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Amts- M- Mzeigeblatt für den Oderawtsbyirk Calw«
86. Jahrgang.
Lrscheinung«tage: Monta», Dienstag, Mittwoch, SonnerStag, Freitag und Samstag. Ji^ertionSpre!» ;l Pfg. pro Zeile für Stabt u. Bezirks orte; außer Bezirk I» Pf«.
Ireitag, den 1. September 1911.
BezugSpr.i.d.Stadt>/«tLhrI.m, LrLgerl. Mk. 1.2S. Postbezugspr. k. d. Orts- u. NachbarortSoerk. '/-tährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk.1.S0. B-st-llg. in Württ.M Psg., in Bagern n. Reich 42Pf«.
TsgesueUigtettm
Calw I. Sept. Die Handwerkskammer Reutlingen macht im Inseratenteil unserer heutige« Nummer auf die Veranstaltung von Meisterprüfungen in den Monaten November und Dezeuber 1911 und Januar 1912 aufmerksam. Wir selbst möchten nicht verfehlen, noch besonders darauf Hw zuweisen.
Neuenbürg 31. Aug. Bei einer Beerdigung ereignete sich am neue» Friedhof auf der Straße von Neuenbürg »ach Höfe« ein bedauerlicher Unfall. Ein Kutscher wollte umkehre«, als im schnellsten Tempo ein fremde» Auto, mit zwei Damen als Insassen, von Neuenbürg her direkt in die Pferde hineinfuhr, wodurch diese umgrworfen wurden und sich überschlugen. Dem einen wurde das Knie und der Bauch aufgerifsrn. Da» Auto wurde leicht beschädigt. Der Kutscher und die Insassen des Autos kamen mit dem Schrecken davon.
Stuttgart 31. Aug. (Schwabenflug.) Zu dem Wettflug haben sich bi» jetzt gemeldet: Diplom-Ingenieur Witterst älter- Darmstadt, Oberingenieur Hirth-Berlin-Lichten- berg, Hans Vollmöller-Berlin-Lichtenberg, Bruno Büchner-Riedisheim bei Mühlhausen i. E., Raymund Er, ring-JohanniStal-Berlin, Joachim Max Noelle-Bork in der Mark, zwei Flugz-uge, Oswald Kahvt-Lmdental-Leipzig, Siegfr. Hoffmann-JohauniLtal-Berlin, Bruno Hanuschke-Tegel-Berlin, Dr. Wittenstein- München, Emil Jeannin-Berlin, Otto E. Lindpaintner-München, Hans Röver- Bork in der Mark, Karl Schall-Mecklenburg. Wienczier», einer der tüchtigsten Flieger, kann, da er ein ausländisches Flugzeug führt, leider an dem Flug nicht teilnehmen.
Stuttgart 31. Aug, Die Milchhändler- Vrreinigunz von Stuttgart und Umgebung e. V. hat in ihrer gestrigen gut besuchten Versammlung zur Erhöhung de» Milchpreise» Stellung genommen und beschlossen den Preis ab 1. September wie angrkündigt auf 24 Pfg. per Liter zu erhöhen. Diese Preiserhöhung ist in Anbetracht der gegenwärtigen Verhältnisse in keiner Weise zu umgehe».
Stuttgart 31. Aug. Auf dem heutigen Großmarkt galten folgende Preise: Zwetschge« 10—12 Pfg., Pflaumen 5—8 Pfg., Pfirsiche 30—45 Pfg,, Birnen 8—22 Pfg., Aepfel 10 bi» 18 Pfg., Preiselbeeren 50 Pfg. per Pfund. 100 St. kleine Einmachgurke» 50 Pfg., Bohnen 30 Pfg., Zwiebel 8 Pfg. per Pfund. — Dem heutigen Kartoffelgroßmarkt waren einige hundert Zentner zugeführt. Prei» 4,40 M. bi» 4,50 M. per Ztr. — Auf dem Krautmarkt kostete Filderkraut 30—40 Pfg. per Stück.
