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1893.
Uebertragen wurde die zweite Schulstelle in Erpfingen, Bez. Pfullingen, dem Schullehrer Meroth in Neuweiler.
Gestorben: Restaurateur Paul Lechleitner, Stuttgart; Stadtpfarrer Dr. Leube, Leutkirch; Joh. Wölfle, Privatier, Faurndau; Kaspar Hummel, Privatier, Kaisersbach; Leopold Steiner, prakt. Arzt, Stuttgart,
L«des«chrichtea.
* Alten steig, 22. Novbr. Der Ausschuß des hies. Gewerbevereins hielt am Montag abend eine öffentliche Sitzung in der „Linde" ab, zu welcher in diesem Blatte Einladung ergangen war. Es lageine pom Handelsverein Heilbronn verfaßte Eingabe an den hohen Reichstag vor, in welcher gegen die geplante Frachtbrief- und Quittungssteuer Stellung genommen und um Ablehnung derselben gebeten wird. An den hies, Gewerbeverein war das Ersuchen gestellt, sich dieser Eingabe anzuschließeu. In der Begründung derselben ist ausgeführt, daß die Quittungs- steucr die mittleren und kleineren Handels- und Gewerbetreibenden in ganz erheblichem Maße neu belasten wurde, während die größeren Betriebe kaum oder verhältnismäßig unbedeutend davon betroffen würden. Nun seien es aber gerade die mittleren und kleineren Geschäfte, die ohnehin schon unter der Last der ihnen m Lause des letzten Jahrzehnts auferlegten staat- ichen Abgaben, namentlich für soziale Zwecke, schwer cufzen und zudem durch die Konkurrenz unter sich elbst in ihrem Erträgnis geschmälert seien. Neben »er Belastung kommt bet der Frachtbriefsteuer die umständliche Art der Erhebung in Betracht. Da aber eingesehen wird, daß die Kosten für die Militärvorlage auf irgend eine Art aufgebracht werden müssen, so wird eine Reichserbschafts-, Wehr- und Zeitungssteuer vorgeschlagen. (Es klingt doch eigentümlich, daß der Heilbronner Handelsverein nicht an die prozentuale Besteuerung der großen Einkommen, die progressive Einkommenssteuer, denkt und daß er es lieber sähe, die Zeitungen würden besonders besteuert, wie in Oesterreich, wo noch der überaus lästige Zeitnngsstempel besteht. Mit welchem Recht verlangt der Handelsveretn nicht wir, sondern jenes Gewerbe soll die neue Steuer und ihre Belästigung haben?! —) Die Versammlung pflichtete der Eingabe in den wesentlichsten Punkten zu und es soll unser Hr. Reichstagsabgeordnctcr ungesäumt von den hervorgetretenen Wünschen unterrichtet werden. — Zu Beginn des neuen Jahrs beabsichtigt der Gewerbeverein sein 25jähriges Bestehen durch eine Jubiläumsfeier zu begehen.
* Calw, 19. Novbr. Gestern Samstag vorm. 10 Uhr ist unser neues Schulhaus in festlicher Weise bezogen und seiner Bestimmung übergeben worden.
* Liebenzell, 20. Nov. In der Nacht vom vergangenen Freitag auf Samstag wurde im hiesigen Gasthof z. Ochsen ein Einbruchsdiebstahl verübt, bei dem eine größere Summe Geldes entwendet worden ist. Ein nicht gut verschlossener Fensterladen des zu ebener Erde gelegenen Wirtschaftszimmers ermöglichte das Etnsteigen des Diebs, der eine Scheibe eindrückte, um von außen her den inneren Fensterriegel zu öffnen. Dabei wurde, wie es scheint, das Klirren herabfallender Glasscherben durch vorgängiges Auskleben eines Blattes Papier auf die Scheibe vermieden. Der That verdächtig sind zwei unbekannte Männer, die am Abend vorher in der Wirtschaft verkehrten und sich durch ihr Benehmen ausfällig machten. Möchte es gelingen, die frechen Räuber ausfindig zu machen.
