Erscheint Dienstag Donners­tag und Samstag.

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Wr. 148.

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Samstag dm 16. Dezember

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

Einrück- ungspreiS f. Altensteig und nahe DA Umgebung bei Imal. i Einrückung 8^, bei mehrmal. je 6

auswärts i- je 8 ^ die 1spalt.Zeile

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1893.

Bestätigt wurde der Kaufmann Karl Hug in Salzstetten zum Ortsvorsteher dieser Gemeinde.

DerSt.-Anz." Nro. 293 (Beilage) enthält eine Bekannt- machung betr. Ausnahme in den Einjährig-Freiwilligen-Dienst.

Gestorben: Maurer Schmid, Freudenstadt; Gasverwalter Hütt, Hall; Pfarrer Friz. Murr; Bäckermeister Köpsf, Göppingen.

D Der Anarchismus.

Abscheu und Entftven Mischen sich in dem Em­pfinden jedes zivilisierten Menschen, wenn er neue Kunde von den SLandthaten anarchistischer Mord­buben vernimmt. Den bluigetränsien Spuren eines Ravachol und eines Pallas ist vor wenigen Tagen Vaillant gefolgt, der die mörderische Bombe von der Galerie herab in den Sitzungssaal der Pariser Depu­tiertenkammer warf. Nur der glückliche Zufall, daß das entsetzliche Mordwerkzeng, kaum der Hand des Werfers entschwunden, an einen vorstehenden Pfeiler flog und dort zerschellte, hat ein namenloses, unabseh­bares Blutbad, mindestens dem von Barcelona gleich, verhindert; so find denn wenigstens keine M»ischm- leben vernichtet worden, wenn auch durch die Explosion gegen 50 Personen, darunler mehrere Deputierte mehr oder minder schwer verletzt wurden.

Seitdem Berthold Schwarz durch einen Zufall auf die Erfindung des Schießpulvers kam, stehen die Pulververschwörungen" aus der Tagesordnung der Weltgeschichte; zu allen Zeiten haben dieselben große Erregung und tiefen Abscheu heivorgerufcn, weil da­bei der Einsatz der Thäter an Mannesmut und Menschlichkeit in gar keinem Verhältnis zu der mörderischen, Unschuldige mit den Schuldigen treffen­den Wirkung stand. Seit Erfindung des Dynamits und der übrigen Mordstoffe, die wir den Fortschritten der Technik unserer Zeit verdanken, sind die Explostons- aitentate immer schrecklicher und abscheulicher gewor­den; die Kraft der Sprcngmasscii wurde verhundert­fach! : in die Bombe von der Größe eines Hühnereis ist die Sprenkrast eines ganzen Fasses von dem früheren Schießpulver gezwängt. Mit dieserVer­besserung" ist arer auch naturgemäß die Gefahrlosig­keit für den Thäter und die Furchtbarkeit der Wir­kung erhöht worden uno mir Grausen denkt man daran, daß gerade in neuerer Zeit diese Atrentale anscheinend ziel- und zwecklos verübt werden.

Bis vor wenigen Jahren hatien alle diese Ver­brechen eine bestimmie Richtung; es ließ sich ein Zweck in ihnen erkennen, wenn er mich verbrecherisch und abscheulich war. Aber man erkannte logisch faßbare Gründe. Erst die Neuzeit schaffte hier einen entsetz­lichen Wandel durch die anarchistische Lehre,alles, alles, was besteht, ist wert, daß es zu Grunde gehl". Und die theoretisch-pessimistische Auflassung des Dich­ters wird von den Mordbuben des Anarchismus grauenvoll in die Praxis übertragen. Bei ihnen handelt es sich um die Vernichtung der ganzen mit derkapitalistischen" Erbsünde behafteten bürgerlichen Gesellschaft, und da erscheint es ihnen nicht der Mühe wert, eine» Unterschied zwischen mehr oder minder Schuldigen zu machen.

Warmen Herzens gehen die erleuchtetsten Geister aller Nationen an die Riesenarbeit der sozialen Re­formen, die sie teilweise dem Vorurteil und dem Eigennutz bevorzugter Klaffen abringen müssen. Das geht den Anarchisten nicht fix genug; sie glauben der Entwicklung der Dinge durch Sprengbomben Nach­hilfen zu müssen. Ihre seuchenhaft um sich greifende Mordlust ist mit größter Feigheit und tiefster sitt­licher Verworfenheit gepaart und das zwingt die Gesellschaft zum energischen Selbstschutz; alle, die sich zur anarchistischen Mordlehre bekennen, gehören ent­weder inS Irrenhaus oder in die Zwangsjacke; da fie sich selbst wie wilde Bestien gebärden, dürfen sie sich nicht wundern, wenn fie auch als solche behandelt werden. Sentimentalität und Humanität ist denen gegenüber nicht am Platze, die sich durch ihr Auf­treten selbst aus der bürgerlichen Gesellschaft, wie fie nun einmal ist, ausschlicßen.

