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Donnerstag den 12. Oktober

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

Einrück- ungspreiS f. Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8^, bei mehrmal. je 6

auswärts je 8 ^ die 1spalt.Zeile

1893.

Zu Anfang des Monats November werden die landwirt­schaftlichen Winterschulen in Hall, Heilbronn, Ravensburg, Reut­lingen und Ulm wieder eröffnet. Die Aufnahmebedingungen sind aus der diesbezüglichen Bekanntmachung im St.-Anz. Nr. 236 (Beilage) ersichtlich.

Gestorben: Oberamtstierarzt Seeger, Göppingen; Privatier Knödel, Vaihingen a. E.

D Die Weltlage

empfängt ihre Signatur von dem bevorstehenden Be­such eines russischen Geschwaders in Toulon. Mag man selbst von russisch-offiziöser Seite bemüht sein, diesen Besuch als bloßen Höflichkeitsakt hinzustellen, die öffentliche Meinung stimmt dem nur bedingt bei, indem sie mit dem lebhaften Temperament der Franzosen rechnet. Nicht etwa, daß man chauvi­nistische Zwischenfälle befürchtet, die den Frieden bedrohen könnten! Das erscheint ausgeschlossen, denn man ist in Deutschland und den beiden andern Drei­bundreichen nicht verwöhnt und legt nicht alles auf die Goldwage, was in Paris beim Wein gesprochen wird. Aber die Nachwirkungen des Besuches sind zu fürchten, weil aus diesen die französischen Zeitungen nach Kräften Kapital zu schlagen sich bemüht zeigen dürften.

Die russischen Schiffe, denen die hohe Ehre zu teil wird das franco-russische Freundschaftsbündnis zu verkörpern, sind bereits unterwegs und werden nächster Tage in Dulcigno (dem montenegrinischen Hafen im adrtatischen Meere) anlaufen. Dertreueste Freund Rußlands", der immer geldbedürftige Nikita von Montenegro, hat den Vorzug, die russischen Gäste zuerst begrüßen zu dürfen und auch einem spanischen Hafen ist die Ehre des Besuchs vor dem Anlaufen in Toulon zugedacht. Oesterreichischc und italienische Häfen werden gemieden und dadurch schon wird dokumentiert, daß die gesamte Reise des russischen Geschwaders nur eine Freundschaftstour sein soll.

Sonst hat die internationale Politik immer noch Sommerfellen, während die einzelnen Reiche und Staaten innerhalb ihrer Grenzpfähle alle Hände voll zu thun haben. Deutschlands Verhandlungen mit Rußland wegen Abschluß eines Handelsvertrags haben begonnen ; es wäre indes verfrüht, heute schon etwas über den Erfolg sagen zu wollen. Ebenso ungewiß ist noch der Ausgang der Erwägungen über die Art, in der die neuen Retchssteuern aufgebracht werden sollen. Wein und Tabak machen gewaltige Anstreng­ungen, sich der ihnen zugewuteim neuen Lasten zu erwehren, indes die Börse ziemlich still hält, wahr­scheinlich in der Aussicht, etwa ihr zufallende neue Lasten mit aller Bequemlichkeit auf diejenigen abwälzen zu können, die nicht alle werden.

Unser hobsburgisches Nachbarreich hat in der dies­seitigen Reichshälfte den Tschechenrummel, der schon zur Verhängung des kleinen Belagerungszustandes über Prag geführt hat, in der jenseitigen Hälfte die Bewegung für und gegen die Zivilehe, welche Frage möglicherweise zum Zurücktritt des Ministe­riums Wcckerle führt, falls der Kaiser Franz Josef seine Genehmigung zur Einbringung der Zivtlstands- Gesetzvorlage verweigern sollte.

Unser dritter Bundesfreund, Italien, seufzt schwer unter der Bürde seines kleinenPanama", wie man den italienischen Bankskandal nennt; derselbe zieht ähnliche weite Kreise, wie der Panamaschwindel und läßt auf die Namen vieler Patrioten Neu-Jtaliens dunkle Schatten fallen. Ob das Ministerium dem Kreuzfeuer der verschiedensten Interpellationen seiner Gegner dauernd wird Stand halten können, steht noch dahin.

Spanien hat sich «nvermuteterweise schneller in die neuen militärischen und Verwaltungsreformen Sa- gastas gefunden, als es den Anschein hatte. Der Abscheu, den das Attentat in Barcelona auf den all­gemein beliebten Marschall Campos hervorgerufen hat, ist dem Ministerium trefflich zu statten gekommen.

