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Dienstag dm 19. Dezember
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
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1893.
Gestorben: Andreas Klink, Gündringeu; Bäcker und Wirt Gsttlieb Ries, Tübingen; Privatier Konstantin Sauter- meister, Nottenburg; Oberamtsarzt Adolf Zais, Blaubeuren; Schullehrer a. D. Hees, Nittel-Haslach; Sägwerkbesitzer David Warner, Klingen bei Murrhardt; Landgerichtsrat a. D. Hermann Seeger, Stuttgart.
Die Reichsschuldcrwerwaltung setzt demjenigen, welcher einen
Verfertiger oder wissentlichen Verbreiter falscher Fünfzigmarkscheine zuerst ermittelt eine Belohnung von 3000 Mk. aus.
T Der Handelsvertrag mit RumiiuierU
dcr bedeutendste der drei kleinen Handelsverträge, die dem Reichstage zur Beschlußfassung vorliegen, ist von diesem am Mittwoch mit 189 gegen 165 Stimmen angenommen worden. Seitens der Zentrumspartet, die wie in vielen Fragen, so auch hierbei den Ausschlag gab, stimmten etwa 40 Mitglieder für den Vertrags
Mit dieser Abstimmung, obwohl sie erst die der zweiten Lesung ist, darf dos Schicksal des Handelsvertrages mit Rumänien als besiegelt gelten. Denn selbst, wenn es dem Reichstage möglich wäre, für die Abstimmung in dritter Lesung alle seine Reserven heranzuziehen, so würde sich das Stimmenverhältnis kaum wesentlich ändern, sicherlich aber das Votum in gleicher Weise erfolgen. Das ist insofern von Wichtigkeit, als damit auch schon das Schicksal dcr beiden anderen Handelsverträge — m>t Spanien und Serbien — entschieden ist, von denen namentlich dem spanischen nicht einmal ein so starker Widerstand wie dem rumänischen entgegengesetzt wird, und sodann bedeutet die Abstimmung für die Reichsregierung, daß überhaupt ihre Zoll- und Handelspolitik, die vom '„alten Kurse" so wesentlich ebweicht, von der Mehrheit des neuen Reichstages gebilligt wird.
Auf den Gang der Verhandlungen mit Rußland wird dies natürlich fördernd einwirken; wäre der Vertrag mit Rumänien vom Reichstage abgelehnt worden, dessen für die Landwirtschaft wesentlichste Bestimmung die Herabsetzung des Roggenzolls von 5 auf 3,59 Mk. ist, so hätten die Verhandlungen mit Rußland ruhig eingestellt werden können. Denn wenn man dem kleineren Getreideproduzenien die Zollherabsetzung verweigert hätte, so wäre dies dem großen, Rußland, gegenüber erst recht geschehen. Und ohne eine solche Herabsetzung wäre von Rußland überhaupt kein Zugeständnis zu erlangen gewesen. Dadurch
erhält die Abstimmung über den Handelsvertrag mit Rumänien den Charakter einer Generalprobe für die Aussichten eines gleichen Vertrages mit Rußland, an dessen Zustandekommen nun schon seit einem Vierteljahre von beiden Seiten mit allem Eifer gewirkt wird.
Aber auch nach einer andern Richtung hin hat die stattgehabte Abstimmung ihre hohe politische Bedeutung; sie hat das Tafeltüch zwischem Reichskanzler und dem Bund der Landwirte, der sich aus der konservativen Partei, der Reichspartei und einem Teile des Zentrums zusammensetzt, zerschnitten. Der „neue Kurs" hat es noch zu keiner festen Regierungs- Majorität gebracht und die Zollpolitik, wie sie gegen wärtig gehandhabt wird, macht auch die Bildung einer solchen unmöglich; cs ist immerhin bezeichnend, daß am Mittwoch die sonst der Regierung häufig geschlossen gegenüberstehenden beiden freisinnigen Fraktionen, ebenso die süddeutsche Volkspartti, die Sozialdemokraten und die Polen das Gros der Regierungsmehrheit bildeten.
