Paris, 24. Dez. Gestern abend ist ein Sack mit 80 000 Fks. Wertstücken, welche von einem Wechselagenten an die Elsaß-Lothringische Bank auf- gegeben worden waren, auf dem Ostbahnhofe beim Umladen der Colli abhanden gekommen. Von dem Diebe fehlt jede Spur.
* Paris, 27. Dez. Vor dem Schwurgericht zu Angoulöme begann heute der Prozeß gegen die 17 Angeklagten, die bei der Jtalienerhetze von Aignes- Mortes beteiligt waren. Die Angeklagten werden von 12 Rechtsanwälten verteidigt. Der italienische Generalkonsul in Marseille, Durando wohnt im Aufträge seiner Regierung den Verhandlungen bei. Dem Präfekten erklärte Durando, er sei lediglich deshalb zur Teilnahme an den Sitzungen herübergekommen, um sich zu versichern, daß seine Landsleute nicht gegen die Pflichten verstoßen hätten, die innen die Gastfreundschaft Frankreichs auferlege. Jede andere Deutung seiner Teilnahme sei falsch. In Angoulöme sind viele Berichterstatter ital. Zeitungen anwesend.
* Orleans, 27. Dez. Heule nacht zerstörte eine Bande von schlimmen Individuen unter dem Ruf: Es lebe die Anarchie! Gaslaternen und warf viele Fensterscheiben ein. Die Polizei stellt Nachforsch urigen an.
*Carmaux, 23. Dez. Wegen Lohnreduktion streiken 1500 Bergleute der Barbaragrube. Die Direktoren flohen, weil die Bergleute viel Dynamit besitzen. Herbeigezogcne Truppen bewachen die Gruben.
* Amsterdam, 27. Dez. Eine Kundgebung von etwa 2000 Beschäftigungslosen durchzog unter Anführung eines sozialistischen Komites die Hauptstraßen. Die Polizei versuchte die Menge zu zerstreuen, dieselbe sammelte sich jedoch stets von neuem, schließlich zog die Polizei blank und zerstreute die Manifestierenden mit gezücktem Säbel. Die Menge begann Steine auf die Polizisten zu werfen; mehrere Leute, darunter 3 Mitglieder des sozialistischen Komites und ein Polizist wurden getötet. Der Sozialist Geel, welcher schwer verletzt ist, mußte ins Krankenhaus geschafft werden.
* (Eine Mi l l i o n en - Er b s cha f t.) In England harrt nach der „N.-A. Handelsztg." eine Millionen-Erbschaft auf die Verwandten, resp. den Bruder und die Schwestern von Philipp Reiners, der aus Lauffeu gebürtig, im Jahre 1832 nach Ostindien auswanderte und dort vom Begum von Sawarae,
nem steinreichen Manne, adoptiert wurde. Dyce 'ambre, wie Pbilipp Reiners nach seinem Adoptivvater '.de, erbte dessen auf 25 000 000
Vermögen, welches sich seit dem -reu Tode von Philipp Reiners in ... englischen Negierung befindet. Anwalt Alex. C. Joung, Hobokcn, N.-J., sucht jetzt die Erben zu jenen Millionen und glaubt, daß Philipps Schwestern, die kürzlich aus Württemberg ausgewandert, sich in Union Hill, North Bergen, N.-J., oder in Spring- field, Ohio, aufhalten.
* Petersburg, 28. Dez. In Moskau und Kiew sind neuerdings, trotz offizieller Dementis, Studenten wegen angeblich sozialistischer Umtriebe verhaftet worden.
* Sofia, 27. Dez. Die Sobranje nahm mit "Mamation die Anträge der Regierung an, der
Witwe und den Kindern des Grafen Hartenau eine Jahrespenston von 40000 Franken zu gewähren. Am Sonntag feierlicher Schluß der Session.
