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Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1893.
Folgende Lehrer, welche sich in den Winterabendschulen pro 1882/93 ausgezeichnet haben, wurden u. a. mit einer Prämie bedacht: Schullehrer Pfäfsle in Gechingen, Bezirks Ealw; Schul- lehrer Häußler in Lambach, Bezirks Freudenstadt.
Gestorben: Landgerichtskanzlist I. Riegcrt, Tübingen; prakt. Arzt Fr. Köhler, Neuenstein; Rotgerber August Ruckgaber, Rottenburg-Unterböbingen; Brauereibesitzer Wilhelm Pfäfsle, Hall.
-r. Bern eck, 8. Nov. Heute verließ uns Hr. Schullehrer Holder, welchem die Hausvaterstelle an der Wilhelmspflcge in Tübingen übertragen wurde, nach 13jähr. segensreicher Thätigkeit in hies. Gemeinde. Dienstag abend fand im Gasthaus zum Waldhorn eine schöne Abschiedsfeter für die beliebte scheidende Familie statt. Nachdem die anwesenden Lehrer einige Männerchöre vorgetragen hatten, ergriff Hr. Steinls von Ebhausen das Wort um dem früheren Kursgenossen und langjährigen Freund einige Abschiedsworte zu widmen. Im weiteren Verlaufe der Abschiedsfeier wechselten hübsche Gesänge und Abschiedsreden mit einander ab. So sprach Lehrer K. über die Thätig kcit des Scheidenden in der Schule und außer derselben, über seine trefflichen Eigenschaften als Freund »nd Kollege und brachte ihm herzliche Glück und Abschiedswünsche seiner Kollegen. Hr. Stadtschultbeiß Girrbach überreichte dem treuen Lehrer als Zeichen der Dankbarkeit der ganzen Gemeinde ein kostbares Kaffeeservice. Hr. Stadtpfarrer Chrystaller faßte in herzlichen Worten noch einmal all das Rühmenswerte, das in den verschiedenen Reden bereits Ausdruck gefunden, zusammen »nd wünschte Hrn. Holder und Familie alles Gute für ihren neuen Wirkungskreis. Lehrer K. hob noch die Verdienste der Frau hervor und brachte ein Hoch auf die neue Hausmutter aus. Hr. Holder dankte mit herzlichen Worren für all die vielen Beweise der Liebe und Anerkennung und bat, ihm ein gutes Andenken zu bewahren. Wohlthuend berührten noch die Worte der Anerkennung, die von Bernecker Bürgern gesprochen wurden. Ehre einer Gemeinde, die die Verdienste ihres Lehrers so zu ehren weiß und ihn so dankbar verabschiedet wie Berneck, ober auch Ehre dem Lehrer, der es versteht, durch Arbeit und Charakter sich so die Sympathien der Eltern seiner Schüler zu erwerben, wie Hr. Holder. Möge ihm auch sein neuer Wirkungskreis zum Segen werden.
* Calw, 6. Nov. Gestern nacht ereignete sich hier ein bedauerlicher Unglücksfall. Der beim Bezirksbauamt beschäftigte Bauführer Bauer (gebürtig aus Neckarsulm und 22 Jahre alt) kehrte gegen II Uhr von einer geselligen Unterhaltung in seine Wohnung, welche unmittelbar an der Nagold liegt, zurück. In der Dunkelheit muß derselbe den Weg verfehlt haben und so unglücklicher Weise in die Nagold gefallen sein, aus der er sich nicht mehr herausarbeitcn konnte. Heute morgen fand mau Hut und Stock und bald darauf auch den Leichnam.
* Freudenstadt, 5. Nov. Ermutigt durch den heurigen reichen Obstsegen und die Anerkennung, welche die Bemühungen des Obstbauvereins der Obstbaumzüchter in Göttelfingen, Scherubach und Hochdorf hies O A. aus der Landesobstausstellung fanden durch Verleihung eines Diploms 1. Klasse, versammelten sich gestern Abend eine größere Anzahl dies. Obst- baumzüchter und sich für den Obstbau intemsirendcr Bürger, um der Frage über die Gründung eines Obstbauvereins Freudenstadt nahe zu treten. Die Versammlung teilte vollständig die von dem Vorsitzenden, Oberlehrer Schweikhardt, vertretene Ansicht, daß unsere Schwarzwaldhöhe sich sehr gut zum Obstbau eigne, vorausgesetzt, daß die richtige Auswahl der Sorten getroffen werde, was durch vierjährige Erfahrung bereits gelungen sei. Ebenso wurde der Zusammenschluß der Obstbaumzüchter zwecks gegenseitiger Belehrung sür die Pflege und Hebung des Obstbaus als dienlich erachtet und der Verein, dem sämtliche Anwesende beltraten, sogleich gegründet, wo
bei als Vorstand Oberlehrer Schweikhardt durch Zuruf gewählt wurde. Schullehrer Griesinger wünschte dem jungen Verein, der den nächsten Winter zur Belehrung seiner Mitglieder durch Besprechung einschlägiger Fragen benutzen wird, ein kräftiges Wachsen.
