* Paris, 30. Jan. In der Deputiertenkammer -rächten die sozialistischen Abgeordneten einen Antrag ein, laut welchem der Staat allein berechtigt sei, ausländisches Getreide einzuführen, um es zu einem gesetzlich festgesetzten Preise zu verkaufen.

* Paris, 30. Jan. DerFigaro" veröffent­licht eine Unterredung mit Cornelius Herz, worin dieser mit neuen, zahlreiche französische Politiker blobstellenden Enthüllungen droht, falls nicht der von den Reinach'schen Erben gegen ihn angestrengte Zivil- Prozeß bis zum nächsten Donnerstag zurückgezogen und das Auslieferungsverfahren gegen ihn einge­stellt sei.

* Kürzlich befand sich, wie der Pariser Figaro erzählt, der Anarchist Sebastien Faure auf dem Bahnhofe in Marseille, um nach Nimes zu reise». Bet dem Gedränge am Billetschalter wurde ihm seine Brieftasche mit 1200 Francs gestohlen. Dies anzuzeigen, wies er ab, da es seinen Grund­sätzen zuwiderlaufe, gegen jemand Beschwerde zu führen, der das Eigentumsrecht mißverstanden habe.

* Brüssel, 27. Jan. DerHann. Cour." und andere Blätter melden: Der Mtnisterrat be­schloß die Erklärung des Zollkriegs an Frankreich und gleichzeitig: Deutschland die Revision des deutsch­belgischen Handelsvertrags zum Zweck der Erleichte­rung der beiderseitigen Ausfuhr vorzuschlagen.

* Petersburg, 30. Jan. Der Kaiser ist an Influenza erkrankt. Das Bulletin von Montag abend lautet: Die Besserung im Zustand des Kaisers dauert fort. Die Temperatur war im Verlaufe des ganzen Tages niedriger als am Sonntag. Abends 9 Uhr betrug die Temperatur 38.i ° 0. Der Puls ist gut, die Atmung freier, der Husten leichter.

* Petersburg, 30. Jan. DaS Befinden des Zaren ist besser. Die Temperatur ist nicht gestiegen, sie steht auf 38. Die Entzündung ist geringer. Die Bronchitis dauert fort. Der Puls ist gut.

* Belgrad, 27. Jan. König Milan erschien heute persönlich beim deutschen Gesandten, um seine Glückwünsche für Kaiser Wilhelm darzubringen.

* Belgrad, 30. Jan. Der König empfing ge­stern die Minister des vorigen Kabinets, die für die Begnadigung ihren Dank abstatteten.

* S o f i a, 30. Jan. Die Prinzessin Ferdinand wurde heute früh von einem Prinzen glücklich ent­bunden. (Prinz Ferdinand hat sich bekanntlich am 8./20. April 1893 mit Marie Luise von Bourbon, Prinzessin von Parma vermählt. Die Geburt eines Thronerben, womit das fürstliche Haus erst Wurzel in Bulgarien faßt, wird als eine Bürgschaft für die Dauer der gegenwärtigen Zustände im Lande mit ungeheurem Jubel begrübt werden.)

* Lissabon, 29. Jan. Das Journal Mario meldet aus Rio de Janeiro: Der amerikanische Ad­miral unterstützt lebhaft die Vergleichsverhandlungen der Aufständischen mit Peixoto, nachdem Admiral Gama ausdrücklich eine monarchische Restauration für ausgeschlossen erklärt hat. Gama fordert den Rücktritt Peixotos und Bildung einer Zwtschen- regierung, die Neuwahlen ausschretbt. Trotz der ersten Ablehnung Peixotos werden die Besprechungen wahrscheinlich mit Erfolg fortgesetzt, da Peixotos Stellung schwer erschüttert ist und die Bevölkerung

der Hauptstadt, namentlich die Handelskreise, nach­drücklich die Einstellung der Feindseligkeiten zu for­dern beginnen.

* (Die Arbeitslosen in Amerika.) Die amerikanischen Städte thun viel, um das aus der ungeheuren Arbeitslosigkeit erwachseneElend zu lindern. Die Stadt Chicago zahlt jedem Arbeiter, der in den Parks oder an den neu unternommenen Straßen- und Abzugskanalbauten beschäftigt ist, einen Dollar den Tag. Die Chicago er Kirchen gehen Hand in Hand mit den Gcwerbevereinen. Die Stadt Cincinnati hat 30,000 Dollars für Parkarbeit zum Besten der Arbeitslosen bewilligt. Baltimore läßt Straßen an- legen und neu pflastern. Die Stadt Pittsburg hat 2000 Arbeitslose angestellt. Nur in New-Aork, wo die Arbeitslosigkeit infolge der Einwanderung schon in guten Zeiten erstaunlich im Vergleich zur euro­päischen ist, geschieht nichts.

Kaus- und LandwirlfchaMHes.

