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Donnerstag den 7. Dezember
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1893.
Amtliches.
Uebertragen wurde das Umgeldskommissariat Calw dem ümgeldskommissär Huber in Oberndorf.
Für besondere Leistungen iw Fischereiwesen ist dem Gemeinderat Joh, Horlmann n Pfrondorf ein 2. Preis seitens der Zentralstelle für die Landwirtschaft zuerkannt worden.
Tie Zentralstelle sür die Landwirtschaft setzt auch für das Jahr 1894 für Leistungen im Fischereiwesen verschiedene Preise im Gesamtbeträge von 500 Mt. aus. Preisbewerbungen lind bis 1. März 1894 an genannte Zentralstelle in Stuttgart einzureichen.
Gestorben: resg. Stadtschulrheiß Herzer, Wiesensteig ; Pri
vatier Schwarz, Aalen; S tadtkassicr a. D. Mack, Eßlingen; Privatier Koch, Fellbach; Floschnermeister Acher, Stuttgart-, Georg Gläser zur Post, Herrenberg; Privatier A- Nirk, Stuttgart; H. Lorch, Privatier, Ealw.
Zur Reform der Militärstrafprozeß-Ortmung.
Die Frage einer Reform des Mililärstrafprozesses hat durch eine Aeußerung des baierischen Kriegs- Ministers v. Asch in der Samstagssitzung des Landtags eine neue Beleuchtung erhalten. Herr v. Asch erklärte, daß schon in den Jahren 1890 und 1891 zwei Entwürfe einer Reichsmilttärstrafprozeßordnung ausgearbeitet worden seien, jedoch nicht die kaiserliche Sanktion erhalten hätten. Hiernach ist jedenfalls das Geheimnis in der militärischen Welt gut gewahrt geblieben. Man erfährt hier zum erstenmale, daß die Militärs der größeren Bundesstaaten sich über eine Militärstrafprozeßordnung verständigt hatten, und da die baierische Regierung auf die Grundlagen ihrer Prozeßordnung, auf Ocffentlichkett und Mündlichkeit, nicht wird verzichtet haben, so geht daraus hervor, daß die preußischen Militärs bereit gewesen waren, das baierische Strafverfahren in seinem wesentlichsten Bestände anzunehmen. In das Jahr 1890 fällt noch
Kriegsministerschaft des Herrn v. Verdy, in das Jahr 1891 schon die des Herrn v. Kaltenborn. Ueber Herrn v. Verdys plötzlichen Abgang ist seinerzeit viel orakelt worden; angeblich war er das Opfer seiner Gesprächigkeit über die Verwirklichung der „Scharn- horstschen Ideen." Vielleicht bietet die Meinungsverschiedenheit zwischen dem Kaiser und ihm über das Militärstrafverfahren einen besseren Schlüssel zur Erklärung seines Abgangs. Die Thatsache, daß ein zweiter Entwurf im darauffolgenden Jahre abermals vom Kaiser verworfen wurde, ist um so bemerkens- v uer, als schon aus psychologischen Gründen angenommen werden darf, daß dieser zweite Entwurf
den an allerhöchster Stelle geäußerten Bedenken gegen den ersten Entwurf Rechnung zu tragen versucht hat. Man wird vom Reichstage Aufklärung über diese ungewöhnlichen Vorfälle beanspruchen dürfen. Einen eigentümlichen Eindruck macht die Schlußwendung in der Rede des Kriegsminisiers von Asch, daß „nach seiner persönlichen Ansicht die Oeffentlichkeit des Verfahrens sür die Armee kaum vorteilhaft sein würde." Soll hstr etwa dir Boden dafür sondiert werden, ob den in Berlin geäußerten Wünschen baierischerseiis nicht noch weiter könnte entgegcngckommen werden? Herr v. Asch hat zwar beruhigend hinzugesügt, daß die baierische Regierung an ihrer vorjährigen Erklärung über einen künftigen Reichsgesetzentwurf fest- halte, aber die erwähnte, persönliche Ansicht dieses Militärs hebt, jene Zusicherung zwar noch nicht materiell auf, rechtfertigt jedoch einiges Mißtrauen. Die Verhandlungen des Reichstags über den Militäretat werden durch die bemerkenswerte Samstagssitzung der baierischen Kammer einen neuen und überaus wichtigen Inhalt bekommen.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 4. Dez. Novelle zum Unterstützungswohnsitz. G r e i ß (Zentr.) befürwortet, daß die von Gemeinden unterstützten Personen in besonderen Anstalten beschäftigt werden. Brühne (Soz.) hält eine Abänderung der Jnvaliditäts und Altersversicherung sür wichtiger als diese Vorlage. Er wünscht die Ausdehnung des Gesetzes über den Unter- srützllngswohnsttz aus Bayern und Elsaß-Lothringen, weichem Wunsche Osann (nat.-lieb.) sich anschließt. Staatssekr. o. Bötticher erklärt, die Ausdehnung auf Elsaß-Lothringen we-de sich ermöglichen lassen, sobald in Elsaß-Lothringen die Verwaltungsorganisation und die Steuerreform beendet seien. Bezüglich Bayerns komme das Reservatrecht in Frage. Man möge zunächst die zunehmende Wirksamkeit der sozialpolitischen Gesetze abwarten.