*Spaichingen, 2. Nov. Eine ergötzliche Bauernfängcrgeschichte, welcher mehrere Leichtgläubige zum Opfer fielen, ist hier und in Tuttlingen passiert. Ein hiesiger Schneidermeister hatte einen Gesellen in Arbeit, welcher viel von seinen hohen Anverwandten fabelte; unter anderem erzählte er, sein Bruder wäre Generalmajor in österreichischen Diensten und wolle ihn derselbe am 31. Okt. ds. Js. besuchen, an welchem Tage er mit dem Schnellzuge in Tuttlingen ankomme. Um sich nun e-nem solch noblen Verwandten gegenüber würdig repräsentieren zu können, wurde der Schnerdergeselle mit neuen Kleidern, Cylinderhut und einer nicht unbedeutenden Geldsumme versehen und um dem Generalmajor einen angemessenen Empfang zu bereiten, konstituierte sich eine Deputation von ca. 4 Mann, welche mit wohlausgebürsteten Cylinderhüten unter Anführung des Schneidergesellen von Spatchingen nach Tuttlingen auf den Bahnhof begaben. In der Stadt wurde der Anführer unsichtbar, aber mit gläubigem Gemüt und ohne Unrat zu wittern, sanden sich die Uebrigen am Schnellzuge ein, welchem der sehniichst Erwartete aber nicht entstieg. Endlich dämmerte es den so schmählich Herein- gefallenen und man ging an die Verfolgung des Hochstaplers, welcher in der Richtung nach Neuhausen gesehen worben sein soll. Die Betrogenen eilten mit einem Fuhrwerk rach und es gelang ihnen mit Hilfe der Gendarmerie den Spaßvogel zu erwischen und dingfest zu machen. Höchst amüsant waren die Gespräche, welche die zurückgebliebene Deputation führte. „Du wirst sehen," sagte der Eine, „mei' Weib hat g'sagt, dem ist's nir' zu trauen. Jetzt ist's eingetroffen. Man sollt' halt den Weibern mehr folgen." Worauf der andere mit melancholischem Tone antwortete: „Und du wirst sehen, wir kommen in die Zeitung."
* Stuttgart, 4. Nov. Die Vorräte der Kommission an Filtermitteln und Streumaterialien sind in der letzten Zeit so sehe in Anspruch genommen worden, daß zur Zeit nur noch über 49 Waggons Mais und 11 Waggons holländische Torfstreu verfügt werden kann. In der Zeit vom 3. Okt. bis 3. Novbr. sind allein 96 Waggons Mais verkauft worden. An holländischer Torfstreu sind bis jetzt 87 Waggons durch die Notstandskommisston vermittelt worden, von dem Torfwerk Schussenried 20 Waggons. Die Deckung des Streubedarfs ist zur Zeit das Allernotwendigste, da in vielen Gegenden des Landes alles verfügbare Stroh verfüttert werden muß. Die Le stung der Torfverwaliuug Schussenreed ist außerordentlich dankbar zu begrüßen. Derselben liegen augenbl cklich Bestellungen auf Torfstreu und Torfmull in der Höhe von 6000 Zentnern vor. Weitere Lieferungen für sofort kann daher die Torfvsrwaltung zur Zeit nicht mehr übernehmen. In der Haupffache sind die Landwirte auf Gewinnung von Laub, Moos und insbesondere Nadelreisstreu angewiesen. Ans den 15. Nov. ist seitens der Notstandskommission die Zählung des württ. Rmdviehbestandes eingeleitet, um zahlenmäßigen Nachweis darüber erbringen zu können, in welchem Umfang sowohl im ganzen Land w e in den e nzelnen Landesteilen infolge der Futtcrnot eine Abnahme des Rmdviehstandes stattgefunden hat.
* Beben Hausen, 7. Nov. Seine Majestät der deutsche Kaiser ist heule früh nach 8 Uhr, der Einladung Seiner Majestät des Königs zur Jagd fol gend, hier eingetrosfen. Allerhöchstderselbc würbe von Seiner Majesiä: dem König am Bahnhof in Tübingen empfangen und hieher geleitet. Nach eingenommenem Frühstück fuhren beide Majestäten zw- Jagd im Revier Entringen.
