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Dienstag den 7. November
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1893.
Amtliches.
An den Hufbeschlagschulen des Landes findet wieder eine Prüfung statt und sind Anmeldungen bis 4. Dezember bei den Kgl. Oberämtern einzureichen. Näheres ist im Staats-Anzeiger Nr. 259 ersichtlich.
^ Der Spielerprozeß in Hannover ist am Mittwoch beendet worden: Die Schlepper, Falschspieler und Wucherer sind zu längeren Freiheitsstrafen verurteilt worden. Der Gerechtigkeit ist Genüge geschehen — aber damit hat die Angelegenheit ihren Abschluß noch nicht gefunden. Das hannö- versche Schauspiel, dessen oder und leerer, von ewigen Wiederholungen triefender Inhalt zehn Tage lang die Spalten der größeren Blätter füllte, ist eine Alt „Prozeß Heinze" noch anderer Richtung hin. Er hat den Schleier von — leider — alltäglichen Erscheinungen aufgehoben, von schweren sittlichen Schäden, die eine ernstliche Bekämpfung verlangen, so wenig aussichtsvoll dieselbe auch sein mag!
Man erinnert sich, daß der jetzige Kaiser Wilhelm als Husaren-Oberst in dem Kasino seines Regiments das Glücksspiel untersagte und daß, als der alte Kaiser Wilhelm ihm die zu große Strenge dieses Befehls vorhielt, er lieber vom Kommando zurück- treten zu wollen erklärte, als daß er seinen Befehl zurücknehmen möchte. Damit ist die Stellung gekennzeichnet, die der Kaiser den Glücksspielen gegenüber einnimmt. Daher hat auch die Meldung nichts überraschend Neues geboten, daß der Kaiser befohlen habe, ihm nach Beendigung des Spielcrprozesses die Akten zuzustellen, und so manchem jungen Offizier, der in den Verhandlungen als Zeuge figurierte, mag bet dieser Meldung nicht wohl zu Mute ge worden sein.
Die Dutzende von Zeugenaussagen in diesem Prozeß gleichen sich wie ein Ei dem andern. Leutnant v. L. wollte in den Offizierklub gehen, wurde aber von Herrn v. Meyerink darauf aufmerksam gemacht, daß in dem Hotel A. ein „Jeu" entricrt werde, bei dem etwas zu gewinnen sei. Leutnant v. L. läßt sich bereden, daran teilzunehmen und verliert dabei soundsoviel Tausend Mark. Das zweite Schema hat einen etwas anderen Wortlaut: Leutnant v. X. hat Spielschulden und will sich seinen Angehörigen nicht offenbaren. Der „olle ehrliche Seemann", oder ein anderer ist bereit das Geld gegen Wechsel vorzuschießen; der Entleiher muß aber zugleich einen Posten Lotterielose mit übernehmen, deren niedrigste Gewinne nicht ausgezahlt werden sollen und deren vierte Klaffe (die also die meisten Aussichten bietet) nicht dem Entleiher gehört.
Wieviel Unerfahrenheit und Leichtsinn wurden von den einzelnen Zeugen dieses merkwürdigen Prozesses eingestanden! Tausende und aber Tausende von ! Mark sind dem Spielteufel geopfert worden, Tausende i und aber Tausende den Wucherern! Das Klagelied j von der notleidenden Landwirtschaft (wenigstens der s Großgrundbesitzer) erhielt durch den Hannoverschen Prozeß eine ironisierende Illustration, denn die gerupften jungen Leute find fast durchweg Söhne von Rittergutsbesitzern. Daß in dem Hannoverschen Fall gerade Offiziere und fast nur Offiziere als Zeugen und Opfer der Spielgaumr erscheinen, ist eine bloße Zufälligkeit, denn es ist aller Welt bekannt, daß die Spielwut alle Schichten des Volkes gleichmäßig ergriffen hat. Mußte doch die preußische Staatslotterie wiederholt die Zahl ihrer Lose vermehren und werden doch in Preußen die dort verbotenen Lose der Hamburger, braunschweigischen und sächsischen Landeslotterie massenhaft vertrieben. Aber auch dem Hazard- spiel in seinen verschiedensten Formen wird in Privatzirkeln stark gehuldigt und es hält schwer zu sagen, ob die kleineren Orte darin den Hauptstädten mit ihren feinen Klubs keine ebenbürtige Konkurrenz machen.
