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1893.

Gestorben: Oberlehrer a. D. Lanz, Meßstetten; Markt­inspektor Köber, Stuttgart; fürstl. Oberförster Preiß, Abstatt.

D Deutschland und Rußland.

Der französische Russentaumel macht allmählich einer starken Ernüchterung Platz. Man vergegen­wärtigt sich in Parts, was durch den russischen Be­such politisch erreicht worden ist, und findet, daß von irgend einem Erfolge nicht gesprochen werden kann. Wenn man sich erinnert, daß einige Pariser Blätter hofften, Admiral Avellane werde den geschriebenen fran­zösisch-russischen Bündnisvertrag mit sich bringen und dem Präsidenten Carvot zur Unterschrift vorlegen und wenn man dagegenhält, daß von den Russen, ebenso wie stets und ständig von den offiziellen Franzosen der Friede und die Stärkung des Friedens betont worden ist, so wird man den großen Unterschied zwischen dem Erhofften und dem Erreichten begreifen.

In erster Linie war es der Zar, der einem Ueberschäumen der Wogen rechtzeitig einen wirksamen Damm entgegensetzte. Man war, als der russische Botschafter v. Mohrenheim seine ersten Instruktionen erhielt, die französische Regierung von vornherein vor Uebetreibungen zu warnen, durch die die Drei­bundsmächte verstimmt werden könnten, der Ansicht, es sei dies Eingreifen des russischen Machthabers, nach dessen Pfeife die Franzosen ja, wie die Ereig­nisse gelehrt haben, sehr gern zu tanzen bereit sind, nächst seiner großen Friedensliebe dem Wunsche zu danken, daß Friedensstörungen, Verstimmungen und Gereiztheiten nicht durch irgend welche Beihilfe russi- scherseits hervorgerufen werden sollten. Man hatte auch geglaubt, die zwischen Rußland und Deutschland und zwischen Rußland und Oesterreich - Ungarn schwebenden Handelsvertrags-Verhandlungen könnten den Entschluß hrrbrigesührt haben.

Wie sich nun inzwischen herausgestellt hat, war es weniger die Abficht, die Gefühle der Dreibunds- mächte zu schonen, die den russischen Kaiser zu seinem Vorgehen veranlaßt haben denn dann wäre sein Besuch auf dem französischen Kriegsschiff in Kopen­hagen am Tage des Einfahrens seiner Schiffe in Toulon unterblieben als vielmehr der Wunsch, Frankreich seine, des Zaren, wohlwollende Ge­sinnung zu dokumentieren, aber zugleich zu bekunden, daß Rußland Frankreichs Huldigungen als ihm, dem mächtigen Staate, auf den jenes alle seine Hoffnungen setz!, durchaus gebührende Ehrenbezeugungen und Er­gebenheitsbeweise aufgefaßt zu sehen wünsche, die es ruhig und gelassen Hinzunehmcn berechtigt sei.

Die Franzose» können also, wie gesagt, aus dem russischen Höflichkeitsbesuch recht wenig poli­tisches Kapital schlagen. Es wäre ja auch geradezu wunderbar, wenn sich die Sache anders gestaltet hätte. In Berlin fitze« gegenwärtig die russischen Unterhändler mit den deutschen beisammen und be­raten den Zoll- und Handelsvertrag; es sind gute Aussichten vorhanden, daß man sich schließlich einigt; da geht es doch wohl nicht gut an, daß die Russen zur selben Zeit in Paris politische Abmachungen fester Art gegen Deutschland schließen.

Die russische Regierung hat seit einem Jahr­zehnt in ihrem Lande alles Mögliche gethan, um das Deutschtum zu unterdrücken. Abgesehen von der häufigen Erhöhung der Einfuhrzölle, dir sich fast ausschließlich gegen die deutsche Industrie richteten, hat sie die deutschen Bauernkolonien an der Wolga und in der Krim rusfifiziert, die deutsche Kultur in den Ostseeprovtnzen durch drakonische Verwaltungs- Maßregeln aus den Aussterbeetat gesetzt, alle als Be­amte angestelltcn Deutschen aus dem Dienst entlassen, den Erwerb von Grundbesitz den Deutschen in Ruß­land unmöglich gemacht und was dergleichen noch mehr ist. Käme nun der Handelsvertrag nicht zu stände, dann würde die deutschfeindliche Tendenz erst recht Nahrung haben und alles Deutschtum in Ruß­land gänzlich vernichtet werden.

