfehlers angegeben; insbesondere war es Frau Joniaux selbst, die immer auf das „Herzleiden des armen Alfred" zurückkam. Nun aber ist das Herzleiden als eine pure Erfindung der Frau Joniaux zu betrachten, denn nicht weniger als neun Aerzte haben im Auftrag der Versicherungsgesellschaft Gres- ham Alfred Ablay kurz vor seinem Tode aufs genaueste untersucht und denselben als durchaus gesund und ohne den geringsten organischen Fehler befunden. Frau Joniaux, die den Boden unter ihren Füßen schwinden fühlt, will jetzt dem Untersuchungsrichter glauben machen, Alfred Ablay habe wegen seiner pekuniären Schwierigkeiten einen Selbstmord begangen, wie er auch früher schon derartige Absichten geäußert
scheint, wirft die Oberkleider ab und läßt sich schwer aufs Bett fallen.
„W r sprechen uns nachmittags noch," sagt sein Vater. Aber Wilhelm scheint bereits nicht mehr zu hören. Sobald er niedergesunkrn ist, liegt er wie tot da, und nur seine regelmäßigen Atemzüge beweisen, daß er schläft oder Doch schlafen will.
Sein Vater steht einen Augenblick dabei und steht ihn mir schmerzlichen Blicken an. O, wenn das die Mutter sähe, wie ec sich, betrunken und verkommen, mit schmutzigen Stiefeln und bestaubten Beinkleidern in das reine Bett geworfen hat! Wie sie betrübt und bekümmert darüber sein würde! Aber er ist nicht in allem so? Ec mißachtet alle Sorgfalt seiner Mutter, er mißachtet seine Bücher und seine Kleidung, er mißachtet dis Lehren und die Ermahnungen seines Vaters, wie er sich selbst mißachtet. Die Selbstachtung fehlt 'hm und deshalb ist alle Mühe und Sorge, die um ihn verschwendet wird, verloren.
Gram und Kummer im Gesicht wendet sich der Staatsanwalt von dem Schlafenden ab, geht leise zur Thür hinaus, die er ebenso leise hinter sich schließt und schleicht dann die Treppe hinunter — „wie ein Dieb," sagte er zu sich selbst — um seine Gattin nichts von diesem Auftritte hören und sehen zu lassen.
(Fortsetzung folgt.)
Denksprttch.
Des Menschen Leben ist ein kurzes Blähen und ein langes Welken.