England hat an seinem großen Kohlenarbetterstreik

zu kauen und es ist zu verwundern, daß sich die Ent­scheidung des Riesenkampfes so lange hinzieht. In­zwischen bearbeitet man die öffentliche Meinung noch immer für und gegen Homerule, während die Glad- stoneaner den Sturm gegen das Oberhaus auf ihr Panier geschrieben haben.

Geht es m den übrigen europäischen Staaten sonst verhältnismäßig still zu, so bietet uns Amerika ein um so belebteres dramatisches Bild. Die kaum be­endete Revolution in Argentinien und der noch un­entschiedene Bürgerkrieg in Brasilien haben kaum die gleiche Bedeutung, wie in Nordamerika der Kampf Clevelands und seine Anhänger gegen die Sher- mansche Silberbill, die aufgehoben werden soll. Die interessierten Silberfreunde verteidigen ihre Stellung bis aufs äußerste, aber cs ist keine Frage, daß sie schließlich unterliegen müssen, wodurch zugleich eine Gesundung des gesamten Handelsverkehrs der Welt herbeigeführt werden würde.

La«deS»schrichtea.

* Altensteig, 11. Okt. Die Einstellung der Rekruten steht jetzt nahe bevor. Wir wollen deshalb auf die.Postvorschriften, welche bezüglich der an Soldaten gerichteten Sendungen bestehen, Hinweisen, daß Postkarten und gewöhnliche Briefe an Soldaten einschließlich Unteroffiziere überhaupt kein Porto kosten. Für die an Soldaten gerichteten Postanweisungen bis zu 15 Mark einschließlich beträgt das Porto 10 Pfg. ohne Unterschied der Entfernung. Soldaten- packete bis zum Gewicht von 3 Kilo kosten überall­hin 20 Pfg. Porto. Die Vergünstigungen kommen jedoch nur dann zur Geltung, wenn die Postkarten, Briefe, Postanweisungen und Packetadressen mit dem Vermerk:Soldatenbrief, Eigene Angelegenheit des Empfängers" versehen find. Sendungen, die diesen Vermerk nicht tragen, werden mit tarifmäßigem Porto belegt.

* Liebenzell, 7. Okt. Es herrscht hier viel­fach die Ansicht, daß die Frau des ermordeten Wirts nicht die Thäterin sei, sondern eine dritte Person, die mit oder ohne Vorwissen der Frau das Ver­brechen verübt habe. Die Frau selbst hat noch kein Geständnis abgelegt. Hoffentlich gelingt es dem Gericht, den wahren Thatbestand in Bälde zu er­mitteln.

* Salmbach, OA. Neuenbürg, 8. Okt. Die Gebeine der bei dem jüngsten Brandunglück hier ums Leben gekommenen Kinder der Pforzheimer Ferien­kolonie, welche auf behördliche Anordnung nach Tübingen geschickt worden waren, um festzustellen, ob es sich um Menschenknochen handelt, was nötig war, da bekanntlich auch einige Haustiere mitverbrannl, sind nunmehr von Tübingen nach Pforzheim gesendet worden und werden am Dienstag zur Erde bestattet.

' Neuenbürg, 9. Okt. Heute früh wurde der 50jährige Arbeiter Bessert von Büchenbronn in dem Steinbruch bei Birkenseld tot aufgefunden. Der­selbe ging gestern abend 9 Uhr von einer Wirtschaft in Birkenseld weg und schlug einen Fußweg nach Pforzheim ein. In der Dunkelheit scheint er abseits und in den Steinbruch geraten zu sein.

* Oberndorf, 6. Okt. DerSchwarzw. Bote" schreibt: Von der laufenden K. ottomanischen Waffen­bestellung, die auf 600000 Stück lautete, hat die hiesige Waffenfabrik noch etwa 8000 abzuliefern. Dies wird in zwei bis drei Wochen geschehen sein. Von der nach diesem Zeitpunkt eintretenden Ge­schäftsstille sollen, wie wir hören, doch mehr Leute, darunter auch Meister, betroffen werden, als man bisher angenommen hatte.

* Herrenberg, 9. Okt. Bei dem heute hier stattgehabten Remonteaufkauf erwarb die Militär- kommtsston von den 66 vorgeführten Pferden 9 Stück im Durchschnittspreis von je 1000 Mk.

* Stuttgart, 9. Okt. Die der gemeinschaft­lichen Majestätsbeleidigung angeklagten Dr. med.