* Barcelona, 25. Dez. Einen guten Fund hat die hies. Polizei gemacht. Sie entdeckte in dem Dorfe Cuevas ein von Anarchisten vollständig eingerichtetes Laboratorium, in welchem sich 10 Kisten Dynamit, zahlreiche mit Nitroglyzerin gefüllte Flaschen und gegen 40 Bomben befanden. Das Laboratorium lag in einem Bergabhang in einer geräumigen Höhle. Auch eine anarchistische Fachbibliothek wurde vorgefunden und nach Barzelona geschafft.
* Ein Kabeltelegramm der „Frkf. Ztg " aus New- Jork meldet, in Pernambuca seien Nachrichten eingetroffen, daß Admiral Mello Rio de Janeiro eingenommen habe. Der Präsident Peixoto sei gefangen genommen und habe abgedankt. Eine Bestätigung der Nachricht liegt bis jetzt nicht vor.
* Amerikanische Blätter berichten, daß der ehemalige Lieutenant Krapff, der sich nach Verbüßung feiner Strafe bekanntlich nach Amerika einschiffte, auf Benachrichtigung der New-Aorker Behörde durch den hiesigen Vereinigten Staaten-Konsul bet seiner Ankunft daselbst abgefangen wurde. Er gab vor, nur auf der Durchreise nach Australien begriffen und unschuldig verurteilt zu sein; indes schenkte ihm die Behörde keinen Glauben, sondern beschloß seine Zurücksendung nach Europa.
Kans- und Landwirtschaftliches.
Die Kultur der Kaselnüffe.
Trockene Nüsse u. s. w. werden im Deutschen Reich für mehr als drei Millionen Mark jährlich vom Auslande eingeführt; darunter nimmt die Haselnuß mit die erste Stelle ein. Es scheint sonach, daß seitens der Landwirte dem Schalenobste weniger Interesse enlgegengebracht wird, als dem Kernobste, und doch wirft die Kultur des Schalenobstes, vorzüglich der Haselnüsse einen höheren Nutzen ab, als der des andern Obstes.
Besonders zu Weihnachten kommen vom Auslande, namentlich Italien und Spanten, riesige Mengen Haselnüsse zu uns, die nicht blos als Nachfrucht verzehrt werden, sie ersetzen in Bäckereien und Hand» lungen in vorzüglicher Weise die Mandeln. Die Mandel ist so teuer, daß bei vielen Gebacken dieselbe ganz ausfallen muß oder recht sparsam verwandt wird. In den Fällen nun, wo man nicht gezwungen ist, die geschälte weiße Mandel zu verarbeiten, ist immer mit Erfolg die Haselnuß verwendbar, ja, sie ist besser, weil sie viel mehr Zucker aufnimmt, als die Mandel. Auch den Mandelgeschmack kann man, wenn es notwendig sein sollte, d^rch wenige Tropfen Bittermandelöl erzeugen. Je nach der Verwendung der Haselnüsse werden diese erst mehr oder weniger geröstet, wodurch sie einen hochfeinen köstlichen Geschmack erhalten. Die Hauptsache ist aber immer der Preis. Der Zentner Mandeln kostet 105 bis 135 Mark, dagegen reine ausgesteinte Nüsse 58—65 Mark; die Ersparnis ist also eine riesige zu nennen. Das alles wrrd nur erwähnt, um die Landwirte und die Hausfrauen auf die Haselnuß hinzuweisen. Der Landwirt muß sie mehr kultivieren, die Hausfrau dagegen statt der Mandeln verwenden; beide fahren
daoei sehr gut, am besten der Landwirt. Die Verhältnisse für die Kultur des Haselnußstrauches in Deutschland find ganz günstige: Mißernten kommen zwar auch vor, doch ist erfahrungsgemäß nur auf sieben Ernten gewöhnlich eine Fehlernte zu verzeichnen. Der Strauch kommt fast auf jedem Boden fort; Bergabhänge, Hügel, Dämme, Grabenböschungen «. s. w. können durch ihn am lohnendsten ausgenutzt werden und gtebt er gleichzeitig noch eine gute Schutzpflanze ab. Um den Stamm sind schüfselförmige Vertiefungen anzulegen, damit das Wasser nicht so schnell abläuft. Die Tragbarkeit beginnt in der Regel schon im vierten Jahre, sie steigert sich ununterbrochen bis zum zwanzigsten, wo sie dann abnimmt. Die zeitigen Lambertsnüsse liefern schon eher einen Ertrag, sie leiden jedoch vom Frost und können ohne Schaden nur 16—17 Grad Kälte ertragen.