Allerdings würde sich dadurch Rußland einst­weilen am meisten schädigen, wie es sich schon durch die Entfernung des soliden deutschen Elements auS seinem Beamten- und Werkführerstande schwer ge­schädigt hat. Aber die panslawistischen Ideen ge­wönnen gewaltig an Kraft und sie bilden die stete Gefahr für Europa. Auch sollte man die natürlichen Hilfsquellen Rußlands nicht unterschätzen. Rußland wird gewiß, falls es nicht zu einem beide Nachbar­staaten befriedigenden Abschluß des Handelsvertrages kommen sollte, drei, vier, auch fünf Jahre schwere Verluste zu tragen und unter den Verhältnissen zu leiden haben (Deutschland natürlich nicht minder!) aber dann wird Rußland sich bestimmt erholen, dann wird es sich infolge der ungeheueren ihm zur Ver­fügung stehenden Mittel und des großen Reichtums des Landes vermöge der allmählich an Deutschlands Stelle tretenden anderen Staaten aus jenem Nieder­gang kräftig emporarbeiten und ohne Deutschland auch fernerhin auskommen, ohne das auszukommen es sich drei, vier und fünf Jahre, durch die Verhält­nisse gezwungen, gewöhnen mußte.

LasdeSrwchrichteir.

* Alten steig, 1. Novbr. Durch K. Verordnung ist den K. Forstschutzwächtern der TitelForstwart" verliehen worden.

* Fr enden st adt, 29. Okt. Vor einigen Tagen fuhr ein Wirt mit einem mit neuem Wein beladenen Wagen spät abends die Straße vom Ruhestein herab und setzte sich in betrunkenem Zustande auf den Wa­gen, welcher auf der ziemlich steilen Steige in rasen­den Lauf geriet und auf zwei von der entgegengesetzten Richtung kommende Fuhrwerke ausprallte, wobei die Deichsel einem sehr wertvollen Pferde in den Unter­leib drang und dasselbe kurze Zeit darauf verendete. Ein Glück ist es zu nennen, daß kein Menschenleben h'ebei verloren ging. Sein Leichtsinn dürfte den Fuhr­werksbesitzer teuer zu stehen kommen. Ein 26 Jahre alter lediger Mann in der zu Rippoldsau gehörigen Parzelle Holzwald trank das ganze Fläschchen der vom Arzte verordneten Arznei auf einmal aus, was trotz rascher ärztlicher Hilfe dessen Tod zur Folge hatte.

* Dornsteiten, 29. Okt. Heute übernahm der neugewählte Stadtschulrheiß Braun sein Amt. Nach der feierlichen Amtsübergabe durch Hrn. Oberamtmann Bames fand im Gasthaus zum Ochsen eine gesellige Vereinigung statt, bei welcher in freier und gebundener Rede dem neuen Stadtvorstand die besten Glückwünsche dargebracht wurden. Man ist jetzt allgemein froh, daß die Besetzung der Stadtvorftandsstelle eine glück- liche Lösung gefunden hat.

* Vom Lande, 30. Okt. Eine bemerkenswerte und sehr im Interesse des Landes gelegene Neuerung hat Seine Ex-ellenz der Staatsminister des Jnn-rn von Schmid dadurch getroffen, daß er sich der Reihe nach an den Sitz der Kreisregierungen begeben hat, um persönlich mit den Bezirksoberbeamten der be­treffenden Kreise wichtigere, in das Wohl der Ge­samtheit einschneidende Fragen zu besprechen. Mit der Beratung in Ellwangen, das am 27. und 28. d. M. die Ehre hatte. Seine Exzellenz zu beherbergen, dürsten die diesmaligen Belebungen, die sich dem Vernehmen nach in der Hauptsache mit der gegen­wärtigen Lage der Landwirtschaft und den bisher zur Beobachtung gelangten Wirkungen des Alters- uud Jnvalidttätsgesetzes befaßten, zu Ende sein. Wir werden nicht fehlgehen in der Annahme, daß dieser persönliche Meinungsaustausch zwischen dem um das Wohl des Volks unablässig besorgten höchsten Be­amten des Ressorts und den Vorständen der Kreis- reg'erungen und der einzelnen Bezirke von segens­reichen Folgen für das Land sein werde.