* Berlin, 5. Dez. Erste Beratung der Novelle zum Reichsstempclgesetz. Minister Riedel erklärt, die Retchsregierung lege das größte Gewicht auf die Annahme der Steuerentwürfe. Die Finanzverhält- niffe des Reichs und der Einzelstaaten bedürfen der ernstesten ÄufAerksamkeit. Die Matrikularbetträge
übersteigen die Ueberweisungen um 53Vr Millionen Mk. Die Reichsausgaben steigen fortdauernd für den Pensionsfonds und die Zuschüsse zur Alters- und Jnvaliditätsverstcherung. Die Einzelstaaten seien bereits in Verlegenheit und müssen nach außerordentlichen Mitteln suchen, um die Ausfälle und Aufkommen der Matrikularbeiträge zu decken. Gegen eine Reichseinkommensteuer müßte er sich ebenso entschieden erklären, wie dies der preuß. Finanzminister bereits gethan, Dieselbe wäre ein so tiefer Eingriff in die Selbständigkeit der Einzelstaaten, daß nicht nur die Regierungen, sondern auch die Bevölkerungen sich einmütig dagegen wehren würden. Die Regierungen haben es vermieden, unentbehrliche Lebensmittel zur Steuer heranzuziehen, und sie waren bedacht, die Landwirtschaft zu schonen. Er weise den Vorwurf zurück, daß durch die neuen Steuern die schwächeren Schultern härter bedrückt werden. Die Bedenken gegen die Quittungssteuer seien nicht haltbar. Die Tabakfabrikatsteuer anlangend, so haben die Regierungen die Rückwirkung auf die Arbeiterverhältnifse ernstlich erwogen. Tie Behauptungen bezüglich eines starken Konsumrückgangs widersprechen allen Erfahrungen. Durch die Ablehnung der Steuervorlagen würden die Einzelstaaten gezwungen, die direkten Steuern zu erhöhen, wodurch wenigstens in Bayern gerade die breiten Maßen belastet würden, während die Zahlung der Tabaksteuer oder einer anderen indirekten Steuer mehr oder weniger in das Belieben der Einzelnen gestellt sei. Das gegenwärtige finanzielle Verhältnis des Reichs zu den Einzelstaaten ist so gestaltet, daß dasselbe nach übereinstimmender Ansicht aller verbündeten Regierungen dringend einer Aenderung bedürftig ist. In der vorliegenden Frage stimmen die Interessen aller Bundesstaaten in der Hauptsache überein. Durch die Zustimmung zu den Steuervorlagen würde dem deutschen Volke ein großer Dienst erwiesen. (Lebhafter Beifall rechts, der Reichskanzler erhebt sich und schüttelt dem Redner die Hand.) Richter (Freis. Volksp.): Die Schwankungen in den Einnahmen der Einzelstaaten seien weit weniger auf das Verhältnis zum Reich, als auf die schwankenden Elsevbahneinnahmen-^urückzusühren. Durch den Satz, daß das Reich die Einzelstaaten finanziell unterstützen müsse, werde der föderative
Kr ist der Erbe!
Roman von L. Haidheim.
(Fortsetzung.)
„Ja, wer denkt sich was dabet I" verteidigte sich der andere.
„Aber das Hilst «ns gar nichts, Willem, wenn wir nicht den klaren Beweis haben, wann Harterott hier war."