Von den Fildern 31. Aug. Die Viehbesitzer in Leinfelden haben ab 1. September den Milchprei» auf 18 ^ per Liter erhöht. Al» Grund wird der Milchaufschlag in Stuttgart und die ungünstigtu Futterverhältnisse angegeben. — Da» Filderkraut geht immer mehr in die Höhe, so wurden z. B. dieser Tage für eine« Acker mit ca. 1800 Krautpflanzrn 550 für einen mit 13 a, ca. 1500 Pflanzen,
485 ^ bezahlt. E» sind die» Preise, wie man sie nicht höher denken kann.
Eutingen 30. Aug. Mit der Hopfenernte ist nun allgemein begonnen worden. Die größere Anzahl der Kulturen hat fast durchweg noch schöne grüne Dolde«. Getrocknete Ware ist noch wenig am Platz. Geboten wurden von Händler» 260—270 Die Vrrkäufer find jedoch zurückhaltend.
Heilbronn 31. Aug. (Ledermarkt.) Die Zufuhren zum Ledermarkt betrugen etwa 420 Zentner in verschiedenen Ledergattunge», zugeführt waren hauptsächlich deutsche» und Wildoberleder, Sohlleder und Kalbleder war in kleinen Partien da und rasch vergriffen. Da» Geschäft entwickelte sich anfangs flau, hielt sich aber im Laufe de» Tage» flott, so daß nur Wenige» von den Gerbern zurückgenommen werden wußte. Die Preise hielte» sich auf fester Höhe. Er wurden bezahlt: für Sohlleder und Vacheleder 3,00—3,20 M., Schmal-, deutsch- und Wildoberleder 4,00—4,40 M., Zeugleder 3,00-3,20 Mk., Kalblrdrr 6,80—7,20 M. pro Kilogramm.
Göppingen 30. Aug. Dem heutigen Wocheumarkt war das erste Mostobst (Fallobst) aus der Umgebung zugeführt, für da« der außergewöhnlich hohe Preis von 5 ^ gefordert wurde. Filderkraut, das mit einer Wagenladung vertreten war, kostete 50—60 Mark da» Hundert, ein Preis, der seit Menschengedenken nicht da war. Neue Kartoffeln kosteten 7 A grüne Bohnen 40 A gelbe Rüben 12 ^ das Pfund. Eis Stück Kopfsalat wurde mit 10—15^, ein Stück Blaukraut mit 20—40 ^ bezahlt. Zwetschgm kosteten 15—18 A Aepfel 14—18 A Birne» 10—15 Pfg., Pflaumen 14—15 A Trauben 35 r) das Pfund. Die Obstzufuhr war ziemlich stark; die Gemüsezufuhr geht dagegen von Woche zu Woche zurück.
Gengeubach (an der Kinzig) 31. Aug. Heute nacht 12 Uhr brach in dem Anwesen der Familie Börschig ein Brand au», der e» in kurzer Zeit einäscherte. 6 Personen, die sich nicht rechtzeitig zu retten vermochten, kamen in den Flamme» um. (S. Offenburg.)