Hartmann in Laichingen und Karl Schmidt, Redak­teur hier, wurden in heutiger Gerichtsverhandlung vou den Geschworenen nach vierstündiger Verhand­lung freigesprochen.

* Stuttgart, 9. Okt. Unter den neueintreten- den Studierenden des hiesigen Polytechnikums macht sich ein äußerst starkes Anwachsen der Studierenden derZukunftswiffenschaft", nämlich der Elektrizitäts- technik bemerkbar.

* Stuttgart, 9. Ott. Gestern wurde eine in vielen Exemplaren verbreitete Druckschrift mit dem TitelModerne Rechtschreibung" (Druckort St.Gallen), polizeilich beschlagnahmt. Dieselbe bespricht den Prozeß Simolin-Bathory in ausführlicher Weise und wirft den beteiligten hiesigen Richtern grobe Rechts­beugung vor.

* Dem Verein zur Hilfe in außerordentlichen Notstandsfällen auf dem Lande ist aus der Privat­kasse Ihrer Majestät der Königin für die Aermsten der vom Futtermangel Betroffenen die reiche Gabe von dreitausend Mark überwiesen worden.

* Kornwestheim, 10. Okt. Den Kindern, welche bei dem Empfange der kaiserlichen Majestäten in Kornwestheim Blumensträuße überreichen durften, ist gestern abend eine große Ueberraschung zu Test geworden. Im Aufträge der kaiserlichen Majestäten ist den 3 Mädchen, den Töchterchen des Pfarrers Pichler, des Schultheißen Völlmle und des Bürger- ausschußobmanns Ergenzinger, aus dem Kabinett der Kaiserin je eine goldene Brosche mit der Kaiserkrone und dem Namenszug Ihrer Majestät in Begleitung eines huldvollen Schreibens als Andenken an den denkwürdigen Tag zugegangen. Das Söhnlein des Feuerwehrkommandanten und Oekonom W. Pfeil erhielt einen reich in Gold und Silber getriebenen wappengeschmückten Becher mit eingravierter Wid­mung. Durch diese kaiserlichen Geschenke sind die Kinder samt ihren Eltern aufs Innigste erfreut und geehrt worden.

* Biberach, 8. Okt. Der Bischof Audo aus Mesopotamien, welcher sich mehrere Wochen im Jor­danbad aufgehalten hatte und von Geistlichen, insbe­sondere auch von hochadeligen Familien Ober­schwabens gefeiert und eingeladen wurde, hat sich als ein Schwindler ersten Ranges entpuppt. Als ihn ein hiesiger katholischer Vikar aus Grund der fast völligen Unkenntnis des Bischofs mit Land und Leuten im fernen Orient, durch die Unfähigkeit in Ausübung wesentlicher Zeremonien entlarvt hatte, war der Hoch- stabler andern Tags verschwunden. Ein hiesiger Photograph, dem für 300 Mk. Bilder, denchal- däischen Bischof" im Ornat darstellend, in Auftrag gegeben waren und der letztere auch ablieserte, kommt um den Lohn seiner Arbeit.

* (Verschiedenes.) In Waiblingen ver­suchte sich ein schon mehrmals im Examen durch- gefallener Kameralamtskandidat zu erschießen. Er wurde schwer verletzt ins städtische Krankenhaus ver­bracht. Bei einer nach Ulm verladenen Fuhre neuen Weins brach in der Kilionsstraße in Heil- bronn eine schadhaft gewordene Faßtauge, infolge dessen das edle Naß sich in Strömen auf den Boden er­goß. Der Schaden ist beträchtlich. In Ruith ist die zu Anfang des 17. Jahrhunderts erbaute große Scheuer des Albert Decker, Hirschwirts, ein­gestürzt. In Winnenden wurden in der dor- tigen Schloßkirche die sämtlichen vorhandenen 12 Opferbüchsen erbrochen und ihres Inhalts beraubt. Vom Thäter hat man noch keine Spur. In Hessigheim schlug ein lediger betrunkener Eisen­bahnarbeiter den Zapfen an einer mit 5 Eimern Rotwein gefüllten Bütte los und ließ den Wein aus- laufen. Bis die auf den Vorfall aufmerksam gewor­denen Kelterwächter herbeikamen, war schon mehr als ein Hektol. zu Grunde gegangen. Vom Schwur­gericht in Ulm wurde der 28 Jahre alte Schuh­macher Ehr. Hummel vou Allmendingen, der seinen