Henßler von Altensteig wegen betrüglichen Bankrotts, sowie gegen dessen Ehefrau Rosine Henßler gebor. Hammer wegen Beihilfe zu diesem Verbrechen. Die Henßlerschen Eheleute haben im Jahr 1888 geheiratet, das Geschäft ging aber von Anfang an schlecht und war Henßler bald überschuldet. Im Oktober 1893 wurde das Konkursverfahren gegen ihn eröffnet, und das Inventar förderte eine Ueberschuldung von MOOMk. zu Tage. Spätere Haussuchungen ergaben, daß etwa 30 Vermögensstücke bei der Inventaraufnahme gefehlt hatten und wird den Angeklagen zur Last gelegt, daß sie diese Gegenstände absichtlich beseitigt hätten, um ihre Gläubiger zu schädigen. Staatsanwalt Dr. Schanz begründete die Anklage, wogegen die Verteidiger, die Rechtsanwälte Dr. Hayum und Dr. Lammfromm, für Freisprechung plaidierten, da der Beweis nicht erbracht sei, daß die Angeklagten vei der Nichtangabe der Stücke die Absicht gehabt haben, ihre Gläubige: in Schaden zu bringen. Diesen Erwägungen scheinen die Geschworenen beigetreten zu sein, denn nach kurzer Beratung verkündete ihr Obmann, Fabrikant Schmid von Nürtingen, hinsichtlich beider Angeklagter ein Nichtschuldig, woraus Freisprechung erfolgte.

* Stuttgart, 18. Dez. Wie man uns mit­teilt, hat in letzter Zeit zwischen Stuttgart und Berlin ein sehr lebhafter Verkehr stattgefunden, dessen Gegenstand die geplante Aufhebung des württem- belgischen KriegsministeriumS beziehungsweise seine Ersetzung durch ein sogenanntes Milicärkabinert war. Wie seit einigen Tagen in unterrichteten Kreisen ver­lautet, ist man in Berlin infolge der energischen Vorstellungen des Ministerpräsidenten v. Mittnacht von einer wetteren Verfolgung dieses Planes abge­standen. Das würtlembergische Volk vernimmt diese Botschaft mit Freuden und es kann nur noch der Wunsch ausgesprochen werden, daß es dem in Berlin weilenden württembergischen Kriegsministec gelingen möge, auch den weiteren Plan, nach Württemberg über 100 preußische Offiziere zu schicken, zu Fall zu bringen. Auch dasBerliner Tageblatt* nimmt sich heute sehr warm des württembergischen Landes gegen diese Gelüste an. Es kann uns nur freuen, wenn die preußische Presse selbst zu der Einsicht ge­langt, daß an unseren verfassungsmäßigen Rechten kein Jota geschmälert werden darf. (Schw. B.)

* Am 16. Dezember hat der nenernannte Staats­minister des Innern von Pischek in Gegenwart der hier anwesenden Staatsminister den Eid m die Hände Seiner Majestät des Königs abgelegt.

* Württemberg hat in dem verflossenen Etats­jahr 1892/93 nach einer amtlichen Zusammenstellung in seinen 7 Salzwerken im ganzen 2 250 004 Doppel­zentner Salz produziert. Für die steuerpflichtige Menge (154 346 Doppelzentner) wurden 1 852146 Mk. Steuern erhoben. Württemberg ist nächst Preußen, das 4 339 304 Doppelzentner produzierte, der an Salz produktivste Bundesstaat.

