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Dienstag dm 14. Wovemver
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1893.
^ Die Neuordnung der Reichsfinauzeu.
Mit den Reichsfinanzen ist es ein wunderliches Ding: das Reich befindet sich in der angenehmen Lage, in seinem Haushaltungs-Etat niemals ein Defizit zu haben: denn alles, was ihm an direkten Einnahmen durch Zölle und Srernpel fehlt, müssen die Einzelstaaten in Form der Malrikular-Umlagen aufbringen. Da nun die Durchführung der neuen Heeresorganisation ganz bedeutende Mittel erfordert, so könnte sich der neue Reichsschatzamts-Sekretär Graf Posadowski einfach dadurch helfen, daß er die Mehrsummen den Einzelstaaten auferlegt. Indessen wenn auch den Matrikularbeiträgen keine gesetzliche Grenze gesteckt ist, so haben sie doch natürliche Grenzen, die in der Finanzlage der Einzelstaaten begründet sind, und diese Grenzen sind bei den immer stärker anwachsenden Bedürfnissen des Reiches längst erreicht, ja teilweise schon überschritten.
Aus diesem Grunde war eine neue Ordnung der Reichsfinanzen zur dringenden Notwendigkeit geworden, und der Reichsschatzsekretär Graf Posadowski in Verbindung mit Herrn Miguel haben sich dieser großen Arbeit unterzogen. Dem Bundesrat ist ein Gesetz-Entwurf über diesen Gegenstand zugegangen. Derselbe bestimmt, daß in Zukunft zunächst auf fünf Jahre die Matrikular-Umlagen um den festen Betrag von 40 Mill. Mk. hinter den Ueberweisungen aus den Reichs-Einnahmen an die Einzelstaaten znrnck- I bleiben sollen. Wenn man nun bedenkt, daß in ! neuerer Zeit die Ueberweisungen hinter den Matri- kular-Umlagen nicht unwesentlich zurückgeblieben sind, so läßt es sich ja immerhin recht gut begreifen, daß die im Bundesrat vertretenen Einzelstaaten zu dem Wunsche gekommen find, eine Neuordnung einzuführen, die den Einzelstaaten eine Beihilfe aus Reichsmitteln in der genannten Höhe sichert. Auch wird im Reichstage niemand sein, der den Einzelstaaten dies mißgönnt. Die Hauptsache bleibt jedoch, daß die Mittel zu jener Neuordnung vorhanden sein müssen. Vorläufig ist der Bedarf des Reiches nicht einmal im bisherigen Umfange gedeckt, cs müßten bei der Fortdauer des jetzigen Zustandes 60 Millionen Mark auf Matrikular-Umlagen mehr als bisher angewiesen werden. Die Vorlage Hai somit zur Voraussetzung,
daß das Reich seine eigenen Einnahmen um 100 Mill. Mk. vermehrt. Auf diese 100 Millionen Mk. bildet die Vorlage eine Anweisung.
Die neue Vorlage hat zur bedingungslosen Voraussetzung, daß der Reichstag rund 100 Millionen Mk. neue Steuern mehr bewilligt, da den Einzelstaaten 40 Millionen jährlich überwiesen werden sollen und die Militärvorlage 60 Millionen erfordert. Es läßt sich nicht verkennen, daß durch die neue Vorlage das Budgetrecht des Reichstages stark eingeschränkt würde, aber es muß auch zugestanden werden, daß dieses Recht bisher ein ganz ungewöhnliches war. Denn bisher konnte der Reichstag Ausgaben bewilligen, ohne sich um die Aufbringung irgendwie sorgen zu müssen; er konnte nach der bestehenden Verfassung die Ausgaben einfach in Form erhöhter Matriknlarumlagen auf die Einzelstaaten abwälzen.
