Das Ablecken von Tintenklexen, eine Unsitte unserer Schuljugend, hat schon häufig schlimme Folgen nach sich gezogen. So wird neuerdings aus Berlin berichtet, daß aus solchem Anlässe das ärztliche Einschreiten bei einem erkrankten zehnjährigen Mädchen Erforderlich war. Eine Analyse ergab das Vorhandensein von Arsenik.
* Aus Deutsch-Südwestafrika wird berichtet : Die deutschen Ansiedler, die mit dem Dampfer Marte Wörmann am 20. Juli die Reise von Hamburg antratcn, sind sämtlich ungefährdet in Windhök eingetroffen, wo sie in vollkommener Sicherheit leben können. Nachdem eine Verstärkung von 120 Mann Anfangs September zu der Truppe in Windhök ge stoßen ist, wird es dem Kommandierenden hoffentlich möglich gewesen sein, auch in die Hauptplätze im südlichen Teil der Kolonie, wie O.jimbingue, Rehoboth, Bethanien, Berseba und Warmbad kleine Besatzungen zu legen.
* Der .Köln. Z." schreibt man aus Hamburg: Wenn Fürst Bismarck auch körperlich noch der Erholung bedarf, so ist er doch geistig frisch und an seinem Arbeitstisch in Friedrtchsruh mit Lesen und Schreiben wieder regelmäßig beschäftigt. Die Arbeit an seinen Memoiren war bereits längere Zeit vor seiner Erkrankung abgeschlossen. Ueber das fernere Schicksal derselben sind bisher noch keine Bestimmungen getroffen. Was den Umfang dieser Denkwürdigkeiten betrifft, so erfahre ich, daß sie etwa zwei starke Bände füllen werden und in der Hauptsache den Zweck verfolgen, eine Rechtfertigung der Bismarckschen Politik zu geben. Sie sind ein von großen Gedanken getragener Rechenschaftsbericht über die Geschäftsführung des Fürsten in dem wichtigsten Abschnitt der deutschen Geschichte unseres Jahrhunderts.
* Düsseldorf. Leutnant Schragmüller, der wegen Soldatenmißhandlungen, die er sich gegenüber den zur Uebung eingezogenen Volksschullehrern zu schulden kommen ließ, zu zwei Monat Festung verurteilt wurde, nach Verbüßung der Strafe aber doch noch bei demselben Regiment weiter Dienst lhat, hat nunmehr seinen Abschied erhalten und zwar der ,Bremer Ztg/ zufolge ohne Pension.
* Auf dem Sozialistenkongreß in Köln erklärte eine bekannte AgUawrin, Frau Schneider, es sei notwendig, daß die Frauen die sozialistische Agitation förderten. Die Frau habe die große Aufgabe, die Kinder so zu erziehen, daß diesen der in den Schulen eingeimpfte „religiöse Unsinn* wieder „ausgeimpft* werde.
* Posen, 27. Okt. Der Sohn des Gutsbesitzers Bredow auf Zippnow wurde lt. Berl. Tagcbl. von zwei Knechten ermordet, weil er denselben Vorwürfe gemacht hatte, daß sie die Pferde nicht rechtzeitig fütterten. Die Thäter sind verhaftet.
Ausländisches.
* Wien, 28. Okt. Infolge der Vereinigung der 3 großen Klubs gegen das Kabinet Taaffe wird die Wahlreformvorlage durch eine motivierte Tagesordnung im Ausschuß, wohin sie alsbald verwiesen werden soll, beseitigt werden, um Taaffe zum Rücktritt zu zwingen.
* Eine Rede, die der ErzbischofSamassa in Erlau
bei seinem Jubiläum gehalten hat, erregt großes Aufsehen, namentlich die Enthüllungen über die Verhandlungen mit dem Vatikan in Bezug auf den die gemischten Ehen betreffenden Februar-Erlaß und die Erklärung, daß die ablehnende Haltung des Vatikans die Schuld an dem Konflikt trage. Der Erzbischof betonte sein Eintreten für den Dispens katholischer Verlobten vom Verbot der Mischehen, wogegen sich Rom widersetze. Die Meinung ist vorherrschend, daß mit dem Vatikan keinerlei Verständigung möglich sei.
