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AlS Invalide gilt, wer nicht mehr imstande ist, durch eine Tätigkeit, die seinen Kräften und Fähigkeiten entspricht, nnd ihm unter billiger Berück­sichtigung seiner Ausbildung und seines bisherigen Berufes zugemutet werden kann, ei« Drittel dessen zu erwerben, was eine körperlich und geistig gesunde Person derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend durch Arbeit zu verdienen pflegt. Vollständig erwerbsunfähig braucht also der Ver­sicherte nicht zu sein, um Anspruch auf Invaliden­rente zu erheben.

Invalidenrente erhält auch der Versicherte, der nicht dauernd invalide ist, aber während 26 Wochen ununterbrochen invalide gewesen ist, oder der nach Wegfall des Krankengeldes inval'de ist, für die weitere Dauer der Invalidität (Kraukenreute).

Die Krankerrente ist eine äußerst wohltätige Einrichtung. Zu erlangen ist sie insofern leicht, als nur nachzuweisen ist, daß der Versicherte 26 Wochen ununterbrochen invalide gewesen ist, die Invalidität noch fortbesteht und die Wartezeit erfüllt ist.

Die Invalidenrente beginnt mit dem Tage, an dem die Invalidität eingetre:en ist. Als dieser gilt, wenn sich der Beginn der Invalidität nicht feststellen läßt, der Tag, an dem der Antrag auf Rente beim Versichern«gsamt eingegangen ist

Unter der Wartezeit für die Invalidenrente versteht das Gesetz diejenige Zahl von Beitrags- Wochen, die ein Verfichsrier Nachweisen muß, um bei eintretender Invalidität den Anspruch auf Aus­zahlung der Invalidenrente zu erwerben Die Wartezeit dauert für die Invalidenrente, wenn tür den Versicherten auf Grund der VerficherungSpflicht mindestens 100 Beiträge geleistet worden sind, 200, andernfalls 500 BeitrazSwochen

Die lange Wartezeit von 500 Beitragswochen ist für die Selbstversicherung festgesetzt, um einen Mißbrauch durch solche Personen auszuschließen, die infolge schwacher Gesundheit für die Versicherung?- lasse ein schlechtes Risiko bieten und nur, um einen Rentenanspruch zu erwerben, für kurz: Zeit Bei­träge leisten.

Die Beiträge für die freiwillige Versicherung werden auf die Wartezeit für d°e Invalidenrente nur dann angerechnet, wenn mindest-nS 100 Bei­träge auf Grund der VerficherungSpfl cht oder der Selbstversicherung geleistet worden find.

Werden Versicherte innerhalb der ersten fünf Jahre invalide, nachdem die VerficherungSpflicht für ihren Berufszweig in Kraft getreten ist, so wird ihnen auf die Wartezeit für die Invalidenrente die Dauer derjenigen früheren Beschäftigung ongerechnet, für welche die VerficherungSpflicht inzwischen ein­führt worden ist.

Die Anrechnung geschieht indessen nur soweit, als die Beschäftigung in die letzten 5 Jahre vor Eintritt der Invalidität fällt, und nur bei Ver­sicherten, die nach dem Inkrafttreten der Veifiche- rungSpflicht für ihren Berufszweig mindestens 40 anrechnunzSfähige Beitragswochen ans Grund der VerficherungSpflicht Nachweisen können.

Die Anrechnungsfähigkeit von freiwilligen und Pflichtbeiträgen, die vor dem Inkrafttreten der Ver­ficherungSpflicht des Berufszweigs rechtswirksam verwendet find, wird hierdurch nicht berührt

Wegen Einrechnung der Militürdienstzeite» und KrankheitSzeiten in die Wartezeit, Erlösche« der Anwartschaft und Wiederaufleben der Anwart­schaft greifen für die Invalidenrente die gleichen

Bestimmungen wie für die Altersrente Platz und nehmen wir hiermit auf diese Bezug

Für die Invalidenrente zählen bei der Selbst- verficheruug als Beitragswochen die Kalender­woche«, für welche auch tatsächlich Beitragsmarken geklebt sind und geklebt werden dursten; bei der Pflichtversicherung hingegen wird auch die Dauer der bescheinigen Krankheiten und der militärischen Hebungen als volle Beitragswochen angerechnet und zwar in der Weise, als seien während dieser Zeit Marken der Zweiten Lohnklasse geklebt worden.

Die Höhe der Invalidenrente richtet sich darnach, wie lange einer versichert ist und für welche Lohnklasse er Beiträge entrichtet hat.