Früher war das Reich der „Wohlthäter" der Einzelstaaten: jetzt wird das Umgekehrte der Fall sein, wenn nicht 100 Millionen neuer Steuern bewilligt würden. Das ist zum großen Teil den neuen Handelsverträgen zuzuschreiben, durch die die Zoll- etnnahmen um rund 50 Millionen verkürzt wurden: kommt der deutsch russische Handelsvertrag zustande, so werden diese Einnahmen noch viel weiter zurück- gehen. Das war früher anders. Durch die „Fran- kenstcinsche Klausel" war bestimmt worden, daß dem Reich von seinen Zolleinnahmen nur 130 Millionen Mark gehören, die überschießenden Beträge aber an die Einzelstaaten nach demselben Maßstabe verteilt werden sollten, nach dem diese dir Matrikularumlagen aufzubringea haben. So Ham man neben den Matri- kularumlagcn auch Matrikularverteilungen geschaffen. Jene aber waren die mächtigeren, und der Reichstag blieb durch sie Herr über die Finanzen der Einzelstaaten. Und diese Herrschaft hat er in rücksichtsloser Weise geübt. DieMatrikular v ert eilun g eri überstiegen noch vor einem Jahrzcnt etwa um 80 Mill. die Matrikular beitrüge, danach verringerte sich, dann verschwand der Unterschied, und jetzt wären (ohne die in Aussicht stehende Reichssteucrresorw) die Matrikularumlagen um 60 Millionen Mark höher.
So dringend wünschenswert eine Ordnung der finanziellen Verhältnisse des Reiches ist, damit auch die Einzelstaaten mit festeren Einnahme- und Aus
gabeziffern rechnen können, als dies bei der schwankenden Natur des Matrikularwesens möglich ist, so würde doch durch die vorgeschlagene Art der Regelung der Reichstag einen beträchtlichen Teil seines Budgetrechts opfern müssen und es ist fraglich, ob sich die Mehrheit der deutschen Volksvertretung dazu bereit finden läßt.
L«»de-»»chrichte«.
* Altensteig, 11. Nov. Martini, der verhängnisvolle Tag des Zielens und Zinsens ist da und es dürfte gerade Heuer manchem hart gefallen sein, die nötigen Silberlinge zur Befriedigung des Gläubigers zusammenzubringen, sintemalen das schöne Stück Geld aus diesem und jenem Kühlein oder Sticrlein nicht zu erlösen war, wie andere Jahre. Wenn dies und ein Blick auf die leeren Heustöcke den Bauern nicht gerade frohgesinnt macht, ist's ihm nicht zu verargen. Allein auch andere Berufszweige haben zu klagen genug und wollen wir nur hoffen, daß das kommende Jahr nicht nur den langersehnten Geschäftsaufschwung, sondern auch reiche Fvtterernten bringt, die es ermöglichen, den heurigen Ausfall wieder wettzumachen. Ist es so dem einen Teile der Menschheit im Angesichte des Martinitages zum Meinen, so schmunzelt ein anderer — allerdings sehr kleiner —, der den Ertrag seiner Kopitalien einheim- sen darf, daß dieser Teil aber deshalb der glücklichere sei, könnte nicht in allweg behauptet werden: in den Häusern des Reichen herrscht oft mehr Unzufriedenheit als in der Hütte des Armen.
-r. Alten steig. 13. Nov. Gestern nachmittag wurde im neuen Schulhaus das Jünglingsheim feierlichst eröffnet in Anwesenheit des Hrn. Stadtpfarrers, Hrn. Stadtschultheißen und des Gewerbevereinsvorstands Hrn. Maier sen. Auch mehrere der Herren, die sich zur Aussicht unterzeichnet hatten, waren dabet anwesend. Wegen Abhaltung der Schlußprobe unserer Feuerwehr hat sich die Eröffnung etwas verzögert und es schien anfangs, als ob die Beteiligung bei derselben eine geringe werde. Doch hatten sich bald 31 Jünglinge eingefunden, welche dann Herr Stadtpfarrer Hetterich in warmer Ansprache willkommen hieß. Er betonte namentlich den Wert eines Jünglingsheims und sprach darauf über echte Freundschaft und Tu-
Kr ist der Erve!
(Fortsetzung.)
Harterotts Jagdlust war wie er voll erwacht. Sie trennten sich, um jeder seinen Standpunkt einzunehmen. So ein stundenlanges, lautloses Warten aus das Wild ist nur Sache eines leidenschaftlichen Jägers.
Eine Viertelstunde später schlüpfte Lörrach, vergnügt vor sich hinlachend, durch dichtes Unterholz sich drängend, aus dem Wald ins Freie und eilte mit raschen Schritten der Füllenweide zu, wo Hedwig ihn treffen wollte.