Die Beantwortung der Frage, in welcher Weise j

sich die Gesellschaft gegen jene Bande internationaler Mordbuben wirksamer als bisher schützen soll, ist nicht leicht und es sollen hier auch keine Vorschläge dazu gemacht werden. Aber der folgende Satz, mit dem dieNat.-Ztg." ihre Besprechung der schrecklichen Ereignisse beschließt, find allgemeinster Beachtung wert:

Wirksam wird die bürgerliche Gesellschaft sich gegen die Feinde, an deren Existenz in ihrer Mitte sie wieder so laut erinnert worden, aber nur dann verteidigen können, wenn sie, in den einzelnen Ländern und international in d:r ganzen Welt, die Reihen gegen dieselben schließt. So lange in allen Staaten die auf dem Boden des Gesetzes und der Ordnung stehenden Parteien sich in der jetzigen leidenschaftlichen Art bekämpfen, besorgen sie die Geschäfte der Revo­lutionäre aller Grade, denn sie selbst verstärken die Meinung, daß alles Bestehende wert sei, zu Grunde zu gehen. Und die Vorbereitung auf den nächsten Krieg, mit der fast alle Nationen beschäftigt sind, ist zugleich die Vorbereitung von Zuständen, die, minde­stens unter den Besiegten dieses Krieges, zeitweilig aber leicht auch unter den Siegern, dem Anarchismus die beste Gelegenheit zu umfassender Bethätigung dar- bieten würden.

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 12. Dez. Zweite Beratung der Handelsverträge. Am den Aittrag M a n l e u f f e l 's. den B en n i gs en und Ho mp e sch unterstützen, wird zuerst der rumänische Handelsvertrag im Interesse der Abkürzung der Debatte beraten. Nach einem kurzen Referat des Berichterstatters Paasehe pro- testiert Graf Limburg (kons.) gegen die Abfassung des Berichts, der die von agrarischer Seite geltend gemachten Einwendungen einfach übergehe und der Meinung Vorschub leiste, daß der Widerspruch gegen die Verträge nur schwach gewesen sei. Redner wen­det sich dann gegen den Vorwurf, daß die Gegner der Verträge ihre Argumente nicht durch statistische Nachweise erhärten. Die Getreidezölle hätten jeden­falls die Tendenz, den Inlandspreis auf einer ge­wissen Hohe zu erhalten. Die größte politisch- Au­torität D-.utschlaiids, die leider nicht mehr an der Spitze des Reiches stehe, sti gegen diese Handels­politik. De Landwirte verlangen, daß die Regierung prinzipiell anerkennt, daß ihre Handelspolitik ein Fehler sei und daß sie die Landwirtschaft schädige, daß sie also der Landwirtschaft Ersatz auf einem anderen Geböte, namentlich durch Inangriffnahme der Währungsfragc schulde. (Beifall rechts.) Der Reimer iuchr weiter nachzuweiscn, daß der rumänische Handelsvertrag namentlich dadurch, daß russisches Getreide über Rumänien eingche, schädlich sei. Käme es zu einem Zollkriege, so würde man die Industrie bedauern, sie aber daran erinnern, daß es nicht an gängig sei, sich auf Kosten der Landwirtschaft Vor teile zu verschaffen. Wer für den rumänischen Handels­vertrag stimme, könne den russischen nicht ablehnen, denn das würde wie ein Akt politischer Gehässtigkcil wirken. Staatssekretär v. Marschall tritt der Absicht d:s Vorredners entgegen, den noch nicht exi­stierenden russischen Vertrag als Schreckmittel gegen den rumänischen zu benutzen. Ucber jeden einzelnen Vertrag müsse nach wirtschaftlichen Rücksichten allein entschieden werden. Mit dieser allgemeinen Schilderung der Not der Landwirtschaft beweise man nichts gegen die Handelsverträge, und je schlimmer die Nor der Landwirtschaft sei, umsomehr solle man sich hüten, durch Ablehnung der Verträge 60 00070000 Ar­beiter brodlos zu machen (Widerspruch rechts, Beifall links). Nur mit Stimmungen und Strömungen, aber keinem sachlichen Argument kämpfen die Agrarier gegen die Handelsverträge an. Gäbe die Regierung diesen Strömungen nach, so würde sie den Zollkrieg zu einer organischen Einrichtung machen. Die wirt­schaftliche Depression, unter der auch die Landwirt­schaft leide, sei über die ganze Well verbreitet, nicht durch die Handelsverträge verursacht. Zum trost­