Der Krämer lief schweigend und unruhig in der Stube umher, indes die anderen weiter sprachen »nd verabredeten, daß sie zusammen ihre Meldung beim Gericht machen wollten und zwar schon morgen.
„Willem! Wenn Lörrach durch uns befreit wird, so sollen Sie sehen, es fällt Ihnen ein gutes Stück Geld in die Hand," sagte Preuß der ältere.
„Aber wenn Sie uns fragen, warum wir nicht gleich gekommen find?" meinte Willem.
„So sagen wir, wir wären in Gerichtssachen nicht bewandert und hätten nicht gewußt, daß wir uns melden müßten — ich will ihnen schon zu hören geben, was ich ihnen in aller Artigkeit zu wissen thun möchte."
Inzwischen war der Krämer hinausgelaufen.
Auf einmal kam er mit seiner in ein dürftiges Kattunröckchen gehüllten Frau wieder, die an allen Gliedern zitterte. Sie war schon im Bett geweien. „Meine Frau hat ein gutes Gedächtnis," sagte er. „Ich bin nämlich hingelaufen und habe Annemarie
gefragt, was den Tag passiert wäre. Und da weiß sie's denn auch gleich, sie hat einen rekommandierten Brief mit Geld darin nach der Post getragen und sich den ganzen Weg geärgert, daß sie Herrn Harterott nicht gebeten, sie mitfahren zu lassen."
„Ja." nickte die Frau, „und denselben Tag bestellten wir bei dem Reisenden von Frick und Happe die Kartoffelstärke."
Der alte Preuß war wie gebrochen — die Freude hatte ihn schwächer als das Leid gefunden.
„Also an wen war der rekommandierte Brief? Das Postamt giebt uns sofort das Datum."
Mann und Frau nannten die Adresse: Liqueur- fabrik von Wenzel und Meter.
„Fragen Sie morgen auf der Post nach, bringen Sie mir von da die schriftliche Bescheinigung des
Datums, Sie sollen in meinem Hause zwei Jahre
lang freie Zeche haben!" rief der Restaurateur.
Die beiden Preuß konnten sich gar nicht finden in das unerhörte Glück, daß sie so ganz zufällig eine Kunde erhielten, die ihren Willy entlastete.
Der alte Mann weinte.
„Und ich habe den Herrn Lörrach im Ge
fängnis sitzen lassen und die Wahrheit nicht zu Ehren gebracht," stöhnte reuig und bekümmert der alte Preuß.
* -!: *
In dem Harterottschen Hause waren Frau Ella und Bettina Wiedner beschäftigt, die stattliche Ausstattung der ersteren für den Umzug in eine andere Wohnung einzupacken.
„Ella, liebe Ella!" mahnte das junge Mädchen die bleiche Schwester, deren Hände ruhten und die immer wieder in ihre tiefen, kummervollen und bitteren Gedanken versank.
Die junge Witwe schrak zusammen.
„Ja, ach ja!" sie begann wieder die feinen Kristall- g äser in Papier zu wickeln, um einige Minuten später abermals sich zu vergessen.
„Wenn du mir nur sagen wolltest, Ella, was du grübelst?" bat die gleich ihrer Schwester in tiefe Trauer gekleidete Bettina.
„Es giebt Dinge, die man nicht aussprechen kann und darf, Bettina! Schlimm genug, daß ich zu spät zu der Erkenntnis komme," sagte sie düster.
Ueber Bettinas Gesicht flog es wie ein Heller Schimmer. „Ella. Ella, du kommst zu besserer Einsicht, Gott segne dich dafür!" rief sie.
„Bessere Einsicht?" wiederholte Frau Harterott bitter. „Meinst du, daß ich glaube, was du in Warmenau erfahren? — O wenn er schon geneigt gewesen wäre, sich in Hedwig Jhlefleth zu verlieben — bilde dir nur nicht ein, daß sie vergessen würde, wie weit der Abstand zwischen ihr und Lörrach war? Ich glaube keine Silbe von all dem Geschwätz."
„Ella! Du kannst es glauben! Die Müllerfrau behauptet, sie seien täglich zusammen gewesen, der Baron scheine auch mit der Neigung der beiden einverstanden."
Frau Harterott lachte spöttisch — ein Lachen ohne Klang und Heiterkeit.