Pessimisten wollen in diesen und ähnlichen Erscheinungen die Anzeichen für die beginnende Auf
lösung der bürgerlichen Gesellschaft sehen. Indessen — es fehlt ihnen der historische Vergleich mit den Zuständen früherer Zeilen. Wir leben in einer Zeit der Ocffentlichkeit und der Kritik, die alles Schlimme vor ihr Forum ziehen und dadurch bessern ! will. Wenn also auch heutzutage mehr schlimme ^ Dinge bekannt werden als früher, so läßt sich ' daraus noch nicht so ohne weiteres folgern, daß sich die schlimmen Dinge vermehrt haben.
Das soll aber durchaus kein Schönpflästerchen auf Eiterwunden sein. Selbstzucht thut unserem Volke not und den Kreisen nicht zum wenigsten, denen gegenüber die Kritik einen strengen Maßstab anzulegen geneigt ist: den Kreisen, welchen durch Geburt vnd Tradition eine bessere Lebensstellung als Millionen ihrer Mitmenschen angewiesen .ist. Sie sollten peinlich darauf halten, durch soliden Lebenswandel als leuchtende Beispiele zu dienen, statt daß sie — wie es der Hannoversche Prozeß dutzcndfach dargethan hat — in einer Nacht Summen verlhun, durch die so mancher strebsame Familienvater sich und den Seinen dauernd eine sorgenfreie Existenz schaffen könnte. Hoffentlich hat der Prozeß das Gute, daß er reinigend wirkt und dadurch einem Uebel Einhalt gebietet, das unser ganzes Gesellschaftsgebäude mit Zersetzung bedroht.
La>des»achnchtev«
* Altensteig, 5. Nov. Der württembergische Schutz-Verein versendet im ganzen Lande durch seine Vertrauensmänner Fragebogen zur Herstellung einer möglichst genauen Statistik über die durch Konsum- Vereine, Hausieren, Detailreiscn, Wanderlager, in den Reihen der Handel- und Gewerbetreibenden angerichteten Schäden. Eine derartige Statistik ist allerdings von größter Wichtigkeit, da der Gesetzgeber zu Maßnahmen, welche sich gegen einen Teil der Gewerbetreibenden, also hier gegen 22000 Hausierer und mehrere 1000 Detailreisende, Wanderlager rc. richtet, nur dann geneigt sein wird, wenn ihm statistisch nachgewiesen wird, wie viel größer die Zahl der „geschädigten seßhaften Gewerbebetriebe" gegenüber der quantitativ und qualitativ bedeutend geringeren Zahl der Wandergewerbebetriebe erscheint. Die Beantwortung jedes einzelnen Fragebogens ist daher von Wichtigkeit.
* Stuttgart, 3. Nov. Auf Befehl des Kaisers wurden gestern und heute den Mannschaften, welche die Kaiserparade witmachten 50 Pf., den Unteroffizieren 1 Mark ausbezahlt.
* Stuttgart, 3. Nov. Das „Wochenblatt für Landw." fordert die württembergischen Hopfenpflanzer auf, den Hopfenbau energisch zu betreiben, um mit dem Ausland konkurrenzfähig zu bleiben.
* (Nills Elephant.) Am 7. November soll das Todesurteil an dem Stephanien im Nill'schen Tiergarten in Stuttgart durch Unteroffiziere vollstrcckt werden. Der Eintrittspreis zu dieser Exekution ist auf 3 Mk. festgesetzt. Von einem dortigen Restaurateur sind bereits die Nieren und die Leber bestellt, so daß es in der Restauration zur Kelter demnächst Elephantennieren und Leberknödcl geben dürfte.
* Daß nicht alles Gold ist was glänzt beweist in Stuttgart das Cafe Vechtel, welches sich mit seinen Gläubigern vergleichen will und wie man hört 22 Prozent bietet. Eine Lieferantin von Pilsner Bier soll mit 9000 Mk., mehrere Metzger mit 4—5000M-, eine Caffeehandlung mit einer gleichen Summe hängen und manches ist noch nicht bekannt. Uebrigens hat auch die Besitzerin eines StuUgarter Bierrestaurants, wie man hört, sich genötigt gesehen, mit den Gläubigern zu akkordieren und schon munkelt man wieder von einem großen Krach eines erst kürzlich groß eingerichteten Etablissements!