* Aus dem Oberamt Freuden st adt, 17. Nov. In den letzten Tagen erhielt ein vermög- licher Wirt des hiesigen Bezirks einen Brief aus Madrid, in welchem er um Zusendung von Reisegeld an eine bestimmte Adresse gebeten wurde. Der Schreiber teilte mit, daß er vor einigen Jahren durch das Oberamt Freudenstadt gereist sei und in der Nähe der Staatsstraße Freudenstadt-Dornstetten eine große Summe Geldes vergraben habe. Da er nun gegenwärtig irr Madrid von der Polizei aufgehoben
werde, so bitte er das Reisegeld seiner Tochter zu übermitteln, damit diese mit einer Begleiterin den „Schatz" heben, ihn, den Wirt, für seine Gefälligkeit reichlich entschädigen und mit dem Rest wieder in ihre Heimat zurückkehren könne. Der Schwindel ist zu plump angelegt, als daß jemand leicht auf denselben hineinfallen könnte; doch kann die Veröffentlichung nichts schaden, da wohl auch anderwärts derartige Versuche gemacht werden dürften.
* Reutlingen, 20. Nov. Der Zustand des Bäckermeisters Bertsch hat sich in den letzten Tagen leider sehr verschlimmert, so daß nur noch geringe Hoffnung besteht, ihn am Leben zu erholten.
' U l m, 20. Novbr. In der Strafsache gegen die Seifenschwindler Wißing und Comp, und Schön und Comp, wurden gegen hundert Fälle bei dem hies. Landgericht angezetgt. Zwei weitere Mitschuldige in Leipzig und Berlin werden nächster Tage in das hies. Untersuchungsgefängnis eingeliefert.
* (Verschiedenes.) In Winterlingen wurde dem 5 Jahre alten Söhnchen des Karl Bau- mann kürzlich durch ein ausschlagendes Fohlen die Hirnschale zerschmettert und ist das unglückliche Kind seinen Verletzungen erlegen. — In Friedrichshafen hat sich eine Witwe, deren Geist seit dem Tod ihres Mannes sich immer mehr umnachtete, vergiftet. — JnMunderkingen ist am 16. Nov. die neue Brücke, welche ganz aus Beton hergestellt wurde, eigentlich ein Weltwunder, sie hat nur einen Bogen von 50 Meter Spannweite und 5 Meter Pfeilerhöhe, dem Verkehr übergeben worden. Es ist dies der größte Steinbogen von Deutschland und zugleich einer der kühnsten der ganzen Erde. Bet der Eröffnungsfeier war der Herr Staotsminister von Schmid selbst (ein Munderkinger) anwesend. — Ebenso gefährlich, wie all zu heißes Essen, schadet ein kalter Trunk. Einem solchen ist der Tod des Hofmusikus Lange in Stuttgart zuzuschreiben. Bald nachdem er ein kaltes Glas Bier getrunken klagte er über Magenschmerzen, welche in kaum 4 Tagen seinen Tod zur Folge hatten.
*Von der badischen Grenze, 18. Nov. Der Eisenbahn-Reformverein in Pforzheim hat in seiner gestrigen Versammlung den Beschluß gefaßt, bei der württ. Gelieraldilektion bezüglich einer wünschenswerten Abänderung des Fahrplans der Enz- und Nagoldbahn für den Sommerdienst vorstellig zu werden. Die Frühzüge von hier nach Wildbad und Calw, sowie umgekehrt, sollen zeitiger abgehen bezw. eintreffen; auch soll der letzte Zug von Rottweil und Horb nicht nur bis Calw, sondern nach Pforzheim geführt werden. Letztere Einrichtung würde dazu dienen, der badischen Schwarzwaldlinie eine im Interesse des Verkehrs zu wünschende Konkurrenz zu bereiten. Ferner soll ersucht werden, von Stuttgart 4 Uhr 20 Min. früh einen etwa um 6 Uhr hier an- kommenden Zug abgehen zu lassen, der bei richtigem Anschluß einen zeitigen Verkehr mit dem Enz- und Nagoldthal ermöglicht. Schließlich soll auch noch um die Einführung sog. Sonntagsbillette, sowie um die Wiedereinführung der Badekarten nach Wildbad gebeten werden. Für die letztere Neuerung soll eine wirksame Propaganda unternommen werden, und zwar durch Sammlung von Unterschriften der in Betracht kommenden Enzthal-Gemeinden.
* Freiburg, 19. Nov. Der prakt. Arzt S. in Jhringen am Kaiserstuhl, welcher am Freitag nachm seine junge Frau nach nur achtwöchentlicher Ehe durch Cyankali getötet hat, wurde auf Verfügung der Gerichtsbehörde vorläufig in die hiesige Jrrenklinik verbracht. Er scheint die That in einem Anfall von Geistesstörung begangen zu haben.