* (Gegen das Knacken der Kinnbacken.) Das knackende Geräusch der Kinnladen entsteht in dem Gelenk zwischen Unterkiefer und Schädelgrand und tritt bei manchem Menschen besonders während des Kauens stark auf, sodaß die Umgebung davon un­angenehm berührt wird. Die Ursache dieser hörbaren Kieferbewegung ist auf eine Erkältung oder eine Zer­rung des Gelenks, welche durch Gähnen oder Äb- beißen eines großen Bissens herbeigeführt wird, zu­rückzuführen. Ist letzteres der Fall, so würde eine Arnika-Einreibung und Massage zu empfehlen sein. Rührt hingegen das Leiden von Erkältung her, so soll sich das Auflegen von erwärmten und mit Bohuen- mehl gefüllten Säckchen hilfreich erweisen.

Handel ««d Berkehr.

* Stuttgart, 29. Jan. (Landesprodukten-Börse.) Die Börse war mittelmäßig besucht. Umsatz unbe­deutend. Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen, bayr. Mk. 16, Kernen Ml. 16, Haber, Alb I» Mk. 18.50., Rumän. Mk. 18 25. Mehlpreise per 100 Kilo tnkl. Sack bei Wagenladung: Suppengries Mk. 28, Mehl Nr.O: Mk. 27.50 bis 28, Nr. 1: Mk. 25.50 bis 26.50, Nr. 2: Mk. 24 bis 25, Nr. 3: Mk. 22 bis 22.50, Nr. 4: Mk. 18.50. bis 19, Kleie mit Sack Mk. 9 per 100 Kilo je nach Qualität.

Vermischtes

* Jetzt haben auch die Schwimmer sich einen Gruß angelegt. Wie sich die Turner ihrGut Heil", die Kegler ihrGut Holz", die Segler ihrGut Wind" zurufen, so rufen sich die Schwimmer ihr Gut Naß" zu, worauf die Begrüßten mit einem kräftigenHurrah" zu antworten haben. Nun fehlen nur noch die Säuglinge mitGut Windel," die Vegetarianer mitGur Kraut" und die Kneippianer mitGut Guß"!

* (Ein verhungerter Millionär.) In Auxerre, der Hauptstadt des Departements Donne, starb verhungert und erfroren in seiner elenden Woh­nung ein Greis, der seit Jahrzehnten Zigarrenstummel sammelte und Almosen empfing. Unter seinen Hab­seligkeiten befand sich auf dem Dachboden ein alter Lederkoffer, der zur großen Ueberraschung der Erben Wertpapiere im Betrage von über einer Million barg.

Seit 1883 hatte er keinen Coupon abgeschnttten. Außerdem stellte sich heraus, daß der Verstorbene Besitzer eines ungeheuer großen, aber gänzlich ver­nachlässigten Landgutes war.

* (Auch ein Beruf.) In einer Münchener Zeitung ist folgende Annonce zu lesen:Anständiger junger Mann, guter Wein- und Biertrinker, empfiehlt sich zur Begleitung auf Hausbällen." Die eventuellen Gastgeber werden gewiß ihre Helle Freude an dem anständigen jungen Manne" haben.

* (Erkannt.) A: Git, daß ich Sie treffe. Wie ftehts eigentlich mit den 30 Mark, die Sie mir noch schulden? B: Wissen Sie, ich dachte mir, nächsten Montag ist Ihr Geburtstag, da bringe ich Ihnen das Geld und kann dann gleich mit gratu­lieren. A: Bringen Sie mir nur das Geld; Gratulieren kann ich mir dann schon selbst.

* (Bescheidener Wunsch.) Der kleine Fritz (zum Onkel):Ach, Onkel, wir haben morgen Kinder- maskenball ... sei so gut und leih mir deine rote Nase!"

* (Auch eine Spekulation.) Gast:Wes­halb lassen Sie denn bei dem Glatteis nicht vor Ihrer Thür streuen, Herr Wirt? Wirt:Werd ich dumm sein; heute find da schon mindestens zehn Personen gefallen, die sich nachher hier abgebürstet und datzec 'n Glas Bier getrunken haben!"

Litt er arisch es.

Ohne Rechte" undEin heikler Punkt" sind der Titel zweier sehr beherzigenswerter Aufsätze, welche derKäustictze "Ratgeber", ein praktisches Wochenblatt für alle deutschen Hausfrauen, im ersten Teile der jüngst zur Ausgabe gelangten Nummer 4 seinen Leserinnen bietet. Auch die übrigen Abteilungen des in mehr als 70,000 Exemplaren über ganz Deutschland ver­breiteten Blattes enthalten eine Fülle belehrenden und unterhalten­den Stoffes. Von letzterem nennen wir nur den spannenden RomanEin Damascenerdolch", die rührende NovelleAnne­marie" und einen interessanten Aussatz über Deutschlands Schutz­geist. die Königin Luise. Für handarbeitslustige Damen ist die RubrikArbeitsstnbe" eingerichtet, deren Text durch reiche Illu­strationen erläutert ist. Auch die AbteilungenHaus- und Zimmergarten",Backwerk",Getränke",Für die Küche" u.s.w. enthalten so viel des Beherzigenswerten und Belehrenden, daß das reich ausgestattete Blatt jeder Hausfrau empfohlen werden kann, zumal der niedere Abonnementspreis (1,25 Mk. vierteljährlich) es auch den minder Bemittelten gestattet, das Wochenblatt mitzu. Hallen. Probenummern sendet die Verlagshandlung von Robert Schneeweiß in Breslau auf Verlangen jederzeit gratis und franko.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.

