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1894.
Gestorben: Louise Trost, geb. Nestle, Freudenstadt' Kaminfegermeister Eberhard, Ealw; Friedrich Widmann, Calw! Jmanuel Costenbader, Calw; Professor Koch, Stuttgart.
Achtung vor der Arbeit.
Von Dr. jur. Rudolf Osius-Kassel.
(Schluß.)
Also Achtung vor der persönlichen Tüchtigkeit, Achtung vor der Pflichttreue, Achtung vor der ehrlichen, rechtlichen Arbeit und alles dieses ohne Unterschied, in welchen Ständen wir es finden, keine Geringschätzung dem gegenüber, von welchem wir nicht wissen, ob er sie verdient, aber Mut genug, sie da, wo cs nötig ist, dem zu zeigen, der sich durch sein Verhalten verdient, mag er auch noch so vermögend sei»! Lernen wir den achten, der es verdient, mag er auch in ganz anderen Lebenskreisen sich bewegen, dann lernen wir auch ihm gerecht zu werden, treten ihm menschlich näher und lernen ihn kennen. So fest eingewurzelte Vorurteile lassen sich allerdings nicht so bald beseitigen aber schon jede Milderung der Gegensätze ist in unserer Zeit, wo so viel Haß und Unzufriedenheit und Neid aufgespeichert ist, vou unberechenbarem Werte.
ES richtet sich unser Tadel nicht gegen einzelne Stände, namentlich nicht allein gegen die höheren Stände, denn alle sündigen in gleicher Weise. Der Kleine steht auf den noch kleineren in allen Kreisen herunter. Der Handarbeiter spricht geringschätzig von dem Kopfarbeiter, ebenso aber auch dieser von jenem. Und daS ist falsch, denn jeder hat an seiner Stelle seinen Wert. Wenn wir »ns zunächst an die gebildeten Stände wenden, so geschieht dies aus folgenden Gründen:
Es herrscht in unserem Vaterlande jetzt eine solche Zerklüftung und Spaltung in dem öffentlichen »nd soziale» Leben, daß wir uns kaum noch Streitfragen, die nicht bereits auf der Tagesordnung stehen, erdenken können. Alle Leidenschaften find aufgeregt und da ist es unbedingt notwendig, daß die gebildeten Gesellschaftskreise nach Kräften dafür sorgen, daß die Kluft, die zwischen dm einzelnen Ständen besteht und immer weiter sich öffnet, überbrückt und daraufhin gearbeitet wird, die berechtigten Klagen zu beseitigen. Klar und scharf muffen die gebildeten Stände ihre Aufgabe erfassen «nd wtllenskräftig und uneigennützig durchführen. Dazu find sie durch ihre Erziehung am besten im stände. Es lastet auf den gebildeten Ständen in unserer Zeit eiue furchtbare Verantwortung, eine Verantwortung, die leider noch lange nicht genügend zum Bewußtsein gekommen ist. Das Beispiel der höheren Gesellschaftsklassen wirkt mächtig auf die unteren, am leichtesten zum bösen, aber auch zum guten. Deshalb müssen sie stets mit dem besten Beispiele vorangehes. Man unterschätze nicht die Bedeutung des gemeinsamen Handelns der gebildeten Kreise: eS wird, wenn sich darin ein guter und reiner Wille ausspricht, niemals ohne Einfluß auf die anderen Stände sein. Und diesem Einflüsse könnten sich selbst diejenigen Kreise nicht entziehen, die absichtlich gegen denselben ankämpfen.
Es mögen also unsere gebildeten Stände endlich die haltlose, unwürdige Ueberschätzung des Besitzes und des durch denselben ermöglichten Wohllebens fallen lasten und in erster Linie die persönliche Tüchtigkeit und deren Bethätiguug, die redliche treue Arbeit zur vollen Geltung kommen lasten! Dann tritt von selbst eine Behandlung des Mindergebildeten und Minderbegüterten ein, dann fällt mit Beseitigung der übertriebenen Schranken, welche zwischen den einzelnen Ständen aufgerichtet find, auch der große Mangel an Verständnis für das Wesen der anderen Kreise Und werden die Arbeiten zur Besserung der vorhandenen sozialen Schäden in weit höherem Maße wirksam werden, wie bisher, dann werden gar viele Gründe, welche jetzt zu Haß und Neid, diesen schädlichen »nd zerstörenden Leidenschaften, führen, fortfallen und dazu kann und möge ein jeder beitragen
durch Achtung vor der redlichen erfüllung und Arbeit.