Glücklich! Er langte zuerst an, aber sah sie schon von fern ihren Sonnenschirm schwenken, an welchen sie ihr Taschentuch als Flagge gebunden hatte.
Wie sein Herz vor Freude hoch aufschlug!
Er mußte ihr nun freilich sagen, daß er sein Versprechen Heu e nicht einlösen könne — aber es biieb ihm doch immer ein Stündchen zum Plaudern mit ihr; hernach kam er immer noch rechtzeitig und, ohne daß Hart.rott es merkte, auf seinen Platz zurück.
Wie sie rot war, als sie ihn begrüßte! Wie ihre Augen leuchteten! —
Während diese beiden viel zu sehr mit sich beschäftigt waren, um an andere zu denken, war ein Mann, dem Arbeiterstand angchörend und in ärmlicher Kl'idung, rasch ausschreitend von der Stadt rach dem Vorwerk gegangen.
„Ist der alte Preuß zu Haus?" fragte er dessen Frau.
„Nein, ihr Mann sei bei den Schafen", erwiderte diese und zeigte mit der Hand nach einer Brache, die sich am Zaume des Waldes hinzog. Dann aber fragte sie den Fremden, ter ihr sehr aufgeregt schien, ob er aus der Sradt komme, beendete aber ihre Worte nicht, sondern rief in jähem Schrecken: „Sie kommen von unserem Sohne — ist was mit dem Willy passiert?"
Und dabei wurde die arme alte Frau so von ihrer Angst überwältigt, daß sie zitternd in den nächsten Stuhl sank.
„Seien Sie ruhst?, Frau Preuß. der Willy wird noch ein alter Mann. Wenn sie einen tot sagen bei Lebzeiten, da hat er noch manches Jahr vor sich. Ihr Sohn schickt mich darum her — er hatte Angst, Sie hörten die Todesnachricht, und da sollt' ich sagen, es wäre alles nicht wahr, Willy hätte die Krisis überstanden, und wenn er nicht vor Schwäche stürbe, die Krankheit thäte ihm nun nichts mehr."
Die alte Frau weinte Ströme von Thränen, und während sie dem Arbeiter Kaffee und Butterbrot vorsetzte, mußte er ihr alles wiederholen, was sie schon gehört hatte.
Der Mann aß und trank und tröstete sie dabei, indem er allerlei geheimnisvolle Reden führte von Bösewichtern in Herrenkleidern und von der Sonne, die alles an den Tag bringe, daß er ihrem Manne sonderbare Geschichten erzählen müsse, denn ohne den wollten sie nichts thun, der solle guten Rat geben, das hätte ihr Sohn, der Restaurateur, auch gesagt. „Denn," setzte er verbissen hinzu, „uns Kleinen ist
der Vtrick schnell gedreht, soll aber einer von den Großen einmal daran, da gilt es, daß wir ordentlich aufpassen und alle für einen stehen, sonst schlägt er uns doch noch ein Schnippchen."
Die alte Frau sah ihn betroffen, er sie mit bedeutsamen, vielsagenden Blicken an. „Die Welt kann noch Wunder erleben," sagte er im Weggehen.
Dann folgte die Großmutter des armen Willy ihm mit den Blicken. Ja, er ging wirklich zu ihrem Manne.
Und nun erst konnte sie sich freuen über Willys Genesung- Ihr war, als habe der schlichte Mann ihr neue Hoffnung gebracht, als werde Willy aus seiner Schande errettet werden.
Der Arbeiter schritt unterdes rüstig auf den alten Preuß zu, der, ihn erkennend ihm entgegen kam
„Guten Tag, Rohlfs, was bringen Sic denn? Doch hoffentlich nichts Schlimmes?" fragte auch er gleich unruhig.
„Gutes, Herr Preuß! Gutes!" erwiderte Rohlis und berichtete seine Botschaft von Willys Zustande noch einmal.
Dann aber sah er sich um und begann von anderem zu sprechen. Der alte Mann aber erschrak sichtlich und nahm ihn am Arm.
„Still, Rohlfs," rief er unruhig, „hier sind Hecken, da kann einer hinter liegen. Kommen Sie — ich weiß einen Platz, da sind wir ungestört, die Knechte brauchen uns auch nicht zu seh n."
Und nach diesem Play führte er den Mann. Es war ein Hünengrab im Walde — ganz kahl, von