befindet sich als Zögling in der Militärakademie in Wiener Neustadt und ist über die Vorgänge in Brasilien ar nicht unterrichtet, da er auf seiner Eltern Wunsch reng von der Politik ferngehalten wird.

* Graz, 20. Novbr. Die Königin Viktoria von England und Kaiserin Friedrich ließen einen gemein­schaftlichen Kranz mit der Aufschrift »Viktoria und Kaiserin Friedrich" am Sarg des Grafen von Harte­nau niederlegen.

"Aus Tirol, 18. Nov. Ein seltsamer Wanderer hat vorige Woche den schneebedeckten Brenner über­schritten, um nach dem sonnigen Italien zu ziehen. Es ist der 3 Meter hohe und 80 Zentner wiegende Riesen ElephantJoli" der Ehlbeckschen Menagerie, welcher vom Münchener Oktoberfest kommend durch Tirol nach Italien wandert und zwar zu Fuß, weil die Bahn die Beförderung dieses Ungetüms, das sich übrigens sonst ganz sanftmütig erweist, nicht über­nommen hat. In den größeren Ortschaften, die er durchwandert, läßt sich Joli gewöhnlich auf einen oder mehrere Tage zu Gastspielen nieder. Der Weg über den Brenner, von Matrei bis Sterzing, 23 Km, scheint dem rüstigen Fußgänger ganz gut bekommen zu sein.

* R o m, 20. Nov. Infolge der beabsichtigten Verschmelzung der Beamtenkörper der Post und Tele­graphie streiken seit Mittag die hiesigen Telegraphen­beamten. Die Telegraphenboten, die das Aus­tragen der Depeschen besorgen, haben sich mit den Telegraphisten solidarisch erklärt und dem Ausstand angeschlossen.

* R o m, 20. Nov. Ungeachtet wiederholter Er­mahnungen des Telegraphendirektors weigerten sich die streikenden Beamten, die Thätigkeit wieder auf­zunehmen und folgten der Aufforderung, die Bureau zu verlassen, erst nach Erscheinen von Bewaffneten. Sie wurden durch neues Personal ersetzt, der Be­triebsdienst ist wieder eingerichtet. Die Deprschen- träger nahmen die Arbeit wieder auf. In den anderen Städten herrscht vollkommene Ruhe.

* Paris, 18. Nov. Der Anarchismus beherrscht augenblicklich fast ausschließlich das öffentliche In­teresse. Das Journal des Debats schreibt: »Wir haben eine ganz besondere Art, Repressionsgesetze zu machen. Wenn ein Anschlag vorkommt, macht die Regierung einen Gesetzvorschlag. Dieser schläft aber ruhig in den Akten und wird vergessen. Passiert ein neues Verbrechen, so erscheint die Vorlage wieder auf der Bildfläche. So ist es auch mit dem Gesetz, welches im Monat Mai 1892 zur Unterdrückung der Aufreizung zum Verbrechen auftauchte. Die Ver­anlassung hierzu gab das Attentat auf dem Boule­vard Magenta. Bis zum November des nämlichen Jahres, wo es durch die Explosion in der Rue des Bons Enfants wieder in Erinnerung gebracht wurde, war nicht mehr davon die Rede. Die Anarchisten bleiben besser bei der Sache. Ihre Propaganda ist eine ununterbrochene. Die Katastrophe von Barcelona, der Mordversuch im Restaurant Duval und die Ex­plosion in Marseille folgten Schlag auf Schlag, um die zivilisierte Gesellschaft an die Existenz der Barbaren zu erinnern. Wir wünschen, daß man unsere bürgerliche Ge­setzgebung kaltblütig und mit »Ja" oder »Nein" auf die Frage prüfe, ob sie im Stande ist, die Gesellschaft

gegen Feinde einer bisher ungekannten Art zu schützen, und daß man ferner nicht erst wieder neue Anschläge abwarte, um jenen zu begegnen."