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Ohr gedrungen und ließ ihr Herz erbeben: Galathea erwachte zum Leben!

Und wie damals beim Manöver rauschten dir Klänge des Cotillons durch den Saal. Am Arme Willens' schritt Viktoria zu dem Platze, den er ihr reserviert. Sie, die sonst Meisterin der leichten Ge­sellschaftskonversation gewesen, blieb stumm und unter dem schimmernden Goldbrokat des Mieders klopfte ihr Herz ahnungsvoll, als müsse heute die Ent­scheidung fallen.

Auch der Botschafter, der mit verschränkten Ar­men im Rahmen der Thür lehnte, beobachtete das schöne Paar scharf. Seine Brauen zogen sich finster, unheilverkündend zusammen, und die Lippen preßten sich fest übereinander.

Viktoria", murmelte er,du darfst nicht elend werden, solange Rudolf Hohenburg lebt."

Also endlich," begann der schöne Adjutant leise das Gespräch,darf ich die holde Märchenblume, me Fee des Festes, in nächster Nähe haben sie für mich allein behalten"

Es ist ziemlich anstrengend," antwortete Vtk toria ohne das leidenschaftliche Flüstern zu beachten, und ich weiß nicht, ob ich noch einmal Bilderstellen möchte."

Ich wenigstens, Gräfin, möchte Sie nicht aber­mals der Bewunderung eines ganzen Saales über­antwortet sehen: ich habe Höllenqualen erlitten."

Aber, mein Herr," all die stolze unnahbare Würde, die ihr sonst eigen, lag wieder in der Gräfin Ton und Haltung bei den Worten,wer giebt Ihnen

das Recht zu einer solchen Sprache? Ich muß doch bitten, sich zu mäßigen."

Mäßigen, Viktoria?" fragte er halblaut voll glühendster Leidenschaft.Sie wissen ja längst, wie es um mein Inneres bestellt ist, wissen, daß ich Sie liebe"

Das Wort war heraus, sie schlacken beide zurück vor dem Klange desselben, und als die Reihe au sie kam zum Abtanzen, erhoben sie sich wie erleichtert.

Geliebte," murmelte der schöne Adjmaut, und von den andern ungesehen, preßte er das Mädchen fester an sich und drückte die feinen Finger bis zum physischen Schmerze.

Auf einem entzückenden Muschelwagen ward von kleinen, geflügelten Amoretten der Blumenwagen hereingerollt, hinterher schritten zwei Bannerträger mit den Orden, und allgemeiner Jubel begleitete das Erscheinen derselben.

Viktoria," bat Willens, zu der noch immer schweigenden Gräfin gewandt,der Cotillon ist gleich zu Ende, und Sie haben mir noch nicht gesagt, ob ich hoffen darf, oder ob Sie mich fortschicken."

Sie standen vor dem Ordensbanner; seine Hand preßte glühend die ihre; einen einzigen Moment noch, dann sah sie ihn au, wie wohl niemand geahnt hätte, daß es das stolze Mädchen könnte, und ein Hauch glitt über ihre Lippen:Nein gehen Sie nicht fort Arthur!"

Dann griffen die feinen Finger nach emem Orden; halb bewußtlos,'wollte sie davon eilen, da hörte ste noc

Viktoria, ich danke Ihnen! Wissen Sie, daß jene Wasserrose noch immer auf meiner Brust ruht?" Aber da eilte ste fort, kaum wissend wohin, nur hin­weg von ihm! Dunkle Glut übergoß das schöne Ge­sicht, ein Leuchten und Strahlen lag darauf wie nie zuvor, und als ste nun vor Onkel Rudolf stand und ihm zauberisch lächelnd den Orden bot, da erbleichte er, der stattliche Mann, als habe er eine Erscheinung gesehen: klangen denn jene weichen lockenden Walzer- töue zum Grabgeläute seines Glückes?

Lieber, lieber Onkel, zu all deinen brillant- funkelnden Orden bringe ich dir noch einen zum An­denken an den heutigen Abend."

So hast du in all dem Vergnügen doch noch an den alteu Onkel gedacht, meine Viktoria?" sagte er so ungewohnt weich und gütig und neigte sich zu ihr, daß ste ihn verwundert anblickte.

Wollen wir nicht tanzen, Onkel?" fragte ste endlich, und er legte ohne ein weiteres Wort den Arm um ste und begann zu tanzen.

Aber es war ihm dabei recht schwer zu Mute; er dachte daran, daß seine schöne Tänzerin vielleicht eben einen andern glücklich gemach: durch diesen feuchten, mädchenhaft demütigen Blick, den er noch nie zuvor bei ihr gesehen. Sollte er den Kampf mit jenem noch aufnehmen, oder sollte er abreisen und die Stimme in seinem Herzen etnsargen, die nach Glück und Liebe rief. (Fortsetzung folgt.)

Auflösung des Rätsels in Nummer 11: