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Samstag den 4. Wovemöer
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Einrückung SpreiS f. Altensteig und nahe Umgebung bei imal. Einrückung 8^, bei mehrmal. je K
auswärts je 8 ^ dir 1spalt.Zeil;
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1893.
Amtliches.
Der F l ö ßer e i b etri eb auf der oberen und unteren Nagold ist ausnahmsweise- für Samstag den 4. November d. I. gestattet worden.
Gestorben: Schwanenwirt Ernst Reichert in Ealw; Zahlmeister Eduard Krön er in Ludwigsburg.
Die österreichische Krisis.
Die anläßlich der Wahlrechtsvorlage, sowie auch in weiterer Folge der Ausnahmemaßregeln gegen Böhmen ausgebrochene österreichische Krisis hat jetzt den Rücktritt des Kabinetts Taaffe zur Folge gehabt. Diese Wahlrechtsvorlage räumte, unter Beibehaltung des ganzen reaktionären und unzeitgemäßen Apparats von Vertretung der großen Stände und Interessen, den untersten Klassen, insbesondere den Industriearbeitern, nahezu unbeschränktes Wahlrecht ein, die seltsamste und widersinnigste Vermischung feudal-ständischer Vertretung mit einem wenigstens für Oesterreich höchst demokratischen Wahlsystem. Das neue Wahlrecht wäre insbesondere dem deutschen Bürgertum gefährlich geworden, welches in den großen Industriestädten bisher feinen Sitz hatte, aber auch dem Grund- befitzerstand und den Klerikalen waren, bei aller Schonung ihrer eigenen Wahlinteressen, die demokratischen Zuthaten unheimlich, deren Wirkung in der ländlichen Bevölkerung sich noch schwer übersehen ließ. Auch bei den nichtdeutschen Volkselementen Oesterreichs, insbesondere bei den Polen, erregte die Vorlage schwere Besorgnisse vor bedenklichen und schädlichen Verschiebungen in der Vertretung der Nationalitäten. Am meisten waren noch die Tschechen und einige südslavi- sche Völkerschaften zufrieden. Offene Zustimmung, natürlich mit dem Vorbehalt, daß auf diese kleine Abschlagszahlung weitere Zugeständnisse folgen müßten, gaben nur die Sozialisten und Antisemiten kund, welche in den demokratischen Bestandteilen des seltsam zusammengefltckten neuen Wahlsystems Nutzen für ihre agitatorischen Interessen erblickten. Indessen der ganz überwiegende und mächtige Widerspruch, der sich von den verschiedensten Seiten erhob, machte die Vorlage von vornherein zu einer Fehlgeburt. — Die Wahlrechtsfrage dürfte jetzt dahin gelöst werden, daß für die Arbeiter eine eigene Wahlabteilung gebildet wird, welche ähnlich wir in andern großen Interessengruppen eine bestimmte Anzahl von Abgeordneten in das Parlament zu senden hat; jedoch steht die weitere Entwicklung dieser Frage noch keineswegs fest. Der Rücktritt des Grasen Taaffe, der seit vierzehn Jahren an der Spitze der österreichischen Regierung gestanden ist, hat nirgends viel Bedauern hervorgerufen. Die zerfahrenen inneren Zustände des Reichs sind in mancher Hinsicht auf seine Wirksamkeit zurückzuführen, die ohne festes Ziel und Folgerichtigkeit, beständig schaukelnd und schwankend, die Verwirrung nur noch mehr steigerte und in dem Streben, einen Ausgleich der nationalen Gegensätze zu finden, dieselben immer mehr auf die Spitze trieb. Das deutsche Bürgertum, auf dem doch schließlich die beste Kraft des Reichs beruht, hat am wenigsten Ursache, die Krisis in der Regierung zu beklagen.
Larr-eSsachnchtell.
-r. Alte »steig, 2. Nov. Von einem Mitglied des Brieftaubenvereins in Stutttgart wurden 2 Brieftauben ins hies. Stadtpfarrhaus geschickt mit der Bitre, dieselben von hier aus ausfltegen zu lassen. 10Vs Uhr heute vormittag wurden die Tiere vom alten Schloß aus aufgelaffen; sie flogen in die Höhe, kreisten einigemal und schlugen dann sofort die Richtung nach Stuttgart ein, die sie auch beibehielten, so lange man sie mit den Augen verfolgen konnte. Bis jetzt hat man noch nicht erfahren, wenn die Tauben in Stuttgart angekommen sind.
* Freudenstadt, 2. Nov. Der Winter steht im Begriff, auf unseren Schwarzwaldhöhen seinen förmlichen Einzug zu halten. Vor einigen Tagen schon hatten sich im Regen dann und wann Schneeflocken
gezeigt und Kniebis «nd die umliegenden Höhenzüge hatten damals schon regelrechtes Schneegestöber; heute aber haben wir schon den ganzen Vormittag ununterbrochen Schneefall, und unsere Gefilde deckt bereits eine leichte Schneedecke.
* Stuttgart, 31. Okt. Gestern nachmittag wurde ein 17 Jahre alter Bursche in einer Wirtschaft festgenommen, wo sich derselbe durch auffallenden Geldverbrauch und Trinken von Champagner verdächtig machte. Bei seiner Visitation fand man über 1460 Mk. Ueber den Erwerb dieses Geldes und seine persönlichen Verhältnisse hat er verschiedene unwahre Angaben gemacht. Abends ist dann von Durlach die telegraphische Nachricht eingelaufen, daß der Bursche daselbst einen schweren Diebstahl im Betrog von 1700 Mk. verübt hat. Derselbe wird auch wegen früher verübter Diebstähle steckbrieflich verfolgt und hat schon ein bewegtes Vorleben hinter sich. Er heißt Joseph Frey und ist gebürtig aus Großingersheim, OA. Besigheim. Seine Erziehung erhielt er in der Zwangserziehungsanstalt zu Durlach.
* Stuttgart, 1. Nov. Am Montag kam eine »gesunde" Wette zwischen einem Speliteur und zwei Bürgern zum Austrag. Die beiden Bürger, Kaufmann Bürkle und Bäcker Lindenberger hatten sich gegen Spediteur G. v. Maur verpflichtet, in einer bestimmten Zeit einen Eisenbahnwagen Coaks (200 Ztr.) abzuladen. Preis der Wette je 25 Mk. Während Bürkle sehr bald sein Vorhaben aufgab, lud Bäcker Lindenberger seine 100 Ztr. in der vorgeschriebenen Zeit ab. Zahlreiche Zuschauer hatten sich dazu eingesunden. Manche Flasche wurde am Abend auf das Wohl des Siegers geleert.
* Stuttgart, 1. Nov. Nach einer gestrigen vertraulichen Besprechung der Mitglieder des Gemeinderats kam heute die Frage der Errichtung eines Elektrizitätswerks wiederholt zur öffentlichen Erörterung im Gemeinderat. Es wurde die sofortige Inangriffnahme des Elektrizitätswerks mit 23 gegen 2 Stimmen beschlossen.
* Stuttgart, 1. Nov. In einer dieser Tage stattgefundenen Versammlung wurde die Frage der Feuerbestattung in Württemberg behandelt. Die Verhandlungen sind insofern von weitergreifenderem Interesse, als die anwesenden Geistlichen, Stadtpfarrer Traub und Gerok, sich dahin aussprachen, daß die Geistlichkeit keinen Grund habe, sich der fakultativen Bestattung durch Feuer feindselig gegenüberzustellen. Die Sitte des Begräbnisses sei kein Glaubensbekenntnis, wie denn auch thatsächlich die Christen früherer Jahrhunderte die Feuerbestattung ausgeübt haben. — Da das theologische Bedenken also nicht mehr übermäßig vorhanden ist, wird es sich fragen, ob die kriminal- juristischen Bedenken schwerwiegend genug find, um den ablehnenden Standpunkt der Regierung der beabsichtigten Errichtung eines Krematoriums in Stuttgart und der Einführung der fakultativen Feuerbestattung in Württemberg gegenüber auf die Dauer als berechtigt erscheinen zu lassen.
* Mittwoch abend fand eine Sitzung des Staatsministeriums statt, in der, guiem Vernehmen nach, die Stellung Württembergs zu den Reichssteuervorlagen auf der Tagesordnung stand.
* Kirchentellinsfurts 31. Okt. (Reicher Fischfang.) Ein besonderes Glück traf gestern drei hiesige Fischer. Dieselben fingen in kurzer Zeit über 2 Ztr. Fische (Barben). Nach vorhergegangener Bekanntmachung durch die Ortsschelle waren sämtliche Fische alsbald verkauft das Pfund zu 30 Pfg.
* Ulm, 2. Nov. Von den Schwindelfirmen Wis- stng u. Cie. in Berlin und Schön u. Cie. in Leipzig sitzen zwei Helfershelfer, Cohn und Saly Mosesmann, hier in Haft. Sie haben auch in Ulm und Umgegend zahlreiche Geschäftsleute durch ihr betrügerisches Treiben schwer geschädigt. Die Nachricht, Wisstng habe eine Kaution angeboren und er habe ein Reichsbankdepot von 300,000 Mk., ist erlogen.
Es ergeht die Aufforderung an alle durch die ge, nannten Schwindler Geschädigten, Anzeige beim Land gericht Ulm zu machen. Saly Mosesmann ist schon zweimal wegen Betrugs «ud auch wegen Diebstahls vorbestraft. Die Strafanzeige gegen die genannten Schwindelfirmen ist durch den Württembergischen Schutzverein für Handel und Gewerbe veranlaßt worden.
* (Verschiedenes.) In Untertürkheim wurde der 50 Jahre alte Weingärtner H. als Leiche aus dem Neckar gezogen. Die Zahlung einer Bürgschaftsschuld für einen Angehörigen soll den Mann in den Tod getrieben haben. — Ein junger Mensch von ungefähr 24 Jahren machte als Landstreicher die Reise vom Schwarzwald ins Unterland, wurde aber hier aufgegriffen und verhaftet. Nachdem er einige Tage gesessen enrpuppte er sich als ein junges Mädchen. — Ein bettelnder Handwerksbursche überfiel in Möhringen eine allein zu Hause sich befindende junge Frau, machte sie wehrlos «nd beraubte sie alsdann ihrer Barschaft. — Der bekannte Schnellläufer Dtbbels wurde wegen Bigamie verhaftet. Er hatte, obwohl er im Norden Frau und Kinder besitzt, im Sommer d. Js. sich in Friedrichshafen nochmals verheiratet. — JnVolmaringen wurde in einem Doppelhaus der Heustock angezündet, doch wurde der Brand entdeckt, jedoch erst dann, als die Hälfte des Heus verkohlt war. Jeder der zwei Hausbesitzer hatte zwei Nutzkühe, nun muß jeder ein Stück davon verkaufen.
* Hornberg, 30. Okt. Heute wurde über das Vermögen der Gewerbebank Hornberg, eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht in Liquidation, da die Gemeinschuldnerin ihre Zahlungsunfähigkeit selbst angezeigt, das Konkursverfahren eröffnet.
* Es verdient hervorgehoben zu werden, daß der bayrische Jvstizminister in dem neuen, dem Landtag vorgelegten Etat wiederum 2500 Mk. als Jahresbeitrag für die Entschädigung unschuldig Verurteilter eingestellt hat. Weiter sind in dem Justizetat als Jahresbeitrag für Vergütung der Auslagen Freigesprochener 5000 Mk. eingestellt, da die seither etati- sierten 2900 Mk. in den letzten Jahren nicht ausreichten.
* Würzburg, 1. Nov. Ein gräßliches Unglück trug sich gestern abend bei der Schmückung eines Grabes zu. Die 24jährige Tochter des Glasers Winter war mit einem Dienstmädchen beschäftigt einen Kranz auf den Grabstein oben anzubringen. Plötzlich fiel der Grabstein um und auf die untenstehende 17jährige Schwester der Winter. Dieselbe wurde schrecklich zugerichtet und ihr der Brustkasten förmlich eingedrückt. An ihrem Aufkommen wird gezwcifelt.
* Berlin, 30. Okt. Großen Diebstählen und Hehlereien ist man auf die Spur gekommen. Es wurden, wie die „Allg. Fleischerzeitung" erfährt, heute früh bis gegen IOV 2 Uhr in der Centralmarkthalle I a nicht weniger als 21 Fleischergesellen und Kutscher durch Beamte des 14. Polizeireviers verhaftet.
* Berlin, 1. November. In voriger Woche waren vom Zollbeirate für den Handelsvertrag mit Rußland Delegierte der TüMinoustrie aus dem ganzen Reiche berufen worden, die ihre Forderungen auf Zollherabsetzungen darlegten. Sie halten sich, wie der „Confektionär" erfährt, in bescheidenen Grenzen; denn es heißt schon im Einleitungsschreiben an die Delegierten, es sei wenig Hoffnung, eine Herabsetzung des vor dem Zollkriege gültigen TarifeS vom Juni 1891 zu erreichen. — Die „Post" erfährt, bei der in Aussicht genommenen Verdoppelung der Börsenumsatzsteuer soll eine gewisse Erleichterung für Report-, sowie für Bermiitelungsgeschäste der Pro- v nzial-Bankiers Platz greifen. Die Quittungssteuer soll zehn Pfennig betragen von Quittungen über zwanzig Mark; sie sollen möglicherweise auch von Cheks «nd Giroanweisungen erhoben werden.