Die Invalidenrente setzt sich zusammen

a) aus einem festen Zuschüsse des Reichs (50 ^L),

b) dem Grundbetcag und den Steigerungssätzen seitens der Versicherungsanstalt

Der Anteil der Versicherungsanstalt richtet sich nach den gezahlten Beiträgen und den Militärdienst- und Kcankheitszeiten, die für die Pflichtversicherung als Beitrapswochen gelten

Der Grnndbetrag der Invalidenrente wird stets nach 500 Beitragswochen berechnet. Sind weniger vachgewiesen, so gilt für die fehlenden die I. Lohnklasse; sind es mehr, so scheiden die über­zähligen Beiträge der nicd igsten Lohnklasse aus. Für jede Beitragswoche werden angesetzt: in der Lohnklasse I 12 Pfennig,

II

III

IV V

14

16

18

20

Der Steigerungssatz der Invalidenrente

beträgt für jede Beitragswoche:

in der Lohnklasse I 3 Pfennig,

. . II 6

» » » HI 8 .

.IV 10

V 12

Für jede Beitragswoche zählt nur ein Beitrag Sind mehr Beitragswochen bele;t und die über­zähligen Marken nicht festzustellen, so scheiden die Beiträge der niedrigsten Lohnklasse aus, bis die zulässige Höchstzahl übrig bleibt Beispiel:

Jemand hat 188 Beiträge in Lohnt lasse I 402 in Lohnklasse II und 138 in Lohnklasse III gezahlt, als er arbeitsunfähig wird. Er war 110 Wochen Soldat und 28 Wochen k ank Wie hoch ist seine Invalidenrente?

Da nur 500 Wochen für den Grnndbetrag in Ansatz kommen, so sche-den die überzähligen Beiträge der niedrigsten Lohnklassen aus.

198 Beiträge Lohnklasse I

540 (402 -j-110->-28) II

138 .. .. III

876 500 376 Beiträge die auSscheiden und zwar 198 in Lohnklasse I, 178 (376 198 tn Lohn­klasse II, so daß sich der Grundbetrag berechnet wie folgt: Lohnklasse II 362.14 -- 50 68 ^

III 138.16 ^ 22 08 Grundbetrag 72^L76-r Die Steigerungssätze betragen:

Lohnklasse I 198.3 ^ 5 94 -i

II 540.6 32 40

III 138.8 ^11 04

49 38

Die Invalidenrente stellt sich hiernach auf a) Reichszuschuß . . . 50 1») Grundbetrag ... 72 76 e) SteigerungSsätze . . 49 38

172 14 -5.

Hat der Empfänger der Jnvaltdeureute Kinder «uter fünfzehn Jahren, so erhöht sich die Invalidenrente für jedes dieser Kinder um ein Zehntel, bis zu dem höchstens anderthalbfachen Betrage.

Diese Bestimmung über die Kinderrente ist neu und für den Versicherten von großer Bedeut­ung. Nehmen wir süc unser Beispiel an, der Versicherte habe 3 Kinder unter 15 Jahren, so wird die Invalidenrente von 172 14 um

3.17 21 A ^ 51 ^ 69 A auf 223 77 ^

erhöht.

Die Invalidenrente rnht: s) neben einer reichsgesetzlichen Unfallrente, so lange und soweit beide Bezüge zusammen den 7*/,fachen G-undberrag der Rente übersteigen würden;

b) so lange der Berechtigte eine die Dauer von 1 Monat übersteigende Freiheit-strafe verbüßt oder in einem Arbetl shause oder einer Besserung s- anstalt untergebiacht ist.

Ist der Empfänger einer Invalidenrente nicht mehr invalide, so erhält er keine Invalidenrente mehr.

Anträge auf Bewilligung der Invaliden­rente find anzubringen bet dem Versicherungsamt. Zuständig ist das Vcrsicherungsamt, in dessen Bezirk der Versicherte rur Zeit des Antrags wohnt oder beschäftigt ist. Drm Alltrage find beizusügen die letzte Quittungskalte, die Aufrechuungsbescheinigungen über die vorhergehenden Quittungskarten, der Nach­weis über die in die Wartezeit zu rechnende Krank­heiten oder militärische Dienstleistungen und ein ärz liches Zeugnis, durch welches die Invalidität bescheinigt wird.