und treuen Pflicht-
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 18. Jan. Bürklin zeichnet die Vorlage gleichfalls als Er erklärt, die Weivsteuer führe alle lästigungcn «nd Belastungen herbei, ohne venswerten Ertrag z» bringen. Auch
(nat.-lib.) be- unannehmbar. möglichen Bc- einen nen- diejenigcn,
welche im allgemeinen keine Gegner einer Wcinsteucr sind, halten diese Vorlage für unannehmbar. Der Wein ist schon besteuert in der Steuer auf Grund «nd Boden. In Süddeutschland ist der Wein ein nationales Getränk, nicht blos das Getränk deS Wohlhabenden. Buhl rechnet den Grenzpunkt, wo die Weivsteuer Lvxusstcuer zu sein beginnt, viel höher als es in der Vorlage geschieht. Die Besteuerung trifft auch billige Weine. Die Winzer werden von der Vorlage schwer getroffen, besonders diejenigen, welche bessere Sorten avpflanzen. Der Konsumrückgang wird noch viel sicherer eintreffen, als beim Tabak. Jede Art von Weinbesteuerung, prozentual oder fixiert ist vom Uebel. Den Winzern steht kein Weltmarktpreis zur Seite, der WeinpretS wird von Fall zu Fall festgesetzt. Die Kunstweinfleuer brachte in Baden fast keinen Ertrag. Die Kunstweinfabrikation ist auch schwer zu fassen, sie würden durch die Vorlage besonderen Impuls bekommen. Wird die Weinsteuer angenommen, so werden geringe Weine gefragt, Qualitätswetne vernachlässigt. Letztere aber sind der Rückgrat des deutschen Weinbaus. In Italien freut man sich über die Vorlage, denn sie begünstigt, daß Kunstwein mit italienischen Weinen verschnitten als Qualitätsweiu verkauft wird. Die Ausführung des Gesetzes bietet wegen der Schwierigkett der Weintaxierung große Hindernisse. Auch unser Wetnexport würde leiden. Redner teilt mit, ein Teil der National- liberalen sei einer Luxussteuer auf teure Weinsorten nicht abgeneigt, die übrigen erklärten sich gänzlich gegen die Vorlage. Er beantrage Kommisstonsberatung. v. d. Gröben (kons.) und Braubach (Zentr.) erklären die Vorlage in gegenwärtiger Form für unannehmbar. Posadowsky bestreitet eine Belastung der Winzer durch die Vorlage. Dietz (Soz.) wünscht sofortige Ablehnung.
* Berlin, 19. Jan. Fortsetzung der ersten Lesung der Weinsteuer. Frhr. v. Zorn-Bulach (kons.) betont, in Süddeutschland betrachte man den Wein als notwendiges Nahrungsmittel. In Elaß- Lothringen betrage der Wetnkonsum 57 Liter pro Kopf, im gesamten deutschen Reich dagegen nur 6 Liter, dabet werde der Wein im Reichslande mit über 2 Mill. Mark besteuert. Redner betont die Schwierigkeiten bei der Feststellung der Wertgrenze, dazu sei eine lästige Kontrolle erforderlich, welche Unzufriedenheit erregen würde. Die Kontrolle würde den kleinen Betrieb weit mehr belästigen, als den Großbetrieb, die Steuer in der vorgeschlagenen Form würde wie eine -Strafe für die Produzenten von Qualttätsweinen wirken und außerdem zahllose Prozesse herbeiführen. Was die Schaumweinsteuer anlange, so sei dieselbe ohne beträchtliche Erhöhung des Zolls nicht durchführbar, ohne das betreffende deutsche Gewerbe zu ruinieren. Eine Besteuerung der Kunstweine ist sehr schwer, denn was ist Kunstwein? Der finanzielle Erfolg des Gesetzes würde den Belästigungen keineswegs entsprechen. In Frankreich wolle man die Kellerratten, wie man dort die Weinkontrolleure nenne, los werden. Führe man sie nicht in Deutschland ein! (Beifall.) Köpp (freist Ber.) führt aus, die Steuern würden gerade die Winzer belasten; wenn von einem Notstand der Landwirtschaft die Rede sein könne, so sei dies vor allem bei dem Weinbau der Fall. Die Weinbauern wollen keine Liebesgabe, aber man belästige sie auch nicht mit einer Steuer. Auch eine etwaige Lizenzsteuer wird den Weinbauer sehr schädigen. Die vorgeschlagene