* Paris, 18. Nov. Der in St. Mande bei Paris ansässig gewesene Bankier Richard ist durch­gegangen. Wie verlautet, hat er die bei ihm von zahlreichen Rentnern und Kaufleuten gemachten Ein­lagen an der Börse verspielt; die veruntreute Summe soll sich auf mehrere 100000 Fr. belaufen.

* Parts, 20. November. Eine Abordnung des Studentenvereins überreichte heute dem Admiral Gervais die für den Avmiral Avelane im Aufträge des Vereins geprägte Denkmünze. Auf eine schmeichel­hafte Anrede erwiderte Gervais, er habe in Kron­stadt persönlich keine Rolle gespielt: Ich nehme für mich nur ein Ding in Anspruch, nämlich mich und andere für das vorzubereiten, was ich nie nenne, ob­gleich ich stets daran denke und dessen Bedeutung Sie, meine jungen Herren, verstehen.

* Paris, 20. Nov. Der Temps veröffentlicht den Wortlaut der Münzkonvention, wonach Italien sich verpflichtet, innerhalb 4 Monaten nach Ratifikation des Vertrages mindestens 35 Mill. feiner Silbermünze zu übernehmen und zu bezahlen.

* Paris, 20. Nov. DerFigaro" spricht heute schon von der dreifachen Allianz: Frankreich, Ruß­land, der h. Stuhl. Das eine bringe Frankreich den militärischen, der andere den moralischen Beistand. Das Zustandekommen dieser Freundschaften sei einem Wunder gleich zu achten, wenn man bedenke, daß Frankreich eine leider bisher von Radikalen und Frei­geistern regierte Republik, der Zar aber und der Papst die Hüter des konservativen Prinzips seien. Die Kirche habe von dem gegenwärtigen Regiment in Frankreich nichts als Quälereien, Verfolgungen, Verletzungen materieller Art und Hintansetzungen er­litten; man habe die Orden ausgetrieben, aus den Schulen und Spitälern die bewundernswerten Schwestern ver­jagt, den Priestern die Gehalte gesperrt, die Semina­risten in die Kasernen gesteckt. Trotzdem segnet die Kirche die Obrigkeit, welche sie schlägt, sie erwartet von Gott die Vergeltung für das angethane Unrecht. Welchen immensen Vorteil gewährt diese Haltung Frankreich! Was die moralische Macht der Kirche bedeutet, das hat Bismarck erfahren, er mußte die Segel streichen und nach Kanossa gehen. Auch Kaiser Wilhelm mußte es erfahren, als er in seiner letzten Unterredung mit Leo XIII. die größten Anstrengungen machte, um den Papst von Frankreich abwendig zu machen, als er sagte: Geben Sie doch diese revolutio­näre Nation auf, welche ihrem König den Kopf ab­geschnitten hat! Der Papst blieb fest, und ebenso hat auch der Zar der Republik die Hand gereicht über alle berechtigten Beschwerden und Vorurteile hinüber. Deshalb ist aber auch die Regierung von Frankreich schuldig, eine Richtung einzuschlagen, welche der christ­lichen und konservativen Politik ihrer zwei hohen Ver­bündeten entspricht. Die innere Politik muß in Har­monie gesetzt werden mit der äußeren. Weil Frank­reich die beiden Hälften Gottes (si«!), den Papst und den Zaren, unverhoffter, unerklärlicher Weise wie durch ein Wunder für sich hat, so darf es nicht die Politik des Teufels machen, muß vielmehr das Gute, das ihm von oben zugefallen ist, benützen. Man

schreit überall nach Frieden! Ja, stellet den religiösen, den sozialen Frieden im Innern her, dann könnt ihr ihn nach außen um so sicherer diktieren! Dieser Artikel bedarf keines Kommentars. Weil Frankreich mit Rußland und dem Papsttum verbündet ist, muß es eine Politik nach dem Herzen des Zaren und des Papstes, dieser »zwei Hälften Gottes" wie das Blatt blasphemtsch sich ausdrückt, treiben. Eine solche Er­niedrigung ist einzig zu erklären aus dem innersten Motiv aller dieser Auslassungen: dem Gefühldes Haffes gegen Deutschland und dem Durst nach Revanche.