* Berlin, 21. Nov. Den Morgenblättern zufolge enthält der vom Bundesrat angenommene Wein- steuergesetzentwurf einige Abänderungen des ursprünglichen Entwurfs. In der Definition des Naturweins
wurde der Tresterwein gestrichen. Schaumweine sind alle in verschlossenen Flaschen in den Verkehr gelangenden Schaumgetränke aus Traubenwein, Obstwein, Beerenwein oder weinähnltchen Stoffen. Wein aus frischem Obst und frischen Beeren soll nur als Wein gelten, wenn er nach dem Weinverkehrgesetz alS verfälscht anzusehen ist. Steuerpflichtig für den Kunstwein soll der Eingangszollpflichtige oder der Hersteller sein. Das Gesetz soll am 1. September 1894 in Kraft treten. (Nach dem „Schwäb. Merkur" erfolgte die Annahme der Weinsteuervorlage mit Stimmenmehrheit).
* Berlin, 21. Nov. Der Kaiser erteilte heute mittag 12 Uhr im Neuen Palais in Potsdam dem Präsidium des Reichstags Audienz. Die huldvolle Unterredung währte längere Zeit, schließlich wünschte der Kaiser guten Fortgang der parlamentarischen Arbeiten.
* Berlin, 21. Nov. Zu den Handelsverträgen schreibt die Germania: Leben und leben lassen müsse das Prinzip sein; hoffentlich greife das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit - von Landwirtschaft und Industrie jetzt wieder Platz, nicht aber der Kampf bis aufs Messer. Die Aufgabe sei eine Ausgleichung der beiderseitigen Interessen.
* Einen eigenen Vorschlag machen die „Grenzboten" in ihrer neuesten Nummer, der auffällig vermerkt wird, weil er sich gerade im „Grenzboten" findet. Sie schlagen nämlich vor, die deutschen Fürsten möchten die Bereitwilligkeit der Bürger zum Steuer« zohlen steigern, indem sie sich selbst freiwillig des Vorrechts der Steuerfreiheit begeben. Der Verfasser bedauert, daß das preußische Gesetz vom 24. Juni 1891, während es die Steuerfreiheit der vormaligen Reichsunmittelbaren aufhob, nicht nur dem König und den selbständigen Mitgliedern des königlichen sowie des fürstlich hohcnzollernschen Hauses, sondern auch den Mitgliedern der vormals hannoverschen, kurhesstschen und naffauischen Fürstenhäuser die Steuerfreiheit aufs neue eingeräumt habe.
* Der Eifer des Zentrums, die Beratung der Handelsverträge um eine ganze Woche hinauszuschieben, läßt damit, schreibt die „N.-L.-C-", ohne durchschlagenden Grund, gleich nach den einleitenden Geschäften eine Pause von einer ganzen Woche eintreten; er hätte unter diesen Umständen ebenso gut erst eine Woche später sich versammeln brauchen. Jetzt läuft wieder alles auseinander und wer weiß, ob man die Reichsboten wieder so vollzählig zusammenbringt. Noch niemals ist für Vorlagen von doch nicht allererstem Rang eine so lange Frist völlig freier Zeit verlangt worden. Das Zentrum will offenbar die Entscheidung über die Handelsverträge, die ihm sehr unbequem zu sein scheint, möglichst lang hinausschteben, und schützt dafür die Notwendigkeit eines achttägigen Studiums aller Einzelheiten schon für die erste Lesung vor. Bei der Beratung der ungleich wichtigeren vorjährigen Handelsverträge wurde das Bedürfnis eines so gründlichen Studiums nicht betont und selbst auf die Wünsche eines großen Teils des Reichstages nach eingehender Kommisstonsberatung keine Rücksicht genommen.
* Lübeck, 20. Nov. Ein Nordoststurm trieb in vergangener Nacht Wasser in die Stadt, welche- sämtliche untere Stadtteile überflutete. Das Wasser steigt fortwährend. Der Verkehr wird mittels Booten aufrecht erhalten. Die Lübeck - Travemünd er Bahn hat den Verkehr einstellen müssen. Der Bahndamm ist überschwemmt.
Ausländisches.
'Wien, 21. Nov. Die Professoren Radinger und Hausse erklären das Problem der Mftschiffahrt durch eine Segclflugmaschine des BrünneL Professors Wellner für gelöst. Der österreichische Ingenieur- und Architektenverein beschloß darauf einstimmig die Herstellung eines Models dieser Maschine. — Dom Pedro, der Sohn des Grafen von En, von welchem es hieß, er solle zum Kaiser von Brasilien ausgerufen werden.