Es soll hier nicht von den voraussichtlichen Folgen des Handelsvertrages gesprochen werden; ob die agrarischen Befürchtungen betreffs eines weiteren Niederganges der Landwirtschaft eintreffcn und ob diese zum mindesten durch eine vermehrte Ausfuhr von Jndustriecrzeugnissen im Nationalvermögen ausgewogen bezw. überboten werden, das wird die Praxis lehren. So viel fühl aber fest, daß die Autorität, die die Reichsregierung dem Auslande gegenüber besitzen muß, eine sehr erhebliche Einbuße erlitten hätte, wenn der Reichstag seine Zustimmung zu der neuen Zoll- und Handelspolitik versagt hätte.
Die Lage der konservativen Partei ist eine peinliche geworden; ihrer historischen Stellung nach kann sie nicht dauernd im Gegensatz zur Regierung stehen, sie kann aber auch andererseits nicht heute gutheißen, was sie gestern verdammt hat. Die „schärfere Tonart", die namentlich in letzter Zeit von dcr,Krcuz-Zig/ angeschlagen wurde, ist dem Charakter der Partei nicht angemessen. Es wird einer besonderen Klugheit der Führer bedürfen, um die erlittene Niederlage wieder gutzumacben und der Partei wieder denjenigen Mäßigenden Einfluß auf die Geschäfte des Reiches zu sichern, ohne den eine gesunde Entwicklung des modernen Staatslebens nicht denkbar ist.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 14. Dez. Das Gesetz betreffend die Unterstützung der Invaliden aus den Kriegen vor 1870 wird in dritter Lesung angenommen. Es folgt die zweite Lesung des spanischen Handelsvertrages. Bür kl in (nat.-lib.) befürwortet ihn, obwohl der Nachweis, daß die Zollermäßigungen dem deutschen Weinbau nicht nachteilig sein würden, nicht genügend geführt sei. Staatssekretär v. Böttrcher führt aus, daß wir nach den bisherigen Erfahrungen die Herabsetzung der Weinzölle gegen Italien nicht zu beklagen und darum auch keinen Anlaß hätten, Spanien dieselben Vergünstigungen z« versagen, zumal seine Verschnittweine besser als die italienischen seien. Freiherr o. Mantcnffel (d.-kons.): Man habe ihn zum Führer der Agrarier gemacht; er sei eS nicht, werde aber streben, es zu werden. (Bravo rechts.) Er habe den früheren Verträgen aus politischen Gründen zugestimmt, aber trotz der Verträge seien die Rüstungen gestiegen und die Kosten trage die deutsche Landwirtschaft. Die früheren Verträge seien ein politischer Fehler gewesen, er wolle diesen Fehler nicht weiter mitmachen, zumal der Reichskanzler ein Entgegenkommen in der Währungsfrage verweigere. Der Beifall, den die Regierung auf der Linken finde, sei der beste Beweis für die Fehlerhaftigkeit ihrer Handelspolitik. (Bravo rechts, großes Gelächter links.) Manteuffel versichert, daß trrtz der feindlichen Strömung, die an gewisser Stelle gegen die Konservativen herrsche, die Landwirte diesen treu bleiben würden. Caprivt setzt auseinander, daß nicht aus politischen Gründen, sondern aus wirtschaftlichen, ein Teil der Konservativen und der Landwirte vor zwei Jahren für die Verträge gestimmt habe. Sie hielten damals den Zoll von Mk. 3.50 für genügend und standen unter dem Eindruck der Bewegung, die auf gänzliche Abschaffung der Getreidezölle ausging. Damals habe er sich ein Verdienst dadurch erworben, daß er die Suspendierung der Zölle unterließ. Die jetzige Agitation der Agrarier sei nicht konservativ. Die Regierung muffe sich auf mehrere Parteien und auf verschiedene Kreise des Volkes stützen, die Konservativen allein bieten der Regierung keine Unterstützung für ihre Politik, und wenn sie ihre Unterstützung versagen, muß die Regierung diese anders-
Gr ist der Erbe!
Roman von L. H a i d h e i m.
(Fortsetzung.)
Sie rafften, nachdem der Untersuchungsrichter sich mit einem Händedruck und herzlichen Glückwunsch entfernt, schnell Lörrachs Sachen zusammen, er schrieb einige Zeilen an Leuven. von dem er wußte, daß er heu'.e in Gesellschaft war, und dann ging cs, nach großmütiger Bezahlung des Gefangenwärters für alle besonderen Auslagen, hinunter; der offene Wagen stand vor der Thür — nach einer Viertelstunde lag die Stadt schon hinter ihnen und sie fuhren durch die stille Mondnacht hinaus.