* Oehringen, 30. Okt. In Frankfurt a. M. hat sich eine Gesellschaft gebildet, welche eine für sie selbst unter Umständen sehr gewinnbringende, aber auch für die Beteiligten vorteilhafte Thätigkett ent­

faltet. Diese Gesellschaft macht es sich zur Aufgabe, in ausländischen Blättern nachzusorschen, welche Deut­sche im Ausland gestorben find und ob dadurch deut­schen Angehörigen namhafte Erbschaften zufallen, von denen die Erben oft keine Ahnung haben. So starb vor einigen Jahren in Paris eine Modistin, welche ihrer hier wohnenden Schwester, der Frau des Taglöhners F., 150,000 Frs. vermachte. Die Erb­schaft wurde zwei Jahre lang nicht erhoben, da die Erbin nichts davon wußte. Die Frankfurter Ge­sellschaft machte diese ausfindig und erbot sich, gegen Ueberlaffung eines Drittels der Erbschaft mit Ueber- nahme aller vorher notwendigen Kosten das Ver­mächtnis für die Erbin einzutreiben. Diese ging mit Vergnügen auf das Anerbieten ein und erhielt vor­gestern die Nachricht, daß 100,600 Frcs. für sie paratliegen.

* (Verschiedenes.) JnEnglers (Wald­see) fiel das 2Vs Jahre alte Söhnchen des Bauers Rist in eine beim Hause befindliche Kalkgrube. Der Vater, welcher das Kind vermißte und suchte, fand es als Leiche. Der 10jährige Knabe eines Küfers in Markgröningen, der seinem Vater beim Putzen eines Fasses mit dem Licht zündete, wurde von einem 2eimerigen Mostfaß, das beim Einstürzen des Faß­lagers zu Boden rollte, erfaßt und totgedrückt. Drei Söhne des Bauern Reuttec in Nürtingen führten Gülle; dabei setzte sich der 8jähr. Wilhelm auf das Güllenfaß. Auf dem Felde geriet das Fuhr­werk in einen Graben, wobei das Faß herunterfiel und den Knaben unter sich begrub. Derselbe erhielt dabei so schwere Verletzungen, daß alsbald der Tod eintrat. Der beim Brückenbau an der Neckargartacher Straße in Heilbronn beschäftigte Monteur Jakob Rempel von Cannstatt ist von einem 6 Meter hohen Pfeiler abgestürzt; er schlug mit dem Kopf auf den Sockel des Pfeilers auf und wurde als Leiche aufge­hoben.

" Berlin, 28. Okt. Es wird bestätigt, daß in der That die russischen Anerbietungen bei den gegen­wärtigen Zollverhandlungen noch weit entfernt von den Forderungen der deutschen Unterhändler sind; ein naher Abschluß der Verhandlungen ist sonach nicht zu erwarten. Ter Beirat soll mit ganz überwiegen­der Mehrheit das bisherige Festhalten der Reichs- regierung an der von ihr geforderten Herabsetzung der russischen Zölle, deren Ntchtbewilligung russischer- seits die Erklärung des Zollkrieges zur Folge hatte, durchweg gebilligt haben.

' Gegen die Handelsverträge hatten neulich die Hamb. Nachr." einen Angriff gerichtet auf Grund des Jahresberichtes der Chemnitzer Handelskammer. Gegen diesen Angriff wendet sich nun dieNordd. Allg. Ztg." und weist gegenüber der Behauptung, daß die Hand lsverträge an den unerfreulichen wirt­schaftlichen Zuständen die Schuld trügen, auf das vertragslose Frankreich hin, wo ebenfalls Klagen aus den Industrie- und Haudelskreisen ertönten. Das Ziel der Handelsverträge, für die Geschäftswelt einen festen Boden zu gewinnen, der cs erlaube, sicher zu rechnen und sich für längere Zeit einrichten zu können, sei erreicht. Wenn auch bei den enggezogc.ieu Gren­zen große Gewinne nicht zu erzielen seien, sei doch die Möglichkeit vorhanden, mit Vorteil zu arbeiten; d e geschaffene Herstellung fester Verhältnisse werde auch von dem bet weitem größten Teile der in Be­tracht kommenden Kreise anerkannt und freudig be­grüßt. Das Blatt führt dann eine Reihe von Aeu- ßerungen und Handelskammerberichten an, insbeson­dere von Sachsen, welche sich in diesem Sinne äußern.

* Berlin, 30. Okt. DerRsichsanzeiger" ver­öffentlicht eine kaiserliche Verordnung, wonach der Reichstag auf den 16. November einberufen ist.

" Die brandenburgische Provinzialsynode hat u. a. beschlossen, den christlich-jüdischen Mischehen durchkirchliche Zucht mittel" entgegenzuwirken. Die