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Donnerstag dm 5. Oktober

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

Einrück- ungSpreiS f. Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8^, bei mehrmal. je 6

auswärts je 8 ^ di« 1spalt.Zeile

1893.

G estorben: Christian Konrad Mohr, Bataillonsbüchsen­macher, Calw; Privatier Pelargus, Stuttgart; Kaufmann Weiß, Ulm ; Wilbelm Stierte aus Thamm, zu Tanga (Deutschostafrika.s

2 Fürst Ferdinand und Stambnlow.

Vor einigen Tagen hieß es, daß zwischen dem jungen Fürsten Ferdinand von Bulgarien und seinem ersten Ratgeber Stambulow Meinungsverschiedenheiten entstanden seien, die möglicherweise zur Entlassung des Ministerpräsidenten führen würden. Es hieß weiter, die junge Gemahlin des Prinzen sei auf die Volkstümlichkeit Stambulows eifersüchtig; sie sei die Triebfeder der gegen denselben gerichteten Aktion. Diese gerüchtweisen Meldungen haben eine halbamtliche Widerlegung in einer Depesche aus Sofia gefunden, in der gesagt wird, zwischen dem Fürsten und dem Ministerpräsidenten herrsche durchaus das alte Ein­vernehmen.

Es soll zugegeben werden, daß der Satz wahr ist. Aber wo Ranch ist, da ist auch Feuer und die Thatsache läßt sich nicht ans der Welt schaffen, daß das Stambulowsche Blatt ,Swoboda" den Fürst vor der Entlastung Stambulows gewarnt hat. Er fitze noch lange nicht so fest im Sattel, schrieb das Blatt etwa, daß er der Stütze Stambulows entbehren könnte. So etwas läßt man einfach nicht drucken, wenn die darin ausgesprochene Möglichkeit nicht Aus­sicht gewinnt, zur Thatsache zu werden. Es kann nun sehr wohl der Fall sein, daß der Fürst sich eines Besseren besonnen »nd Stambulow versöhnt hat.

Es ist bekannt, daß die Prinzessin Clementiue, die Mutter des Fürsten und Tochter Louis Philipps ein gutes Stück Geld ausgegeben hat, um ihrem Sohn die Ausübung seiner neuen Herrscherpflichten zu ermöglichen. Sie hat auch viel für Bulgarien gethan, indem sie Schulen und Krankenhäuser errichtet hat, aber schließlich eriolgte das in so ausdringlicher Weise, daß man der Dame den guten Rat gab, dem Lande den Rücken zu kehren. Stambulow selbst war es, der aus seinem Herzen keine Mördergrube machte und auf den unangenehmen Eindruck auf das Volk hinwies, den es verursachen müsse, wenn der junge Fürst gewissermaßen immer an dem Schürzenbande, seiner Mutter durch das Land reise. Prinzessin/ Clementine war denn auch klug genug, um das ein-1 zusehen, und sie hat sich seit drei Jahren von Bul-z garten serngehalien. z

Nun hat sich Fürst Ferdinand mit der Prinzessin? von Parma verheiratet und die junge Gattin mochte» die Empfindung haben, daß ihr hoher Gemahl im Grunde genommen neben Stambulow eine reine Null sei. Das kränkte ihren fürstlichen Stolz und so läßt es sich leicht erklären, daß unter diesem Einfluß das Verhältnis zwischen dem Fürsten Ferdinand und dem Premierminister Stambulow eine vorübergehende Trübung erfuhr. Stambulow ist in erster Linie bul­garischer Patriot und seinem unleugbaren politischen Geschick, seiner Kaltblütigkeit und Zurückhaltung, verbunden mit unerschütterlicher Energie ist es zu danken, daß Bulgarien aus den schweren Wirren seit der Entführung des Fürsten Alexander bis heute mit heiler Haut davougekommen ist. Stambulow kann nicht in demselben Sinne dem Fürsten Ferdinand ein ergebener Diener sein, wie in irgend einem der alten monarchischen Staaten ein Minister seinem Fürsten gegenüber es ist. Er wird immer in erster Reihe Bulgare bleiben, und niemand darf ihm daraus einen Vorwurf machen. Aber gerade weil er ein guter Bulgare ist, ein aufrichtiger bulgarischer Patriot, wird er nichts thun, um seinem Lande die Wirren neu zu bescheeren, unter denen es vor sieben Jahren so schwer hat leiden müssen. Er selbst weiß am besten, daß es nicht leicht gewesen ist, einen Fürsten für Bulgarien ausfindig zu machen. Er selbst weiß am besten, daß eine Wiederholung der Vorkommnisse vom Spätsommer 1886 einzig den russischen Interessen und nicht den bulgarischen dienen würde.

Aber ebenso muß Fürst Ferdinand davon durch­

drungen sein, daß sein Ministerpräsident Stambulow ihm die besten Dienste geleistet hat und zu leisten fort­sährt, daß seine Verwaltung des Landes vortrefflich ist, und daß die Bulgaren sich dabei wohl befinden. Er weiß ferner, daß Stambulow es ausgezeichnet verstanden hat, die Opposition, an der es wohl in keinem Lande fehlt, die aber in keinem Lande so be­denklich für den Fürsten ist wie in Bulgarien, nieder­zuhalten, und daß es diese Opposition stärken hieße, wollte man Stambulow beseitigen. Sähe er das nicht ein, so würde nicht Stambulow, sondern eben der Fürst gehen müssen, wie Alexander gegangen ist. Aber auch das weiß Fürst Ferdinand ganz genau, wenn ihm die tiefe Empfindung davon vielleicht auch vorübergehend durch den Einfluß seiner jungen Gattin getrübt worden ist.

Somit ist aber auch erfreulicherweise keine Aus­sicht vorhanden, daß durch innere Wirren in Bulgarien die orientalische Frage von neuem aufgerollt werden würde.

La«des»achnchtea.

* Altensteig, 4. Okt. Die letzten Tage brach­ten gehörigen Regen, der Millionen wert gewesen wäre, wenn er sich gleich nach der Heuernte oder doch vor 6 bis 8 Woch n eingestellt hätte. Uebrigens wurde er wohl auch so mit dankbarem Herzen von den Landleuten nicht nur, sondern namentlich auch von den Wasserwerkbesitzern begrüßt, die von dun Wassermangel viel zu leiden gehabt haben. Auch die Wiesen grünen wieder, darum schleunig hinaus mit dem Vieh auf die Waide, so oft und so lange es geht. Bei dem landw. Hauptfest in Cannstatt er­hielt Hr. Rößleswirt Rueff in Spielberg für eine Kalbin de« erste« Sreis mit 140 Mk. Die Kon­kurrenz war eine große. Durch die Einführung der zweijährigen Dienstzeit treten bei den gesamten Fußtruppentetlen an die Stelle der früheren Drei- jährigfreiwilligen Zweijährigfreiwillige. Auch erhält jetzt jeder zum erstenmal Kapitulierende ein Kapitu- landen-Handgeld von 100 Mk.

* Bet der wieder frühzeitig eintretenden Dunkel­heit dürfte es angezeigt sein, die Hausbesitzer auf die Bestimmung hinzuweisen, wonach sie verpflichtet find, für genügende Beleuchtung der Treppen bis Mindestens abends 9 Uhr Sorge zu tragen. Für jeden durch mangelhafte oder unterlassene Beleuchtung

, verursachten Unfall ist der Hausbesitzer verantwortlich -bezw. haftpflichtig. . ^ - - - - .

* Nagold, l.'Dklbr. Der seit mehr als 40 Jahren als Hausknecht in der hiesigen »Post" be­schäftigte Frey feierte kürzlich seine goldene Hochzeit, Von S. M. dem König wurde demselben ein an­sehnliches Geldgeschenk verwilligt. Auch Kommerzien­rat Mauser in Oberndorf gedachte des greisen Jubel­paares in hochherziger Weise. Möge demselben ein freundlicher Lebensabend beschicken sein!

* Nagold, 2. Okt. Laut amtlicher Bekannt­machung ist in Betreff des Brandfalles in der Nacht vom 17. zum 18. September d. I. gegen Friedrich Keppler, Schreinerlehrling von Enzklösterle und Ge­nossen Voruntersuchung wegen Brandstiftung bezw. Beihilfe dazu eröffnet.

* Nagold, 2. Okt. Nunmehr wurde ein vierter Schretnerlehrling wegen des Verdachts der Brand­stiftung in Untersuchung gezogen. Sowohl der Ge­meinderat Nagold als auch der K. Verwaltungsrat der Gebäudebrandverficherungsanstalt haben je eine Prämie von 500 Mk. demjenigen ausgesetzt, welcher Mitteilungen machen kann, die zur Verurteilung des Brandstifters vom 18. September führen.

* Liebenzell, 2. Okt. Ein junger Bürger unserer Gemeinde, seit kurzem verheiratet, Bäcker und Löwenwirt Karl Faas, wurde heute nacht in seiner Wohnung tot gefunden unter Umständen, die auf einen gewaltsamen Tod Hinweisen. Er soll mit zertrümmertem Schädel und deutlichen Spuren von

Schlägen, die er mit einem scharfen Werkzeug auf den Kopf erhalten, bald nach Mitternacht, noch röchelnd, am Boden in der Nähe der Hausthüre ge­legen sein und bald darauf, in die Stube gebracht, den Geist aufgegeben haben, ohne daß er wieder zum Bewußtsein kam. Seit früh 6 Uhr ist die gerichtliche Untersuchung des Verbrechens im Gang. (Wie der Bad. Landesztg." aus Pforzheim berichtet wird, habe die Fra« des Löwenwirts ihren Mann ermordet, indem sie ihm mit einem Beil den Schädel einschlug. Häusliche Zwistigkeiten gaben die Veranlassung zu der schrecklichen That. Die Thäterin ist verhaftet.)

Stuttgart, 30. Sept. Frhr. Oskar v. Münch, der frühere Reichstagsabgeordnete für den 8. wärt« tembergischen Wahlkreis, macht neuerdings wieder viel von sich reden «nd wird gutem Vernehmen zu­folge binnen kurzem auch wieder vor Gericht gestellt werden. Bekanntlich wurde er wegen Beleidigung des Geh. Hofrats Colin, Direktors der württem- bergischen Vereinsbank zu 2 Monaten Gefängnis ver­urteilt, welche Strafe er diesen Sommer in Rotten­burg abbüßte. Dort protestierte er gegen die ihm überwiesenen Zwilchkleider der Sträflinge und erwirkte durch eine Eingabe an die Vorgesetzte Behörde der Gefängnisverwaltung, daß er seine eigenen mitge­brachten Kleider tragen durfte. Als aber die Tem­peratur recht heiß wurde, verlangte er wieder Zwilch­kleider, diesmal aber ohne Erfolg. Inzwischen hat er bei Schabelitz (Zürich) schon wieder eine Broschüre (die dritte) erscheinen lassen, worin er alle Behaupt­ungen seiner beiden ersten Broschüren wiederholt und überdies die Richter der Stuttgarter Strafkammer, welche ihn verurteilten (die Herren Landgerichtsrat (jetzt Direktor) Herrman, Landgerichtsrat (jetzt erster Staatsanwalt) Nestle und Landrichter Oesterlen (jetzt Finanzrot und Justitiar bei der Eisenbahn) aufs schwerste wiederholt beleidigt. Das gerichtliche Ver­fahren hierüber ist gegen Frhrn. v. Münch bereits eingeleitet. Im Laufe desselben wurde der Antrag gestellt, den Frhrn. v. Münch auf 6 Wochen behufs Untersuchung seines Geisteszustandes in eine Irren« /anstatt einzuweisen, wogegen letzterer beim Kgl. Ober- Uandesgericht auf Grund des § 81 der Strafprozeß- Ordnung Beschwerde erhob, welcher gutem Vernehmen »ufolge, Kattgegeben wurde. Das gerichtliche Ver- Phren gegen ihn nimmt deshalb seinen Fortgang.

" * * Heidenheim, 2. Okt. Eine unangenehme peberraschung wurde einem hiesigen Wirte zu teil, welcher gestern eine Wagenladung neuen Wein aus Baden erhielt. Bei der Ankunft stellte sich heraus, daß ein Faß mit 1600 Liter, gerade d,e feinste Qualität enthaltend, infolge Verstopfung des Gähr- spunoes zersprungen war und der ganze Inhalt ver­loren ging. ES möge dieser Fall gerade in jetziger Zeit zu doppelter Vorsicht beim Verladen von neuem Wein dienen.

* (Verschiedenes.) Am Samstag vormittag ereignete sich in Feldrennach (Neuenbürg) der gleich traurige Unglücksfall, wie der in letzter Nr. von Neckarsulm gemeldete. Das 5jährige Kind des Webers Fauth geriet, nur mit einem Hemdchen bekleidet, an den im Hause befindlichen Backofen, in welchem Obst gedörrt wurde. Das Kind wollte sich wahrscheinlich ein Stückchen herausholen, wobei sein Hemdchen Feuer fing und es schreckliche Brandwunden erlitt. Die Mut­ter war auf dem Kartoffelacker, der Vater auch nicht anwesend. Am Sonmag morgen starb das arme Kind. Von Friedrichshofen wird berichtet, daß die Appenzeller Bergkette eine Schneehaube besitzt.

In Eßlingen erschoß sich der verheiratete Uhr­macher U. Wie derSchwarzwälder" berichtet, entlockte eine Zigeunerin einem leichtgläubigen Bauern 100 Mark unter dem betrügerischen Vorgeben, daß er dadurch Glück und Segen in sein Haus bekomme.

Die Stadt Rottweil führt elektrisches Licht ein.

Auch wieder einmal ein Erbe aus Amerika soll nach Württemberg kommen. Als einziger Erbe des