* (Verschiedenes.) Vom Ulmer Rathaus
enthält die „Ulm. Z." eine Einsendung, in welcher mit genauer Bezeichnung 4 Stadträten der sehr berechtigte Vorwurf gemacht wird, daß sie sich aus der Sitzung der bürgerlichen Kollegien stillschweigend drückten, um in der — Frühmesse im „Greifen" sastigere Unterhaltung aufzusuchen, als an dem trockenen Ratstisch. Die Sitzung mußte aufgehoben werden, weil der Gemeinderat nicht beschlußfähig war! — „Und in Ulm ist's halt schön!" — Der Schmied Stabiler von Altshausen geriet auf dem Bahnhof in Saulgau unter den Eisenbahnzug und wurde als verstümmelte Leiche aufgehoben. — Durch einen Fall vom Oberling der Scheune verlor die Frau des Polizeidieners Merkle in Herbrechtin gen a. Br. ihr Leben. — Bei einer Treibjagd in Heidenheim wurde ein vollständig weißer Rchbock erlegt. — In Stuttgart wurden einem Manne von einer Weibsperson und ihrem Zuhälter 576 Mk. gestohlen. Die Diebe sind verhaftet. Von dem gestohlenen Geld konnten nur 203 Mk. wieder beigebracht werden.
* Einen verwegenen Fluchtversuch unternahmen dieser Tage zwei Militärgefangene von den Parkanlagen des Kadettenhauscs in Dresden aus, wo sie mit Gartenarbeiten beschäftigt waren. Sie versuchten den Gartenzaun zu übersteigen, um dann ins Freie zu gelangen. Der zur Aufsicht beigegebene Militärposten feuerte sofort, nachdem er den Fluchtversuch entdeckt hatte, drei Schüsse auf die Fliehenden ab. Einerder Flüchtigen wurde durch eine Kugel, die den Unterleib durchbohrte, so schwer verletzt, daß an seinem Wiederaufkommen gezweifelt wird. Der zweite Flüchtling erhielt einen Schuß ins Bein, so daß auch er die Flucht aufgeben mußte. Beide Gefangene hatten noch längere Freiheitsstrafen zu verbüßen.
* Berlin, 6. Nov. Nach der „Vosstschen Ztg." hat der Kaiser anläßlich des Spielerprozesses in Hannover an die Offiziere der Armee eine Kabinettsordre erlaffen, worin er in unzweideutigen Ausdrücken das Hazardspiel verurteilt und dasselbe mit den strengsten Strafen bedroht.
* Berlin, 7. Nov. Der Nettoertrag der projektierten Tabaksteuer wird auf 99 Millionen berechnet, also 45 Millionen mehr als die jetzige Tabaksteuer.
* Um die Aufbringung des durch die Heeresvsr- kärkung erforderten Mehrbedarfs an Ersatzmann- schaften zu sichern, ist der „Allg. Ztg." zufolge die deutsche Heeresordnung dahin abgcäudert worden, daß das Mindestmaß der für die Infanterie und Jäger auszuhebcnden Rekruten von 1,57 m auf 1,54 in herabgesetzt wurde. Die gleiche Reduktion kann auch bei Rekruten des Trains eintreten. Die Maße für die übrigen Waffengattungen sind die bisherigen geblieben.
* Gegen die preußische Burcaukratie brachte in den letzten Tagen die „Kreuzztg." einen ungewöhnlich heftigen, von Haß gegen die jetzige Regierung erfüllten Artikel. Es heißt da: Immer lauter erhebe sich im konservativen Lager der Protest gegen die preußische Burcaukratie, welche die Konservativen nur noch dulde, weil sie deren Kraft erkennt und fürchtet. Die Burcaukratie sei seit Generationen liberal gefärbt und entbehre daher augenblicklich der festen Grundlage im Volke; da sie aber beinahe unabsetzbar und erblich sei, so stehe sie auf sicheren Füßen und wie sic 1848 der Revolution durchaus nicht feindlich gegenüberstand, so unterdrücke sie auch jetzt jede gesunde konservative Regung sozialer, kirchlicher und politischer Natur, hemme und ersticke durch passiven Widerstand alle konservativen Anregungen, bilde eine feste Schutzwand sür das Treiben der Juven und umstricke die ganze Regicrungsmaschiue mit seltener Energie, die sich ihren Umschlingungen nicht zn entziehen vermöge. Daher sei es auch ziemlich unerheblich, in wessen Händen die Portefeuilles liegen. Der bureaukratische Apparat stehe als Scheidewand zwischen Thron und Volk, bringe die edelsten