H,
Erscheint Dienstag Donnerstag und SamStag.
Bestellpreis pr. Quartal im Bezirk Nagold
so<4,
außerhalb
I . —
O,
Kr. 121.
MenML.M
Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den Postämtern und Postboten.
Samstag dm 14. Mioöer
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Einrückung SpreiS i f. Altensteig und nahe Umgebung bei Imal.
- Einrückung bei
mehrmol. je «
auswärts je 8 ^ di« . 1spalt.Zeil«
O- 1893.
Amtliches.
U eber tragen wurde je eine Bauausseherstelle dem Werkmeister Bezler in Ealw und dem Bauamtsasststen Brenner in Stutt- gart: denselben wurde der Titel „Bauamtswerkmeister" verliehen.
Gestorben: Alt Bohlwirt Kieninger, Fellbach—Wiblingen. Priratier Rudolph, Willsbach. Mittelschullehrer Hertlein, Stuttgart. Johann Georg Günther, Stemler, Ober-Ellenbogen.
D Rußlands erfüllte Mission am Balkan.
Man traute seinen Austen kaum, als vor einigen Tagen der Telegraph den Inhalt eines Artikels des russisch offiziösen Reqierungsanzeigers verbreitete, laut welchem Rußland seine Balkanmission „nahezu vollständig erfüllt" habe. Es wäre in der Thal ausgezeichnet, wenn diese Auffassung in den russischen Regierungskreisen sestwurzeln wurde, denn alsdann darf das Schreckgespenst, das sich orientalische Frage nennt, als gebannt betrachtet werden, und damit würde unter den gegenwärtigen Verhältnissen dem europäischen Friedensbedürfnis der beste Dienst geleistet werden.
Leider hat indessen das russische Blatt arg geflunkert. Nachdem die nichtswürdige Aufhetzungspolitik eines Jgnatiew, Hitrowo, Kaulbars und wie die Ehrenmänner sonst noch heißen, an dem gesunden Sinn der Bulgaren jämmerlich Schiffbruch gelitten — nachdem Bulgarien, kaum der türkischen Barbarei entrissen, ein kräftiges Volkstum entwickelt und ein festes, auf freier Verfassung beruhendes Staatswesen gegründet hat, hängen dem russischen Fuchs die Trauben zu hoch und deßhalb stellt er sich, als sei er nun befriedigt. Seinem Verbündeten, dem Rumänier, der ihn bei Plewna vor der schmachvollsten Niederlage errettete, nahm er zum Danke Bessarabien ab, um ihm dafür die unfruchtbare und sumpfige Dobrutscha zu überweisen. Indem Rußland Montenegro finanziell völlig von sich abhängig machte, schaffte es sich auf der Balkanhalbinsel einen Wachtposten, von dem aus gelegentlich Bosnien, die Herzegowina, Serbien, Macedonien und Albanien beunruhigt werden können. Rußland hat immer mehrere Eisen im Feuer. Der junge König Alexander von Serbien schwimmt ganz im russtsn en Fahrwasser. Der Zar hält aber auch den Prinzen Karageorgewitsch in Bereitschaft, wenn etwa der junge Alexander nicht parieren wollte. Griechenland ist immer bereit, von der Türkei los
zureißen und die griechische Flotte ist die Begleiterin der russischen im Mittelmeer; in griechischen Häfen überwintern die russischen Kriegsschiffe.
Rußland strebt auch danach, im Mittelmeere eine selbständige Flottenstation zu errichten. Zu welchem Zwecke? Welche Interessen hat Rußland im Mittel- meere, wenn es nicht die Absicht hegt, sich unberufenerweise in Dinge einzumischen, die es nicht kümmern?! Es verlautet neuerdings, Rußland werde bet der Pforte die freie Durchfahrt am Bosporus und Dardanellen anregen, die nach dem Pariser Friedensvertrage den russischen Kriegsschiffen verschlossen sind. Leise Versuche nach dieser Richtung hin hat es schon wiederholt unternommen, indem es die Schiffe seiner sogenannten „Fretwilligenflotte" die Meerengen passieren ließ. Auch die bewährten Schiffe, die die russischen Verbannten nach der sibirischen Insel Sachalin bringen, passieren stets die Meerengen, obwohl dies dem Sinne und Wortlaut des Pariser Vertrags widerspricht.