* Toulon, 28. Okt. Präsident Carnot empfing aus Gatschina ein Telegramm des Zaren, das besagt: Bei der Abfahrt des russischen Geschwaders liegt mir daran, Ihnen meine dankbare Rührung für die glänzende Aufnahme der Seeleute auf französischem Boden auszudrücken. Die neuerlichen lebhaften, so beredten Sympathtebewetse werden den zwischen unseren beiden Ländern bestehenden Banden neue hinzufügen und, wie ich hoffe, zur Befestigung des allgemeinen Friedens beitragen, der ein Hrupö gegenständ aller Bestrebungen und Wünsche derselben bildet. Gezeichnet Alexander.
* Die Offiziere des 111. französischen Regiments in Toulon sandten folgendes Telegramm an das 111. russische Regiment in Kowno ab: Wir senden euch herzliche Grüße. Euer Kaiser befahl, daß beide Völker ihre Freundschaft bekunden mögen. Wir gehorchen ihm, trinken auf sein Wohl und beten mit euren Matrosen, daß Gott euren frommen Monarchen stark und mächtig erhalte zu eurem Ruhme und zum Schrecken eurer Feinde; darauf zerbrechen wir unser Glas. Für einen Republikaner eigentlich ein starkes Stück. Seltsame Folgen dieser Verbrüderungsfeste! In Toulon kaufen sich die russischen Offiziere und Matrosen nihilistische, umstürzlerische Schriften, die in Rußland verboten sind und die ihnen von den französischen Buchhändlern aufgedrängt werden; im Sonnenglanze der russisch-französischen Verbrüderung demokratisieren sich die kaiserlichen Russen, und mo- narchifieren sich die republikanischen Offiziere. Eine schöne Verwirrung!
* Der ,Temps' widmet den nun endlich abgezogenen russischen Gästen einen sehr nüchternen Nachruf. Die internationalen Höflichkeiten zwischen Rußland und Frankreich seien sehr im Zug, weniger glatt als der Austausch solcher Liebenswürdigkeiten entwickele sich derjenige der Waren. Frankreich habe im vorigen Jahre nur für 12 Millionen Waren nach Rußland aus-, dagegen von dort für 166 Millionen eingeführt. Der jetzt bestehende Handelsvertrag gewähre keine genügenden Vorteile, und Frankreich werde künftig darauf halten müssen, daß seine Vertretung in Petersburg nicht bloß Zukunft-Diplomaten, sondern auch gewiegten praktischen Geschäftsleuten anvertraut werde. Der Artikel-nimmt sich fast wie eine Hotelrechnung aus.
* London, 28. Okt. Aus Rio de Janeiro wird gemeldet, daß die Lage der Stadt unverändert ist. Der Handel ist durch die Revolution wenig beeinträchtigt, da die Stellung der Regierung gesichert ist, während die Regierungstruppen die Insurgenten hart bedrängen.
* London, 26. Okt. Nachrichten aus Uganda melden die vollständige Flucht der Araber und den endgültigen Zusammenbruch des muselmännischen Ein
flusses daselbst. Eine gut bewaffnete Armee eingeborener Katholiken und Protestanten verfolgt vereinigt die Trümmer der Araber; ein Verntchtungskampf gilt als bevorstehend.
* Der Feldzug der Spanier gegen die Kabhlen vor Meltlla hat seinen Anfang genmmen. General Margallo, der Oberbefehlshaber in Melilla, hat die Verschanzungen der Kabhlen erstürmt und zerstören lassen, ohne Widerstand zu finden; der weitere Verlauf der Operation bleibt abzuwarten. Inzwischen machen sich die Franzosen fertig, ihrerseits Nutzen aus den spanisch-marokkanischen Verwickelungen zu ziehe«. 3000 Mann französischer Truppen sollen an der Südgrenze Algeriens bereit stehen, um gegebenen Falles die in marokkanischem Gebiet gelegenen Tuat- Oasen zu besetzen, auf welche Frankreich schon lange spekuliert.