Steuer wird gerade die Winzer treffen; die Großhändler müssen sich alle in Kleinhändler verwandeln, auch sei die Wertgrcnze viel zu niedrig gegriffen. Gegenüber dem Staatssekretär Graf Posadowsky müsse er bemerken, daß der bayerische Abgeordnete Deinhardt die Weinsteuer nur in sofern populär nannte, als jedermann durch dieselbe, da man einmal die notwendige Deckung der Militärvorlage mit Bewußtsein tragen müsse, einen Grenadier miternähre» müsse. (Heiterkeit.) Redner hebt schließlich die Schwierigkeiten einer richtigen Taxation des Weinwertes hervor. Der Direktor des Reichsschatzamtes v. Aschenborn erklärt, die Befürchtungen der Winzer seien auf ein Mißverständnis zurückzuführen, welches durch die vorzeitige Veröffentlichung eines Entwurfs hervorgerufen worden sei, der dann nicht zur Vorlage gelangte. Selbst die Obst- «nd Beerweinproduzenten seien von Befürchtungen ergriffen worden, obwohl sie gar nicht unter das Gesetz fallen. Von den übrigblcibeuden 443500 Herstellern von Traubenweinen find 167500 von dem Gesetz befreit, weil sie nur Haustruuk oder Weine unter 50 Mark Wert produzieren, also 55 Proz. der Hersteller. Man befürchte einen Konsumrückgang und daß der Winzer die Steuer tragen müsse. Beide Argumente schließen sich aus, denn wenn der Konsument die Steuer nicht trägt, so tritt auch kein Konsumrückgang ein; aber beide Argumente sind unbegründet. Nur der Winzer, welcher zugleich Kleiderhändler ist, verauslagt die Steuer, er wird sie aber beim Kleinhandel wieder einbrtngen. Die bisherigen Erfahrungen lehren, daß eine mäßige Weinsteuer keinen Konsumrückgang herbeiführt. Gamp (Reichsp.) befürwortet die Vorlage. Die Winzer werden nicht darunter leiden, weil das Gesetz das Bestreben fördere, bei Produzenten zu kaufen. Die Kontrollmaßregeln seien verbefferungs- fähig. Simonis (Elsäßer) bekämpft die Vorlage, welche ohne Sachverständige von Steuertechnikern ausgearbeitet sei. Darauf wird die Beratung auf morgen vertagt.
* Berlin, 20. Januar. Am BundeSratstisch: Bötticher, Posadowsky, Miguel, Riedel, Mittnacht. In die Kommission für Arbeiterstatistik werden gewählt Hitze (Ztr.), Kropatscheck (kons.), Letocha (Ztr.), Merbach (Reichsp.), Molkenbuhr (Soz.), Schmidt- Elberfeld (Freis. BolkSP.), Siegle (n.-l.) Bei der fortgesetzten 1. Beratung der Weinst euer bestreitet Payer (südd. Volksp.), daß nur 86 750 Winzer vom Gesetz betroffen würden. Aber selbst wenn die Zahl richtig wäre, so wäre die Opposition gegen die Vorlage gerechtfertigt. Die Regierungen haben keine Fühlung mit dem Volke, sonst wäre eine so unbedachte Vorlage nicht eiugebracht worden. Man sollte dieselbe gleich im Hause ablehnen. Anfänglich hieß es, nur Qualitätsweine sollen besteuert werden; jetzt fangen die Qualitätsweine schon mit 51 Mk. au. Die württ. Bevölkerung wird sich freuen, zu erfahren, daß sie bisher nur Qualttätsweine getrunken hat. (Heiterkeit.) In Württemberg hat man nicht den Mut gehabt, die unaugenehme Schanksteuer auf den ganzen Weinverkehr auSzudehnen. Die jetzige Vorlage hat unter 57 Paragraphen 17 Strafparagrapyen. Die Steuer wird auf den Winzer abgewälzt, wenn man den Wein nicht e st w dem Augenblicke besteuert, wo das Glas an t-u M.i g'sttze wird. Redner führt diesen Gedanken «nie großer Heiterkeit des Hauses näher ans. Der Kleinbetrieb würde durch den Großbetrieb aufgesogen. Kein zweiter landwirtschaftlicher Betrieb ist so verschuldet wie der süddeutsche Weinbau. Er schreit nicht, er verlangt nur Ruhe. Ganz unrichtig ist es, daß man in Württemberg mit der dortiger Weinsteuer zufrieden sei. Setzt man die Steuergrenze auf 50 Mk. fest, so werden die süddeutschen Minister den Wein unter 50 Mk. zur Landesbesteuerung heranztehen. Die unausbleibliche Folge des Gesetzes wäre, daß sich die Produzenten bemühen würden, Weine unter 50 Mk. Wert