Osfenbnrg 31. Aug. Ueber den Brand in Gengenbach an der Kinzig weiß der „O.tenauer Bote" zu berichten: Ein furchtbarer Brand hat heute nacht Gengenbach heimgesucht. Gegen 1 Uhr brach in dem Wohngebäude de» Zimmermanns Karl Börschig Feuer aus. DaL Gebäude bestand aus drei Stockwerken, von denen da» erste unbewohnt war. Den zweites Stock hatte die kinderlose Familie Börschig inne. De« dritten Stock bewohnte der Maurer Siever» mit Frau und 6 Kindern. Das abgebrannte Hau» liegt hinter dem Anwesen der Armbruster'scheu Weiuhandlung, von der ebenfalls ei» Schuppen durch den Brand vernichtet wurde. Da» Feuer griff mit rasender Schnelligkeit um sich, sodaß nur vier der Sievert- schen Kinder gerettet werde» konnte«, während an die Rettung der übrigen Bewohner nicht mehr zu denke« war. Verbrannt sind der Zimmermann Karl Börschig und Fra«, Maurer Siever» und Frau und zwei Kinder. Bi«
heute früh 9 Uhr waren 5 Leichen geborgen, von denen nur die Jdentiät der Fra« Börschig festgestellt zu werden vermochte, während die übrigen vollständig verkohlt sind. Bi» 11 Uhr vormittag« war die 6. Leiche noch nicht aufgefunden. Ueber die Entstehungsursache des Feuer« herrscht bi» jetzt Unklarheit.
Berlin, 31. Aug. In der neuen Philharmonie hatten sich gestern abend mehr al» 2000 Personen eingefunden, um eine Resolution über die Marokkofrage zu fassen. Die Einladung hierzu war von einem Alldeutschen Ausschuß ausgegangeu. Den Vorsitz führte Justizrat Wagner. Hauptredner waren Landtag»abge- ordneter v. Böhlendorff, Abgeordneter Latt- maun, Univrrfitättprofefsor Dr. Dumoulin- Eckart-München und Legationsrat a. D. v. Schwerin aus Bayer». Es wurde von ihnen übereinstimmend hrrvorgehoben, daß Frankreich durch eine Annektierung Marokko» eine enorme Stärkung seiner militärische» Machtmittel erfahren würde, der Deutschland nicht ruhig zusehe« dürfe, sondern auf vollwertigen Kompensationen bestehen müsse. Die Redner ergingen sich in heftigen Ausfälle» gegen England unter der Begründung, daß unsere nördlichen Vettern die Verhandlungen zwischen den deutschen und französische» Diplomaten erschweren und zu durchkreuzen suchen. Der Versammlung wurde am Schluß folgende Resolution unterbreitet, die bei der Abstimmung einstimmig angenommen wurde:
„Da» Vorgehen Frankreich» in Marokko, durch welche« die AlgeciraSakte durchbrochen worden ist, berührt so außerordentlich wichtige politische und wirtschaftliche LebenSinterefsen Deutschland», daß deren nachdrückliche Wahrung eine selbstverständliche Pfl'cht unserer ReichSregieruvg ist. Zur Wahrung dieser Interessen ist von Frankreich die Rückkehr auf den Boden der Algeciraiakte zu fordern. Sollte dieser Weg nicht gewählt werden,' so sollte da» Deutsche Reich sich in Westmarokko die gleiche« Rechte und den gleichen Einfluß zu sichern wissen, de» Frankreich für sich in irgend einem anderen Teile Morokko» in Anspruch nimmt. Auf keinen Fall dürfe» wir dulde», daß Frankreich aus der Bevölkerung Marokko» seine Wehrkraft ergänzt und verstärkt, da in diesem Vorgehen Frankreich» eine Bedrohung de» Deutschen Reich» liegt, die auch «n» zu erneuten militärischen Rüstungen zwingen muß. Die Einmischung irgend eine» anderen Staate» in den deutsch-französische» Marokkostreit müssen wir mit Ruhe, aber mit der größten Entschiedenheit zurückweise».
6. Oie Invaliden- und Hinter- bliebenenversicherung nach den Bestimmungen
der Reichsversicherungsordnung.
(Nachdruck »erboten.)
5. Invalidenrente nud Heilverfahren. Juvalideureate erhält ohne Rücksicht auf das Lebensalter der Versicherte, der infolge vo» Krankheit uud anderen Gebrechen dauernd iuvalide ist, wenn er die Invalidität nachweist, sowie die Wartezeit erfüllt und die Anwartschaft aufrecht erhalten hat.