AS 209. Amts- und AuMgkblatt für dm Gberamtsdesirk Lalw.

86. Zchrgxüg

Srschetnungltage: M»nts», Lienrta«, Mitt»»ch, Bsnnerttag, Freitag und Samltag. Jnfertianlprei» LI Psg. pr» Zeile für Stabt u. Be>irkL°rte; außer B«>irt II Pfg.

Donnerstag, den 7. September 1911.

SezugSpr. i. b. Stadt>/^SHrl. m. Lrägerl. Mk. I.2S. Postbezugrpr. .d.OrtS-u.Nachbarortsverk. '/«jäbrl. Mk. 1.20, im Fernverkehr vlt.1.S0. Bestellg.in Württ.SO Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.

Amtliche Vekanntniachrtnge«.

Bekanntmachung,

betr. die Abhaltung des Biehmarttes in Calw am 13. September d. I.

Unter der Voraussetzung, daß die im Lande herrschende Maul- u. Klauenseuche im Bezirke Calw nicht wieder zum Ausbruch kommt, oder sich in den angrenzenden Bezirken nicht bedrohlich Wetter ver­breitet. wird der Vieh- u. Schweinemarkt in Calw am 13. d. M. wieder abgehalten.

Die Zufuhr aus anderen Bundesstaaten, aus verseuchten Bezirken und in das Beobachtungsgebiet einbezogenen Gemeinden ist verboten.

Sämtliches Vieh unterliegt auf dem Viehmarkt­platz strenger Kontrolle.

Calw, 6. September 1911.

K. Oberamt.

Amtmann Ripp mann.

Tagesueuigleiteu.

* Calw 7. Sept. I« den Gäuorte« hat die Hopfenernte begonnen. Sie fällt nach Qualität und Quantität befriedigend aus. Die Stöcke blieben von Krankheiten verschont, nur in einigen Gärten zeigt sich der Kvpferbrand. Da» herrliche Wetter begünstigt da» Trocknen, so daß die Ware bald sackbar ist. Käufe wurden noch keine abgeschloffen. E» wird von 300 ^ nebst Trinkgeld per Zentner gesprochen, doch sind die Produzenten mit Verkäufenzmückhaltend, dasienoch höhere Preise erwarten und auf eine Belebung de» Hopfengrschäft» in nächster Zeit hoffen.

Leonberg 6. Sept. (Milchpreis­steigerung.) Ohne vorherige Bekanntmachung haben die Milchproduzenten den Milchprei» von 18 auf 20 Pfg. erhöht. Sie haben erst vor ca.

1 Jahr des Milchprei» von 15 auf 18 Pfg. erhöht.

Stuttgart 6. Sept. (Die Massen­erkrankung in der Moltkekaserne.) Der Verlauf der Erkrankungen unter den Mannschaften der Moltkekaserne ist auch weiter­hin günstig. Die Zahl der Erkrankten ist aber­mals erheblich zurückgegangr». Da» zweite Bataillon und die in der Moltkekaserne unter- gebrachtr» Kompagnie» de« 3. Bataillon» gehen nicht am Donnerstag mit den übrigen Truppen­teilen, sondern erst am Montag ins Manöver.

Stuttgart 6 Sept. (Brandstifter.) Die Firma Richard Lipp L Sohn, Pianoforte­fabrik, schreibt eine Belohnung von 1000 ^ au« auf die Entdeckung de» Brandstifter», der in der Nacht vom 14. auf 15. August und am 1. September abends das Feuer an ihre An­wesen gelegt hat.

Plieningen 6. Sept. (Schultheiß undGemeind erat.) Eiue Stuttgarter Firma hatte vor einiger Zeit ein auf hiesiger Markung gelegene», größere» Grundstück an­gekauft zweck» Erstellung eine» größeren Anwesens zur Gvmmiwarenfabrikation, insbesondere von Autoreifen. Seitens der Gemeindeverwaltung wurde» aber Bedenken erhoben gegen die Er­richtung wegen der Abfälle und Abwässer und der dadurch entstehenden üblen Gerüche. Die eingeholten Gutachten lauteten jedoch nicht un­günstig. Die bürgerlichen Kollegien mit der ganzen Bürgerschaft waren für die Errichtung. Die Fabrikanten stellten wiederholt a» die Ge­meindebehörde da» Ersuchen um Zulassung. Seilen» de» Orttvorsteher» jedoch wurde die Regelung der Angelegenheit immer wieder ver­tagt. Der Grmeinderat stellte nun persönlich

beim Orttvorsteher den Antrag, am Montag abend 6 Uhr eine Sitzung in dieser Sache zu halten. In letzter Stunde jedoch wurde die Sitzung wieder abbefiellt und auf Mittwoch abend verlegt. Der Gemeinderat jedoch hielt gestern abend die auf 6 Uhr anberaumte Sitzung unter dem Vorsitz von Gemeinderat Harlmaun und beschloß mit allen Stimmen, die Errichtung der Fabrikanlage zuzulaffen.

Plieningen 6. Sept. Die Gummi­werke erklären jetzt, daß sie sich infolge der Verzögerung und der Befürchtung, weiteren Komplikationen und Scherereien vom Schultheißrn- amt ausgesctzt zu sein, veranlaßt sehe», den Plan, nach Plieningen zu komme», endgiltig aufzugeben. Die Firma spricht die ganze Verantwortung dem Orttvorsteher zu und dankt den Mitgliedern de» Kollegium» für ihr Entgegenkommen.