' Vom Lande, 31.Okt. Das „Mülh. Volksbl." erzählt folgende originelle Jagdgeschichte: Es war
Mondschein. Zwei Jäger lauerten auf Füchse. Einer der Jäger, ein erfinderischer Geist, hatte aus einer Nußschale und einigen Pferdehaaren ein Lockinstrument verfertigt, womit er das Geschrei des Hasen genau nachzuahmen vorgab. Der andere schußfertig, um den ersten Fuchs niederzuknallen, der sich heranwagen würde, durch das vermeintliche Hasengeschrei angezogen. Der Erfolg blieb nicht aus, nur war er etwas eigenartiger Natur. Ein Uhu nämlich — das Vieh ist ebenfalls Liebhaber von Hasenfleisch — hörte und erblickte den musikalischen Jäger, sah dessen Pelzmütze sür einen Hasenpelz an, stürzte sich auf den vermeintlich schreienden Langohr und flog stolz mit des Jägers Pelzmütze davon.
* Der Kaiser wird am heutigen Dienstag im Schloß Bebenhausev eintreffen, um einer Einladung des Königs von Württemberg zur Abhaltung einer Jagd zu entsprechen. Stuttgart selbst wird der Monarch nicht besuchen, wohl aber Tuttlingen, das passiert werden muß. In letzterer Stadt wollte man den Kaiser festlich empfangen, doch unterläßt man die Ovation auf ausdrücklichen Wunsch.
* (V ers chi ed enes.) Einem Bremser inMühl- acker starben letzte Woche 3 Kinder an der Halsbräune. — In G eislingen bei Balingen waren 2 Handwerksleute beim Brunnengraben beschäftigt, als eine Kuh zu ihnen in den Schacht hinabkollerte. Einer der Arbeiter wurde schwer an der Achsel verletzt. Das Tier mußte geschlachtet werden. — Bei der in Gerabronn vorgenommenen Stadtschultheißenwahl haben von 184 Wahlberechtigten 171 abgestimmt, die ihre Stimme sämtlich auf Heinrich Bürklein, Revi- stonsasfistent dortselbst, vereinigten. Derselbe ist somit einstimmig zum Stadtschultheißen von Gerabronn gewählt. — In Hochdorf (Horb) brachte Gemeinderat Jedele seine Hand in die Futterschneidmaschine und kam dabei um zwei Finger. — JnGroß- heppach (Waiblingen) brachte ebenfalls der 8 Jahre alte Sohn des Weingärtners Johann Beringer feine Hand in eine Futterschneidmaschine, welche ihm die Finger der Hand mit Ausnahme des Daumens ab- schnitt.
* (Merkwürdige Heilung.) Das fünf Jahre alte Söhnchen des Ackerers Thon in Thaleischweiler bei Pirmasens war seit Juli krank, ohne daß man die Ursache ergründen konnte. Das Kind klagte immer über Schmerzen im Kopfe. Eines Abends bat nun das Kind seinen Vater, mit ihm „Hammlc-Stutzbock" zu machen. Beim zweitcnmale trafen sich beide Köpfe etwas hart und der Knabe mußte heftig niesen. Beim zweiten Niesen fiel ein Kirschkern mit einer eitrigen Masse aus der Nase des Kindes. Der Krankheitskeim war somit entdeckt.
* Dem energischen Eingreifen der Behörden ist es gelungen, die Cholera überall, wo sie sich zeigte, und auch in den von der Krankheit heimgesuchten Orten so erfolgreich zu bekämpfen, daß jetzt nur noch ganz vereinzelt neue Fälle Vorkommen. Die letzteren haben, wie die Verhältnisse in Deutschland zur Zeit liegen, ein unmittelbares Interesse für weitere Kreise nicht mehr in dem Maße, daß es erforderlich erschiene, weiterhin noch täglich darüber berichten. Gemäß einem Beschlüsse der im Reichs-Gesundheitsamt gebildeten Cholerakommtssion werden daher, wie der »Reichs-Anzeiger" mitteilt, von jetzt ab nur zweimal in der Woche und später jede Woche einmal Mitteilungen über die etwa neu vorgekommenen Choleraiälle veröffentlicht werden.
* Es ist nun festgeftellt, schreibt die N. L. C., .daß bei den jüngsten Reichstagswahlen gut eine Million Stimmen mehr für Gegner als für Freunde der Miliiärvorlage abgegeben worden find. Das konnte auch vorher niemand im Ernst bezweifeln und ist auch im Grund ganz gleichgültig. Die Thatsache einer solchen Verschiedenheit zwischen der überwiegenden Stimmung des Volks und der Entscheidung des