Die Zellernüfse leiden im Winter dagegen nicht.
* *
* (Körperpflege.) Eine vorwiegend sitzende Lebensweise ist für das junge Mädchen noch verderblicher als für die Knaben. Von diesem Standpunkte a«S kann das Mädchenturnen nicht genug empfohlen werden ; nur bestehe es nicht vorwiegend oder gar aus- ! schließlich in säst- und kraftlosen Hebungen „auf der Stelle", im Tanzschritt und ähnlichem turnerischen Fltlterwrrk. Es müsftn dazu kommen ein gehöriger Marsch. Bewegungsspiele, Geräteübungen. Doch auch die besten Turnübungen reichen in ihren heilsamen Wirkungen nicht an das Sichtummeln in der freien Natur, tn Wald und Flur und auf lustiger Berges- höh! Vergessen wir das Dritte im Banae nicht — das Baden! Mit Recht wird neuerdings in Schule, Familie und Gesellschaft die Hautpflege so nachdrücklich betont. Kalte Waschungen morgens und abends, Fluß- und Seebäder erfrischen die Haut und stärken die Nerven und sind mit die besten Garantien zu einer normalen körperlichen Entwicklung. Also weg mit der Wasserscheu! Weg mit allem zimperlichen, ängstlichen Wesen! Wasche Dich, bade Dich, schwimme wie der Fisch im Wasser, so oft sich die Gelegenheit dazu bietet. Dann kannst Du auch Krankheiten mit Ruhe entgegensetzen; Dein Körper ist dagegen gestählt. So hieltens zu ihrem eigenen Vorteil die jungen Griechinnen der alten Zeit.
Litterarisches.
KefurröHeitsrat. Zeitschrift für die gesamte Naturheilkunde, für Gesundheitspflege und natürliche Entwicklung- Herausgegeben von Friedrich Krauß. Redaktion, Verlag und Expedition Stuttgart, Seidenstraße 2. Monatlich 2 Nummern, Preis vierteljährlich Mk. 125. Probennmmern gratis, Inhalt von 18SS Nr. 22: Folgen des Cholera-Aberglaubens. Von vr. msci. Prager Hamburg-Zt. Georg. Brahma de: Allwissende Von B. Vom Apothelxrberuf zum Natnrheilverfahren. Von Mar Müller, Stuttgart. (Fortsetzung.) Zur Desinfektion verdorbenen Fleisches, Kurberichte. (Folgen der Onanie, Harnröhrenentzündung.) Rundschau. Litteratnr. Hausarzt: (Hartnäckige Stuhlverstopfung, Wassersucht, Bandwurm, Schweißfüße). Beilage: (Technischer Vorwärts). Anzeige».
Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.
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der Herrgott hat es so gefügt. Er weiß es am besten! — Und nun seid gesegnet, und er möge es gut mit Euch machen."
Die Stimme brach ihm — er schritt eilig, das junge Paar mit der Hand freundlich abwehrend, dem Schlosse zu.
Sie blieben still und gedrückt zurück. Es war keine freudige, sondern eine sehr ernste Vcrlobungs- stunde!
„Wenn du glücklich bist und er sieht das, dann wird er mir vergeben," sagte Lörrach.
Als sie sich nach einiger Zeit getrennt hatten und Lörrach mit sehr widersprechenden Gefühlen eben in Warmenau angelangt war, kam der Diener vom Schlosse und bestellte: der Herr Baron lasse Herrn Lörrach bitten, den Tag im Schlosse zuzubringen, es werde um zwei Uhr gegessen.