Es ist also nur eine heuchlerische Phrase, daß Rußland seine Mission am Balkan als nahezu erfüllt betrachte. Das gerade Gegenteil ist der Fall und wenn jene Phrase bestimmt war, Oesterreich einzuschläfern, so hat sie ihren Zweck vollständig verfehlt. Sollte es einmal zur Aufteilung des türkischen Gebietes in Europa kommen, dann würde Rußland doch nur dann in den Besitz von Konstanlinopel gelangen, wenn zuvor die Volkskraft des ganzen übrigen Europas im Blut ertränkt wäre. Denn der Sieg Rußlands würde den Sieg der Barbarei über die Kultur, der Knute über den Fortschritt, des Despotismus über die Freiheit bedeuten; Europa würde „kosakisch" werden, wie ihm Napoleon als Alternative prophezeit hat.
Das Testament Peters des Großen weist die russischen Zaren nach Konstantinopel. Jener große Zar beherrschte noch nicht das ferne Nordasicn, von wo aus jetzt Rußland den indischen Besitz Englands aufs ernsthafteste bedroht. Von Jahr zu Jahr schiebt cs seine Etappen weiter vor und verwandelt bisher unabhängige Khanate in russische Schutzstaaten. Im Südostcn Asiens ist Frankreich im Begriff, ein großes Kolonialreich zu bilden, dos Tongkirg. Anom, Kaw- bodja und Siam umfaßt. Im Louse der Zeit wird
England der eisernen Umklammerung von Osten und Norden her unterliegen. Um ihm aber seinen Lebensnerv zu durchschneiden, dazu bedarf Rußland noch einer festen Stellung in Konstanlinopel, die die russische Flotte unüberwindlich machen würde, denn von hier aus könnte Rußland den Engländern den Weg durch den Suezkanal nach Indien versperren. Rußland treibt keine Selbflmordpolitik, und daher giebt es dieses Ziel trotz der offiziösen Schönfärberei nicht auf.
Llmde-«chrichtell.
* Altensteig, 12. Okt. Es ist uns allen wohl- bekannt und vor ganz kurzer Zeit ist in unserem Blatte darauf hingewiesen worden, wie die Portosätze in Württemberg — besonders im Verkehr innerhalb eines und desselben Oberamts erheblich niedriger sind, als anderwärts. Die niedrigen Portosätze innerhalb desselben Oberamts und die Einrichtungen des Landpostbotendienstcs beruhen auf einer Abmachung der Postverwaltung mit den Amts-Versammlungen, als in den 60er Jahren die alten Amtsboteneinrichtungen eingegangen sind. Im Jahre 1874 ist an dieser Abmachung einiges geändert worden, indem insbesondere die Portofreiheiten wesentlich eingeschränkt und dafür die Amtsmarken eingeführt wurden, welche von der Amtspflege bezahlt und an die einzelnen Stellen abgegeben werden. Die erwähnte Abmachung mit den Amts-Versammlungen ist nun auf den 1. Jan. 1894 seitens der Postverwaltung gekündigt worden; so schreibt der neueste „Staats-Anzeiger" in seinem nichtamtlichen Teil. Als Grund der Kündigung ist in der Abhandlung des „Staats-Anzeigers" vorgeführt, die Postverwaltung wolle freie Hand haben in der Festsetzung der Taxen für den Ortsverkehr, d. h. für den Verkehr innerhalb desselben Orts. Diese Taxen konnte die Postverwaltung nämlich seither deshalb nicht ändern, weil in der Abmachung mit den Amts-Versammlungen überall bestimmt war, daß innerhalb des Oberamts die ermäßigten Taxen des Ortsverkehrs gelten sollen. Hätte hienach die Posr-Verwaltung z. B. in Stuttgart oder in einer ordern größeren Stadt die Taxe für den Brief im Ortsverkehr von seither 5 aus 3 Pf. ermäßigen wollen, so wäre sofort die Amtsversammlung gekommen und
Gr ist der Gröe!
(Fortsetzung.)
Seine Kollegen nickten.
Der Prinzipal erfreute sich keiner großen Beliebtheit bei ihnen.
Am andern Tage — es war obendrein ein Sonntag — lag die ganze Welt wie im Feiertagskleide, funkelnd von Tau und Sonnenschein, vor den Augen Lörrachs, als er neben seinem Verter zur Stadt Hinausritt.