* Washington, 28. Okt. Im Senat wurde ein Amendement, betreffend die Wiederinkraftsetzung des Gesetzes über die freie Ausprägung von Gold und Silber von 1837, abgelehnt. Eine Resolution, wonach der Antrag Voorhees, betreffend die Aufhebung der Shermann-Akte, an Stelle des im Re- präsentantenhause angenommen, fast gleichlautenden Antrags Wilson treten solle, wurde mit 58 gegen 9 Stimmen angenommen.
Handel »nd Berkehr.
* Stuttgart, 28. Okt. Kartoffelmarkt. Zufuhr 400 Zentner. Preis per Zentner 2 Mk. 30 Pfg. bis 2 Mk. 80 Pfg. — Krautmarkt. Zufuhr 4500 Stück. Preis 18 bis 20 Mk. per 100 Stück.
* (Mostobstpretse.) Stutt gart, 27. Okt. Güterdahnhof. Zufuhr 50 Waggon — 10,000 Ztr. Mostobst (darunter 41 schweiz.), Preis per Waggon -00 bis 550 Mk., Preis per Zentner 2 Mk. 80 Pf. bis 3Mk. — Wilhelmsplatz. Zufuhr 500Ztr. Preis 3 Mk. 40 Pf. bis 3 Mk. 50 Pf. per Ztr.
Literarisches.
„Awerfeeterr" ist der erste Artikel in der jüngst zur Ausgabe gelangten Nr. 44 des „Häuslichen Ratgebers", eines praktischen Wochenblattes für alle deutschen Hausfrauen überschrieben. Neben diesem Stimmungsbilde verbreitet sich ein anderer Aufsatz über das Thema: „Eines schickt sich nicht für alle!" und geißelt die Sucht der Damen, mit der Mode durch Dick und Dünn zu gehen, gleichviel ob sie zur Figur und zum Gesichte paßt oder nicht. Nicht so sehr vom Standpunkte des Schönheitsgefühles als der Praxis ist der volkswirtschaftliche Artikel „Die Frau in der Industrie" abgefaßt, der sehr viel Beherzigenswertes enthält. Der Unterhaltung dienen die Romane „Im Banne der Schuld," „Manävererinnsrungen" und „Ein Gedenkblatt zum 16. Oktober." Der Rest des Blattes enthält eine Fülle von kleineren Artikeln über Handarbeiten, häusliche Kunst, Tiere, Haus- und Zimmergarten, Backwerk, Getränke u. s w„ die sicher den häuslichen Damen sehr willkommen sein dürsten. „Für unsere Kleinen" ist eine Beilage mit Märchen, Gedichten, Spielen und Rätseln beigegeben. Der Abonnementspreis für dieses so reichhaltige und interessante Blatt beträgt nur Mk. 1,25 vierteljährlich. Probenummern sendet die Verlagshandlnng von Robert Schneeweiß in Breslau jederzeit auf Verlangen gratis und franko.
Verwischtes
* (Nur immer höflich.) In Nc. 244 des Ellwrmger Tageblattes findet sich folgende Annonce: „Anfrage. Bei den betreffenden Kraut- und Rübendieben möchte ich anfragen, ob sie bald genug haben? Espachweiler den 22. Oktober 1893. Bäcker Schimmel.
Verantwortlicher Redakteur: W. Riet er, Wrnsteig.
Von Altenstcig nachBesenfeld
ging ein Rehgeweih
Der Finder wird gebeten, dasselbe gegen Belohnung abzugeben bet
Gerber Pfeifke.
500 Mk.
»liegen gegen gesetzliche Sicherheit oder gute Bürgschaft sogleich zum Ausleihe« parat.
Bei wem? — sagt
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W. Kieker
Schreibwarenhandlung.
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