Au» dem Bottwartal 6. Sept. (Wein­kauf.) Der erste 1911er Weinkauf Ivurde in Jettesbach gemacht. Lindenwirt Weller verkaufte 5 Eimer L 205 an Metzger Kübler in Stein­heim a. M.

Heilbronn, 6. Sept. (Da» Zeppeliv- luftschiffSchwaben" nach Heilbronn.) Auf Veranlassung der Heilbrovner Sektion de» Vereins für Luftschiffahrt hat die Deutsche Lust- schiffahrtt-Aktien-Gesellschaft sich bereit erklärt, mit ihrem LuftschiffSchwaben" zwischen dem 23. und 28. September eine Fahrt von Baden- Oo» nach Heilbron« mit Landung und Paffagier­wechsel in Heilbronn zu veranstalte», wen» Heilbronn etwa 15 Fahrgäste von Baden bi» Heilbronn und 10 Fahrgäste von Heilbron» bi» Baden stellen wird. Der Fahrpreis ist für die einfache Fahrt auf 200 M. für die Person fest­gesetzt.

Frau Lores Lebenswerk.

31)

(

Roman von Erich Ebenstein.

«Fortsetzung.)

Barbe empfing sie strahlend. Sie war ein Landkind und wurde ordentlich wieder jung bei Erdgeruch und Kuhglockenläuten. Den ganzen Tag hatte sie geschafft, um er ihrer Herrin behaglich zu mache», jetzt konnte sie sich nicht genug tun in begeistertem Lob über da« reizende Häuschen mit den einfach möblierten. Hellen Zimmern, der großen Küche, dem kühlen, geräumigen Keller. Und da» nette Gemüsegärtche« dahinter! Wenn sie da bi» an» Ende ihrer Tage hätte herumwirtschaftrn könne»! Obstbäume waren da, und Wiesen gehörten dazu, daß man gut zwei Kühe füttern könnte. Der Stall dazu war ja auch da. Nur der ver­rückte Name paßte ihr nicht, den kein Mensch au»sprechen könne. Aber sonst-

Nach dem Abendessen, al» sie den Tisch abräumte, sagte sie e« gerade heran»:Sie sollten auch da herausziehen, gnädige Frau. Da» wäre ein Leben! Ordentlich jung würden sie wieder werden dabei! Und wa» Gutes haben Sie drin in der Stadt doch nicht"

Stumm, mit großen, entsetzte» Auge« sah Fra« Lore vor sich nieder.

Sie da Hera«» von Assunta fort und dem kleinen Menschenkind, da» all ihr Denke« in Anspruch nahm? War Barbe denn verrückt?

Eigentlich Hab' ich mir'S im Stillen auch so gedacht", sagte Peter Lott ruhig, al» Barbe draußen war.Da» Hau» ist groß genug, und Tätigkeit hättest Du auch es ist viel Not und Elend in St. Barthelmä in der Oed und wenig Liebe. Da» harte Leben macht die Leute rauh."

Ja, er hatte e« wirklich gedacht. De» große« Strom von Liebe, der au» dieser Frauenseele quoll und unter Schmerzen nach Betätigung

schrie, abzulenke» au» dem sandig gewordenen alte« Bett dorthin, wo man ihn brauchte. Freilich heute hatte er noch nicht davon spreche« wolle».

Er sah auch sogleich, daß e» viel zu früh dazu war. Mit leiden­schaftlicher Erbitterung wehrte sie sich gegen den bloße« Gedanken und fand nun sogar tausend Entschuldigungsgründe für Ferry'» Benehme». Natürlich hätte er dem Arzt folgen müssen. Natürlich konnte man ein neugeborene» Kind am ersten Tage nicht au» dem warmen Zimmer bringe«. Der Empfang»raum in Retiro hatte immer etwa» Feuchte», Kellerartige» gehabt. Und daß die Diakonissin, welche doch für alle» die Verantwortung trug, auch alle» selbst in der Hand behalten wollte, sei schließlich begreiflich. Wie kleinlich, wollte man da» nachtragen. Vielleicht war die kühle, hastige Form, mit welcher Ferry sie empfing, kränkend, aber mein Gott, wa« hatte er auch durchgemacht vorher. Wo bliebe denn die Liebe, wen» man immer nur sich selbst im Auge hätte?

Sie hätte garnicht fortgehen dürfen. Gewiß, das war unrecht von ihr. Morgen wollte sie nach der Stadt zurück. Stockend erzählte sie ihm dann von Fräulein Reinling» Blume», dem Kamelieubaum. E» waren nur Blumen, aber e» galt dasselbe für Mensche«: Liebe, Geduld damit zwang man schließlich alle»-

Welch au»da«ernde Zähigkeit Frauen besitzen in manchen Dingen", dachte Peter Lott staunend,nicht» kann sie belehre», nicht» irre machen, nicht» aufhaltev.Liegt darin nicht doch die wahre Kunst, die alle» besiegt?"

Seufzend stand er auf und holte sei» Instrument. Er hatte eine» von den dreien, welche er besaß, «achSols, bss-titnäv' bringen lasse» und spielte nun im Dunkeln ohne Note», wie Frau Lore e» immer am meisten liebte.

Leise klangen die weiche«, vollen Töne hinau» in die Nacht, zitterte» über da» Tal hi» und verloren sich klagend in der Ferne.