* (Verschiedenes.) In tzeilbronn über­gab ein Bote einem herumstehenden Bummler einen Geldbetrag von 20 Mk. mit dem Auftrag, das Geld einem Geschäftsmanne zu bringen. Der Eckensteher übernahm den Auftrag, lieferte aber das Geld nicht ab, sondern verjubelte es. Ein lustiges Jagd­abenteuer passierte zwei Herren vonSaulgau. Sie

schoflen einen Hasen und bargen ihn in einer Acker­furche, um ihn später mit der anderen Beute nach Hause zu nehmen. Kaum waren dieselben eine Strecke entfernt, sprang der Hase davon und soll noch gegen die Jäger ein Männchen gemacht haben. In Ho ch- berg fiel ein vom Wirtshaus nach Hause kehrender Schuhmacher so unglücklich auf den Htnterkopf, daß er einen Schädelbruch erlitt und bald darauf starb. Wegen Verbrechens und Vergehens der Unter­schlagung im Amt, Vergehens der falschen Beurkun­dung im Amt und der Beseitigung amtlich anver­trauter Urkunden, sowie wegen dreier Verbrechen der Vornahme unsittlicher Handlungen, wurde der gewesene Polizeikommiffär Lipp in Göppingen zu 3 Jahren und 3 Monaten Gefängnis, sowie zu 3 Jahren Ehren- verlust verurteilt. In Großbottwar steht der Gesundheitszustand bei Alt und Jung sehr schlimm. Influenza, Keuchhusten und Diphtheritis sind allerorts, so daß in dieser Woche nicht weniger als acht Beerdigungen von Kindern und Erwachsenen stattfanden. In Waldhausen wird ein erst seit Pfingsten verheirateter junger Mann schon seit mehr als 14 Tagen vermißt. Nachdem er zuvor aus seinem Stalle Verschiedenes veräußert und das vorhandene Bargeld sich angeetgnet hatte, entfernte er sich, ohne jemand etwas mitzuteilen. Kürzlich kam nun von Frankfurt a. M. an seine Frau ein Schreiben des Inhalts, daß ihr Mann bei einer dortigen Bank einen Wechsel über 2000 Mk. ausgestellt und stus>:zahlt erhalten habe. Die Ueberraschung der Frau laßt sich denken. Jedenfalls wird der Entwichene sein Glück jenseits des großen Wassers zu machen suche , In dem Salonwäldchen bei Ludwigsburg hat sich ein stellenloser lediger Kaufmann erschösse r. Die Freiherren v. Ow-Wachsndorf und v. Ra ^er-Weiten- bnrg haben ihren Pächtern infolge der Trockenheit 25 Prozent des bezahlten Wiesenpachtes zurückbezahlt.

* In Karlsruhe ergriff im Laufe eines zwischen einem Studenten und einem der Schüler der Gewerbe­schule ausgebrochenen Streites ersterer einen Säbel und brachte damit dem Schüler eine so schwere Ver­letzung bei, daß dieser sofort den Geist aufgab.

" Konstanz. Ein angeblich aus Berlin stam­mender Schwindler ist in der Nähe des Bodensees gefaßt worden. Der Mann lebte in Langenargen unter dem Namen Gallus in einer Villa außerhalb des Ortes. Der anstoßend? Garten war mit hohen, un­durchsichtigen Planken umgeben. Dort lebte er längere Zeit abgeschlossen von der Welt, die Früchte fernes Raubes genießend, biS 'er auf einem Ausflug nach Frieürichshafen und Rorschach von einem Landsmann erkannt wurde und einem Geheimpolizisten in die Hände geriet. Die von ihm einem Berliner Hause veruntreute Summe beziffert sich auf 100,000 Mk.

* Leipzig, 17. Dezbr. Das Reichsgericht ver­urteilte die französischen Spione Degouy zu sechs, Delguey-Malvas zu 4 Jahren Festung.

* Berlin, 16. Dez. Es verlautet, daß die Handelsvertrags-Verhandlungen mit Rußland, die eine Zeit lang geruht haben, wieder lebhafter in den Fluß kommen werden. Die russischen Unterhändler werden nicht einmal über Weihnachten Berlin ver­lassen.

Weihnachlsfchäfchen.

Skizze nach dem Leben. Bon Jda Barbe r.

(Fortsetzung.)

Eilig stieg er wieder aus und machte in einem Laden verschiedene Einkäufe. Mit einer großen Düte beladen, kam er an den Wagenzurück. Wie hüpfte der Kleinen das Herz! Ja, es war wirklich Weihnacht; sie fühlte, daß ein Band der Liebe alle Menschen umschlang, denn auch ihr, dem armen, verlassenen Menschenkinde, dachte man eine Freude zu machen.