„Ich dachte es mir wohl, Herr Lörrach, daß Sie nicht in das Haus zurückgingen, die Frau Harte- rolt wohnt noch darin!" sagte Großvater Preuß.
„Nein, ich will sie nicht Wiedersehen!" antwortete Lörrach, und jetzt zum erstenmal klang aus seiner Stimme die volle Bitterkeit gegen diese Frau, die niedrig genug gewesen, ihn für den Mörder ihre? Gatten zu halten.
„Das werde ich ihr nie vergessen!" dachte er laut.
„Ach, Herr Lörrach, auch ich bin ein Sünder vor Ihnen. Wenn Ihre erste Freude vorbei ist, wird Ihr Zorn aus mich fallen," sagte der alte Preuß.
„Lassen Sie mir jetzt nur einige Zeit, um alles überlegen zu können, was mir so unverhofft widerfahren ist," bat Lörrach den Alten.
Er lehnte sich in die Ecke des Wagens und
dachte an die Ereignisse, die der Tod Harterotts herbeigeführt hatte und die ihn so schwer empfinden ließen. Bei seinem Nachbrülcn überkam ihn aufs neue ein tiefer Groll gegen Frau Harterott, die an all dem Unheil, das ihm widerfahren, die Schuld trug.
Nach einer längerer, Pause lautloser Stille traf das Gefährt in Warmenau ein, wo Herr Lörrach und der alte Preuß vor der Restauration Preuß dem Gefährt entfliegen und von der herbeieilenden Einwohnerschaft mit vielem Händeschütteln begrüßt wurden. Alles drängte sich an Lörrach heran, beteuerte, wie sehr man von seiner Unschuld überzeugt gewesen sei und die Glückwünsche wollten kein Ende nehmen.
Lörrach seinerseits gab seiner Freude beredten Ausdruck, daß er nun wieder sich frei fühlen und in alter Gewohnheit mit den Leuten verkehren dürfe.
Die Freude Lörrachs teilten die biederen Dorfbewohner m t wirklicher Aufrichtigkeit.
* * *
In der Stadt verbreitete sich die Kunde von der Freilassung Lörrachs mit Windeseile. Man konnte da nicht zur Ruhe kommen über die Harterroltsche Angelegenheit. Die Abendausgabe des Anzeigers bestätigte die Freilassung Lörrachs in ganzem Umfange.
Dazwischen hieß es, auch in der Sache des Willy Preuß seien wunderbare Dinge zu Tage gekommen, der Prozeß desselben wurde niedergeschlagen, und flüsternd setzte man allerlei Einzelheiten über neuerliche Entdeckungen hinzu, die eine unglaubliche Aufregung hervorriefen. Andere widersprachen, warnten, solche Dinge laut werden zu lasten, und erreichten auch da
mit eine gewisse Vorsicht, ohne die Gerüchte zu unterdrücken.
Im Harterottschen Hause hörte man von den Vorgängen in der Stadt nichts, da gab es auch ohne diese genug zu besprechen.
Noch spät am Abend war der Vater von Frau Harterott erschienen. In dem Zimmer der letzteren gab es entsetzliches, krampfhaftes Schreien, lautes Weinen, Klagen, dazwischen die Stimme des alten Herrn sehr bedrückt, aber en schieden, protestierende heftige Reden der jungen Witwe, Bettinas flehende Bitten, sich still zu halten, sich mit Würde in das Schwerste zu fügen.
Die horchenden Mägde brachten Fräulein Lina alle diese Nachrich.en in die Küche, ließen sich von ihr nicht kommandieren, denn die Zügel der Ordnung waren in diesen Wochen sehr locker geworden und kehrten eins nach dcr anderen aus ihre Lauscherposten zurück.
Aus einmal flog aber die Keckste in Todesschrecken vom Schlüffelloche weg, denn Fräulein Bettina stand auf und bewegte sich entschlossen nach der Thür.
In ihrer Gemütsbewegung sah sie die Magd nicht, die sich zwischen Tisch und Sofa verkrochen hatte, ging, ihre Thräncn trocknend, durch das Zimmer und rief Fräulein Lina herbei, die ganz bestürzt in Fräulein Bettinas verstörtes Gesicht blickte.
„Helfen Sie mir. Lina, meine Schwester ist gezwungen, plötzlich zu verreisen; wir müssen in einer Stunde alles fertig haben," sagte sie müde.
(Fortsetzung folgt.)
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