„Es ist doch ein herrliches Gefühl, in der Heimat zu sein!" sagte er warmen Tones und seine leuchtenden Augen blickten voll Freude über die reiche Gegend, die hier und dort sich hügelig erhebend, im üppigsten Sommerschmuck der Felder vor ihnen lag, unterbrochen von Gehöften, die mit ihren Strohdächern aus den Eichenkampen hervorsahen, welche unerläßlich für jeden Meierhof dieser Gegend sind.
Wasserreiche Bäche strömten hier und dort dem Flusse zu, der das langgestreckte Thal ourchschnitt. Wald und Wiesen mischten sich mit den Feldern und von einer Höhe herab zeigte sich ihnen der Blick auf die hinter ihnen liegende Stadt so schön wie nirgends im weiten Umkreise.
Für Lörrach war das alles altbekannt; als Knabe gab es für ihn nichts köstlicheres, als umher zu streifen und die Berge zu erklettern, die sich jetzt höher und zahlreicher vor ihnen erhoben.
„O Welt, wie bist du so wunderschön," sang er jubelnd in des Ssmmermorgen hinein.
„Wie einer sich über Nichts so freuen kann," sagte sauer blickend sein Vetter.
„Wie einer, wenn ihm alles nach dem Däumchen geht, solch ein verdrießliches Gesicht machen kann," gab Fritz lachend zurück. „Du müßtest doch jauchzen vor Vergnügen, alter Junge, wenn du bedenkst, wie glücklich du bist."
„So, meinst du? Jeder hat seine Sorgen," sagte Hans verstimmt.
„Nun ja, ich begreife; der Streik ärgert dich. Das ist natürlich. Aber es ist ein solch kleiner Wermutstropfen gar nicht zu verachten, du Polykrates!"
„Na, Tropfen? Ich.sage dir, in mir ist nichts als Galle über die Bande. Sie wissen, daß sie mich in der Hand haben; darum treiben sie es auch bis aufs äußerste."
„Mich dünkt ein magerer Vergleich immer besser als ein fetter Prozeß; aber du weißt, was dir frommt, ich verstrhe mich ja am diese Sachen nicht."
„Sie wissen es, die Himmelsakramenter, daß ich mein Geld in die neue Fabrik gesteckt habe," knirschte Hans.
Er war in unerquicklichster Laune.
Lörrach beruhigte ihn, sprach verständig und eingehend mit ihm, Hans aber kam immer wieder zurück auf die Thatsache, daß er seine disponiblen Gelder in den Bau gesteckt habe, und Fritz hörte nach und nach aus ihm heraus, daß es ihm an Geld fehle.
Er hatte also wohl über seine Kräfte sich angestrengt? Das war verzeihlich, begreiflich gewewn, aber unwillkürlich mußte Lörrach sich fragen, wie der
Ankauf des Gutes Warmenau, wie der Luxus, den Hans sonst trieb, zu diesem allen stimmte.
Warmenau war nur mäßig groß; er hatte sicher auch nur eine Anzahlung zu machen brauchen, aber er war, wenn auch immerhin reich für hiesige Verhältnisse, doch kein Krösus gewesen; seine Ausgaben in diesen Jahren waren jedenfalls dagegen sehr bedeutend.
Ein guter Rechner wie Fritz konnte sich mühelos einen Ueberschlag machen. Das Ergebnis beunruhigte ihn, war Hans nicht zu weit gegangen?
Nachdem einmal dieser Gedanke ihm gekommen, wollte er nicht wieder weichen.
Dagegen schien Hans die Richtung unangenehm, die er mit seiner Verdrießlichkeit dem nachstnnenden Freunde gegeben.
Er zwang sich zu einer besseren Stimmung, kam aber immer wieder auf den Streik zurück, auf das Lieferungsgeichäft, auf seinen verhältnismäßig geringen Vorrat von Waren.
„Ich wollte, die ganze Wirtschaft brennte ab," sagte er dann, von den Hintergebäuden sprechend, die er als Warenlager benutzte.
„Du wirst im Laufe der Zeit die alten baufälligen Kasten abreißen und dann am besten neben der Fabrik ein neues Lagerhaus bauen, Platz hast du ja," sagte Fritz.
„Das lasse nur nicht Ella hören, die hat andere Pläne, sie will durchaus erst ihre Villa haben!"
„So denkst du an den Bau einer solchen?"