Wie der eben noch so bedrückte Bräutigam aufatmete.
„Sagen Sie dem Herrn Baron meinen ergebensten Dank und ich würde rechtzeitig erscheinen!" lachte er ganz glücklich auf und in des Boten Hand fiel ein Fünfmarkstnck.
Kaum zwei Jahre waren seit diesen Ereignissen vergangen, als im Schlosse zu Gasberg die verheiratete Tochter mit ihrem Söhnchen zum Besuch erschien.
Als Lörrach dann nach einigen Wochen auch kam, umarmte der Baron ihn mit strahlenden Bücken. „Du hast das Kind so glücklich gemacht, daß ich nur
noch wünschen kann: Gott erhalt's! Und dein Junge ist ein Prachtstück. Sie sagen alle, er sei mir ähnlich, wie aus dem Gesicht geschnitten!
Der liebe Alte! Er ging dann für mehrere Monate mit den Kindern nach England und war ganz begeistert von dem schönen seiner Tochter; er konnte nach seiner Rückkehr nicht genug davon erzählen, sowie von der Freundschaft, die Mistreß Leuven, geborene Wiedner, mit Hedwig verband.
Der, welcher am eifrigsten horchte und dessen ganzes Sehnen auch nach diesem England ging, war der Großvater Preuß, dessen Enkel Willy jetzt bei den Herren Lörrach und Leuven im Geschäft stand.
„Ich begreife dich nicht," sagte ärgerlich die alte Frau, „in England sprechen die Leute englisch — verstehst du's? Uebrigens liegt auf dem Tische die Zeitung und darin steht, daß Frau Harterott sich wieder verheiratet hat und sie wohnt in Berlin."
Ende.
Vermischtes.
* EineBraut,wie ste„tmBuche steht". Lieutenant: „Herr Kommerzienrat, ich bitte um die Hand Ihrer Tochter." - Kommerzienrat (das Hauptbuch nachschlageud): „Na, zum größten Teil haben Sie sie ja schon."
* Ein kleines Mißverständnis. Herr: „Johann! Zigarren verschwinden häufig in unerklärlicher Weise! Ich glaube immer. . . ." Diener: „Ich Hab' Euer Gnad'n ja gleich beim Dienstantritt gefragt, ob ich rauchen darf, und Sie haben mir
geantwortet: „Ja — aber nur außer dem Hause! Herr: Aber um's Himmelswillen — doch nicht meine Zigarren?!" — Diener: „Ja, was denn? Wenn ich meine eigene rauchen will, wert»' ich doch nicht erst um Erlaubnis fragen!"
HleVer allem Wandel.
O steh', wie alle Kräfte froh sich regen,
Um sich in ew'gem Kreislauf zu bewegen!
Das ist ein ew'ges Kommen, ew'ges Gehen,
Ein Sterben hier und dort ein Anferstehen!
Es grünt das Blatt und sinkt falb von den Zweigen,
Die Blume blüht und muß sich welkend neigen;
Sie werden Staub, doch nur damit aufs neue Am jungen Leben sich der Blick erfreue.
Ein Vöglein singt und stirbt, doch seine Lieder —
Sie tönen ewig aus den Büschen wieder,
Denn eh' es starb, hat sich dem Nest entschwungen Die flügge Schar der liederreichen Jungen.
Der Frühling naht, kaum siehst du ihn enteilen,
Droht dir der Sommer schon mit heißen Pfeilen,
Ihm folgt der Herbst und giebt dem Frost die Bäume,
Und wieder träumst du sel'ge Frühliugsträume.
S« sichst du alle Kräfte froh sich regen,
Um sich in ew'gem Kreislauf zu bewegen,
Und alle eilen, dir, mein Geist, zu dienen,
Denn ohne Wandel thronst du über ihnen.
L e s e f r ü ch t e.
Me einer ist, so wünscht und hofft er. Aus den Wünschen und Hoffnungen wird der Mensch erkannt, und diese bestimmen seinen sittlichen und religiösen Charakter.