* London, 20. Nov. Die Zahl der Menschen­leben, die in Folge des Unwetters an der englischen Küste verloren gegangen sind, beträgt nahezu 200. Ein Dampfer wurde am Freitag von dem Post­dampfer Ktllarney in der Nähe von Milfordhaven in Notlage bemerkt; der Versuch, denselben zu bugsiren, mußte nach 5stündiger Arbeit ausgegeben werden. Bon dem Dampfer, der auf der Reise von Liverpool nach Marseille begriffen war, sind seitdem keine Nach­richten mehr eingegangen.

* London, 20. Novbr. Es wurde festgestellt, daß bei 100 Ausstandstagen 663463 Bergleute 250 Millionen Franks eingebüßt haben.

* Warschau, 21. Nov. Gestern und heute wurden gegen 80 Personen, meist aus lttterartschen und studentischen Kreisen, unter dem Verdachte einer nihilistischen Verschwörung verhaftet und in der Cita- delle interniert.

* Sofia, 19. Novbr. Ein Armeebefehl des Prinzen Ferdinand gedenkt in erhebenden Worten des schweren Verlustes, den die bulgarische Armee durch den Tod ihres Begründers, des ruhmreichen Helden erlitt, der am Jahrestage des glorreichen Sieges von Slivnitza verschied. Der Prinz ordnete eine lOtägige Armeetrauer und eine Mögige Trauer für oas Alexanderregimeut an.

* Sofia, 20. Nov. Fürst Ferdinand spendete 10000 Francs zur Errichtung eines Nattonaldenk- mals für den Grafen Hartenau. Der in Wien auf Staatskosten Bulgariens weilende Bildhauer Iwan Perkow ist mit der Ausführung des Denkmals be­traut worden.

(Eingef. Nach Schluß des Blattes eingetroffen.)

* Bösingen. Auf dem Haupte das Alter, aber im Herzen und auf den Wangen die Jugend: so feierte letzten Sonntag Herr Forstwart Saile das Andenken an feinen vor 25 Jahren stattgehabten Aufzug in hiesiger Gemeinde. Letztere ließ es sich nicht nehmen, diesen Gedenktag mitzufeiern. Der Männergesangverein unter Leitung des Herrn Schul­lehrers Mergenthaler ehrte den Jubilar durch eia »Stündlein" und verschönerte den Gesellschaftsabend durch weitere Gesangsvorträge. Herr Schultheiß Koch brachte hier den Dank der Gemeinde, Herr Lehrer Mergenthaler ein Gedicht von Herr Pfarrer Groß und Herr Herwig, oanä. tllsol., seine Begeiste­rung für die Natur, die Freundin des Jubilars, zum Ausdruck. Seiner Familie zum Wohl, der Gemeinde zur Freude und dem Staate zum Besten möge es. Herr Saile vergönnt sein, seinen neuen Titel noch lange in Amt und Würde tragen zu dürfen.

Verantwortlicher otedatteur: W. Stteker, Allenstetg.

Kr ist der Gröe!

Roman von L. H a i d h e i m.

(Fortsetzung.)

»Und wie lange bleiben Sie dort ?"

Da war die Frage! Lügen wollte er nicht, die ganze Wahrheit sagen auch nicht.

Ich blieb nicht da. Ich ging wieder aus dem Holz."

Weswegen? Wohin? Wann? Wie lange?" So folgte eine Frage der anderen; er konnte die wenigsten zur Zufriedenheit des Jnquirierenden be­antworten. Statt Klarheit gab es Unklarheiten.