Noch nie war sie so schnell die vier Stiegen zu ihrem Dachkämmerchen hinaufgeeilt.Herzmütterchen!" rief sie, die Düte und das blanke Silberstück hoch empor haltend,sieh', was ich dir mitbringe. Und draußen ist ein feiner Herr, der dich sprechen will," fuhr sie fort, indem sie eine bleiche, junge Frau, die auf elendem Lager ausgestreckt lag, in ihre Arme nahm und herzte und küßte.

Der Fremde war schon eingetreten und erklärte der Kranken mit kurzen Worten, wie er Anna ge­troffen, daß eine auffallende Aehnlichkeit mit seinem verstorbenen Bruder ihn veranlaßt, ihr sein Interesse zu schenken und er ihr dankbar sein würde, wenn sie das Kind dann und wann in sein Haus schicken wolle; seine alte Mutter könne den Verlust des ge liebten Sohnes noch nicht verschmerzen und würde sicher durch den Anblick der Kleinen, die ihm so ähnele, angenehm berührt werden.

Plötzlich schwieg er; wie festgebannt hing sein Auge an einem Bild, das im eleganten Rahmen auf

dem Nähtische der Kranken stand. Lange sah er sie prüfend, sprachlos an.Sie kannten ihn?" rief er, plötzlich ihre magere Hand ergreifend und mit ängstlicher Miene in ihren Blicken lesend.Er war der Freund meiner Seele!" entgegnete sie leuchtenden Auges,seit ich ihn verloren, weiß ich nicht mehr, daß ich lebe!"

Und Anna?" fragte der Fremde gespannt.

Ist seine Tochter!" entgegnete die Kranke,sie ist das einzige Band, das mich an das Leben fesselt, sonst

Regen Sie sich nicht auf," bat der Fremde, da er sah, wie eine kaum niederzukämpfende Regung sich der Kranken bemächtigte, und ihr lange in die noch immer schönen, wenngleich gramdurchfurchten Züge schauend, fügte er mit bangem Seufzer hinzu:O, Gott, was müssen Sie gelitten haben!" Dazm nahm er die kleine Anna in seine Arme, drückte einen herz­lichen Kuß auf das blonde Lockenköpfchen und sagte, während Thränen auf Thränen ihm über die Wangen liefen:

Gott sei gelobt! Endlich werde ich Ruhe finden!"

Die Kranke sah ihn sprachlos an. Eine fieber­hafte Aufregung bemächtigte sich ihrer, je länger sie ihn anblickte: als er dann innig ihre beiden Hände ergriff und sagte:Schwägerin, können Sie uns verzeihen?" da sank sie mit lautem Aufschrei m ihre Kisten zurück und lag lange wie leblos da. Endlich that sie die müden Augen wieder auf;Habe ich geträumt?" fragte sie wirr um sich blickend; doch als sie den hohen, stattlichen Mann, der jetzt seinen eleganten

* DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet, daß der Botschafter Graf Solms-Sonnewalde in Rom auf sein Ansuchen vom Kaiser verabschiedet worden sei.

* Nach einer Meldung aus Witten (Westfalen) wurden in der Nickelfabrik zu Schwerte 70 Personen wegen Unterschlagung verhaftet.

* Hamburg, 18. Dez. Fahrkartenprozeß. Der Staatsanwalt beantragt gegen die am schwersten be­lasteten Schaffner unter Ausschluß mildernder Um­stände' 15 Monate bis 5 Jahre Zuchthaus, gegen andere 6 Wochen bis 5 Monate Gefängnis, ferner gegen die beteiligten Viehhändler 4 -12 Monate Gefängnis, außerdem 4002500 Mark Geldstrafe.

Ausländisches.

* Wien, 19. Dez. Bon informierter Seite ver­lautet, Oesterreich-Ungarn sei fest entschlossen, die von Frankreich beanspruchte Begünstigung französischer Weine selbst in dem Fall nicht zu bewilligen, wenn Frankreich mit Kündigung des Handelsvertrages drohe.