Außerordentlich bedeutungsvoll und wichtig für die Versicherten ist das Heilverfahren, bei gleichzeitiger Gewährung einer Unterstütz: ng an die Angehörigen des Erkrankten bezw. des Versicherten, welches für sie von der Versicherungsanstalt einge- leitct werden kan , we m zu crwart-n ist, daß es den Es Pfänger «irrer Invalidenrente wieder erwerbs­fähig macht Wohlhabende Leute lassen es sich viel Geld kosten, um sich in eurer He lanstalr oder einem Bade von einer Krankheit heilen zu lassen; weniger bemttelte Kranke haben für dasselbe schon oft schwere Geldopfer, die ihre ganze wirtschaftliche Lage erschütterten, dringen müssen, und hier wird diese Hilfe um onst g boten und eine Angehörigen Unter­stützung noch obendrUn. Jährlich genießen Tausende vcn Versicherten diese Wohltat, sie werden von der Versicherungsanstalt in Krankenanstalten, Lungen­heilstätten, Erholungsheimen und anderen Anstalten untergebracht.

Entzieht sich ein Rentenempfänger ohne gesetzlichen oder sonst triftigen Grund dem Heil­verfahren rnd verhindert er dadurch die Befestigung der Invalidität, oder entzieht er sich ohne Grund einer Nachuntersuchung oder Beobachtung in einem Krankenhause, so kan» ihm die Rente auf Zeit ganz oder teilweise entzogen werden. ftr.

Gstte-dienste.

12. Soantaa «aiü Hrinlt., 3. Sevt. Vom Turm 272. Predigtlied - 3v9, Wie gut ist's rc. 8 Uhr - Früh­predigt, Stadtpfa rcr Schwid. 9'/, Uhr: Haupt- vredigt Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen.

Z»o««er»tag, 7. Scpt. 8 Uhr abends: Bibelstunde im Vereinshaus, Dekan RooS.

Amtliche und Pnrmtaiyeigm.

Handwerkskammer Reutlingen.

In den Monaten November und Dezember 1911, sowie Januar 1912, finden am Sitz der Kammer Meisterprüfungen in sämtlichen Gewerben statt. Den Prüfungen gehen in ununterbrochener Reihenfolge mehrere freiwillige VorbereitungSkurse in Buchführung, Wrchselknnde, Kalkulation, Gewerberecht und Gesetzetzkunde voraus, wofür das Unterrichtsgeld einschließlich der Auf­wendungen für Lehrmittel 8 Mark beträgt. Der erste Kurs beginnt Mitte Oktober.

Anmeldungen, wozu die Formulare unentgeltlich vom Bureau der Kam­mer bezogen werden können, find mit dem Nachweis (Zeugnisse oder amtliche Beglaubigung) einer mindestens 4jährigen Gesellenzeit und mit der Angabe, ob ein VorbereitungskurS besucht werden will, bis spätestens 1. Oktober 1911 an die Handwerkskammer einzureichen Mit der Anmeldung ist die Prüfungs­gebühr von 20 Mark zu bezahlen. Die Prüfungsgebühr kann mittelst Zahl­karte auf unser Postscheckkonto Nr. 847 eingezahlt werden. .

Schließlich bemerke« wir «och, daß zufolge Kammerbeschluß Früh- jahrsprufunge» nicht mehr abgehaltrn werde«, die nächsten Prüfungen also erst im Spätjahr ISIS stattfinde«.

Reutlingen, den 1. September 1911.

K. Pollmer. K. Hermann.

K. Amtsgericht Calw.

Das

Konkursverfahren

über den Nachlaß drs Jakob Burk­hardt, gewes. Schreinermeisters in Ottenbronn, wurde in Ermanglung jeglicher Konkursmasse heute eingestellt. Den 30. August 1911.

Gerichtsschreiber:

Siber.

Das Sammeln von

Brombeeren

in den hiesigen Gemeindewaldungen ist für Auswärtige bei Strafe verboten. Attheugstett, den 31. Aug. 1911.

Schnltheißeuamt.

Braun.

Vom badischen Hof bis zum Adler ging eine Armspange

verloren.

Abzugeben gegen Belohnung i« der Bäckerei Giebenrath bei der Post.

Kichellschugmei«

Die Probe« beginne« am Montag, de« 4. September.

Sder»mtrti«r»rrt?kiSer

ist bis 12. September LW" verreist.

Gegen gute Sicherheit werden sofort

800 Mark

aufjunehmen gesucht.

Halbjährliche Zinszahlung.

Zu erfragen bet der Red. ds Bl.

Sad Teinach (Lande) Kadhotel.

Sonntag, d. 3. Sept, Anfang */,9 Uhr, Gastspiel-Ensemble Beyschlag Auf vielseitigen Wunsch:

s'strle »om S-WsiWld.

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