Dann also, als Sie aus dem Holz zurückkamen, wie viel Uhr war es da?"

Es mochte siebeneinhalb sein," gab er an.

Hatten Sie draußen auf dem Feld niemand gesehen?"

Er dachte an die Mägde des Barons, denen er und Hedwig die Pilze mitgegeben; aber, nein, Hed­wig in diese Geschichte hineinzuziehen unmöglich.

So erklärte er also, ja, es hätten ihn Leute ge­sehen, aber er könne ihre Namen nicht anaeben.

Wo?"

Das -könne er auch nicht sagen.

Dann sollte er erzählen, wie er den Toten ge­funden.

Er that es, beschrieb die Lage desselben, das Terrain, die Lage des Gewehrs, alles ganz genau.

Hörten Sie einen Schuß fallen?"

Ja, dieser Schuß gab mir sogleich die Richtung."

Wann?"

»Ich war eben ins Holz getreten und begann, meinen Freund zu rufen und ihm zu pfeifen."

Der Richter schwieg eine Weile, dann sagte er sehr ernst:Die Unklarheiten, die Sie unaufgehellt lassen, schaden Ihnen, Herr Lörrach; können Sie die­selben nicht erklären?"

Ich kann es, aber es bestimmen mich gewisse Gründe, es nicht zu thun."

Das ist ein schlimmes Ding, mein Herr," be­gann der Richter wieder.Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß der vorliegende Fall komplizierter ist, als es Ihnen wohl scheint. Herr Harterott ging mit Ihnen fort, gesund und heiterer als seit vielen Tagen. Sie bringen ihn tot zurück, erschossen durch Zufall, unglücklicher Zufall, sagen Sie aber beweisen läßt sich Ihre Angabe nicht. Und in einem zweifelhaften Falle wie dieser fragt man zuerst: »Wer hat Nutzen von diesem Todesfall?" Nun wissen Sie, daß Sie der Erde find, nach dem Testament ihres verstorbenen Onkels. Harterott hinterläßt keine Leibes­erben."

Und daraufhin wirft man ohne weiteres den infamen Verdacht auf mich?" fragte Lörrach bitter, aber jetzt viel ruhiger.

Es kommt noch ein Verdachtsmoment dazu. Sie waren, bevor Frau Harterott sich mit ihrem nach- herigen Gatten verlobte, eine Zeitlang mit ihr heim­lich versprochen?"

Ja!"

Und wie löste sich dieses Band ?"

Ich mußte fort, nach England, wir schrieben uns noch einige Male, dann antwortete Ella das damalige Fräulein Wiedner," verbesserte er sich, . nicht mehr und bald daraus war sie Harterotts Braut."

Der inzwischen auch Ihres Onkels Erbe wurde?"

Ja."

Fühlten Sie darüber einen Groll gegen ihn?"

Im ersten Augenblick, ja! Später nicht mehr."

Aber wegen seiner Verlobung grollten Sie ihm?"

Nein, niemals! Ich hatte bald eingesehen, daß ich Fräulein Wiedner nicht das ihr gebührende Lebenslos bieten konnte, Hans vermochte es."

So gönnten Sie ihr also alles Gute?"

Von ganzem Herzen."

Sie kamen dann nach Jahren zurück. Hatten Sie nicht dennoch Neid gegen den Freund, der alles besaß, auf das Sie gehofft?"

Nein ich habe ihn nicht beneidet!"

Aber die alte Liebe wachte in Ihnen wieder auf?"

Nein, Ella stand mir als Harterotts Gattin zu hoch. Ich verehrte sie wie eine Freundin."

Sie haben aber noch wärmeren Gefühlen Aus­druck gegeben?"

Niemals!"

Haben Sie nicht zu Frau Harterott gesagt, Sie könnten sie nicht vergessen?"

Fritz Lörrach fuhr zurück. Das war doch et­was arg! (Fortsetzung folgt.)