* Palermo, 19. Dez. Der Arbeiterbund ver­anstaltete in Monreale eine Manifeftattn gegen die Verzehrungssteuer. Die bewaffnete Macht schritt ein; 1 Sergeant, 2 Bersaglier und 2 Gendarmen wurden leicht verwundet, 12 Manifestanten verletzt. 32 Ver­haftete wurden nachts nach Palermo verbracht.

* Paris, 18. Dez. Gegenüber von Meldungen aus Rom, wonach die französische Regierung der italienischen 420000 Francs zur Entschädigung für die Opfer von Aigues-Mortes zur Verfügung gestellt habe, wird hier bemerkt, auch die italienische Regie­rung habe der französischen für den Schaden, welcher in Rom, Genua und Neapel anläßlich der dortigen Demonstrationen französischen Uuterlhanen zugsfügt worden sei, Entschädigung angeboren. Die erforder­lichen Kredite würden voraussichtlich dem französischen uns italienischen Parlamente vorgelegt.

* Antwerpen. Am 15. ds. wurde hier ein Beamter der deutschen Bergwerks-Verwaltung in dem Augenblick verhaftet, als derselbe sich nach Amerika einschiffen wollte. Derselbe trug 11,000 Mk. unter­schlagener Gelder bei sich.

* London, 18. Dez. DemStandard" wird aus Konstantinopel aus einer Unterredung mit einer ersten Marine-Autorität die AnstchtjjBrialmonts bestätigt, daß Konstantinopel thatsächlich in den Händen der Russen sei, denn ein russisches Panzerschiff könne des Nachts in den Bosporus Vordringen und dem erschreck­ten Sultan einen Vertrag mit freier Durchfahrt ab­ringen. Die türkischen Panzerschiffe lägen am goldenen Horn ohne eine einzige Tonne Kohlen an Bord. Der Sultan sei mit der Lage der Dtnge wohl vertraut, aber sobald er Maßregeln ergreifen wolle, erscheine der russische Botschafter, durch Palastsptone unterrichtet, in Mdiz-Kiosk und frage, gegen wen die feindlichen Maßregeln gerichtet sein könnten, wenn nicht gegen das friedliebende Rußland, und verlangt, daß die Türkei, ehe sie Geld für überflüssige Befestigung ver­schwende, vorher Kriegsentschädigung zahle, worauf selbstverständlich der Sultan mit Entschuldigungen die Maßregeln fallen läßt.

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Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.

Zobelpelz abgelegt hatte, vor sich sah da ver­finsterte sich wieder ihre Stirn. Bild auf Bild trat vor ihre Seele und auf jedes fiel der Schatten dieses Unseligen, den sie als den Feind ihres Lebens, ihres Glückes betrachtete.

Sie gedachte ihrer Brautzeit mit Adolf von Salinen, dessen Liebe sie, die arme Lehrerstochter, so unendlich reich und glücklich gemacht hatte, dann der Weigerungen seiner Familie, sie anzuerkennen, der steten Kränkungen, die sie erfahren, ihrer heimlich geschloffenen Ehe, des plötzlichen Todes des geliebten Mannes! Sie begrub ihr Gesicht in beiden Händen und weinte bitterlich.

Wollen Sie mich hören?" fragte Emst von Salmen im warmen Tone:ich habe Ihnen noch die Botschaft eines Sterbenden zu überbringen und suche Sie seit sechs Jahren vergeblich allüberall!"

Die Kranke richtete sich empor:Von ihm?" fragte sie, indem eine brennende Röte das zarte Ge­sicht überflog.

So hören Sie!" begann Ernst von Salmen und eine Zentnerlast schien mit jedem Worte von seinem Herzen zu weichen.

(Schluß folgt.)

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L e s e f r ü ch t e.

Der Mensch schwingt wie Spreu seines Nach- iars Fehler; die eigenen aver versteckt er, wie der öetrüger den falschen Würfel vor dem Spieler versteckt.

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Zum Glück des Lebens genügt die Tugend allein md ihr eigener Lohn.

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