losen Vessimismus, den die Agrarier von Dorf zu Dorf verbreiten, sei kein Anlaß. Redner kennzeichn et die auf Unkenntnis beruhende und spekulierende Agi­tation des Bundes der Landwirte gegen den rumä­nischen Vertrag. Wenn die Stimmung der Land­wirtschaft auf so falschen Informationen und Vor­aussetzungen beruhe, wie diese Agitation, so könne man unmöglich verlangen, daß dK Regierung ihr nachgebe. Freihändlerisch sei di; Regierung, die solche Verträge mache, noch nicht., Er appelliere von den schlecht unterrichteten Landwirten an den besser unterrichteten Reichstag. Schützen Sie durch die Annahme des Vertrages die deutsche Arbeit in ihrer Gesamtheit. Der Referent Paasche weist die An­griffe gegen seine Berichterstattung zurück und weist an einzelnen Beispielen nach, daß die lautesten Agi­tatoren der Rechten sich in größter Unkenntnis unserer Handelsbeziehungen zu Rumänien und Serbien be­finden. Staudy (kons.) zweifelt die Richtigkeit der dem Berichte der Kommission beigegebenen Tabellen an, die Hammacher verteidigt, der gleichzeitig in scharfer Weise die Angriffe auf den Bericht zurück­weist. Es knüpft sich hieran eine längere Polemik zwischen Hammerstein, Staudy und Hammacher. Schädler (Zentr.): Die Strömungen, von denen d;r Strarssekrekär Marschall gesprochen habe, hätten ihre reale Unterlage in der Notlage der Landwirt­schaft. Er mit einem großen Teile seiner Fraktions- genossen erwarie von dem rumänischen Vertrage eine weitere Schädigung der Landwirtschaft; er werde gegen den Vertrag stimmen, zumal politische Gründe für seine Annahme nicht geltend zu machen seien.^ Redner sucht dies zu begründen. Freiherr von Stumm (deuische Reichsp.) bemerkt, daß auch jetzt schon rumänisches Getreide nach Deutschland komme. Oester­reich werde durch Konzessionen wieder die Oberhand zu gewinnen .suchen. Er werde für den Vertrag stimmen. Graf Mirbach (kons.) polemisiert gegen die Freiherren v. Stumm und Marschall. Dr. Barth (srns. Verein.) meint: Nach Ablehnung des deutsch­rumänischen Handelsvertrages müsse das Volk um seine Meinung betragt werden. Auf Setten der Agrarier herrschten mehrfach falsche Anschauungen. Wenn man das rumänische Getreide von der Ein­fuhr y eher seruhalte, so werde es aus den Welt­markt geworfen und dort den Preis drücken. Dre Agrarier mäß en daher in ihrem eigensten Interesse dem Vertrag beistimmen. Bleibe die Regierung fest, so werde es ihr auch gelingen, für den rumänischen und russischen Handelsvertrag eine Mehrheit zu ge­winnen. Dis Beratung wird vertagt. Morgen Fortsetzung.

* Berlin, 13. Dez. Zunächst wird der Antrag Buol, die Zahl der Mitglieder der Kommission für sie Arbeiterstatistik auf sieben zu erhöhen, angenommen, nachdem Staatssekretär v. Bötticher die Befür­wortung im Bundesrat zugesagt hat. In der Fort­setzung der zweiten Lesung des rumänischen Handels­vertrages nimmt darauf das Wort L i e b e r (Zentr.): Die Landwirtschaft leide zwar Not, die Ablehnung des Handelsvertrages werde daran aber nichts ändern. Auf welchem Wege Abhilfe zu schaffen sei, deute seine in der Kommission eingebrachte Resolution an, welche die überwältigende Mehrheit der Fraktion billigt und nach Abschluß der Verhandlungen weiter verfolgen werde. Wenn die Rechte sich als alleinige Ver­treterin der Landwirtschaft hinstellr, kann man der Linken nicht Unrecht geben, wenn sie sich die alleinige Vertreterin der Arbeiterintereffen nennt. In einem Atem behaupten, das Ausland trag e den Zoll und die Landwirtschaft leide not, ist ein Widerspruch. Für die Industrie sei, wie zahlreiche Telegramme ihm in letzter Stunde nahelegten, der rumänische Ver­trag von hoher Bedeutung. Ec wendet sich dann gegen di. Behauptung, daß Süddeutschland von dem Ver­trage besonders schwer getroffen werde und konstatiert, daß er und seine politischen Freunde nach ernster Prüfung gefunden hätten, daß keine Vorlage je besser